Zinsberechnungsmethode

Zinsberechnungsmethode

Unter Zinsberechnungsmethoden (siehe auch day count convention) versteht man die einzelnen Varianten der Finanzmathematik in der Zinsberechnung. Insgesamt gibt es weltweit neun verschiedene Methoden, die wissenschaftlich anerkannt sind. Hiervon kommen in der Realität sechs Methoden zur Anwendung. Alle Methoden basieren hierbei auf den klassischen Zinsformeln, sie unterscheiden sich lediglich in der Berechnung der Anzahl der Tage (siehe hierzu auch Zinsertrag). Die weltweit üblichen Methoden sind:

Inhaltsverzeichnis

Methoden

ACT ist die Abkürzung für englisch actual (dt. tatsächlich).

  • ACT/360 – Eurozinsmethode, französische Zinsmethode
    • Die Zinstage werden kalendergenau bestimmt, das Zinsjahr hat also 365 bzw. 366 Tage.
    • Das Basisjahr wird unabhängig von der Anzahl der tatsächlichen Tage im Unterschied zu ACT/365 mit 360 Tagen angesetzt.
    • Bei der Eurozinsmethode wird der erste Anlagetag verzinst, der letzte Anlagetag wird nicht verzinst.
    • Bei der französischen Zinsmethode wird der erste Anlagetag nicht verzinst, der letzte Anlagetag wird verzinst.
  • ACT/365 – englische Zinsmethode
    • Die Zinstage werden kalendergenau bestimmt, das Zinsjahr hat also 365 bzw. 366 Tage.
    • Das Basisjahr wird unabhängig von der Anzahl der tatsächlichen Tage im Unterschied zu ACT/360 mit 365 Tagen angesetzt.
    • Der erste Anlagetag wird nicht verzinst, der letzte Anlagetag wird verzinst.
  • ACT/ACT – tagesgenaue oder Effektivzinsmethode (ISMA-Rule)
    • Das zweite ACT steht in diesem Fall für englisch actual historical (dt. tatsächlich historisch).
    • Die Zinstage werden kalendergenau bestimmt. Das Zinsjahr hat also 365 bzw. 366 Tage.
    • Das Basisjahr hat wie das Zinsjahr kalendergenau 365 bzw. 366 Tage.
    • Der erste Anlagetag wird nicht verzinst, der letzte Anlagetag wird verzinst.
  • 30/360 bzw. 30E/360 – deutsche (kaufmännische) Zinsmethode
    • Der Zinsmonat umfasst immer 30 Tage, das Zinsjahr umfasst immer 360 Tage. In Monaten mit 31 Tagen werden der 30. und 31. als insgesamt ein Tag gezählt. Bei Geschäften, die im Februar enden, werden die Tage kalendergenau gezählt. Für den Februar ergeben sich somit maximal 28 bzw. 29 Tage. Bei Geschäften, die nicht im Februar enden, wird der Februar mit 30 Tagen gezählt.
    • Das Basisjahr wird ebenso wie Zinsmonat und Zinsjahr unabhängig von der Anzahl der tatsächlichen Tage mit 360 Tagen angesetzt.
    • Je nach Anlageart wird entweder der erste Anlagetag oder der letzte Anlagetag verzinst und der andere nicht.
  • (30(28-29)/360) – US-Zinsmethode
    • Die Methode lehnt sich an die deutsche kaufmännische Zinsmethode an, denn die Zinsmonate werden mit 30 Tagen und das Zinsjahr mit 360 Tagen angesetzt. Ausnahme ist der Februar, der kalendergenau mit 28 bzw. 29 Tagen genau angesetzt wird.
    • Das Basisjahr wird ebenso wie Zinsmonat und Zinsjahr unabhängig von der Anzahl der tatsächlichen Tage mit 360 Tagen angesetzt.
    • Der erste Anlagetag wird nicht verzinst, der letzte Anlagetag wird verzinst.

Anwendung

  • ACT/360: Diese Methode findet z.B. im EURO-Raum und der Schweiz im Geldmarkt und bei der Berechnung von Hypotheken ihre Anwendung.
  • ACT/ACT: Diese Methode findet z.B. im EURO-Raum im Kapitalmarkt und bei Anleihen ihre Anwendung. Unterschieden wird act/act nach der ICMA Methode oder nach der ISDA Methode.
  • ACT/365: Diese Methode findet in einigen Ländern der Europäischen Gemeinschaft im Geldmarkt ihre Anwendung.
  • 30/360: Diese und die 30E Methode finden z.B. im Kapitalmarkt der Schweiz ihre Anwendung.

Arbeitstagskonventionen

In Verträgen, die Zinsberechnungen zum Inhalt haben, muss auch geklärt werden, wie mit an Wochenenden und Feiertagen fälligen (Zins-) Zahlungen zu verfahren ist. Beim „following“ (folgender Werktag) wird der Zahltag auf den nächsten Bankarbeitstag (TARGET) gelegt, beim „modified following“ (folgender Werktag modifiziert) gilt auch der Grundsatz des following mit der Ausnahme für den Fall, dass der nächste Bankarbeitstag im nächsten Monat liegt: dann wird der vorhergehende Bankarbeitstag gewählt. Damit soll verhindert werden, dass sich Laufzeiten durch striktes Festhalten am following in den nächsten Monat – und im Dezember in das nächste Jahr - verschieben. Sind die Zinsperioden vertraglich festgelegt (etwa 30 Tage) und das modified following würde zu einer effektiven Zinsperiode von nur 28 Tagen führen, muss ein „modified following adjusted“ vereinbart werden.

Auswertung

Da die verschiedenen Methoden der Zinsberechnung wegen der unterschiedlichen Laufzeiten zu nicht unerheblichen Zinsdifferenzen bei gleichem Nominalzins führen können, sollte bei einer Kapitalanlage oder Kreditaufnahme hinterfragt werden, nach welcher Methode verzinst wird.

Siehe auch

Weblinks


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