Verhörer

Verhörer

Ein Verhörer bezeichnet (für gewöhnlich unabsichtlich) falsch verstandene Textteile, beispielsweise aus Liedern oder Gedichten. Textteile, die von Muttersprachlern in ihrer eigenen Sprache falsch verstanden werden, werden auch als Mondegreen bezeichnet. Der Vorgang, bei dem Wörter einer fremden Sprache als gleich klingende Wörter einer anderen, meist der eigenen Sprache interpretiert werden, wird mit dem japanischen Wort Soramimi (jap. 空耳, wörtlich: „leeres Ohr“) bezeichnet.[1]

Inhaltsverzeichnis

Englische Mondegreens

Die amerikanische Autorin Sylvia Wright prägte den englischen Ausdruck Mondegreen und verwendete ihn erstmals 1954 in einem Artikel in der Zeitschrift Harper’s Bazaar. Sie hatte als Kind die alte schottische Ballade The Bonny Earl of Murray gehört, in der ihrer Meinung nach die Zeile vorkam:

„They ha’e slain the Earl of Murray / And Lady Mondegreen.“ (Sie haben den Earl of Murray erschlagen / Und Lady Mondegreen.)

Später erfuhr sie, dass die Zeilen in Wahrheit lauteten:

„They ha’e slain the Earl of Murray / And laid him on the green.“ (Sie haben den Earl of Murray erschlagen / Und legten ihn aufs Gras.)

Weitere Beispiele:

Historische Mondegreens der englischen Sprache sind beispielsweise an ewt > a newt, an ekename > a nickname, a naranj > an orange oder sam-blind > sand blind.[2]

Der Name des australischen Verlags Lonely Planet ist ebenfalls auf einen Verhörer zurückzuführen. Der Autor Tony Wheeler hörte den Song Space Captain von Joe Cocker und Leon Russell in dem Film Mad Dogs & Englishmen und verstand in der Textpassage „once while travelling across the sky this lovely planet caught my eye“ statt „lovely planet“ die Worte „lonely planet“.

Deutsche Mondegreens

2004 stellten Axel Hacke und Michael Sowa mit ihrem Büchlein Der weiße Neger Wumbaba – Das kleine Handbuch des Verhörens (als Verhörer von „der weiße Nebel wunderbar“ aus dem Lied Der Mond ist aufgegangen) viele, vor allem deutsche Verhörer-Beispiele vor. Nach einigen Kolumnen in der Süddeutschen Zeitung erhielt Hacke immer mehr Zuschriften mit Verhörern, die zu dem Buch führten. Er kam zu dem Schluss, dass „kaum ein Mensch je einen Liedtext richtig“ verstehe und diese wohl überhaupt nur dazu da seien, „den Menschen Material zu liefern, damit ihre Phantasie wirken kann“.

2005 erschien das Buch Von Eisbärsalat bis Knöchelverzeichnis. Die besten Verhörer der deutschen Sprache des Wiener Autors Roman Kellner. Neben sehr vielen (vor allem österreichischen) Verhörern findet sich darin auch ein Kapitel über die psycholinguistischen Hintergründe für das Verhören.

Soramimi

Seit 2007 laufen in vielen Radioprogrammen Programmecken, in denen unter verschiedenem Namen regelmäßig von Hörern „gemeldete“ Verhörer gesendet werden. Dabei handelt es sich um deutsche Textpassagen, die in hauptsächlich englischen Stücken gehört werden.[3]

Beispiele hierfür sind „Agathe Bauer“[4] (statt „I’ve got the power“ aus dem Song The Power von SNAP!) und „Anneliese Braun“[5] (statt „All the leaves are brown“ aus California Dreamin’ von The Mamas and the Papas) sowie „Du musst besoffen bestell’n“ (statt „It must’ve been something you said“ aus I Just Died in Your Arms Tonight von Cutting Crew). Aus der italienischen Textzeile „Mi manca da spezzare“ im Lied Laura non c’è von Nek wurde „Niemand kann das bezahlen“.[6]

Humor

Im Gegensatz zu tatsächlich unbewussten Verhörern steht die absichtliche, humoristisch orientierte Interpretation und Verballhornung von Songtexten, wie sie oft in Verbindung mit entsprechendem Bildmaterial bei Online-Video-Diensten wie YouTube unter dem Begriff Misheard Lyrics (falsch verstandene Texte) zu finden ist. So wird beispielsweise aus Panteras „Fucking Hostile“, in Anspielung auf David Hasselhoff, „Fucking Hoff Style“. Ein weiteres Beispiel für Misheard Lyric stellt das Libanesische Lied Habbeetik dar, das im Jahr 2000 untertitelt als „Hatten Är din“ ein populäres Mem im schwedischsprachigen Internet wurde.[7][8]

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Verhörer – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/5685/wer_nicht_hoeren_will_muss_kichern.html
  2. William Cowan, Jaromira Rakus̆an: Source Book for Linguistics. 3. überarbeitete Auflage. John Benjamins Publishing Company, Amsterdam, Philadelphia 1998, ISBN 1556195168, S. 179.
  3. Verhörhämmer bei Bayern 3
  4. Agathe-Bauer-Songs bei 100’5 Das Hitradio
  5. Anneliese-Braun-Songs beim Saarländischen Rundfunk
  6. http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/5685/wer_nicht_hoeren_will_muss_kichern.html
  7. http://en.wikipedia.org/wiki/Hatten_%C3%A4r_din
  8. http://knowyourmeme.com/memes/hatten-%C3%A4r-din-the-hat-is-yours

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