- Sumer
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Das Land Sumer lag südlich von Akkad in Mesopotamien. Die Sumerer beeinflussten im Laufe des 4. Jahrtausends v. Chr. den Übergang zur mesopotamischen Hochkultur entscheidend. Ihr Land nannten sie „ken-gir“, ihre Sprache „eme-gi(r)“; der Begriff „Šumeru“ ist die akkadische Bezeichnung für das Land und Volk der Sumerer. Diese Bezeichnung wird seit dem 19. Jahrhundert nach der Wiederentdeckung der sumerischen Schrift und Sprache auch für ihre Kultur verwendet.
Inhaltsverzeichnis
Sprache
Das Sumerische wurde in Südmesopotamien bis etwa 1700 v. Chr. gesprochen. Nach seinem Aussterben als Alltagssprache wurde es in ganz Mesopotamien bis ins 1. Jahrhundert v. Chr. als Literatur-, Wissenschafts- und Sakralsprache verwendet. Die sumerische Keilschrift ist die bis heute älteste bekannte Schrift. Sie entstand etwa um 3500 v. Chr.; somit umfasst die Periode der schriftlichen Überlieferung einen Zeitraum von fast 3500 Jahren. Die sumerische Keilschrift konnte ihre Vormachtstellung bis ca. 1800 v. Chr. halten.
Die sumerische Sprache konnte bisher verwandtschaftlich nicht überzeugend an irgendeine andere bekannte Sprache angeschlossen werden, man bezeichnet sie als isoliert. Eine ausführliche Darstellung der sumerischen Sprache und der Thesen ihrer externen Beziehungen – auch im Rahmen eurasischer Makrofamilien – findet sich im Artikel Sumerische Sprache.
Herkunft
Die Herkunft der Sumerer ist unbekannt, sicherlich sind sie – nach Ausweis ihrer Sprache – keine Semiten und auch nicht mit den nordöstlich angrenzenden Elamitern verwandt. Es wurden Thesen über eine mögliche Zuwanderung der Sumerer aus Zentralasien (siehe BMAC) nach Mesopotamien aufgestellt, die aber nicht belegbar sind und deswegen von der Mehrheit der Fachleute nicht akzeptiert wurden. Ebenfalls nicht nachweisbar ist die These, dass es sich bei den Sumerern um eine autochthone mesopotamische Kultur handelt, allerdings gibt es auch keine archäologisch greifbaren Beweise für eine Zuwanderung nach Südmesopotamien im Verlauf des 4. Jahrtausends. Die früher auf sprachlichen Argumenten beruhende These der Einwanderung – basierend auf einem angeblichen präsumerischen Substrat der sumerischen Sprache – hat zunehmend ihre Unterstützung verloren (Details im Artikel Sumerische Sprache).
Geschichte
Die Geschichte Sumers beginnt mit der so genannten Uruk-Zeit, ab etwa 4000 bis 3000 v. Chr. Die Sumerer siedeln am Euphrat. Aus Dörfern entstehen Städte. Uruk war damals die bedeutendste unter ihnen mit dem weit ausstrahlenden Inanna-Tempel.
Um 3100 v. Chr. wächst die Bevölkerung. Der Bewässerungsbau wird intensiviert, die Zentren der Städte werden zu heiligen Bezirken. Die Periode endet um 2900 v. Chr.
Altsumerisches Reich
Am Anfang der Frühdynastischen Periode standen eine Reihe von Stadtstaaten (Adab, Eridu, Isin, Kisch, Kullab, Lagasch, Larsa, Nippur, Ur und Uruk), welche etwa 2800 v. Chr. das Altsumerische Reich unter wechselnden Stadtherrschern bildeten:
Erster bekannter Herrscher von Sumer ist Etana, der um 2800 v. Chr. lebte und König von Kisch war. Sein Nachfolger Mes-ki-agga-scher, König von Uruk (dem biblischen Erech), gründete weit südlich von Kisch eine rivalisierende Dynastie und erlangte die Herrschaft über die ganze Region zwischen dem Mittelmeer und dem Zagros-Gebirge. Er wurde von seinem Sohn En-mer-kar (um 2750 v. Chr.) abgelöst. Diesem folgte sein Feldherr Lugalbanda auf den Thron. Am Ende der Regierungszeit von Lugalbanda wurde En-me-bar-agesi (um 2700 v. Chr.), ein König der Etana-Dynastie in Kisch, zum führenden Herrscher von Sumer.
Die Akkader aus dem Norden unter Sargon vereinten Sumer unter einer Dynastie (2371 bis 2191 v. Chr.) infolgedessen Akkadisch Verwaltungssprache wurde. Befördert durch Uneinigkeit zwischen Akkad und dem restlichen Sumer, endete diese Dynastie mit der Eroberung durch die Gutäer.
Neusumerisches Reich
Das Neusumerische Reich (2112 bis 2004 v. Chr.) unter der Herrschaft der 3. Dynastie von Ur, – Sumerisch als Verwaltungssprache, erste Zikkurate entstehen – endete unter dem Druck Elams aus dem Osten.
Kultur und Bedeutung der Sumerer
Die Anfänge der sumerischen Kultur in der sogenannten Uruk-Periode reichen bis zum Anfang des 4. Jahrtausends zurück. Sie ist durch die Gründung der ältesten Städte und einer charakteristischen Keramik charakterisiert. Der Uruk-Periode ging die Obed-Zeit voraus, die sich durch ihre Tonware in Stil und Färbung auszeichnet, sowie durch frühe Siedlungen an den Wasserläufen; sie reicht bis in das 6. Jahrtausend v. Chr. zurück.
Obwohl die Schrift mehrmals in der Geschichte der Menschheit erfunden wurde (Ägypten, China, Maya), ist für Europa die sumerische Keilschrift von zentraler Bedeutung und vermutlich auch älter als die anderen hochentwickelten Schriften. Die Keilschrift wurde erfolgreich an das Akkadische und Hethitische (auch Hittitisch) angepasst und gilt als Vorläufer vieler Schriften.
Die Entwicklung des Rades – möglicherweise erstmals im Reich der Sumerer benutzt – steht in engem Zusammenhang mit der Erkenntnis, dass domestizierte Tiere nicht nur eine Nahrungs- und Rohstoffquelle (z. B. für Leder) sind, sondern auch als Zugtiere und Arbeitstiere dienen können (Pflug, Karren). Eine weitere Vorbedingung für die Nutzung des Rades sind ebene, breite Wege, die erst bei einer kritischen Bevölkerungsdichte und geeignetem Landschaftsrelief entstehen.
Landwirtschaft und Bewässerung
Im Bereich der Landwirtschaft haben die Sumerer wahrscheinlich keine neuen Nutzpflanzen oder Nutztiere domestiziert; der Beitrag liegt hier in der Verfeinerung der Bewässerung sowie der Einführung der Milchwirtschaft. Die fortschrittliche Bewässerungstechnik legte gleichzeitig den Grundstein zum Niedergang Sumers (bzw. seiner Nachfolgestaaten): Aufgrund der Versalzung des Bodens gingen die landwirtschaftlichen Erträge immer weiter zurück. Noch heute sind weite Landstriche nur bedingt nutzbar. Nach den bisherigen Erkenntnissen bestand die Nahrung vor allem aus Graupen, Mehlbrei, Datteln, Honig und Sesamöl. Eiweiß lieferten Eier und Käse, Gänse, Enten, Hühner sowie Heuschrecken. Seltener gab es Schlachtfleisch der verwendeten Nutztierrassen Rinder, Esel, Schweine, Schafe, Ziegen. Gejagt wurden Hasen, Wildschweine, Wildziegen, Wildschafe, Antilopen, Gazellen und Wildhirsche. Löwenjagd war Privileg der Könige. Intensiv wurde Fischfang betrieben, wobei teilweise auch abgerichtete Pelikane verwendet wurden. Karpfen wurden exportiert.
Handwerke und Bildung
Durch Texte und Ausgrabungen wurden folgende Handwerke und Berufe identifiziert: Bäcker, Metzger, Bierbrauer, Köche, Korbmacher, Töpfer, Steinschneider, Bildhauer, Tischler, Wagenmacher, Schiffbauer, Schneider, Friseure, Ärzte, Lehrer, Schreiber, Baumeister, Priester, Verwalter, Aufseher. Darüber hinaus gab es Führungsberufe wie Offiziere, Bürgermeister, Botschafter, Tempelverwalter, Leiter von Bibliotheken und Tafelhäusern.
Schulen wurden als Tafelhäuser bezeichnet. Zwei dieser Tafelhäuser wurden von französischen Archäologen in Mari ausgegraben. Die Schulbänke bestanden aus Lehmziegeln. Wortlisten lassen vermuten, dass es Schulen schon im 4. Jahrtausend vor Christus gegeben hat. Schultexte als direkten Beleg wurden in Schuruppak aus der Zeit Mitte des 3. Jahrtausends gefunden. Auf den Übungstafeln setzten die Schüler, die Söhne genannt wurden, immer ans Ende den eigenen Namen und hinter die eigenen Namen den Namen des eigenen Vaters, die alle aus den obengenannten Führungsberufen stammten. In der Anfangszeit waren 2000 Schriftzeichen zu erlernen. Die Vater genannten Lehrer zeigten zum Teil Humor, wie eine Lehrgeschichte zur Addition von 9 und 1, die Fabel vom klugen Wolf und den neun dummen Wölfen zeigt. Als Fächer lassen sich Rechnen, Zeichnen und Sumerisch, d. h. Schreiben, Lesen identifizieren. Geschrieben wurden Aufsätze, Fabeln, Weisheitslehren, Hymnen und Epen.
Mathematik, Architektur und Astronomie
Die Sumerer haben die erste bekannte Kultur mit hoch entwickelter Mathematik hervorgebracht. Sie gelten als die Erfinder des Gewölbes und gründeten mit Ur, Uruk und Lagasch die ältesten bekannten Städte mit Monumentalbauten, insbesondere der für Mesopotamien typischen Zikkurat. Auch die Anfänge der Astronomie sind in Sumer zu finden. Die Sumerer kannten bereits den Merkur und andere Planeten.
Mythos und Religion
Die sumerische Religion ist eine der ältesten der bekannten Religionen und gilt als wesentliches Vorbild für spätere Religionen in Mesopotamien und den angrenzenden Gebieten. Neben den Haupt- und Urgöttern verehrten die Sumerer jeweils ihre Stadtgötter, die miteinander konkurrierten und in ihrer Hegemonie einander ablösten. Zusammen bildeten sie bereits ein gemeinsames Pantheon. Besondere Bedeutung haben die ältesten Tontafelfunde mit Fragmenten des Gilgamesch-Epos, die bereits in sumerische Zeit zurück weisen.
Sumer heute
Im August 2005 wurde von schiitischen Gruppierungen vorgeschlagen, den Südirak zu einer autonomen Region eines föderalen Irak zu machen. Als Name für diese zu bildende autonome Region wurde Sumer vorgeschlagen. Der Vorschlag ist jedoch insbesondere unter den irakischen Sunniten hochumstritten.
Land- und Stadtbezeichnung
In der sumerischen, wie auch später in der akkadischen Sprache, wurde der Begriff KUR zuerst für Berg und Bergland verwendet; KUR-KUR stand für Gebirge, der sich in der Folgezeit zum Allgemeinbegriff für Fremdland/Land entwickelte. Städte oder Stadtstaaten hießen IRI. In der sumerischen bzw. akkadischen Schreibung wurden die Begriffe hochgestellt vor dem jeweiligen Landes- oder Stadtnamen geschrieben, beispielsweise KURMizr oder IRIUr.
Tempeltürme Mesopotamiens
- Ur: Zikkurat des Mondgottes Nanna
- Uruk: Zikkurat des Gottes An
- Babylon: Turm zu Babylon
- Samarra: Zikkurat
- Tschoga Zanbil
Siehe auch
- Listen der Könige von Sumer dort unter Mesopotamien
- Liste antiker Stätten unter Irak
- Vase von Warka
Literatur
- Gebhard J. Selz: Sumerer und Akkader: Geschichte, Gesellschaft, Kultur, Beck, München 2005, ISBN 3-406-50874-X
- Dietz-Otto Edzard: Geschichte Mesopotamiens. C. H. Beck, München 2004. ISBN 3-406-51664-5.
- Helmut Uhlig: Die Sumerer. Lübbe, Bergisch-Gladbach 1992. ISBN 3-404-64117-5.
- Harald Haarmann: Lexikon der untergegangenen Völker. Beck, München 2005, ISBN 3-406-52817-1. S. 249-252
- Harriet Crawford: Sumer and the Sumerians. Cambridge Univ. Press, Cambridge 2004, ISBN 0-521-82596-2.
Weblinks
- Der Untergang der Sumerer (deutsch)
- Elektronische Sammlung der sumerischen Texte (englisch)
- Eine kurze Geschichte der Sumerer (und Akkader)
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