Zylindersiegel

Zylindersiegel
Sumerisches Rollsiegel und Abrollung

Rollsiegel sind eine meist mesopotamische Sonderform der Glyptik und Sphragistik. Rollsiegel in Ägypten beschränken sich auf die Zeit von ca. 3500 bis 2000 v. Chr. Es wurden auch auf Zypern und in Lateinamerika Rollsiegel gefunden.

Die ersten Rollsiegel wurden Ende des 4. Jahrtausend v. Chr. von den Sumerern parallel zur Schrift erfunden. Man fand sie in Susa und Uruk. Rollsiegel waren zumeist 2–8 cm lange (seltener kleiner, ab 0,15 cm, oder größer, 10 cm und mehr), 1–2 cm dicke Zylinder, die innen meist durchbohrt und somit hohl waren. Sie wurden vom Besitzer an einem Band oder einer Kette getragen. Im Normalfall waren die Siegel aus Stein oder Halbedelstein (vor allem Onyx, Lapislazuli, Achat, Fritte) geschnitten. Nahezu alle Rollsiegel waren in Intaglio-Technik gearbeitet, das heißt, dass die Darstellung vertieft gearbeitet wurde und der Abdruck so im Hochrelief erscheint.

Die Motive auf den Siegeln waren umlaufende Bilder, manchmal auch mit Inschriften versehen. Die Siegel wurden in weichem Ton abgerollt und konnten ein fortlaufendes Band von immer demselben Motiv wiedergeben. Im Allgemeinen wurden Verschlüsse von Krügen, Tonplomben oder Urkunden versiegelt. Die Siegelabdrücke waren individuell gestaltete Bilder, die hohen Wiedererkennungswert hatten. Zunächst waren die Siegel an einen Funktionsträger gebunden, später waren Rollsiegel unter freien Mesopotamiern weit verbreitet. Zumeist können Siegel einzelnen Personen zugewiesen werden, selten hatte eine Person mehrere Siegel. Allerdings gab es sogar Siegel, die vererbt wurden (sogenannte "Dynastische Siegel"). Es ist sogar bekannt, dass Siegel verliehen wurden oder dass Gottheiten Siegel besaßen.

Sumerisches Rollsiegel und Abrollung

Motive der Rollsiegel waren zum Teil nur ornamentalisch, aber auch Jagdszenen, Feldarbeitsszenen, Kultszenen und mythologische Szenen. Schon in der ersten Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr. (Uruk-Zeit, Dschemdet-Nasr-Zeit) gab es einen reichen Formenschatz, der zuerst vor allem Tierdarstellungen umfasste. In der frühdynastischen Zeit (etwa 2700–2400 v. Chr.) wandelten sich die Figuren zu abstrakteren Formen. In der Akkad-Zeit (2350–3150 v. Chr.) waren die Darstellungen durch Realismus, klare und tief gravierte Bilder gekennzeichnet. Tier- und Menschengruppen wurden dargestellt, häufig auch Szenen, in denen die Einführung von Adoranten zu ihrem Schutzgott gezeigt werden. Größere Motivänderungen gab es erst wieder in der späten kassitischen Zeit am Ende des 2. Jahrtausend v. Chr., als Symbole und abstrakte Motive, die häufig legendäre Situationen darstellten, die Überhand gewannen. Als Höhepunkt der Rollsiegelkunst gilt die Mittelassyrische Zeit (2. Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr.). Tiere und Mischwesen waren hier die vorherrschenden Motive. In Neuassyrischer und Neubabylonischer Zeit waren wieder symbolhaftere Szenen tonangebend. Als ein weiterer Höhepunkt in der Siegelkunst wird die achämenidische Zeit (8. bis 6. Jahrhundert v. Chr.) angesehen. Allerdings wurden die Siegel hier in erster Linie nur noch von Beamten und Behörden genutzt. In parthischer Zeit, um die Zeitenwende, endete die Verwendung der Rollsiegel.

Sumerisches Rollsiegel und Abrollung

Die Rollsiegel wurden erst im 8. Jahrhundert v. Chr. von Stempelsiegeln abgelöst. Da die Motive der Siegel in den verschiedenen Jahrhunderten immer wieder wechselten, wurden die Rollsiegel zu einem der wichtigsten Datierungshilfen in der Vorderasiatischen Archäologie.

Neben der Funktion als Siegel waren die Rollsiegel oft auch Amulette. Hier war auch der verwendete Stein von Bedeutung, dem bestimmte Funktionen zugeschrieben wurden. Auch als im 19. Jahrhundert im Zuge der archäologischen Grabungen Rollsiegel nach Europa kamen, war es eine Zeit lang Mode, dass Frauen sich mit diesen schmückten.

Rollsiegel aus Zypern mit kyprominoischer Aufschrift

Rollsiegel in Ägypten

In Ägypten treten die ersten Rollsiegel um 3500 v. Chr. auf. Es handelt sich teilweise um Exporte aus Vorderasien. Sie entwickeln aber schnell ein eigenes Repertoire an Darstellungen und Motiven. Rollsiegel in Ägypten sind selten mit bildlichen Darstellungen dekoriert und sind dann mit Aufkommen der Schrift reine Schriftträger. Ab der 1. Dynastie (ca. 3000 v. Chr.) überliefern die Rollsiegel die Namen von Verwaltungsinstitutionen, von Beamten und von Königen. Im Alten Reich scheint die Herstellung von Rollsiegeln königliches Monopol geworden zu sein. In dieser Zeit verschwinden Beamtennamen von den Siegeln und sie nennen nur noch Verwaltungsinstitutionen, Ämter oder den Namen des Königs. Der Fund zahlreicher Siegelabrollungen in Grabanlagen und an Siedlungsplätzen zeigt, dass sie ein wichtiger Teil der Verwaltung waren. Ab der Ersten Zwischenzeit (ca. 2100 v. Chr.) treten Skarabäen in der Verwaltung auf. Diese verdrängen in der Folgezeit fast vollkommen die Rollsiegel.

Literatur

  • Evelyn Klengel-Brandt (Hg.): Mit Sieben Siegeln versehen. Das Siegel in Wirtschaft und Kultur des Alten Orients, Philipp von Zabern, Mainz 1997. (Ausstellungskatalog) ISBN 3-8053-2032-9

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