Weserhütte

Weserhütte

Das Eisenwerk Weserhütte Otto Wolf GmbH war ein deutsches Unternehmen der Anlagen- und Maschinenbauindustrie mit Sitz im ostwestfälischen Bad Oeynhausen im Kreis Minden-Lübbecke, Nordrhein-Westfalen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Ursprünge der Firma liegen in der Gründung des Eisenwerks Weserhütte im Jahr 1844 durch Albrecht Emil Kuntze und Christian Friedrich Pottharst. Der relativ kleine Betrieb stellte in bescheidenem Umfang Gusswaren her, vor allem Töpfe, Herde und landwirtschaftliches Gerät. Nach dem Tod des Firmengründers Pottharst wurde der Betrieb auf dem Gelände an der Werre erweitert. Produziert wurde mit einer Gießerei, für den Maschinenbau und Brückenbau. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts geriet das Werk mehrfach in finanzielle Schwierigkeiten, es folgten Umstrukturierungen und neue Kapitalgeber. [1]

Während des Zweiten Weltkriegs war die Weserhütte Teil der deutschen Rüstungsindustrie und produzierte Geschütze (Pak und Flak), Panzerspähwagen und Schützenpanzerwagen. Ein Teil der Produktion wurde in der sogenannten U-Verlagerung in das nahe gelegene Wiehengebirge verlagert. Den Stollen Kröte nutzte die Weserhütte AG um Flakgeschütze unterirdisch herstellen zu können. Wegen der Rüstungsproduktion waren das Werk und damit auch die Stadt Bad Oeynhausen kurz vor Besetzung der Stadt durch die US-amerikanische Armee Bombenziel der Alliierten. Anschließend folgte die Demontage der Fabrik. Teile des Werksgeländes wurden von der britischen Besatzungsmacht bis 1958 für eine Instandsetzungswerkstatt genutzt.

Nach dem Krieg war das Unternehmen zwar weitgehend ruiniert, hatte jedoch in den folgenden Jahrzehnten Anteil am deutschen Wirtschaftswunder und konnte sich in den 1950er- und 1960er-Jahren – neben Konkurrenten wie Demag, Menck & Hambrock und Orenstein & Koppel – als einer der großen deutschen Baggerhersteller etablieren. Vor allem in der Konstruktion von Seilbaggern nahm die Firma eine weltweite Spitzenstellung ein. Außerdem stellte es auch Großtransportanlagen, Maschinen für die Grobkeramik und Maschinen für die Hartzerkleinerung her. In den 1950er-Jahren beschäftigte die Firma weit über 2000 Mitarbeiter und nahm damit in Ostwestfalen einen Spitzenplatz ein. [2]

Konkurs

Der Niedergang der Firma begann in den frühen 1970er-Jahren, so dass sie sich zunehmend auf den Anlagenbau konzentrieren musste. 1980 fusionierte sie mit den Maschinenproduzenten Pohlig-Heckel-Bleichert Vereinigte Maschinenfabriken AG (PHB) zur PHB Weserhütte AG (PWH). 1987 ging die Firma in Konkurs. Eigentümer war zu dieser Zeit Otto Wolff von Amerongen, Aufsichtsratsvorsitzender Arend Oetker. Insolvenzverwalter wurde Klaus Hubert Görg,[3] der weite Teile des Geschäfts an Orenstein & Koppel verkaufte. Wolff hatte noch 1986 die Wende versucht, als er seinen damaligen Schwiegersohn Oetker zum Vorstandsvorsitzenden der Otto Wolff AG berief.[4] Die der Weserhütte verbliebenen Altaufträge über im Bau befindliche Großanlagen für Stetigförderer im Ausland wurden bis auf eine Ausnahme, die von Görgs Kollegen Jauch begleitete Fertigstellung einer Anlage in Bangladesh, nicht mehr von der Weserhütte fertiggestellt.

Ursache der Insolvenz waren einerseits Auslandsgeschäfte für welche die Geschäftsleitung unter dem Vorsitzenden Peter Jungen keine Kurssicherung betrieben hatte. Jahrelang hatte die Weserhütte bei schwachen operativen Ergebnissen deswegen von steigenden US-Dollarkursen profitiert. Von 1985 auf 1986 war der Dollarkurs (umgerechnet auf das Verhältnis zum Euro von 2,94 auf 2,17 eingebrochen und 1987 auf 1,80,[5] woraus dramatische Verluste der Weserhütte resultierten. Zudem war im Großanlagenbau schlüsselfertiges Bauen üblich. Die Weserhütte musste zunehmend Großanlagen als Generalunternehmer technisch und wirtschaftlich verantworten, für die sie mit ihren eigenen Produkten nur noch relativ kleine Leistungsteile erbrachte.

Görg konnte Otto Wolff zu Zuschüssen in das Konkursverfahren zur Abwendung möglicher weiterer Haftung bewegen,[6] allerdings mit der Folge, dass Wolff bis 1990 seinen gesamten Otto-Wolff-Konzern verlor. Das Konkursverfahren wurde einem Zwangsvergleich nach der Konkursordnung abgeschlossen. Dieser wurde zugleich durch Wolffs herausragende Stellung als langjähriger Vertreter der deutschen Wirtschaft ermöglicht, da viele Gläubiger Wolff einen zwangsweisen Zugriff auf sein Vermögen ersparen wollten. Wolffs Prominenz machte das Verfahren seinerzeit zu einem der spektakulärsten.

Das Fotoarchiv der Firma wurde im Jahre 2001 durch die Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv übernommen. [7]

Produktpalette

  • ab 1844: Herdteile, Töpfe, Kessel, Fensterrahmen und Zubehör für Landwirtschaftliche Geräte
  • ab 1869: Zusätzlich auch Tiefbohrgeräte, Salinenroste, Ziegeleimaschinen, Stahlbau(Gittermasten, Brücken), Brecher und Ziegeleimaschinen
  • ab 1904: Löffelbagger (Seilbagger), Eimerkettenbagger, Schwimmbagger, Seil und Kettenförderbahnen
  • ab 1908: Maschinen für die Schüttgutgewinnung, Lagerung und den Transport für Tagebaue und Kraftwerke; Brecher, Förderbänder, Schützengrabenbagger
  • ab 1919: außerdem Pressen und Feldbahnen
  • ab 1924: Erste Bagger mit Raupenfahrwerken, fahrbare Gurtförderer, kleinere Schiffsentladeeinrichtungen, Kabelverlegegeräte
  • ab 1929: außerdem Verladebrücken und Spezial-Torfbagger
  • Während des Zweiten Weltkrieges: Panzerfahrzeuge, Geschütze und sonstige Militärtechnik
  • ab 1948: In den Folgejahren wurde ein breit gefächertes Bagger- und Tagebauprogramm angeboten
  • ab 1949: Probennehmeranlagen und Transportanlagen für Hüttenwerke
  • ab 1958: Schaufelradbagger
  • ab 1959: Auch ein Mobilseilbagger namens „Weserwolff“ war im Angebot
  • ab 1962: Auch Hydraulikbagger waren im Angebot
  • ab 1965: Hafen-Umschlaggeräte
  • ab 1964: Erste Seilbagger mit Hydrauliksteuerung
  • 1968: Die Weserhütte baut die Tunnel-Hydraulikbagger für den Elbtunnel in Hamburg
  • ab 1966: Einrichtungen für Atomkraftwerke und Kernforschungsanlagen
  • ab 1973: Seilbagger wurden nur noch mit vollhydraulischen Antrieben gebaut

(Die Liste ist nicht vollständig.)[8]

Heutige Nutzung

Auf dem Gelände der Weserhütte steht heute ein große Einkaufszentrum (Werre-Park) mit etwa 30.000m² Verkaufsfläche, ein Kinocenter sowie das Kasino Bad Oeynhausen. Für die Kunden sind weit über 2500 kostenlose Parkplätze vorhanden.

Weblinks

 Commons: Weserhütte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • 125 Jahre Weserhütte. Portrait in Wort und Bild, o.O., o.J. (Festschrift zum 125jährigen Jubiläum 1969)
  • Gerd Rohlfing (Hrsg.): Die Weserhütte. Aufstieg und Untergang eines Unternehmens, Mindener Geschichtsverein, 1999.
  • Ulf Böge, Rainer Volkwein: Weserhütte Bagger. Podszun, 2004. ISBN 3-86133-350-3
  • Bad Oeynhausen zwischen Krieg und Frieden: Kriegsende und Besatzungszeit in Zeitzeugnissen und Erinnerungen, herausgegeben im Auftrag des Arbeitskreises für Heimatpflege der Stadt Bad Oeynhausen e.V. in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Bad Oeynhausen von Rico Quaschny; Bielefeld 2006, ISBN 3-89534-631-4

Einzelnachweise

  1. http://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/bestand.jsp?archivNr=4&tektId=204
  2. Dr. D. Wilms: Ostwestfalen Lippe, Der Regierungsbezirk Detmold, Oldenburg, 1957
  3. Der Spiegel: Aus Privatvermögen. 30.November 1987, abgerufen am 19.Januar 2011.
  4. Der Spiegel: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13518893.htmloll zu tun. 21.Juli 1986, abgerufen am 26.Januar 2011.
  5. unbekannt: Dollarkursentwicklung 1971 bis 2010. ohne Datum, abgerufen am 26.Januar 2011.
  6. Der Spiegel: Aus Privatvermögen. 30.November 1987, abgerufen am 19.Januar 2011.
  7. http://www.fotoerbe.de/bestandanzeige.php?bestnr=950
  8. Die Informationen wurden den Büchern Weserhütte-Bagger und 125 Jahre Weserhütte entnommen.
52.2144444444448.8141666666667

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