Valentin Ickelsamer

Valentin Ickelsamer

Valentin Ickelsamer (auch: Ikelschamer, Ikelsheimer, Eckelsheimer, Ikkersamer, Becklersheimer, Zangsthamer; * um 1500 bei Rothenburg ob der Tauber; † 1547 in Augsburg) war ein deutscher Grammatiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

1518 vermerken die Matrikeln der Universität Erfurt Ickelsamer, wo er erste Bekanntschaft mit dem Humanismus machte und 1520 den akademischen Grad eines Baccalaureus erwarb. Im Anschluss wechselte er, angezogen von Martin Luther, auf die Universität Wittenberg. Das Vorgehen Luthers gegen Andreas Bodenstein, der sich unter dem Pseudonym Karlstadt einen Namen machte, stieß ihn jedoch so ab, dass er Wittenberg verließ und in seine Heimatstadt Rothenburg o.d.T. zurückkehrte. Dort errichtete er eine Schule, die auch stark besucht wurde.

Während des Deutschen Bauernkrieges trat er als Vermittler auf und wurde am 24. März 1525 in den Bürgerausschuss der Stadt gewählt. Zu jener Zeit gewährte er dem in Rothenburg weilenden Bodenstein mit seiner Schrift „Clag etlicher Brüder…“ Unterstützung. Darin klagt er vor allem Luther an, der sich Bodenstein gegenüber unchristlich verhalten habe. Als Vertreter der Rechte der Bauern musste er nach der Niederlage des Bauernkrieges aus Rothenburg flüchten. Er scheint in Erfurt ein neues Domizil gefunden zu haben. Hier veröffentlichte er seine kleine Grammatik „Die rechte weis auffs kürzist lesen zu lernen…“. Weitere Auseinandersetzungen mit Luther über Bodenstein nötigten Ickelsamer, 1530 Erfurt wieder zu verlassen. Über Arnstadt gelangte er nach Augsburg, wo er sich völlig aus dem öffentlichen Leben zurückzog.

Wirken

Dennoch veröffentlichte er 1534 sein Hauptwerk „Eine Teutsche Grammatica…“, das 1537 neu aufgelegt wurde und 1882 als Reprint der zweiten Auflage in Fechners "Vier seltenen Schriften des 16. Jahrhunderts" erschien. Mit der Grammatica wollte Ickelsamer vor allem eine deutsche Grammatik in den Vordergrund stellen. Damit wurde die deutsche Sprache höher bewertet und den drei heiligen Sprachen Hebräisch, Griechisch und Latein gleichgestellt. Vor allem aber sollten nun auch einfache und sogar noch erwachsene Menschen selbstständig lesen lernen, denn dies war in der Zeit der Reformation und des wirtschaftlichen Wandels im Deutschland der Frühen Neuzeit besonders wichtig. Ickelsamer sah im bewussten Umgang mit der Muttersprache sein Ziel. Er etablierte damit die Etymologie, die Orthographie und die Satzlehre so wie Aelius Donatus früher in den lateinischen Elementargrammatiken nun als unerlässliche Teile für das deutsche Sprachgut. 100 Jahre später zitiert Justus Georg Schottel in seiner "Ausführlichen Arbeit von der teutschen Haubtsprache" Ickelsamer erneut und 1762 bezeichnet ihn Johann Christoph Gottsched in der "Vollstaendigen und Neuerläuterten Deutschen Sprachkunst" als einen seiner geistigen Vorgänger. Noch viele Jahre später und stärker dann auch im 19. Jahrhundert wurden diese Gedanken wieder aufgegriffen und von Konrad Duden sowie von den Brüdern Grimm verarbeitet.

Ain Teütsche Grammatica

Valentin Ickelsamer hat 1534 die erste deutsche Grammatik „Ain Teütsche Grammatica“ in deutscher Sprache geschrieben. In einem gewissen Sinne besitzt auch die „Teütsche Grammatica“ revolutionäre Züge. Sie zeigen sich in den Anleitungen zum Lesenlernen, die den größten Teil des Textes ausmachen. Bei Ickelsamer führen zwei Wege zusammen: die gebrauchsorientierte Aufwertung und Kodifizierung der Muttersprache und die Forderung nach einer theoretischen Grundlegung der grammatischen Kategorien, wie sie eher der analytischen Linie der Grammatikographie eigen ist, etwa den Modisten. Grammatik ist damit weder ausschließlich eine Angelegenheit der an Fragen der Anwendung uninteressierten Theoretiker noch eine Sache der Praktiker, die ausschließlich an der Bewältigung sprachlicher Alltagsprobleme interessiert sind. Ickelsamers Äußerungen zur Grammatik des Deutschen und zur Etymologie lassen sich so charakterisieren:

  • Das Partizip zählt bei ihm zu den Wortarten. Vor allem stilistischen Zwecken dient das Partizip;
  • Syntax begegnet lediglich im Zusammenhang der Segmentierung komplexer Sätze und der Kennzeichnung der Segmente durch Interpunktionszeichen;
  • Die Etymologie erlaubt am leichtesten den Anschluss der Sprachflexion an metaphysische Konzepte.

Der Leseunterricht bis hin zu Ickelsamer war von der Absicht geprägt, den Kindern vor allem das richtige Schreiben beizubringen. Dabei herrschte die Buchstabiermethode vor: Der Lehrer gab ein Wort vor, buchstabierte es, und die Schüler wiederholten. „Mann“ wird dabei in [εm] - [a] - [εn] – [εn] segmentiert. Das sollte sicherstellen, dass die Schüler sogleich die korrekte Schreibung lernen, z. B. wissen, dass „Mann“ mit Doppelkonsonant geschrieben wird. Was die Schüler dabei lernen, sind allerdings nicht die Laute, sondern die Bezeichnungen der Buchstaben. In der „Teütschen Grammatica“ stellte Ickelsamer das Deutsche gleichwertig neben das Lateinische, Griechische und Hebräische als die klassischen und allgemein anerkannten Sprachen und dokumentierte damit, welche Bedeutung er der eigenen Sprache, der Muttersprache beimaß.

Werkauswahl

  • Die rechte Weis, auffs kürtzist lesen zu lernen, Erfurt
  • Ein Teutsche Grammatica, Erfurt (zur phonetischen Lautanalyse)

Literatur

  • Jakob Franck: Ickelsamer, Valentin. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 13, Duncker & Humblot, Leipzig 1881, S. 739 f.
  • Heinrich Niederer: Ickelsamer, Valentin. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 10, Duncker & Humblot, Berlin 1974, S. 112 f.
  • Heinz Scheible: Melanchthons Briefwechsel. Personen 12
  • Spamers Konversationslexikon, Bd.5, Leipzig/Berlin 1890
  • Monika Rössing-Hager: Ickelsamer, Valentin. In: Walther Killy (Hrsg.): Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache (15 Bände). Gütersloh, München: Bertelsmann-Lexikon-Verl., 1988-1991 (CD-ROM: Berlin 1998, ISBN 3-932544-13-7), Bd. 6, S. 31
  • Birgit Eichler (Freyni): Valentin Ickelsamer und Hans Fabritius - sprachgeschichtliche Reminiszens an zwei frühe Erfurter Schulmeister. In: Horst Ehrhardt/Edith Sonntag (Hrsg.): Historische Aspekte des Deutschunterrichts in Thüringen. Beiträge zur Geschichte des Deutschunterrichts. Bd. 24. Peter Lang Verlag Frankfurt a.M. 1995, S. 33-47.
  • Ludwig Schnurrer: Valentin Ickelsamer (ca. 1500-1547), Laientheologe und Pädagoge, in: Fränkische Lebensbilder Bd. 19 (Fränkische Lebensbilder, Reihe VII A, Bd. 19), hg. v. Erich Schneider, Würzburg 2002, S. 51-64, ISBN 3-7686-9296-5.

Weblinks


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