Wechselkursunsicherheit

Wechselkursunsicherheit
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Als Wechselkursunsicherheit (auch Wechselkursrisiko) bezeichnet man in den Wirtschaftswissenschaften die aus der Unsicherheit über zukünftige Wechselkursentwicklungen entstehenden Risiken. Wechselkursunsicherheiten erhöhen die Transaktionskosten für Investoren, Unternehmer und Konsumenten und behindern so den internationalen Güter- und Kapitalverkehr. Die Unsicherheit bezüglich des Wechselkurses ist umso größer, je stärker die zu beobachtende Wechselkursvolatilität ist bzw. je weiter in der Zukunft die geplante Ausgabe in einer Fremdwährung liegt.

Inhaltsverzeichnis

Unterteilung von Währungsrisiken

Währungsrisiken für Unternehmer können unterteilt werden in:

  • Translationsrisiko: Das Risiko aus der Umrechnung von buchhalterischen Positionen zu einem späteren Stichtag, etwa aus der Umrechnung der Werte von Vermögensgegenständen, Verbindlichkeiten, Umsatz oder Gewinnen einer ausländischen Tochter bei der Ermittlung des Konzernergebnisses. Das Risiko ist nicht zahlungswirksam und damit weniger gewichtig, als die folgenden Positionen. Es beeinflusst auch Margengrößen wie z. B. die EBITDA-Marge nicht, da sowohl Umsatz als auch Ergebnis davon betroffen sind.
  • Transaktionsrisiko: ergibt sich aus bestehenden, bereits buchhalterisch erfassten Forderungen oder Verbindlichkeiten in Fremdwährungen, die erst zu einem späteren Zeitpunkt mit bislang unbekanntem Wechselkurs zahlungswirksam werden. Eventuelle Kursschwankungen sind voll ergebnis- und margenwirksam.
  • Operationsrisiko: bezieht sich auf zukünftige, zu erwartende, aber in der Höhe noch nicht exakt feststehende und damit auch nicht gebuchte Wechselkursrisiken aus der Geschäftstätigkeit. Dies kann zukünftige Zahlungseingänge aus Umsätzen oder Zahlungsausgänge aus Kostenpositionen in Fremdwährungen betreffen. Die Effekte werden zukünftig voll ergebnis- und margenwirksam, insofern sich Fremdwährungszahlungsausgänge und -eingänge in Höhe und zeitlichem Verlauf nicht ausgleichen (Natural Hedging).
  • Wettbewerbsrisiko: langfristiges, strategisches Risiko mit einem Produkt auf Grund von Währungsschwankungen bzw. einer längerfristigen ungünstigen Währungsentwicklung nicht wettbewerbsfähig zu sein.

Investoren sind dem Risiko ausgesetzt, das nicht nur ihr Basisinvestment an Wert gewinnt oder verliert, sondern auch die Anlagewährung im Vergleich zur eigenen Währung an Wert gewinnt oder verliert. Dies ist vergleichbar mit dem Translationsrisiko, allerdings mit dem Unterschied, das Investoren regelmäßig in wesentlich kürzeren Perioden ihre Positionen schließen und glattstellen. Damit wird dieses Risiko zahlungswirksam. Unternehmen halten in der Regel Beteiligungen über Jahre und Jahrzehnte, sodass Translationsrisiken nur beim Transfer von Vermögen zwischen Gesellschaften (Dividenden, Kapitalzuführung) zahlungswirksam werden.

Auswirkungen

Wechselkursunsicherheiten können sowohl als Chance wie auch als Risiko aufgefasst werden. Einerseits ermöglichen sie Marktakteuren Zusatzgewinne, andererseits gefährden sie deren Rendite, wenn sich der Wechselkurs in eine ungünstige Richtung bewegt. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Mundell hält Wechselkursunsicherheit grundsätzlich für gefährlich: "An unstable exchange rate means unstable financial markets, and a stable exchange rate means more stable financial markets" (dt.: Ein instabiler Wechselkurs bedeutet instabile Finanzmärkte, eine stabiler Wechselkurs bedeutet stabilere Finanzmärkte.) (Lit.: Mundell, 2000, S. 30)

Unabhängig von der Risikoeinstellung des Individuums wirken Wechselkursunsicherheiten für Außenhändler und Anleger jedoch als Transaktionskosten und somit als Handelshemmnis.

Gegenmaßnahmen

Neben dem bewussten Eingehen offener Positionen (Spekulation) gibt es eine Reihe von Absicherungsmöglichkeiten:

Ein individueller Marktakteur kann Wechselkursunsicherheiten durch Absicherungsgeschäfte (Hedging) vermeiden. Beispiele hierfür sind Optionen und Swaps auf dem Devisenmarkt. Darüber hinaus ist auch eine Eliminierung der Unsicherheiten durch Kurssicherungsgeschäfte möglich - d. h. die Absicherung zukünftiger Devisenzahlungseingänge und -ausgänge über den Terminmarkt.

Eine weitere Möglichkeit der Reduzierung der Wechselkursunsicherheit ist die Bemühung, Forderungen und Verbindlichkeiten in denselben Währungsrelationen anfallen zu lassen. Dies bedingt, das Kosten im selben Währungsverhältnis anfallen, wie Umsätze. Steuerungsgrössen um Kostenpositionen an die Relationen der Umsätze anzupassen sind die Finanzierung über die Kapitalmärkte in dem jeweiligen Währungsraum, die Anpassung von Lieferkonditionen insbesondere bei großen Rohstoffpositionen sowie die Verlagerung von Produktionsstätten, um bei Positionen wie Personal- oder Energiekosten für eine Währungsparität zu sorgen (Natural Hedging).

Eine sinnvolle Absicherung gegen Wechselkursschwankungen bietet auch die Fakturierung von Transaktionen in inländischer Währung. Allerdings reduziert dies lediglich die Unsicherheit für einen der beteiligten Akteure, das Währungsrisiko wird auf den Partner abgewälzt.

Von staatlicher Seite wurde im 20. Jahrhundert mehrfach versucht, den Außenhandel durch staatliche Wechselkursversicherungen zu fördern. Darunter versteht man eine kostengünstige (oft sogar kostenlose) staatliche Absicherung von Währungsunsicherheiten. Staatliche Wechselkursversicherungen werden jedoch als kritisch angesehen, da sie die Versicherten dazu verleiten, überproportional viele mit hoher Unsicherheit behaftete Geschäfte einzugehen.

Ein direkter Weg zur Vermeidung von Wechselkursunsicherheit ist die Bildung einer Währungsunion; so eliminierte die Europäische Währungsunion beispielsweise jegliche Wechselkursunsicherheit zwischen den Ländern der Eurozone.

Die meisten ökonomischen Schulen bevorzugen stabile Wechselkurse, die das Währungsriskio ausschließen. Dies führt nicht nur zur Vermeidung von Transaktions/Absicherungskosten, sondern vermeidet auch die Fehlallokation von Mitteln durch Kursschwankungen. Allerdings konnten sich fixe Wechselkurse zwischen Papierwährungen historisch nicht durchsetzen. Stabile Wechselkurse ließen sich am besten durch die Bindung von Währungen an Edelmetalle aufrechterhalten.

Literatur

  • Mundell, Robert A. (2000): Threat to Prosperity, in: Wall Street Journal/ Eastern Edition, Band 235

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