Berchtoldstag

Berchtoldstag

Der Berchtoldstag (Bechtelstag, Bechtle, Bechtelistag, Berchtelistag, Bächtelistag, Bärzelistag) ist ein Feiertag in Gegenden mit alemannischer Bevölkerung, insbesondere in Teilen der Schweiz sowie im Elsass und in Liechtenstein. In der Schweiz ist er gesetzlich anerkannt in den Kantonen Aargau (teilweise), Bern, Jura, Thurgau und Waadt sowie in der Regel arbeitsfrei, aber nicht gesetzlich anerkannt in den Kantonen Basel, Freiburg, Glarus, Graubünden, Luzern, Neuenburg, Obwalden, Schaffhausen, Solothurn, Zug und Zürich.

Er fällt in den verschiedenen Gegenden bald früher (in der Schweiz am 2. Januar), bald später an den Jahresanfang, ist aber jeweils ein unbeweglicher Feiertag.

Berchtold

Inhaltsverzeichnis

Herkunft

Berchtold – eine Person?

Der Tag hat nichts mit einem heiligen Berchtold zu tun, den es im Heiligenkalender gar nicht gibt. Aber auch der vielbehauptete heidnische Ursprung im Zusammenhang mit einer Göttin Berchta oder Perchta, angeblich der Frau Wotans, die in der Zeit der Rauhnächte ihr Unwesen treibt und mit wilden Bräuchen gebannt wird, kann nicht schlüssig nachgewiesen werden (siehe unten). Im Schweizerischen Idiotikon (Bd. IV Sp. 1538) wird erwogen, das Wort zur burgundischen Königin Berta zu ziehen, die in der Westschweiz vielfach als Kirchengründerin gilt; der schweizerische Berchtoldstag stünde damit in der Nachfolge zu Epiphanie (6. Januar) und wäre herkunftsmässig und volkskundlich vom österreichisch-bayerischen Tag zu unterscheiden.

„Bärzelitag“

„Bärzelitag“: De Stächpaumig (Stechpalmiger)

Der „Bärzelitag“ oder „Bä(r)chtelistag“ leitet sich nicht etwa von einer Form „Berchtoldstag“ ab; vielmehr ist „Berchtoldstag“ die Umdeutung des verdunkelten Erstglieds: „berchten“ oder „berchtelen“ hiess früher „heischen, verkleidet umziehen, schmausen“ und beschrieb die Tätigkeiten an dem schon im frühen 15. Jahrhundert erwähnten „Berchtentag“, dem 2. Januar.[1] „Bercht“ könnte aber auch eine althochdeutsche Übersetzung vom griechischen „Epiphanias“ sein, da beide Ausdrücke mit dem Begriff „Glanz“ in Verbindung stehen. Die „Perchta“ steht ebenfalls im Zusammenhang mit dem Bärzeli, so kann „perchtelen“ als „die Perchta spielen, heischen“ aufgefasst werden. „Perchten“ sind – wie die Hallwiler „Bärzeli“ – dämonenhafte Maskengestalten, die um diese Jahreszeit auftreten und den Namen dem Tag ihres Erscheinens zu verdanken haben.

Zusatzfeiertag der reformierten Kirchen

Nüchtern betrachtet handelt es sich beim schweizerischen Berchtoldstag um einen arbeitsfreien Nachfeiertag zum Neujahrstag, wie es der Ostermontag zu Ostern, der Pfingstmontag zu Pfingsten und der Stephanstag zu Weihnachten sind. Da der Berchtoldstag ursprünglich allein in reformierten Kantonen ein arbeitsfreier Tag war, liegt es nahe, in ihm eine Kompensation zu gestrichenen Heiligenfeiertagen zu sehen. Das Maskentreiben wiederum steht im Zusammenhang mit dem bekannten Neujahrs- und Winterbrauchtum, ohne dass hierfür eine spezielle germanische Gottheit bemüht werden müsste.

Maskentradition

Der 2. Januar, in der Mundart bekannt als Bärzelitag, war schon in der mittelalterlichen Schweiz – obwohl kein kirchlicher Feiertag – ein wichtiger Masken- und Festtermin. Im Zuge der Reformation vor bald 500 Jahren löschte die Kirche die Fasnacht und somit alle anderen Maskentraditionen in den Städten erfolgreich aus. In denjenigen reformierten ländlichen Gebieten, in denen die Kirche nicht über die nötige Macht verfügte, dem Treiben ein Ende zu setzen, überlebten andere heidnische Volksbräuche – nicht zuletzt als geduldeter Gegenpol zur Fasnacht – noch lange. In den katholischen Räumen hatte anscheinend die Fasnacht den Vorrang: Der 2. Januar ist dort bis heute ein unbedeutsamer Tag, während dafür der Dreikönigstag als wichtig empfunden wird. Nur da und dort treffen sich Zünfte und Gesellschaften am Bärzelitag zu einem Bankett.

Einige der alten Bräuche konnten sich in protestantischen Nischen lange halten. Der „alte Zopf“ verlor schliesslich im aargauischen Seetal, wo der Bärzeli-Brauch bis um 1920 in zahlreichen Dörfern anzutreffen war, durch fortlaufende Industrialisierung und Veränderungen in der Gesellschaft an Bedeutung. Der Bärzelitag blieb lediglich ein Datum für ausgelassene Feste und hielt sich als dritte lange Nacht nach Silvester und Neujahr („Nachneujahr“). Gegenseitige Besuche oder Tanzveranstaltungen ersetzten das traditionelle Maskentreiben fast überall, ausser in Hallwil.

Bräuche in der Gegenwart

Besuche

Am Berchtoldstag wird vielerorts Geselligkeit gepflegt. Im schweizerischen Zürcher Unterland, in der Gegend um Bülach, Rafz, zum Beispiel versammelt sich am Bächtelisnachmittag und -abend die Bevölkerung in verschiedenen Kneipen, um zu bächteln. Dabei ziehen lokale Musik-, Comedy- und andere Unterhaltungsgruppen von Kneipe zu Kneipe, um die jeweiligen Gäste zu unterhalten. Die Wirte der Kneipen ihrerseits versorgen die Gruppen mit Speis und Trank. Als Spezialität gibt es die Bächtelswurst mit Bächtelsweggen; die Bächtelswurst wird nach speziellem Rezept nur für diesen Anlass einmal im Jahr hergestellt.

In der Stadt Zürich schickten früher die Zunft- bzw. Gesellschaftsmitglieder ihre festtäglich gekleideten Kinder auf die Gesellschafts- bzw. Zunftstube, damit diese einen bestimmten Geldbetrag zugunsten der Heizung der Stube abgeben sollten (Stubehitzete). Hieraus hat sich das heutige Brauchtum entwickelt, dass eine Reihe von Vereinen auf diesen Tag hin Bücher oder Bildreproduktionen veröffentlichen und in geselligem Rahmen verkaufen.

Maskentreiben

Eine andere Art, den Tag zu begehen, ist das Maskentreiben. Speziell im altbayerischen und österreichischen Raum besteht der Volksbrauch, dass Burschen mit Maskenumzügen den Perchtenlauf veranstalten. Auch im aargauischen Hallwil und in anderen Ortschaften der Schweiz ziehen am Bärzelistag die Bärzelibuebe als schaurige Maskengestalten durchs Dorf.

Weiterführende Literatur

Einzelnachweise

  1. Schweizerisches Idiotikon Bd. XII Sp. 962.

Siehe auch

Weblinks


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