- Walter Thiel (Ingenieur)
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Walter Thiel (* 3. März 1910 in Breslau; † 18. August 1943 in Karlshagen auf Usedom) war ein deutscher Chemiker und Raketeningenieur. Er war wesentlich für die Entwicklung der A4-Raketentriebwerke verantwortlich.
Leben
Walter Erich Oskar Thiel wurde als zweiter Sohn der Eheleute Oskar (Beruf: Postassistent) und Elsa Thiel (geb. Prinz) geboren. Schon früh war Thiels Begabung festzustellen. Nach der Grundschule erhielt er aufgrund einer Intelligenzprüfung einen Freiplatz in der Bender-Oberrealschule zu Breslau. Bereits nach drei Monaten konnte er in die Quinta (6. Klasse) übertreten und war bis zur Oberprima (13. Klasse) immer Primus.
Nachdem er 1929 das Abitur in allen Fächern mit „sehr gut“ bestanden hatte, studierte er an der Technischen Hochschule zu Breslau in der Fakultät für Stoffwirtschaft, Fachrichtung Chemie. Ab dem dritten Semester wurde ihm aufgrund überdurchschnittlicher Leistungen freies Studium gewährt. Im Sommersemester 1931 bestand er die Diplom-Vorprüfung mit Auszeichnung. 1932 wurde Thiel als Mitglied in die Studienstiftung des Deutschen Volkes aufgenommen und legte im Wintersemester 1933 das Examen zum Diplom-Ingenieur (chem.) in allen sieben Fächern mit „sehr gut“ ab.
1934 promovierte Thiel an der Humboldt-Universität zu Berlin mit Summa cum laude „Über die Addition von Verbindungen mit stark polarer Kohlenstoff-Halogenbindung an ungesättigte Kohlenwasserstoffe“.
Das Heereswaffenamt rekrutierte ihn direkt von der Universität zur Raketengrundlagenforschung. Thiel wurde Nachfolger des tödlich verunglückten Kurt Wahmke, im Labor Erich Schumann.
1936 musste er seine Militärzeit absolvieren und wurde als Funker in Magdeburg für 2 Monate einberufen. Im Herbst 1936 warb Walter Dornberger Thiel an die Heeresversuchsstelle für die Entwicklung von Flüssigkeitsraketen in Kummersdorf bei Berlin ab. Er übertrug Thiel die Leitung der Triebwerksentwicklung für das 25-t-Triebwerk, eine große Herausforderung. Hier traf er erstmals mit Wernher von Braun zusammen.
1937 zogen die ersten Wissenschaftler von Kummersdorf nach Peenemünde. Thiel blieb mit seinem Team in Kummerdorf, bevor er im Sommer 1940 als Leiter der Entwicklungsdirektion Triebwerk ebenfalls zur Heeresversuchsanstalt Peenemünde (Entwicklungswerk Ost) umziehen konnte.
1943 waren Thiel und mit ihm viele der Peenemünder Forscher nervlich am Ende. Überarbeitung, Erfolgsdruck und der Wandel vom Entwicklungs- zum Produktionsunternehmen belastete die Wissenschaftler. Thiel lehnte es ab, das Triebwerk der Rakete als tauglich für die Massenproduktion zu bezeichnen und unterstrich am 17. August 1943 seinen Protest mit einer mündlichen Kündigung. Er wollte sich als Thermodynamiker an einer Hochschule habilitieren. Dornberger nahm die Kündigung nicht an.
Mit der Operation Hydra griff die Royal Air Force in der darauf folgenden Nacht vom 17. auf den 18. August 1943 Peenemünde an. Thiel wurde zusammen mit seiner Ehefrau Martha, geborene Strohwald, Tochter Sigrid (*14. März 1936) und Sohn Siegfried (*5. September 1941) vor ihrem Haus in Karlshagen auf der Hindenburgstraße im Splittergraben von Fliegerbomben getötet. Die Familie Thiel ist auf dem Ehrenfriedhof Karlshagen beigesetzt.
Am 29. Oktober 1944 wurde Thiel posthum das Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes mit Schwertern verliehen.
Wann Walter Thiel Mitglied der NSDAP wurde und ob er SS-Mitglied war, ist nicht bekannt.
Der Mondkrater Thiel ist nach ihm benannt.
Quellenangaben/Literatur
- Walter Dornberger: „Peenemünde. Die Geschichte der V-Waffen“, Ullstein-Verlag, 6. Auflage 1995, ISBN 3-548-33119-X, Seiten: 62-66, 168-169, 185-186
- Thomas H. Lange: „Peenemünde. Analyse einer Technolgieentwicklung im Dritten Reich“, VDI-Verlag 2006, ISBN 3-18-150050-X, Seiten: 27, 33, 69, 92, 100
- Michael J. Neufeld: „Die Rakete und das Reich“, Henschel Verlag, 2. Auflage 1999, ISBN 3-89487-325-6, Seiten: 75, 94-101, 133,190, 210, 211, 239
- Michael J. Neufeld: „Wernher von Braun“, Siedler Verlag, 1. Auflage, Mai 2009, ISBN 978-3-88680-912-7, Seiten: 109, 129, 132, 133, 140
- Walter Thiel: „Über die Addition von Verbindungen mit stark polarer Kohlenstoff-Halogenbindung an ungesättigte Kohlen-Wasserstoffe“, Dissertation, Verlag Konrad Triltsch, Würzburg, 1935 (erhältlich über: TIB, Hannover)
- Deutsches Museum München, Archiv, Peenemünde-Archiv, German Documents (GD)
Weblinks
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