Werner von Alvensleben

Werner von Alvensleben
Werner von Alvensleben

Werner von Alvensleben (* 4. Juli 1875 in Neugattersleben; † 30. Juni 1947 in Bremen-Vegesack) war ein deutscher Kaufmann und Politiker.

Er entstammte der niederdeutschen Adelsfamilie von Alvensleben und war der zweite Sohn von Werner Graf von Alvensleben-Neugattersleben (1840–1929) und der Anna von Veltheim (1853–1897). Sein jüngerer Bruder war Bodo Graf von Alvensleben-Neugattersleben, der spätere Präsident des Deutschen Herrenklubs. Nach einem Jurastudium trat er in die Armee ein, war Leutnant im Infanterieregiment Nr. 24 und besuchte 1904/05 die Kriegsakademie. Er schied dann aus dem Heeresdienst aus, überwarf sich mit seinem Vater, der ihn enterbte, und ging nach Vancouver/Kanada. Dort lebte bereits sein jüngerer Bruder Gustav Konstantin von Alvensleben, der sich vom einfachen Arbeiter zum erfolgreichen Unternehmer hochgearbeitet hatte. 1909 heiratete er Alexandra Gräfin von Einsiedel (1888–1947). Aus der Ehe gingen die drei Töchter Alexandra, Armgard und Harriet sowie der Sohn Werner hervor. Er betätigte sich seitdem als Kaufmann mit Export- und Finanzierungsgeschäften.

Im Ersten Weltkrieg wurde er mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse ausgezeichnet, war später Ordonnanzoffizier in der Heeresgruppe Gallwitz, Adjutant des Oberbefehlshabers der Ukraine Eichhorn und zuletzt persönlicher Adjutant des Kaisers beim Hetmann der Ukraine, Pawel Skoporadski (1873–1945) in Kiew. In dieser Eigenschaft setzte er sich für eine unabhängige Ukraine ein.

Nach dem Kriege engagierte er sich neben seiner beruflichen Tätigkeit immer mehr in der Politik. War er vor dem Kriege noch Mitglied der Konservativen Partei gewesen, so trat er jetzt keiner politischen Partei bei und wirkte vor allem im Hintergrund. Auch gehörte er nicht dem Herrenklub an, dessen Präsident sein jüngerer Bruder Bodo war. Im Juni 1930 gründete sich der „Deutsche Bund zum Schutz der abendländischen Kultur“. Werner von Alvensleben wurde sein Vorsitzender. Sein Ziel war die Sammlung aller konservativen Kräfte in einer umfassenden konservativen Partei mit dem Plan grundlegender „ständischer“ Reformen in Staat und Wirtschaft. Politisch gehörte er zum engeren Kreis um den späteren Reichswehrminister und Reichskanzler General Kurt von Schleicher, für den er u.a. als Kurier zwischen Berlin und Gut Neudeck (Privatsitz des Reichspräsidenten Hindenburgs) während der Verhandlungen zwischen Schleicher und der NSDAP im Mai 1932 tätig war. Dies bestätigte der damalige Reichskanzler Heinrich Brüning: „Dabei hatte ich erfahren, dass seit acht Tagen täglich ein Kurier Schleichers nach Neudeck fuhr.“[1] Weiterhin hatte er enge Kontakte zu dem Chef der Heeresleitung Generaloberst Kurt Freiherr von Hammerstein-Equord.

Nach der Machtergreifung Adolf Hitlers gehörte er zur konservativen Opposition. Er verweigerte als Hauptmann der Reserve den gesetzlich vorgeschriebenen Treueid auf Hitler. Im Zusammenhang mit dem sogenannten Röhmputsch und der Ermordung Schleichers am 30. Juni 1934 sagte Hitler in einer Reichstagsrede am 13. Juli 1934: „Röhm nahm durch die Vermittlung eines durch und durch korrupten Hochstaplers, eines Herrn von A., die Beziehung zu General von Schleicher auf.“ Gemeint war Werner von Alvensleben. Er kam am 30. Juni 1934 für einige Monate in Haft, wurde aber nicht - wie eigentlich vorgesehen - erschossen. 1937 wurde er wegen „staatsabträglicher Schimpfereien“ noch einmal verhaftet. Bei seiner Entlassung erhielt er die Auflage, Neugattersleben nur mit Genehmigung der Geheimen Staatspolizei zu verlassen. Später hatte er über Hammerstein Kontakte zu Goerdeler und Ludwig Beck und war - wie Rudolf Pechel in seinem Buch „Deutscher Widerstand“ schrieb - Ende 1941 in die Umsturzpläne zeitweise eingeweiht. Noch vor dem 20. Juli 1944 wurde er aus anderen Gründen erneut verhaftet und angeklagt. In der Verhandlung vor dem Volksgerichtshof am 1. Februar 1945 konnte ihm eine Mitwisserschaft an den Attentatsplänen nicht nachgewiesen werden, jedoch wurde er wegen defätistischer Äußerungen während einer Teegesellschaft im August 1943 zu zwei Jahren Haft verurteilt, wobei sein Alter und seine angeschlagene Gesundheit sich mildernd auf das Strafmaß auswirkten.

Im April 1945 befreiten ihn die Amerikaner aus dem Zuchthaus Magdeburg. Er zog – nachdem Neugattersleben sowjetische Besatzungszone geworden war – zu seiner Tochter nach Bremen-Vegesack und starb dort am 30. Juni 1947.

Literatur

  • Hellmut Kretzschmar: Geschichtliche Nachrichten von dem Geschlecht von Alvensleben seit 1800. Burg b. M. 1930, S.75.
  • Rudolf Pechel: Deutscher Widerstand. Erlenberg-Zürich 1947, S.175, 299f
  • Eberhard von Vietsch: Arnold Rechberg und das Problem der politischen West-Orientierung nach dem 1. Weltkrieg. 1958, S. 94, 129.
  • Hans Adolf Jacobson (Hrsg.): Spiegelbild einer Verschwörung, 2. Band, Stuttgart 1984, S. 774–780 ( Wiedergabe des Urteils des Volksgerichtshofes vom 1. Februar 1945 in der Strafsache gegen Werner von Alvensleben und Dr. Rudolf Pechel).
  • Kunrat Frhr. v. Hammerstein: Spähtrupp. Stuttgart 1963, S.50, 55–59, 71, 206–207, 223, 242.
  • Annali von Alvensleben: Abgehoben. Hamburg 1998 (Autobiographie einer Tochter von Werner von Alvensleben).
  • Stephan Malinowski: Vom König zum Führer. Deutscher Adel im Nationalsozialismus. Berlin 2003, S. 428/429.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Heinrich Brüning, Memoiren 1918-1934, Stuttgart, S. 594

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