Wilhelm Kinkelin

Wilhelm Kinkelin

Wilhelm Kinkelin (* 25. August 1896 in Pfullingen; † 18. Oktober 1990 (?) ebenda) war ein deutscher Mediziner, der noch vor der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ in die Sturmabteilung (SA) eintrat, und ab 1937 in verschiedenen Funktionen im Rasse- und Siedlungshauptamt, im Stab des Reichsbauernführers, im Reichssicherheitshauptamt und im Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete (RMfdBO) arbeitete. Ab 1943 war er Leiter des Amtes „Blutpflege und Rassenkultur“ im Reichsamt für Agrarpolitik der NSDAP. Sein höchster Dienstgrad war SS-Brigadeführer.[1] Daneben arbeitete er in der Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe und betätigte sich vor und nach dem Krieg als schwäbischer Heimatforscher.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Wilhelm Martin Kinkelin war bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs 18 Jahre alt und wurde 1914 als Kriegsteilnehmer mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet. Nach dem Krieg studierte er Medizin und arbeitete als Landarzt im schwäbischen Gönningen; er wurde 1926 mit einer medizinischen Dissertation an der Universität Tübingen promoviert.[2] 1930 trat Kinkelin in die SA ein; er war auch NSDAP-Mitglied (NSDAP-Mitglieds-Nr. 509 411).

Ab 1935 war Kinkelin im Stab des Reichsbauernführers Walter Darré tätig. 1937 trat Kinkelin in die Schutzstaffel (SS) über (Mitglieds-Nr. 275.990) und arbeitete im Rasse- und Siedlungshauptamt der SS mit. Im Mai 1936 wurde Kinkelin Vizepräsident in der Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe, ohne dass seine Zuständigkeit näher festgelegt wurde.[3]

1939 wurde Kinkelin Hauptamtsleiter im Stab des Reichsbauernführers, im August 1940 wurde er zum SS-Oberführer befördert.[1] Ab 1941 war er gleichzeitig im Stab des Reichssicherheitshauptamt und im Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete (RMfdbO) tätig. In dem vom NS-Chefideologen Alfred Rosenberg geleiteten RMfdbO war Kinkelin als Abteilungsleiter in der Hauptabteilung I (Politik) für die Ukraine verantwortlich (Abteilung I/3 Ukraine). Gleichzeitig verantwortete er die Abteilung I/7 („Volkstum und Siedlung“).[4] Sein direkter Vorgesetzter war der Hauptabteilungsleiter Georg Leibbrandt, daneben waren seine Hauptansprechpartner im RMfdbO der Abteilungsleiter Otto Bräutigam (Abteilung Allgemeine Politik) und Erich Koch, Reichskommissar für die Ukraine.

1943 wurde Kinkelin zum Ministerialdirigenten ernannt und leitete von nun an das Amt „Blutpflege und Rassenkultur“ im Reichsamt für Agrarpolitik der NSDAP. Im Juni 1943 wurde Kinkelin zum SS-Brigadeführer befördert.

Heimatforschung

Kinkelin betätigte sich als schwäbischer Heimatforscher, er veröffentlichte einen Aufsatz über das „Blutgericht zu Cannstatt“ (1935)[5] und ein Heimatbuch zu Pfullingen (1937).[6] Das Pfullinger Heimatbuch wurde 1956 in überarbeiteter Form erneut veröffentlicht. Kinkelin betonte darin vor allem die germanische Frühzeit des schwäbischen Stammes. Das Buch wurde vom Germanisten Klaus Graf in den 1990er Jahren als „krude Geschichtsklitterung der Blut-und-Boden-Ideologie“ bezeichnet.[7] Eine kritische Darstellung Wilhelm Kinkelins als Heimatforscher hat der Geschichtsverein Pfullingen veröffentlicht.[8] Kinkelins Schrift Cannstatt (1935) wurde in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[9]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Andreas Zellhuber: „Unsere Verwaltung treibt einer Katastrophe zu …“. Das Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete und die deutsche Besatzungsherrschaft in der Sowjetunion 1941–1945. Vögel, München 2006, S. 112. ISBN 3-8965-0213-1.
  2. Wilhelm Kinkelin: Befunde an eineiigen und zweieiigen Zwillingen. Inaugural -Diss. Tübingen, msch. M. Tübingen 1926 (Tübingen UB-UM 2403).
  3. Michael H. Kater: Das "Ahnenerbe" der SS 1935-1945: Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reiches. Oldenbourg, München 2005, S. 27. ISBN 3-486-57950-9. (4. Auflage, ursprünglich 1966 erschienen.)
  4. Hans-Heinrich Wilhelm: Die Einsatzgruppe A der Sicherheitspolizei und des SD 1941/42. Stuttgart 1981. Zitiert nach Andreas Zellhuber: „Unsere Verwaltung treibt einer Katastrophe zu …“. Das Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete und die deutsche Besatzungsherrschaft in der Sowjetunion 1941–1945. Vögel, München 2006, S. 108, Abb. 8. ISBN 3-8965-0213-1.
  5. Wilhelm Kinkelin: Cannstatt: Die Tragödie des schwäbischen Stammes. In: Odal, Verlag "Zeitgeschichte", Berlin 1935.
  6. Wilhelm Kinkelin: Pfullingen: Ein Heimatbuch der Stadt Pfullingen anläßlich der Tausendjahrfeier 937-1937. Stadtgemeinde Pfullingen, Reutlingen 1937.
  7. Klaus Graf: Zur Verherrlichung des Schwabenlandes. Die Beschäftigung mit Sagen im 19. und 20. Jahrhundert. In: Manfred Bosch (Hrsg.): Schwabenspiegel. Literatur vom Neckar bis zum Bodensee 1800 – 1950. Bd. 2,1. Biberach 2006, S. 279-309. ISBN 3-86142-405-3. Online Universität Freiburg Hier S. 42.
  8. Beiträge zur Pfullinger Geschichte Jg. 1999, Heft 10, S. 37-67.
  9. http://www.polunbi.de/bibliothek/1948-nslit-k.html

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