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Wasserwerfer (bei der deutschen Polizei „WaWe“) sind Spezialfahrzeuge mit großen Wassertanks und beweglichen Strahlrohren zum „Werfen“ des Wassers unter hohem Druck (bis 20 bar), die von Polizeien und Sicherheitsbehörden weltweit eingesetzt werden. In Deutschland sind dies die geschlossenen Verbände der Bundespolizei und die Bereitschaftspolizeien der Bundesländer.
Inhaltsverzeichnis
Einsatzprofil
Wasserwerfer werden als Einsatzmittel zur Gefahrenabwehr bevorzugt bei Demonstrationen und Straßenschlachten eingesetzt, um größere Menschengruppen unter Kontrolle zu halten. Dies geschieht, um im Rahmen des unmittelbaren Zwangs Maßnahmen gewaltsam durchzusetzen. Wann dies geschehen darf, ist in Deutschland durch Polizeidienstvorschriften (PDV 122) eindeutig geregelt. Dies können auch Einsätze sein, wo das Einsatzziel nicht mit personellen Mitteln allein oder nicht in der erforderlichen Zeit erbracht werden kann, wie das Räumen von Sitzblockaden. Aufgrund des meist vorhandenen Allradantriebs und ihrer Geländegängigkeit können Wasserwerfer so auch bei Waldbränden eingesetzt werden. In einigen Ländern verfügen diese Fahrzeuge über Räum- oder Absperrvorrichtungen.
Einsatzgebiete:
- zum Räumen, insbesondere von Straßen, Plätzen und sonstigen Geländeteilen
- zur Sicherung polizeilicher Absperrungen
- zur Sicherung und zum Schutz von Gebäuden, Anlagen, Einrichtungen usw.
- bei der Brandbekämpfung zur Unterstützung der Feuerwehr (Die Feuerwehr verfügt jedoch auch selbst über Wasserwerfvorrichtungen)
- bei Katastrophen zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung
Einsatzarten:
Das Wasser kann als Wasserregen, Wassersperre oder als Wasserstoß abgegeben werden.
Beim Wasserregen wird der Strahl ungerichtet über eine größere Entfernung geworfen, um z.B. rückwärtige Personengruppen zurückzudrängen. Mit der Wassersperre, bei der beide Strahlrohre auf den Boden gerichtet und pendelweise bewegt werden, sollen bereits geräumte Bereiche gegen erneute Besetzung gesichert werden. Der Wasserstoß wird gezielt gegen einzelne Personen gerichtet. Bei zu hohem Betriebsdruck kann ein direkter Wasserstoß zu schweren Verletzungen führen.
Dem Wasser können zusätzlich zur Wirkungsverstärkung Tränengase wie CS- oder CN-Gas (Omega-Chloracetophenon) in Promillekonzentration zugemischt werden, die als Aerosol niederregnen. In vielen Ländern ist die Zumischung von Reizstoffen gesetzlich reglementiert, teils sogar verboten.
Deutschland
Geschichte
Der Einsatz von Wasserwerfern für ordnungspolizeiliche Aufgaben geht bis in die 1930er Jahre zurück. Bis in die 1960er Jahre hinein nahmen diese Fahrzeuge eine ziemliche Außenseiterrolle im Polizeialltag ein, nicht selten mussten Polizeibeamte zu Hydrant und Wasserschlauch greifen, um eine gewalttätige Gruppe (behördlicher Sprachgebrauch: Störer) unter Kontrolle zu halten. Dies änderte sich in der Zeit der 68er-Bewegung. In Deutschland beschafften sich die Landespolizeien und ab 1974 der Bundesgrenzschutz[1] (BGS; heute Bundespolizei) in größeren Stückzahlen den geländegängigen WaWe 4000 (4000 l Wasservorrat), der überwiegend auf dem Mercedes-Kurzhauberfahrgestell LA 1113 basierte. Der Aufbau erfolgte durch die Fa. Metz. Im damaligen West-Berlin, wo eine erste Beschaffung schon Mitte der 1960er Jahre mit dem WaWe 64 ihren Anfang nahm, wurde ein eigener Typ Wasserwerfer, der WaWe 69 (Mercedes LPS 338 mit sondergeschütztem Hodermann-Aufbau aus 7mm Panzerstahl) entworfen. Mit Vorstellung der neuen Mercedes-Frontlenkerkabine wurde Mitte der 1970er Jahre ein Nachfolgemodell für den WaWe 4000 entwickelt, der WaWe 6000. Dieses Modell kam dann auch in Berlin zum Einsatz; kennzeichnend für die Berliner Wasserwerfer war und ist heute noch die Aufschrift "Bitte Abstand halten" am Tankaufbau. Der WaWe 6000 basierte auf einem zweiachsigen Allrad-Fahrgestell des Typs Mercedes 1719. Das Frontlenker-Fahrerhaus der damals aktuellen NG-Reihe mit einer eher feuerwehr-typischen Doppelkabine wurde mit einem Glasaufbau im hinteren Teil erhöht. Von diesem Typ gab es jedoch nur wenige Exemplare, die meisten Polizeibehörden wechselten direkt vom WaWe 4000 auf das heute aktuelle Modell, den WaWe 9000. Der letzte WaWe 4000 schied 1996 bei der sächsischen Bereitschaftspolizei aus dem Dienst.
Politische und rechtliche Situation
Der Einsatz von Wasserwerfern ist häufig umstritten und für den Einsatzleiter immer mit der Gefahr eines gerichtlichen Nachspiels verbunden, in dem die Frage nach der Verhältnismäßigkeit des WaWe-Einsatzes zu klären ist. Das Magazin Stern kritisierte 1984, also etwa dem Zeitpunkt der Einführung der heutigen WaWe 9000, dass Hochdruckwasserwerfer von ihrer Wirkung her mit einer Geschosswaffe mit Breitflächenwirkung vergleichbar wären, im Gesetzestext jedoch nur als Hilfsmittel definiert sind. Damit liege die Entscheidung über den Einsatz auf den unteren Führungsebenen und sei auch nicht in der Art und Weise berichtspflichtig wie ein möglicher Schusswaffengebrauch. So sei auch die Schwelle eines möglichen Einsatzes eher niedrig anzusiedeln.
Mischen sich gewalttätige Störer unter friedliche Demonstranten, kann der Wasserwerfer nicht mehr verwendet werden, um nur die Störer auf Distanz zu halten, es werden bei einem Einsatz zwangsläufig beide Gruppen getroffen. Die eingangs genannte Polizeidienstvorschrift 122 regelt zumindest, dass der Einsatz von Wasserwerfern - auch zur Information der Einsatzkräfte - mehrmals über Lautsprecher anzukündigen ist, um Unbeteiligten die Möglichkeit zu geben, sich in Sicherheit zu bringen.
Der Einsatz von Reizstoff oder gezielte Wasserstöße führten in der Vergangenheit schon häufiger zu Verletzungen und waren auch Gegenstand von Prozessen. Ein Fall machte Mitte der 1980er Jahre Schlagzeilen, als der 36-jährige Maschinenschlosser Günther Sare während einer Ausschreitung bei einer NPD-Gegendemonstration von einem Wasserwerfer überfahren und getötet wurde.
Ausrüstung
In Deutschland sind derzeit 116 Wasserwerfer des Typs WaWe 9000 in nahezu allen Bundes- und Bereitschaftspolizeiabteilungen stationiert. Ältere Modelle (WaWe 4000/6000) sind nicht mehr oder nur zu Ausbildungszwecken im Einsatz. Die WaWe 9000 basieren ausschließlich auf Mercedes-Benz Allradfahrgestellen der Mercedes NG- und später SK-Reihe, der Aufbau erfolgte durch die Firmen Metz und Ziegler, die als Aufbauhersteller hauptsächlich Feuerwehrfahrzeuge ausrüsten. Ein Wasserwerfer kostet heute ca. eine Million Euro.
Zukunft
Die heute teils über 20 Jahre alten Fahrzeuge sollen zwischen 2008 und 2012 durch eine Nachfolgegeneration ersetzt werden, die über säureresistente Scheiben und ein gewölbtes Dach verfügen, damit darauf keine liegengebliebenen Brandsätze für Schäden sorgen. Im Zuge der Ausmusterung alter Wasserwerfer wird die Zahl dieser Fahrzeuge auf 78 reduziert; die Zusammenfassung erfolgt dann nur an Einsatzschwerpunkten.
DDR
In der DDR waren Wasserwerfer des Typs SK-2 (Straßenkampfwagen 2, ein Wasserwerfer auf der Basis des DDR-LKW G5) und später des Typs Hydromil (ein Wasserwerfer auf der Basis des polnischen LKW Star-29) im Einsatz. Einsätze des SK-2 erfolgten u. a. beim Bau der Berliner Mauer am Brandenburger Tor.
Österreich
Die Bundespolizei Österreich verwendet für ihre Wasserwerfer zweiachsige Scania-Fahrgestelle und Aufbauten, wie sie auch in Dänemark Verwendung finden. Auffällig an diesen sind die zusätzliche Vergitterung der Fenster, der Geräteträger für Räumschilde und die Rundumverkleidung des Fahrzeugbodens. Die Anordnung der Werferanlage ist diagonal.
Belgien
Die belgische Polizei (Federale Politie) nutzt sondergeschützte Fahrzeuge des Aufbauherstellers MOL.
Von diesem Typ MOL MSB 18, im Jargon "Arro" (frz. f. arroseuse, Sprengwagen) sind seit 1989 18 Fahrzeuge im Einsatz. Neben den originären polizeilichen Aufgaben können diese Fahrzeuge auch zur Notstandsversorgung (Feuer, Überschwemmungen) eingesetzt werden. Die Abmessungen entsprechen etwa dem deutschen WaWe 9000, das zulässige Gesamtgewicht jedoch 28 t, der Wasservorrat beträgt ebenfalls 9000 Liter. Angetrieben werden die Fahrzeuge von einem Caterpillar-Dieselmotor mit 6 Zylindern und 201 kW, die Pumpenleistung der Werferanlage beträgt 900 l/min.
Diese in die Jahre gekommenen Fahrzeuge werden demnächst durch Modelle aus deutscher Fertigung ersetzt. Basisfahrzeug ist ein einzelbereiftes MAN-Fahrgestell der TGA-Serie, der Aufbau inkl. der Besatzungskabine stammt von der Fa. Ziegler. Wie schon im Kapitel Zukunft erwähnt, wird dieser Fahrzeugtyp möglicherweise auch für die deutschen Polizeibehörden beschafft.
Schweiz
Neben verschiedenen Modellen, u.a. dem im Einleitungstext gezeigten Fahrzeug auf MB Kurzhauber, sind in der Schweiz auch mit den deutschen WaWe 9000 baugleiche Modelle im Einsatz, neuerdings basieren diese auch auf Actros-Fahrgestellen.
Polen
In Polen werden unter anderem neue Wasserwerfer unter der Bezeichnung Tajfun 1 eingesetzt. Diese basieren auf zweiachsigen Renault Kerax Fahrgestellen und verfügen über einen 6000l-Wassertank. Die beiden Werfermonitore sind mittig übereinander eingeordnet, wobei der obere auf dem Fahrzeugdach und der untere am Fahrzeugbug unterhalb der Frontscheibe angebracht ist. Diese Fahrzeuge verfügen außerdem über Räumschilde, seitlich ausfahrbare Absperr-, bzw. Schutzschilde sowie seitliche Abwehrbrausen. Bedient werden die Fahrzeuge von einem Fahrer und zwei ebenfalls vorn sitzenden Werfern.
Siehe auch
Weblinks
- Datenblatt und Bild eines alten WaWe 4000 beim PMC Marburg
- Bild eines WaWe 9 auf DC Actros bei der Kantonspolizei Zürich (CH)
- Infoseite der belgischen Polizei über das auch für Deutschland mögliche Nachfolgemodell (niederländischer Text)
- Eine Übersicht der Wasserwerfer einst und heute bei der Berliner Polizei auf polizeiautos.de
- Gegenwart und Zukunft des Wasserwerfers aus linker Sicht
Einzelnachweise
- ↑ Hans-Jürgen Schmidt: Wir tragen den Adler des Bundes am Rock - Chronik des Bundesgrenzschutzes 1951 – 1971 Fiedler-Verlag, Coburg 1995 ISBN 3-923434-17-0, Seite 59
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