- Waldheim (Zuchthaus)
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Die Justizvollzugsanstalt Waldheim in Waldheim, etwa 30 km nördlich von Chemnitz, war einst das größte Zuchthaus Sachsens und ist eines der ältesten in Europa.Im Zuchthaus Waldheim waren auch viele Häftlinge wegen politischer Straftaten inhaftiert, insbesondere im nationalsozialistischen Deutschen Reich als auch später in der DDR.
Die Justizvollzugsanstalt dient der Inhaftierung männlicher Erststraftäter. Es stehen 377 Plätze im geschlossenen und 18 Plätze im offenen Vollzug zur Verfügung.
Geschichte
Die Einrichtung wurde 1716 unter August dem Starken eröffnet. Für die Finanzierung des Zucht-, Armen- und Waisenhauses zu Waldheim wurde seit dem 23. Juni 1710 von allen neu angestellten Staatsdienern Kursachsens ein Zwölftel der Besoldung des ersten Jahres einbehalten. Dieser Zwölftelabzug fand auch bei Besoldungszulagen auf den Erhöhungsbetrag Anwendung.
Als erster weiblicher Häftling saß Sophie Sabina Apitzsch ein, die sich im Jahre 1714 als sächsischer Kurprinz ausgegeben hatte.
Nach der Niederschlagung der Märzrevolution von 1848/49 wurden mehrere sächsische Patrioten, wie z. B. Hermann Theodor Breithaupt zu langjährigen Zuchthausstrafen in Waldheim verurteilt. Der Schriftsteller und demokratische Aufständler August Peters verbüßte seine Strafe von 1853 bis zu seiner Begnadigung 1856.
Der spätere Autor Karl May war von 1870 bis zum 2. Mai 1874 im Zuchthaus zu Waldheim inhaftiert.
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden viele Personen aus politischen Gründen im Zuchthaus Waldheim inhaftiert. Typische Haftgründe waren „Hören feindlicher Rundfunksendungen und antifaschistischer Propaganda“ (vgl. Feindsender), „Wehrkraftzersetzung“ und „Vorbereitung zum Hochverrat“. So wurde die Frauenrechtlerin und Kommunistin Olga Körner 1933 zu drei Jahren Haft verurteilt. Das spätere KPD-Parteivorstandsmitglied Josef Schleifstein verbüßte hier ab 1934 eine Freiheitsstrafe wegen Hochverrats. Die Widerstandskämpferin Eva Schulze-Knabe wurde 1942 zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt und kam 1945 frei.
Das Zuchthaus diente ferner medizinischen Versuchen, die auf Anregung des Leipziger Vitaminforschers Arthur Scheunert und mit Genehmigung des Reichsministers der Justiz den Vitamin-A-Bedarf untersuchten. Die ausgesuchten Häftlinge wurden isoliert und erhielten eine Vitamin-A-freie Kost. Ergebnis waren deutliche Gesundheitsbeeinträchtigungen im sechsten Monat des Versuchs, insbesondere der Sehfunktionen und der Blutzusammensetzung. Die Versuche dienten der Vorbereitung einer allgemeinen Vitaminisierung der Margarine, die im Januar 1941 begann.
Von April bis Juni 1950 führten Richter im Zuchthaus Waldheim 3.385 Schnellverfahren gegen mutmaßliche NS-Verbrecher durch. Nur in vier Fällen ergingen Freisprüche, in 32 Fällen wurden Todesstrafen verhängt und in 24 Fällen vollstreckt. Nach heutiger Auffassung des Bundesgerichtshofs stellten die Waldheimer Prozesse einen „krassen Mißbrauch der Justiz zur Durchsetzung machtpolitischer Ziele“ dar (BGH, Az. 5 StR 236/98).
Literatur
- Johannes W. E. Büttner: Das Gesundheitswesen und die gesundheitlichen Verhältnisse des Zucht-, Waisen- und Armenhauses und späteren Zucht- und Korrektionshauses in Waldheim (Sachsen) seit seiner Gründung im Jahre 1716 bis 1900. Leipzig (Anstaltsdruckerei Waldheim) 1942.
- Martin Habicht; Zuchthaus Waldheim 1933 - 1945: Haftbedingungen und antifaschistischer Kampf. Berlin: Dietz, 1988, ISBN 3-320-01204-5
- Hainer Plaul: Resozialisierung durch »progressiven« Strafvollzug. Über Karl Mays Aufenthalt im Zuchthaus zu Waldheim von Mai 1870 bis Mai 1874. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1976. (mit Dokumenten zur Strafvollzugspraxis)
Weblinks
51.07472222222213.029166666667Koordinaten: 51° 4′ 29″ N, 13° 1′ 45″ O
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