Werrabrücke Vacha

Werrabrücke Vacha
Ostseite der Werrabrücke Vacha
Westseite der Werrabrücke im Flussbereich

Die Werrabrücke Vacha auch Brücke der Einheit genannt, ist eine 225 Meter lange Steinbogenbrücke aus dem Mittelalter, die das thüringische Vacha mit dem hessischen Philippsthal verbindet und die Werra überspannt.

Inhaltsverzeichnis

Aktuelle Konstruktion

Die 225 m lange Brücke besteht aus Natursteinmauerwerk und hat 11 Bögen im Vorlandbereich und drei Bögen über der Werra. Die lichten Weiten betragen im Vorlandbereich zirka 5 m und maximal 9,6 m im Flussbereich, bei Pfeilerachsabständen von höchstens 14 m. Die Breite zwischen den Brüstungen ist 5,5 m. Die Konstruktionshöhe des Mauerwerkbogens im Bogenscheitel ist 0,5 m und nimmt auf 0,65 m im Kämpfer zu.

Geschichte

Der Vachaer Werraübergang ist einer der neuralgischsten Punkte der uralten Straße, die das Rhein-Main-Gebiet auf kürzestem Weg über das Thüringische Becken mit dem Raum um Leipzig verband. Diese Route wird bereits 786 nördlich der Werra als „hoha strazza“ erwähnt. [1] Als Geleitsort erscheint Vacha um 1145/68 im Reinhardsbrunner Epistolarcodex. [2]

Zweiteilige Brücke bis 1603

Westseite der Stadt Vacha mit Ansicht der zwei Steinbrücken von Dilich.

Im Jahr 1186 wurde erstmals eine Werrabücke als Teil der später sogenannten Via Regia (Handelsweg von Frankfurt am Main nach Leipzig) erwähnt: "super ripam fluminis Werraha secus pontem Fuldensis opidi, quod Vache vocatum est" (Am Ufer der Werra bei der Brücke der fuldaischen Stadt Vacha) [3] Sie diente damals den wichtigsten Landesherrn aus Hessen und Thüringen als Verhandlungsort. Anwesend waren:

sowie viele Angehörige des niederen Adels.

Ursprünglich handelte es sich um zwei, wahrscheinlich steinerne Brücken, die 1342 durch das sogenannte Magdalenenhochwasser teilweise zerstört wurden. Zu den Vorgängen und den folgenden Wiederaufbau existiert keine zeitnahe Überlieferung. Die Geschehnisse wurden zuerst bei dem Eisenacher Geschichtsschreiber Johannes Rothe (um 1365-1434) erwähnt: "Zu Vache zu brach is die steynen brucken" [4]. Cyriacus Spangenberg berichtete 1585 in seiner Sächsischen Chronik „Die Werra ... zerbrach zu Fach Brücken und Wege/Steige und Stege“. Bei Wilhelm Dilich steht 1605 in der Hessischen Chronik: „Jahrs 1342 hat die Werra durch ihr anlauffen die brück zu Vach umbgeworffen.“ Matthias Merian schrieb 1646: „ Es hat Anno 1342 die Werra / darüber jetzt ein steinerne Brück gehet / durch ihr Anlauffen die Brück umbgeworffen“. Die Formulierung – „darüber jetzt ein steinerne Brück gehet“ – hatte die nachfolgenden Chronisten zur Annahme veranlasst, dass vorher keine massive - sondern eine hölzerne Brücke vorhanden war. So zuerst anzutreffen bei Johann Just Winkelmann 1697[5] und von Wilhelm Ernst Eberhardi 1841[6] in die Vachaer Geschichtsschreibung übernommen. [7]

Das später Sondersiechenhaus genannte Hospital des Klosters Kreuzberg (Philippsthal) wurde 1279 erwähnt. [8] Es befand sich am Nordende der kleinen Brücke am Siechenberg.

Im Jahr 1303 wurden dem benachbartem Kloster Kreuzberg Äcker auf der Flussinsel „Wert“ bei der Brücke vermacht: „agros nostros sitos ex alia pontis qui vulgariter dicuntur der wert“ [9]

Zwischen Stadtmauer und Brücke war 1325 der Standort des städtischen Hospitals angegeben: „extra muros oppidi nostri Vach pontem siti“ [10]

Bis 1346 war das Bauwerk als steinerne Brücke wiederaufgebaut[7]. Im Jahr 1394 wurde die nördliche kleine Steinbrücke urkundlich erwähnt "by Vache gein der cleinn steinbrückin ubir an dem sichin berge" [11]. Wilhelm Dilich zeichnete 1591 Stadt und beide Brücken und überarbeitete dies zu dem Stich von 1605. (siehe Bild)

Einteilige Brücke ab 1603

Blick auf die Werrabrücke vom Kirchturm 2010.
Scheitelstein am 6. Bogen von Norden (Ostseite), mit der Jahreszahl 1603 (die 16 ist heute schwer lesbar)
5. Bogen von Norden (Ostseite), mit der Jahreszahl 1670 und den Initialen LM·AK

Zwischen 1591 und 1603 wurden sie zu einer siebzehnbogigen Brücke vereinigt. Ein Schlussstein des Zwischenstücks trägt die Jahreszahl 1603. Ein Blick vom Kirchturm der Stadtkirche Vacha (Bild) zeigt deutlich die Knicke im Bauwerk, die die beiden alten Brücken markieren.

Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Werrabrücke bei feindlichen Durchzügen beschädigt. 1640 lagen kaiserlichen Truppen in den Werrawiesen vor Vacha, die das Bauwerk reparierten.

Nach Teileinstürzen folgten Reparaturen und Umbauten, welche die Anzahl der Bögen letztendlich auf 14 Durchlässe verminderten. Änderungen gab es beispielsweise 1696, 1753 und abschließend von 1802 bis 1806. [12]

Anfang des 20. Jahrhunderts war das Bauwerk Teil der Reichsstraße 84. Im Frühjahr 1945, während des Zweiten Weltkriegs, wurden zwei Bögen gesprengt, deren Wiederaufbau erfolgte 1950/1951 mit Stahlbeton und einer Sandsteinmauerverkleidung.

Aufgrund des Verlaufes der Innerdeutschen Grenze im Bereich der Brücke war das Bauwerk in den folgenden Jahrzehnten bis zur Grenzöffnung zwischen Vacha und Philippsthal am 12. November 1989 gesperrt.

Seit dem 3. Oktober 1990 heißt das Bauwerk auch „Brücke der Einheit“. In den Jahren 1993 und 1994 folgte unter Berücksichtigung der Denkmalpflege eine umfangreiche Instandsetzung. Heute wird das Bauwerk als Fuß- und Radwegbrücke genutzt.

Grenzstein

Grenzstein an der Werrabrücke

Vor der nordwestlichen Brückenbrüstung der Werrabrücke steht ein Grenz- beziehungsweise Kreuzstein. Der Stein zeigt noch das Hoheitszeichen der Reichsabtei Hersfeld, welche hier an die Reichsabtei Fulda grenzte.

Von besagten Kreuzstein, der zugleich die Landes- als auch die Geleitsgrenze (auf der Straße zwischen Vacha und Eisenach) markierte, hören wir erstmals im 16. Jahrhundert. Im Jahr 1590 war der Stein von Unbekannten zerstört worden. Die beiden Geleitsherren kamen daraufhin überein, sich die entstehenden Kosten bei der Neuerrichtung zu teilen, wobei auch vom Zeitpunkt der Aufstellung berichtet wird: „welches anno (15)62 des Geleitts halbenn zwischen denn ... Herzogenn zu Sachssenn unndt Landgraven zue Heßen zum Malzeichen ufgericht“[13]

Der heutige Kreuzstein wurde um 1700 aufgestellt. [12] Ursprünglich stand er vor der Hoßfeldschen Druckerei (das sogenannte „Haus auf der Grenze“), wie die, heute falsch angeordneten, Buchstaben GSW (Großherzogtum Sachsen-Weimar) rechts und KP (Königreich Preußen) links deutlich machen. Diese Hinzufügung wurde frühestens 1866 durchgeführt, da die Landgrafschaft Hessen-Kassel erst in diesem Jahr in das Königreich Preußen eingegliedert worden ist.

Siehe auch

Literatur

  • Bundesministerium für Verkehr: Brücken der Bundesfernstraßen 1995. Verkehrsblatt Verlag, Dortmund 1995, ISBN 3-892-73072-5. (Verkehrsblatt Dokument B 5133)
  • Olaf Ditzel:Festschrift - 650 Jahre „Steinerne Werrabrücke“ zu Vacha 1342 - 1992. Vacha 1992.
  • Olaf Ditzel: Vacha - Brücke der Einheit. In: Kulturelle Entdeckungen in Thüringen. Band 2, Schnell & Steiner, Regensburg 2010, ISBN 978-3-7954-2252-3.

Weblinks

 Commons: Werrabrücke Vacha – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Monumenta Germaniae Historia Dipl. Karol. Nr. 153
  2. Monumenta Germaniae Historica, epist. sel. Bd. V, S. 26f. Nr.28
  3. Zitat abgedruckt im Buch "Die Entstehungszeit der Stadt Vacha" von Olaf Ditzel, 1991, Originalquelle: Staatsarchiv Gotha Urkunde Signatur QQ Ig Nr.32
  4. Düringische Chronik, 1421, Seite 574, Unterpunkt 668 "Von dem großen wasser"
  5. Gründliche und wahrhafte Beschreibung der Fürstenthümer Hessen und Hersfeld, 1697.
  6. Geschichtlichen Notizen über die Stadt Vacha, 1841.
  7. a b Jürgen Seiffert: Werrabrücke Vacha. In: Steinbrücken in Deutschland. Verlag Bau + Technik, 1999, ISBN 3-7640-0389-8, S. 360
  8. Hessisches Staatsarchiv Marburg Best. M VI Hersfeld Kloster Kreuzberg, Urkunden, 1279
  9. Hessisches Staatsarchiv Marburg Best. M VI Hersfeld Kloster Kreuzberg, Urkunden, 1303 August 1
  10. Landesbibliothek Fulda Kopialbuch B6 Fol. 76v Nr. 753
  11. Hessisches Staatsarchiv Marburg, Bestand: M VI Hersfeld Kloster Kreuzberg 1394 Mai 6
  12. a b Olaf Ditzel:Festschrift - 650 Jahre „Steinerne Werrabrücke“ zu Vacha 1342 - 1992, Vacha 1992
  13. Hans Goller Urkundenbuch der Stadt Vacha II 1965 Nr. 93
50.83027777777810.023611111111

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