Zerlegung der Eins

Zerlegung der Eins

In der Mathematik gibt es oft Situationen, in welchen zwischen einer lokalen und einer globalen Perspektive unterschieden werden muss, aber zwischen beiden hin- und hergewechselt werden soll. Zum Beispiel:

  • Um in der Analysis das Flächenintegral zu definieren, oder allgemein über Mannigfaltigkeiten zu integrieren, müssen Koordinaten gewählt werden, was nur lokal möglich ist. Der Integrand muss also so zerlegt werden, dass er lokal integrabel bleibt, außerhalb des Geltungsbereiches des Koordinatensystems aber zu Null wird.
  • In der Lösungstheorie partieller Differentialgleichungen kann die Lösung einer partiellen Differentialgleichung auf einem beliebigen Gebiet häufig mit Hilfe der Zerlegung der Eins durch Lösungen der Gleichung auf dem Ganzraum und dem (gestörten) Halbraum zusammengesetzt werden (sog. Lokalisierung).

Eine Zerlegung der Eins (auch: Unterteilung der Einheit oder Teilung der Eins) über einem topologischen Raum E ist eine Familie (f_i)_{i \in I} stetiger Funktionen von E in das Intervall [0,1], so dass für jeden Punkt x aus E gilt:

  • x hat eine Umgebung, in der nur endlich viele Funktionen einen von 0 verschiedenen Wert haben; und
  • die Summe aller Funktionswerte im Punkt x ist 1.

Die Zerlegung der Eins ist ein wichtiges Hilfsmittel der Analysis. Dort wird meist noch verlangt, dass die Funktionen differenzierbar sind und einen kompakten Träger haben. Damit kann dann eine Funktion g in Funktionen

g_i = g \cdot f_i

zerlegt werden, welche alle einen kompakten Träger haben. Dann ist

\sum_{i \in I} g_i = \sum_{i \in I} g \cdot f_i = g \cdot \sum_{i \in I} f_i = g \cdot 1 = g.

Ist hingegen eine Familie (h_i)_{i \in I} vorgegeben, wobei die hi nur auf den jeweiligen Trägern der fi definiert und differenzierbar sind, so ist die Summe

\sum h_i \cdot f_i

eine konvexe Linearkombination, überall definiert und differenzierbar.

In parakompakten Hausdorff-Räumen ist eine (stetige) Zerlegung der Eins immer möglich. Jede parakompakte Ck-Mannigfaltigkeit (1\leq k\leq \infty) besitzt auch eine Ck-Zerlegung der Eins.

Analytische Zerlegungen der Eins sind jedoch nicht möglich, da eine analytische Funktion, die in einer nichtleeren, offenen Menge (wie etwa dem Komplement ihres Trägers) konstant 0 ist, bereits überall konstant 0 ist.

Beispiel

Die Funktion

r(x)=\begin{cases} \exp \left(- x^{-2} \right), & x > 0,\\
0, & x \le 0,\end{cases}

ist beliebig oft differenzierbar. Die Funktion s mit

s(x) = r (x+1) \cdot r(1-x)

ist dann ebenfalls beliebig oft differenzierbar, strikt positiv im Intervall (-1; 1) und gleich null außerhalb. Die Funktionen f_i, i \in \mathbb{Z}, mit

f_i(x)= \frac{s(x-i)}{\sum_{k \in \mathbb{Z}} s(x-k)}

bilden nun eine beliebig oft differenzierbare Zerlegung der Eins auf der reellen Achse, die der offenen Überdeckung (i - 1; i + 1), i \in \mathbb{Z}, untergeordnet ist; es gilt also an jedem Punkt x:

 \sum_{i \in \Z} f_i(x)=1.

Man beachte, dass in der Definition von fi an jeder Stelle x immer mindestens ein Summand und höchstens zwei Summanden im Nenner ungleich null sind (nur die zu x benachbarten ganzen Zahlen k können überhaupt einen positiven Summanden liefern).

Verallgemeinerung

In vielen Fällen, z. B. bei selbstadjungierten Operatoren in einem Hilbertraum \mathcal H\,, gilt eine ähnliche Zerlegung, bei der die Summe durch Integrale ersetzt wird. Man erhält auf diese Weise einen sog. „Spektralsatz“ \textstyle \int_{\lambda\in Sp}\mathrm d{\mathcal{E}_\lambda}\,=\,\mathrm{id.}, wobei Sp das Spektrum der betrachteten Größe ist, die \mathrm d{\mathcal{E}_\lambda} eine sogenannte „Spektralschar“ von Projektionsoperatoren definieren und schließlich \,\mathrm{id.} der Einheitsoperator in \mathcal H ist. Über die drei Teile des Spektrums, die in der Spektralschar auftreten, gibt der Unterartikel Spektrum_(Operatortheorie)#Unbeschränkte_Operatoren;_Spektralzerlegung Auskunft,

Literatur


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