Zug der Zehntausend

Zug der Zehntausend

Anabasis (v. griech. ἀνάβασις „Hinaufmarsch“ [von der Küste ins Landesinnere]) ist der Titel mehrerer aus der griechischen Antike überlieferter Schriften. Die bekannteste ist die Beschreibung des Feldzuges des jüngeren Kyros gegen Artaxerxes II. durch den Athener Xenophon. Vor allem schildert er die Rückführung der etwa 10.000 griechischen Soldaten nach der militärisch zwar gewonnenen, aber durch den Tod des Kyros hinfällig gewordenen Schlacht bei Kunaxa 401 v. Chr.

Anabasis heißen auch die sieben Bücher des Arrian von Nikomedeia, der unter Hadrian hoher römischer Verwaltungsbeamter und zuletzt Statthalter in Kappadokien war. Seine Darstellung der Feldzüge Alexanders des Großen gilt als die sachlichste antike Alexandergeschichte.

Auch der Feldzug von Antiochos III. Megas in die „oberen Provinzen“ Parthien und Baktrien (siehe auch Satrapien) in den Jahren 212-204 v. Chr. wurde als Anabasis bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Xenophons „Anabasis“

Das Geschichtswerk ist um 370 v. Chr. entstanden und wurde 1540 erstmals ins Deutsche übersetzt. Es ist das bekannteste Werk des Xenophon.[1]

Kyros der Jüngere und Arsakes waren beide Söhne des persischen Großkönigs Dareios II. aus der Dynastie der Achämeniden. Nach Dareios’ Tod wurde Arsakes dessen Nachfolger und bestieg als Artaxerxes II. den Thron. Der ehrgeizige Kyros musste sich hingegen mit der Verwaltung Kleinasiens begnügen, wo er als Oberkommandeur fungierte. Schließlich plante Kyros einen Umsturz, sammelte dazu ein Heer, das vor allem aus griechischen Söldnern bestand, und marschierte im Frühjahr 401 v. Chr. gegen seinen Bruder.

Die Route der Zehntausend

Den Zug der Zehntausend beschrieb Xenophon auf Grund seiner Teilnahme daran. Er begleitete den Zug der griechischen Söldner zunächst nur als ein dem Kyros bekannt gemachter und von diesem in Dienst genommener Kriegsberichterstatter. Xenophon nahm in seinem Werk deutlich Partei für Kyros. Nach dem Tod des Kyros und der anschließenden Ermordung der griechischen Heerführer während ihrer Verhandlungen mit den Persern erkannte er jedoch die nun gebotenen Maßnahmen. Sehr von Nutzen waren ihm dabei seine rhetorischen Fähigkeiten, mit denen er vor allem am Morgen nach der Schlacht von Kunaxa die gänzlich demoralisierten Griechen wieder aufrichtete. Er wurde – neben Cheirisophos – dazu gewählt, das Kommando zu übernehmen, und führte die Griechen anschließend nach Norden ans rettende Ufer des Schwarzen Meeres.

Xenophon beschreibt anschaulich den Rückzug und die Entbehrungen des griechischen Söldnerheeres von Babylon durch das kleinasiatische Hochland bis zur Schwarzmeerküste. Berühmt als literarischer und historischer Topos für eine Rettung nach langer Mühsal wurde, wie das ganze Heer auf der letzten Hügelkette vor dieser Küste in den Ausruf Θάλαττα, θάλαττα (Thálatta! Thálatta! – „das Meer, das Meer!“) ausbrach und auf ein Mal zu laufen begann. Wichtig für Historiker sind auch seine Berichte über Land und Leute, Sitten und Gebräuche. Diese geben eine exakte und detailgetreue Beschreibung von Vegetation und tierischem Leben, so dass sie heute noch Biologen Aufschluss über jene Zeiten geben können.

Traditionell (und geradezu sprichwörtlich) ist Xenophons Anabasis wegen ihres lupenreinen attischen Dialektes und ihrer durchsichtigen Sprache das erste Werk griechischer Literatur, das Schüler lesen; diese Rolle ist vergleichbar mit Caesars De bello Gallico im Lateinunterricht.

Literatur

Übersetzungen

  • Xenophon: Des Kyros Anabasis. Übersetzt von Helmuth Vretska, Reclam, Ditzingen 1999. ISBN 3-15-001184-1. (zahlreiche weitere Übersetzungen, unter anderem in der Loeb Classical Library)

Sekundärliteratur

  • Robin Lane Fox (Hrsg.): The Long March: Xenophon and the Ten Thousand. New Haven-London 2004.
  • John W. I. Lee: A Greek Army on the March. Soldiers and Survival in Xenophon's Anabasis. Cambridge u.a. 2007.
  • Otto Lendle: Kommentar zu Xenophons Anabasis. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1995, ISBN 978-3-534-12813-6.
  • Oliver Stoll: Gemeinschaft in der Fremde. Xenophons Anabasis als Quelle zum Söldnertum im Klassischen Griechenland? In: Göttinger Forum für Altertumswissenschaft 5 (2002), S. 123–183, hier online (PDF).
  • Robin Waterfield: Xenophon’s Retreat: Greece, Persia and the End of the Golden Age. Cambridge/MA 2006.

Weblinks

Belege

  1. Der Brockhaus multimedial 2006

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