Wobble-Hypothese

Wobble-Hypothese
Wobble-Basenpaarung für Inosin und Guanin.

Die Wobble-Hypothese (engl. wobble = wackeln, zu deutsch Wackelbasen-Hypothese) ist eine Erklärung für die Beobachtung, dass der genetische Code ein degenerierter Code ist und nicht mehr als 41 verschiedene tRNAs in einer Zelle existieren. Die Hypothese wurde 1966 von Francis Crick formuliert.[1]

Vorüberlegungen

Mit den vier Basen Adenin (A), Cytosin (C), Guanin (G) und Uracil (U) lassen sich 64 verschiedene Tripletts bilden. Drei dieser Tripletts werden bei der Translation als Stopp-Signal interpretiert, die übrigen 61 codieren Aminosäuren. Da aber nur 21 Aminosäuren (einschließlich Selenocystein) vorkommen, kann eine Aminosäure durch verschiedene Codon-Tripletts (Synonyma) codiert werden: Bei Arginin, Serin und Leucin existieren jeweils 6 synonyme Tripletts, bei den übrigen Aminosäuren 4, 2 oder eins (Methionin). Isoleucin codieren 3 Synonyma und Tryptophan nur ein Triplett. Diese synonymen Triplett-Codons der mRNA unterscheiden sich in der Regel an der 3. Stelle. Damit reduziert sich die Zahl der durch eine tRNA zu unterscheidenden Tripletts auf 30. Die höhere Zahl an tRNAs kommt dadurch zustande, dass für einige Synonyma verschiedene tRNAs existieren können.

Codon-Anticodon-Bindung

Nach Crick erfolgt die Basen-Paarung zwischen dem Codon-Triplett der mRNA und dem Anticodon-Triplett der tRNA nur bei der 1. und 2. Base der mRNA durch eine feste Wasserstoffbrückenbindung. Die Bindung der 3. Base ist schwächer und kann auch zu Nicht-Watson-Crick-Paarungen führen. Damit diese Paarungen möglich sind, müssen die Basen aus ihrer Position am Ribosom während der Translation „herauswackeln“. Diese Paarungen werden deshalb als „Wobble-Paarungen“ bezeichnet (siehe Basenpaar). Crick stellte aus den Anticodon-Sequenzen die Liste der folgenden „Wobble-Paarungen“ zusammen:

mRNA Codon 3. Base tRNA Anticodon 1. Base
G C
U A
A, auch G U, Ψ
C, auch U G
U, C, oder A I

(Zu den Sonderformen der Basen siehe Artikel tRNA) Die Wobble-Base befindet sich am 5'-Ende der tRNA - also am 5'-Ende des Anticodons = die letzte Stelle vom Anticodon wenn die mRNA in 5'→3' Richtung vorliegt. Liegt die mRNA in 3'→5' Richtung vor, wäre es die erste Stelle des Anticodons. Codon und Anticodon sind antiparallel.

Damit kann eine tRNA an verschiedene Codon-Tripletts gebunden werden. Es werden nicht für alle 61 Aminosäure-codierende mRNA-Codons tRNAs benötigt. Tatsächlich finden sich bei den verschiedenen Organismen meist 30 bis 41 verschiedene tRNA-Moleküle (beim Menschen 31, in Mitochondrien nur 22[2]). Die Bedeutung der Wobble Base kann in einem Kompromiss zwischen Schnelligkeit und Sicherheit bei der Proteinsynthese liegen.

Beispiele:

Aminosäure   Codon der mRNA: Anticodon der tRNA:
Alanin tRNAala 5’-GCx-3’ mit x = A, U, oder C 3’-CGI-5’
Cystein tRNAmet 5’-UGx-3’ mit x = U oder C 3’-AGA-5’
Methionin (bei E. coli) tRNAmet 5’-AUG-3’ 3’-UAC+-5’
Phenylalanin tRNAphe 5’-UUx-3’ mit x = U oder C 3’-AAGm-5’
Serin tRNAser 5’-UCx-3’ mit x = A, U, oder C 3’-AGI-5’
Tyrosin tRNAtyr 5’-UAx-3’ mit x = U oder C 3’-AΨG-5’
Valin tRNAval 5’-GUx-3’ mit x = A, U, oder C 3’-CAX-5’


Einzelnachweise

  1. Crick, F.H.C. (1966): Codon-anticodon pairing: the wobble hypothesis. In: J. Mol. Biol. 19(2):548-555. PMID 5969078 PDF
  2. Florian Horn et al.: Biochemie des Menschen, 3. Auflage, Thieme Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-13-130883-4, S.287

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