Benoni-Verteidigung

Benoni-Verteidigung

Bei der Benoni-Verteidigung (oder Ben-Oni) handelt es sich um eine Eröffnung des Schachspiels. Sie zählt zu den Geschlossenen Spielen und den Indischen Verteidigungen; sie wird daher auch Benoni-Indisch genannt.

Etymologie

Der Name kommt aus dem Hebräischen und bedeutet Sohn der Trauer. Er stammt aus einem 1825 erschienenen Buch von Aaron Reinganum, Ben Oni oder die Vertheidigungen gegen die Gambitzüge im Schache. Der Name ist dem 1. Buch Mose entnommen. Rahel nennt ihren zweiten Sohn so, weil sie nach der schweren Geburt dem Tode nahe war und schließlich auch starb. Jakob dagegen nannte ihn Ben-Jamin, Sohn des Glücks, weil er der letzte Sohn seiner Lieblingsfrau war.

In den 1930er Jahren bezeichnete der deutsche Meisterspieler Walter Loose aus Düsseldorf diese Eröffnung als Loose-Verteidigung, da er sie selbst mehrmals anwandte. Dieser Name hat sich nicht durchgesetzt.

Varianten

Man unterscheidet die Aufbauten

  • 1. d2-d4 c7-c5 2. d4-d5 Alt-Benoni-Verteidigung (ECO A43, A44)
Solid white.svg a b c d e f g h Solid white.svg
8 a8 b8 c8 d8 e8 f8 g8 h8 8
7 a7 b7 c7 d7 e7 f7 g7 h7 7
6 a6 b6 c6 d6 e6 f6 g6 h6 6
5 a5 b5 c5 d5 e5 f5 g5 h5 5
4 a4 b4 c4 d4 e4 f4 g4 h4 4
3 a3 b3 c3 d3 e3 f3 g3 h3 3
2 a2 b2 c2 d2 e2 f2 g2 h2 2
1 a1 b1 c1 d1 e1 f1 g1 h1 1
a b c d e f g h
Alt-Benoni-Verteidigung

In der Alt-Benoni-Verteidigung verzichtet Weiß auf c2-c4. Dadurch bleibt das Feld c4 für eine Leichtfigur frei und Lb5+ ist unter Umständen eine Option.

Falls Weiß im zweiten Zuge den Bauern schlägt, gewinnt ihn Schwarz nach 2. ... e7-e6 oder 2. ... Dd8-a5+ wieder zurück. Weiß setzt daher meist mit 2. d4-d5 fort, um Schwarz einzuengen. Aus diesem Grund wurde die Variante lange Zeit für sehr vorteilhaft für Weiß gehalten.

Aljechin bezeichnete die Alt-Benoni-Verteidigung in der Form 1. d2-d4 c7-c5 2. d4-d5 e7-e5 3. e2-e4 d7-d6 sogar als „Schachsünde“, nachdem er sie bei der Schachweltmeisterschaft 1934 gegen Bogoljubow angewendet hatte. Statt Bogoljubows 4. f2-f4 empfahl Aljechin den Hebel f2-f4 erst nach 4. Sb1-c3. Schwarz sollte darauf durch 4. ... a7-a6 Raumgewinn am Damenflügel vorbereiten und gleichzeitig dem Sc3 und dem Lf1 das Feld b5 verwehren.

Im Unterschied zum Tschechischen Benoni ist eine andere Springerentwicklung als Sg8-f6 möglich. Dadurch kann Schwarz früher zu seinem Bauernhebel f7-f5 kommen. Auf 4. f2-f4 e5xf4 5. Lc1xf4 strebt Schwarz mit Sg8-e7-g6 die Blockade des rückständigen Bauern e4 an.


Der deutsche Großmeister Lothar Schmid führte in den 1950er Jahren den spielbaren Aufbau 1. d2-d4 c7-c5 2. d4-d5 d7-d6 3. e2-e4 Sg8-f6 4. Sb1-c3 g7-g6 in die Praxis ein, der ihm zu Ehren Schmid-Benoni genannt wird. Die Stellung nach weiterem 5. Lf1-e2 Lf8-g7 6. Sg1-f3 Sb8-a6 7. O-O Sa6-c7 8. a2-a4 a7-a6 9. Sf3-d2 Lc8-d7 10. Sd2-c4 b7-b5 ergab sich in Botwinnik -Schmid, Schacholympiade 1960. Botwinnik führte sein Spiel mit 11. e4-e5 kraftvoll weiter.


Eine Vermischung mit der Holländischen Verteidigung ist 2. ... f7-f5. Im englischen Sprachraum wird das daher Dutch Benoni genannt.


1. d2-d4 c7-c5 2. d4-d5 e7-e6 3. e2-e4 wird Franco-Benoni genannt, denn es ergibt sich zumeist aus der Französischen Verteidigung. Mit weiterem 3. ... e6xd5 4. e4xd5 d7-d6 will Schwarz den Bauern d5 mit seinen Figuren umzingeln. 5. Sb1-c3 anstelle von 5. c2-c4 hält für den Läufer f1 die Diagonale offen und schließt das Manöver Sf3-d2-c4 nicht aus, doch durch 5. ... a7-a6 droht b7-b5. Weiß wehrt zwar diesen Raumgewinn mit 6. a2-a4 ab, aber seinen Leichtfiguren ist das Feld b5 genommen.


  • 1. d2-d4 Sg8-f6 2. c2-c4 c7-c5 3. d4-d5 e7-e5 Tschechisches Benoni (ECO A56)
Solid white.svg a b c d e f g h Solid white.svg
8 a8 b8 c8 d8 e8 f8 g8 h8 8
7 a7 b7 c7 d7 e7 f7 g7 h7 7
6 a6 b6 c6 d6 e6 f6 g6 h6 6
5 a5 b5 c5 d5 e5 f5 g5 h5 5
4 a4 b4 c4 d4 e4 f4 g4 h4 4
3 a3 b3 c3 d3 e3 f3 g3 h3 3
2 a2 b2 c2 d2 e2 f2 g2 h2 2
1 a1 b1 c1 d1 e1 f1 g1 h1 1
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Tschechisches Benoni nach 4.Sc3 d6 5.e4

Im Tschechischen Benoni verlagert sich das Spiel durch das abgeschlossene Zentrum auf die Flügel. Schwarz strebt aktives Gegenspiel am Königsflügel sowie den Abtausch der schwarzfeldrigen Läufer an. Dazu zieht Schwarz nach 4.Sb1-c3 d7-d6 5. e2-e4 den Lf8 nach e7. Kurze Rochade und Sf6-e8 bereiten Le7-g5 vor. Weiß hat die Bauernvorstöße b2-b4 und f2-f4. Ende der 70er Jahre errang Weiß mit einem System basierend auf h2-h3, Lf1-d3, g2-g4 und späterer 0-0-0 einige Siege.

5. ... g7-g6 führt zu Varianten der Königsindischen Verteidigung, in denen Schwarz zusätzlich zu e7-e5 auch c7-c5 spielt. Falls Weiß sich darauf einen Königsangriff mit g2-g4 und h2-h4 vornimmt, hat Schwarz nicht den Hebel c7-c6 gegen die Bauernkette, was ihm Gegenspiel in der c-Linie geben würde.

5. ... Sb8-d7 verschiebt die Aufstellung des Lf8 um einem Zug. Auf ruhige Züge wie 6. g2-g3 gibt Schwarz dann erst g7-g6 den Vorzug.


  • 1. d2-d4 Sg8-f6 2. c2-c4 c7-c5 3. d4-d5 e7-e6 Moderne Benoni-Verteidigung (ECO A60-A79)
Solid white.svg a b c d e f g h Solid white.svg
8 a8 b8 c8 d8 e8 f8 g8 h8 8
7 a7 b7 c7 d7 e7 f7 g7 h7 7
6 a6 b6 c6 d6 e6 f6 g6 h6 6
5 a5 b5 c5 d5 e5 f5 g5 h5 5
4 a4 b4 c4 d4 e4 f4 g4 h4 4
3 a3 b3 c3 d3 e3 f3 g3 h3 3
2 a2 b2 c2 d2 e2 f2 g2 h2 2
1 a1 b1 c1 d1 e1 f1 g1 h1 1
a b c d e f g h
Modernes Benoni nach 4.Sc3 ed5 5.cd5 d6

Wegen ihres asymmetrischen Charakters bietet sie auch Schwarz Chancen auf Gewinn zu spielen und wird besonders von Spielern geschätzt, die früh aggressives Gegenspiel anstreben. Die Weltmeister Tal, Fischer und Kasparow wendeten sie an.

Das typische und spielbestimmende Element dieser Eröffnung wird durch die unterschiedliche Verteilung der Bauern gekennzeichnet. Weiß besitzt die Bauernmajorität im Zentrum, während Schwarz am Damenflügel eine Bauernmehrheit hat. Die unterschiedlichen Grundstrategien beider Seiten bestehen darin, dass Weiß versuchen muss, im Zentrum durchzubrechen. Schwarz hingegen wird versuchen, Druck auf der halboffenen e-Linie auszuüben und seine Bauernmajorität auf dem Damenflügel in Bewegung zu setzen.

Während Weiß in vielen Varianten Raumvorteil genießt und mit den Zügen e4 und evtl. f4 Druck auf das Zentrum übt, bemüht sich Schwarz um die Stabilisierung des Feldes e5 (Fianchettierung des schwarzfeldrigen Läufers), um am Damenflügel ein dynamisches Gegenspiel zu entfalten, was typischerweise durch die Bauernvorstöße a6 und b5 oder direkt (evtl. unter Opfer) c5-c4 realisiert wird. Eine alternative Möglichkeit für Schwarz ist, mittels f5 selber einen Königsangriff zu initiieren.

Nimzowitsch bezeichnete Modernes Benoni als "unglückselige Extravaganz".

Zu den Hauptvarianten der Modernen Benoni-Verteidigung zählen:

  • Fianchetto - Variante 3. d4-d5 e7-e6 4. Sb1-c3 e6xd5 5. c4xd5 d7-d6 6. Sg1-f3 g7-g6 7. g2-g3
  • Nimzowitsch - Variante 3. d4-d5 e7-e6 4. Sb1-c3 e6xd5 5. c4xd5 d7-d6 6. Sg1-f3 g7-g6 7. Sf3-d2 mit dem typischen Manöver Sf3-d2-c4, um den Bauern c5 zu blockieren und die Schwäche d6 mit zusätzlichem Lf4 zu belagern.
  • Klassische Variante 3. d4-d5 e7-e6 4. Sb1-c3 e6xd5 5. c4xd5 d7-d6 6. e2-e4 g7-g6 7. Sg1-f3 Lf8-g7 8. Lf1-e2

Um die Jahrtausendwende war 8. h2-h3 0-0 9. Lf1-d3 populär geworden.

  • Dreibauern - Angriff 3. d4-d5 e7-e6 4. Sb1-c3 e6xd5 5. c4xd5 d7-d6 6. e2-e4 g7-g6 7. f2-f4 Lf8-g7

(Diese Variante in der Form mit 8. Sg1-f3 entsteht häufig durch Zugumstellung aus dem Vierbauernangriff in der Königsindischen Verteidigung)

Weiß strebt schnelles e4-e5 an und kann es nun sogar schon ziehen. Nach 8. Lf1-b5+ ist der Rückzug Sf6-d7 so gut wie erzwungen.


Der

  • Geier 1. d2-d4 Sg8-f6 2. c2-c4 c7-c5 3. d4-d5 Sf6-e4 und der
  • Habichd 1. d2-d4 Sg8-f6 2. Sg1-f3 c7-c5 3. d4-d5 c5-c4

sind Abarten der Ben-Oni-Verteidigung.

Literatur

  • Efim Stoljar und Pawel Kondratjew: Alt-Benoni-Verteidigung. Schachverlag Schmaus, Heidelberg 1985
  • Jerzy Konikowski und Eckhard Schmittdiel: Modernes Benoni - richtig gespielt. Beyer, Hollfeld 1989. ISBN 3-89168-016-3
  • John Watson: The Gambit Guide to the Modern Benoni. Gambit Publications, London 2001. ISBN 1-901983-23-4
  • Jean Hebert: Modernes Benoni Chess Base-CD

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