Wilhelm Schwartz

Wilhelm Schwartz
Wilhelm Schwartz
Wilhelm Schwartz, 1878
Wilhelm Schwartz, 1865

Friedrich Lebrecht Wilhelm Schwartz (* 4. September 1821 in Berlin; † 16. Mai 1899 in Berlin) war ein deutscher Philologe, Erzählforscher und Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Wilhelm Schwartz wurde als Sohn des Inspektors (Direktors) am Großen Friedrichs Waisenhaus in Berlin geboren und besuchte von 1831 bis 1838 das Berlinische Gymnasium zum Grauen Kloster. Anschließend studierte er bis 1843 in Berlin und in Leipzig Philologie. Mit einer mythologischen Abhandlung wurde er 1843 zum Dr. phil. promoviert. Nach dem Oberlehrerexamen wirkte er seit 1844 am Friedrichwerderschen Gymnasium in Berlin, wo er 1862 zum Professor ernannt wurde. 1864 wechselte er als Direktor an das Gymnasium in Neuruppin, kam 1872 in gleicher Eigenschaft an das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Posen und 1882 an das neu gegründete Luisen-Gymnasium in Moabit bei Berlin. Kurz vor Eintritt in den Ruhestand 1894 verlieh ihm der Kaiser Wilhelm II. den Charakter eines Geheimen Regierungsrats.

Schwartz sammelte 1839 bis 1849 auf Wanderungen mit seinem Schwager Adalbert Kuhn Sagen, Märchen, Gebräuche und Aberglauben der Mark Brandenburg und Norddeutschlands (Erinnerungen aus meinen Wanderungen in den Jahren 1837–1849. In: Archiv der Brandenburgia. Band 1, S. 143ff.). Er beschäftigte sich in seinen Schriften mit der Sagenforschung. Neben der älteren brandenburgischen Geschichte begann er in Neuruppin prähistorische Ausgrabungen und setzte diese in Posen fort. Teile seiner Sammlungen schenkte er dem Museum im Gymnasium Neuruppin, dem Posener Museum, dem Museum für Völkerkunde, dem Volkstrachten-Museum und dem Märkischen Provinzial-Museum. Er war Mitglied der Kommission zur Erhaltung der Denkmäler in der Provinz Brandenburg und in der Sachverständigenkommission der vorgeschichtlichen Abteilung des Königlichen Museums für Völkerkunde. Vorstandsmitglied war er in der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte und im Verein für Volkskunde. Die Niederlausitzer Gesellschaft für Anthropologie und Altertumskunde und die Brandenburgia verliehen ihm die Ehrenmitgliedschaft 1891 bzw. 1892. Im Garten des Königlichen Luisen-Gymnasiums wurde am 16. August 1902 ein Wilhelm-Schwartz-Denkmal, eine Bronzebüste auf hohem Steinsockel, eingeweiht.

Er war mit Anna Lehnerdt († 28. Dezember 1897) verheiratet.

Werke

  • De antiquissima Apollinis natura. Dissertation, Berlin 1843
  • mit Adalbert Kuhn: Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg, Pommern, der Mark, Sachsen, Thüringen, Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Westfalen. Brockhaus, Leipzig 1848; Nachdruck: Olms, Hildesheim [u.a.] 1983, ISBN 3-487-04300-9
  • Der heutige Volksglaube und das alte Heidentum. Nauck, Berlin 1850; 2. Auflage Hertz, Berlin 1862
  • Die altgriechischen Schlangengottheiten. Nauck, Berlin 1858; Neuauflage: W. Hertz, Berlin 1897
  • Der Ursprung der Mythologie dargelegt an griechischer und deutscher Sage. Hertz, Berlin 1860
  • Die poetischen Naturanschauungen der Griechen, Römer und Deutschen in ihrer Beziehung zur Mythologie. 2 Bände, Hertz, Berlin 1864 und 1879
  • Annalen des Friedrich-Wilhelms-Gymnasiums zu Neu-Ruppin: Gedenkblätter an das 500jährige Jubilaeum des Friedrich-Wilhelms-Gymnasiums zu Neu-Ruppin. Neu-Ruppin 1865; von Heinrich Begemann ergänzte Neuauflage unter dem Titel Annalen des Friedrich-Wilhelms-Gymnasiums zu Neuruppin. Weidmann, Berlin 1915
  • Leitfaden für den deutschen Unterricht auf höheren Lehranstalten. Hertz, Berlin 1866; 24. Auflage, J. G. Cotta Nachf., Berlin 1904
  • Hülfsbuch für den Unterricht in der brandenburgisch-preussischen Geschichte. Hertz, Berlin 1867; 3. Auflage unter dem Titel Grundriss der brandenburgisch-preußischen Geschichte. Berlin 1884
  • Sagen und alte Geschichten der Mark Brandenburg. Hertz, Berlin 1871; 8. Auflage, Märkische Verlagsanstalt, Berlin 1922
  • Bilder aus Brandenburgisch-Preussischer Geschichte. Berlin 1875 (Sammlung von Aufsätzen der Jahre 1863–1871)
  • Materialien zur prähistorischen Kartographie der Provinz Posen. Posen 1875, mit 4 Nachträgen, 1879–81. (Beilage zum Programm des Königl. Fr. Wilh. Gymnasiums in Posen; Zusammenstellung der Funde und Fundorte)
  • Der Organismus der Gymnasien in seiner praktischen Gestaltung. Berlin 1876
  • Der Ursprung der Stamm- und Gründungssage Roms unter dem Reflex indogermanischer Mythen. Jena 1878
  • Prähistorisch-anthropologische Studien. Mythologisches und Kulturhistorisches. Hertz, Berlin 1884 (Aufsatzsammlung)
  • Indogermanischer Volksglaube. Ein Beitrag zur Religionsgeschichte der Urzeit. Seehagen, Berlin 1885
  • Nachklänge prähistorischen Volksglaubens im Homer. O. Seehagen, Berlin 1894

Literatur

  • Jan Feustel: Zu Fuß auf den Spuren märkischer Gespenster. Wilhelm Schwartz und Adalbert Kuhn. Die Sagensammler. In: Die Mark Brandenburg. Band 31, 1998, S. 34–37
  • Ernst Friedel: Wilhelm Schwartz †. In: Der Bär. 27. Mai 1899, S. 331 (mit Bild)
  • Ernst Friedel: Nachruf in: „Brandenburgia“. Monatsblatt der Gesellschaft für Heimatkunde der Provinz Brandenburg zu Berlin. 8. Jahrgang 1899/1900, Berlin 1900, S. 124–130 (mit Bild)
  • Richard Wrede und Hans von Reinfels (Hrsg.): Das geistige Berlin. Band 1, Storm, Berlin 1897.
  • Friedrich August Eckstein: Nomenclator philologorum. Teubner, Leipzig 1871, S. 526
  • Ingrid Bigler: Schwartz, (Friedrich Leberecht) Wilhelm. In: Wilhelm Kosch (Begründer): Deutsches Literatur-Lexikon. 3. Auflage, Band 17, Saur, Bern und München, 1997, ISBN 3-907820-20-7, Spalte 20

Weblinks

 Wikisource: Wilhelm Schwartz – Quellen und Volltexte

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