Wladyslaw Gomulka

Wladyslaw Gomulka
Władysław Gomułka

Władysław Gomułka (* 6. Februar 1905 in Krosno, Polen; † 1. September 1982 in Warschau) war ein polnischer Politiker und Parteichef der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PVAP).

Von der Ausbildung her Schlosser entschloss er sich früh für eine Funktionärskarriere, zunächst in den Gewerkschaften, ab 1926 in der Kommunistischen Partei Polens (KPP). Nachdem er wegen seiner Aktivitäten zwei Jahre in Haft verbracht hatte (1932–1934), fuhr er für ein Jahr zur „Weiterbildung“ in die Sowjetunion. Nach seiner Rückkehr wurde er 1935 erneut verhaftet und mit Unterbrechungen bis Kriegsbeginn 1939 erneut inhaftiert, weswegen er auch der „Säuberung“ der Partei durch Josef Stalin entging. Die Jahre 1939 bis 1942 verbrachte er im sowjetisch besetzten Teil Polens in Białystok und Lemberg bzw. nach dem deutschen Überfall auf die UdSSR im Untergrund. 1942 begab er sich über das heimatliche Karpatenvorland nach Warschau, wo er die Polnische Arbeiterpartei (Polska Partia Robotnicza, PPR) im Untergrund mitbegründete. Nach dem Tode zweier anderer Funktionäre wurde er zum Generalsekretär der Partei bestimmt. In der neuen kommunistischen Regierung (Lubliner Komitee) fungierte Gomułka als stellvertretender Ministerpräsident und Minister für die „wiedergewonnenen Gebiete“, also die ehemaligen deutschen Ostgebiete. Innerhalb der Arbeiterpartei (ab 1948 Polnische Vereinigte Arbeiterpartei) kam es bald zu Streitigkeiten über die politische Ausrichtung, bei denen Gomułka für eine nationalpolnische kommunistische Lösung plädierte. Das Lager der engen Stalin-Anhänger um Bolesław Bierut, Hilary Minc und Jakub Berman konnte sich jedoch mit Moskauer Unterstützung durchsetzen und stürzte Gomułka im Herbst 1948 wegen angeblicher rechtsnationalistischer Abweichung. In der folgenden stalinistischen Phase bereitete man einen Schauprozess gegen ihn vor, der jedoch nicht zustande kam. Stattdessen wurde er 1951 verhaftet und aus der Partei ausgestoßen. Bereits 1954 erfolgte seine Freilassung.

Inhaltsverzeichnis

Regierung

Gomułka (Mitte) mit Willi Stoph und Friedrich Ebert auf dem VII. Parteitag der SED 1967

Nachdem die politischen Unruhen im Herbst 1956 eskaliert waren und Parteichef Edward Ochab abgelöst worden war, kehrte Gomułka im Triumph und mit der Unterstützung von weiten Teilen der polnischen Gesellschaft an die Macht zurück und wurde zum Parteichef der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PVAP) gewählt. In Moskau stand man ihm zunächst ablehnend gegenüber, war jedoch schließlich bereit, Gomułka anzuerkennen, nachdem er die sowjetische Besatzung Polens nicht mehr anprangerte.

Er bremste die unter seinen Vorgängern noch nicht vollständig vollzogene Kollektivierung der Landwirtschaft ab, erlaubte im begrenzten Rahmen private Kleinunternehmen und konzentrierte sich auf die Modernisierung der bereits in Staatsbesitz befindlichen Produktion. Mit dieser Wirtschaftsstrategie erzielte die polnische Wirtschaft in den späten 50ern und frühen 60ern sehr hohe Wachstumsraten. Die Versorgung mit dem Lebensnotwendigen stabilisierte sich, und auch andere Konsumgüter wie Fernseher und elektrische Haushaltsgeräte breiteten sich aus und erreichten bald die meisten Haushalte. Die Städte wuchsen rasch durch staatliche Wohnungsbauprogramme und durch die Entwicklung der produktiven Plattenbauverfahren, welche in den 70ern ihren Höhepunkt erreichten.

Die Kehrseite dieser Entwicklung war eine baldige erneute Zunahme der von Gomułka anfänglich stark gelockerten staatlichen Repressalien vor allem gegen kritische Intellektuelle und die in Polen gesellschaftlich dominante katholische Kirche. Die nach wie vor bestehende politische Abhängigkeit Polens von der Sowjetunion machte auch Gomułkas anfänglich relativ populäre Regierung, die von vielen Polen als das gegenüber den moskautreuen Kommunisten geringere Übel betrachtet wurde, zunehmend unbeliebt.

Krise und Sturz

Die in Europa ab den späten 60er Jahren weit verbreiteten Studentenrevolten und die Ereignisse in der Tschechoslowakei verschärften die Unzufriedenheit mit der polnischen Regierung. Ab jetzt begann dem Parteichef Gomułka nun sogar innerhalb der Partei selbst die Macht zu entgleiten, so dass im Krisenjahr 1968 andere die Hauptrolle bei den unrühmlichen Ereignissen der Niederschlagung der Studentenproteste und der massiven „antizionistischen“, in Wirklichkeit massiv antisemitischen Kampagne spielten, wie sein Innenminister Mieczysław Moczar.

Einen letzten Versuch, seiner Entmachtung zu entrinnen, stellte die Annäherung an die Bundesrepublik Deutschland dar, als er am 17. Mai 1969 der westdeutschen Regierung Verhandlungen anbot. Der neue Bundeskanzler Willy Brandt griff diesen Faden auf, so dass Anfang Dezember 1970 der so genannte Warschauer Vertrag unterzeichnet werden konnte. Er enthielt die Bestätigung der Oder-Neiße-Grenze durch die Bundesrepublik, so dass Gomułkas politisches Hauptziel erreicht war. Bereits zwei Wochen später – nach Ausbruch gewalttätiger Arbeiterunruhen an der Ostseeküste – wurde er jedoch von seinen Parteifreunden gestürzt. Heute gilt Gomułka gemeinhin als ein relativ glaubwürdiger Vertreter eines nationalkommunistischen Kurses, der zudem „Stallgeruch“ besessen und sich niemals bereichert habe, was allerdings immer nur in Verbindung mit seinen sonstigen Aktivitäten wie dem Schießbefehl auf die Danziger Demonstranten 1970 gesehen werden kann.

Primärliteratur

  • Wladyslaw Gomulka: Ausgewählte Reden und Aufsätze: 1960 - 1963. Dietz-Verlag, Berlin 1965

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