Wiener Donauregulierung

Wiener Donauregulierung
Detailansicht der noch unregulierten Donau um Wien aus dem Jahr 1780

Die Donau wurde durch zwei Flussverbauungen – in den 1870er und 1970er Jahren – reguliert und so die Hochwassergefahr für die Stadt Wien beseitigt.

Inhaltsverzeichnis

Die unregulierte Donau

Wien und die Donau auf der Josephinischen Landaufnahme um 1790

In Wien war die Donau bis zum Jahre 1870 praktisch vollkommen unreguliert und suchte sich ihr Flussbett selbst. Sie durchfloss dabei einen 5 km langen Aubereich am linken (nördlichen) Ufer des heutigen Donauverlaufs. Dörfer wie Jedlesee, Floridsdorf und Stadlau lagen nahe am damaligen Hauptarm der Donau und waren besonders hochwassergefährdet.

Entlang der Donau gab es immer wieder schwere Hochwasserschäden. Nach einer starken Überschwemmung der Leopoldstadt im Jahr 1744 sprach sich Kaiserin Maria Theresia für einen Hochwasserschutz aus, der aber nicht erfolgte. In den Jahren 1776 bis 1785 errichtete der „Cameral-Ingenieur“ Johann Sigismund Hubert einen Schutzdamm am linken Ufer, der aber bereits dem nächsten Hochwasser im Jahr 1787 nicht standhielt. Der heutige Hubertusdamm erinnert an Ingenieur Hubert.

Die erste Regulierung (ab 1870)

Plan des Donaudurchstichs 1870 bis 1875 in einer zeitgenössischen Darstellung
Eröffnung der regulierten Donau 1875

1810 schlug der Hofbaudirektor Josef von Schemerl eine Regulierung in Form eines neuen Flussbettes vor, seine Pläne wurden aber nicht realisiert. Die nächsten Vorschläge kamen 1840 von Ludwig Forgach und 1847 von Oberstleutnant Zitta. Beide Vorschläge sahen einen Durchstich vor, der näher beim Stadtzentrum gelegen wäre als der später realisierte.

Ab 1850 beriet eine „Donauregulierungskommission“ über die Durchführung eines Hochwasserschutzes.[1] Dabei wurden verschiedene Varianten geprüft. Aus wirtschaftlichen und städteplanerischen Gründen wäre es günstig gewesen, den zu bauenden Donaudurchstich möglichst nahe beim Stadtzentrum durchzuführen, ungefähr im Bereich des Praters. Dem stand entgegen, dass man das Naherholungsgebiet Prater nicht zerstören wollte.

Die meisten Kommissionsmitglieder sprachen sich für eine stadtferne Variante aus, wie sie dann später auch tatsächlich durchgeführt wurde. Lediglich Kommissionsmitglied Florian Pasetti plädierte für einen Durchstich in Bereich der heutigen Alten Donau; dies wäre die billigste Variante gewesen. Diese Auseinandersetzung lähmte die Kommission fast 20 Jahre lang. Erst nach der Pensionierung Pasettis im Jahr 1868 konnte Einigkeit erzielt werden, die Arbeiten begannen kurz darauf.

In den Jahren 1870 bis 1875 wurde die Donau ein erstes Mal reguliert. Dazu wurde am linken Ufer ein 450 m breites Überschwemmungsgebiet (auch: Inundationsgebiet) mit dem Hubertusdamm gegenüber den heutigen Gemeindebezirken Floridsdorf und Donaustadt geschaffen. Das neue Hauptgerinne, das auch der Schifffahrt dient, wurde 280 m breit gestaltet, das alte Flussbett als Alte Donau erhalten. Die Arbeiten wurden von der französischen Firma Castor, Couvreux et Hersent durchgeführt, die auch am Sueskanal gearbeitet hatte.

Im Zuge der Regulierung wurden fünf neue Donaubrücken gebaut. Die Nordwestbahnbrücke (heute: Nordbrücke) diente der Nordwestbahn, die Kaiser-Franz-Joseph-Brücke (heute: Floridsdorfer Brücke) dem Straßenverkehr, die Kaiser-Ferdinand-Nordbahnbrücke (heute: Nordbahnbrücke) der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn, die Kronprinz-Rudolf-Brücke (heute: Reichsbrücke) dem Straßenverkehr und die Stadlauer Staatsbahnbrücke (heute: Stadlauer Ostbahnbrücke) dem allgemeinen Eisenbahnverkehr.

1916 wurde der verantwortliche Vorstand der Wasserbausektion im kaiserlichen Ministerium für Öffentliche Arbeiten, Ernst Lauda, für die Donauregulierung in den Ritterstand erhoben. Im 20. Bezirk Brigittenau sind drei Straßen nach weiteren Mitgliedern der Donauregulierungskommission benannt: Die Pasettistraße, die Wehlistraße und die Wexstraße.

Die zweite Regulierung (ab 1972)

Blick vom Kahlenberg auf die Donau; die Donauinsel zwischen der Neuen Donau (Entlastungsgerinne) links und der Donau (Hauptarm) rechts

Trotz der Regulierung führten große Hochwasser in den Jahren 1897, 1899 und 1954 aber trotzdem zu Überschwemmungen, die vor allem das rechte Donauufer am Handelskai betrafen. Dies zeigte, dass die Donauregulierung noch nicht ausreichend war.

Nach langjährigen Studien wurde 1972 ein neues Hochwasserschutzprojekt gestartet. Bis 1988 wurde innerhalb des Überschwemmungsgebietes ein neues, 210 m breites Entlastungsgerinne geschaffen. Mit dem Aushubmaterial wurde dabei zwischen der Donau selbst und dem Entlastungsgerinne die Donauinsel aufgeschüttet. Das Entlastungsgerinne oder Neue Donau ist durch Wehranlagen geschützt und wird nur bei Hochwasser durchflossen. Es ist für einen Durchfluss von 5.000 m³/s ausgelegt. Insgesamt ist die Donauregulierung für eine Kapazität von bis zu 14.000 m³/s ausgelegt, das ist der Durchfluss des Hochwassers von 1501. Die Donauinsel und die Neue Donau dienen heute als beliebtes Erholungsgebiet der Wiener Bevölkerung.

Bedeutende Hochwasser

Große Hochwasser waren in Wien:[2]

Jahr Wassermenge in m³/sek Vergleichbarer Pegel
bei der Reichsbrücke
1501
14.000
10,30 m
1899
10.500
8,66 m
1954
9.600
8,61 m
1975
8.560
8,04 m
1991
9.600
8,00 m
2002
10.000
8,63 m

Literatur

  • Bericht und Anträge des von der Comission für die Donauregulierung bei Wien ernannten Comités. Plenarversammlung am 27. Juli 1868, K. K. Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1868 (Internet Archive oder Online in der Google Buchsuche)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Robert Schediwy: Städtebilder: Reflexionen zum Wandel in Architektur und Urbanistik, S.321, abgerufen am 11. März 2010
  2. MA 45: große Hochwasser [1]

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