Zdeněk Fierlinger

Zdeněk Fierlinger

Zdeněk Fierlinger (* 11. Juli 1891 in Olmütz; † 2. Mai 1976 in Prag) war ein tschechoslowakischer sozialdemokratischer und kommunistischer Politiker, im Zweiten Weltkrieg Mitglied der Exilregierung in London und zweimaliger Ministerpräsident der Tschechoslowakei (ČSSR).

Inhaltsverzeichnis

Leben

Zdeněk Fierlinger wurde am 11. Juli 1891 in Olmütz geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums wechselte Fierlinger auf die deutsche Handelshochschule. Ab 1910 arbeitete er in Rostow am Don als Handelsvertreter für die McCormick Harvesting Machine Company. Am Ersten Weltkrieg nahm Zdeněk Fierlinger als Freiwilliger bei der Tschechischen Division teil, die auf russischer Seite an der Ostfront gegen die Mittelmächte kämpfte. Aus ihr wurde 1917 die Tschechoslowakische Legion gebildet. Kurz nach dem Ausbruch der Oktoberrevolution ging Fierlinger mit anderen tschechischen Offizieren nach Paris; dort arbeitete er bis zum Ende des Ersten Weltkrieges mit Edvard Beneš zusammen.

Im neugegründeten tschechoslowakischen Staat war Fierlinger Leiter in der wirtschaftspolitischen Abteilung des Außenministeriums sowie Vertreter der Tschechoslowakei im Völkerbund. Beeindruckt von der sowjetischen Planwirtschaft reiste Zdeněk Fierlinger 1931 für einige Wochen nach Moskau. Die gewonnenen Eindrücke veröffentlichte er 1932 in dem Werk Die Sowjetunion auf einem neuen Weg, auch publizierte er nachfolgend in tschechoslowakischen Zeitungen zahlreiche Artikel über das neue System. Die außenpolitische Ausrichtung der ČSSR auf die UdSSR wurde durch seine, im eigenen Land hochgeschätzten, Theorie von der Konvergenz zwischen Sozialismus und Kapitalismus begründet. Dabei ging Fierlinger von der Annahme aus, dass Osten und Westen näher zusammenrücken würden, da der Sozialismus überall auf dem Vormarsch sei.

Im Frühjahr 1936 war Zdeněk Fierlinger Leiter der politischen Abteilung des Außenministeriums geworden. Seine Karriere stand wegen eines eigenmächtig beschlossenen Stopps von Waffenlieferungen an Portugal und der Kündigung der außenpolitischen Beziehungen und des Handelsvertrages durch Portugal vor dem Aus. Nachdem Fierlinger die Affäre überstanden hatte, kam er 1937 als Botschafter nach Moskau.[1] Dort erlebte er die letzten Stalinschen Säuberungen; er war aber überzeugt, dass die Betroffenen von äußeren Gegnern unterstützt worden seien und lobte das harte Vorgehen Stalins.

1939 wurde die Situation für Fierlinger immer prekärer, als infolge der Zerschlagung der sogenannten Resttschechei durch das nationalsozialistische Deutsche Reich im März 1939 von der Regierung in Prag sein Rücktritt gefordert wurde. Auch die deutsche Seite verlangte Fierlingers Absetzung, da sein Land - das er in Moskau vertreten solle - nach der Bildung des Protektorats Böhmen und Mähren nicht mehr existierte. Nach der Unterzeichnung des Hitler-Stalin-Paktes, der für Fierlinger völlig überraschend kam, wurde der nunmehrige Exilpolitiker am 14. Dezember 1939 von offizieller Seite aufgefordert, die Sowjetunion zu verlassen.

Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion kehrte Fierlinger, der sich zwischenzeitlich in Paris aufgehalten hatte, 1941 erneut als Botschafter zurück nach Moskau. Dort war er maßgeblich am Tschechisch-Sowjetischen Freundschaftsvertrag vom Dezember 1943 beteiligt. Nachdem der Botschafter erneut eigenmächtig Handlungen vornahm, sollte er im Sommer 1944 von seinem Posten abberufen werden, doch Beneš verhinderte dies.

Fierlinger war in der Nachkriegszeit Vorsitzender der Tschechischen Sozialdemokratischen Partei (ČSSD) und mitverantwortlich für den Februarumsturz 1948. Nach dem Zusammenschluss seiner Partei mit der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (KPČ) war er 1948 Mitglied des Zentralkomitees (ZK), des Politbüros (1954) und des Parteipräsidiums der KPČ (1962). 1946/47, 1948 und 1949-1953 war er Stellvertretender Ministerpräsident, 1950-1953 Minister für kirchliche Angelegenheiten und 1953 bis 1964 Präsident der Nationalversammlung.

Sein Sohn Paul Fierlinger war lange Zeit in Kinderheimen und wandte sich von seinem Vater und dessen politischen Idealen ab. Er verarbeitete dies in seinem Kurzfilm Skizzen der Erinnerung.

Werke

  • Die Sowjetunion auf einem neuen Weg, Prag 1932

Siehe auch

  • Regierung Fierlinger I.
  • Regierung Fierlinger II.

Einzelnachweise

  1. Rainer Karlsch, Zbynek Zeman: Urangeheimnisse – Das Erzgebirge im Brennpunkt der Weltpolitik 1933–1960, Isbn 3-86153-276-X, S. 74

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