Betriebspoliklinik

Betriebspoliklinik
Dieser Artikel beschreibt die Poliklinik im allgemeinen. Für die Poliklinik in Wien siehe Allgemeine Poliklinik Wien
Die „Alte Poliklinik“ in Ilmenau, erbaut in den 1920er Jahren

Als Poliklinik (aus griech. πόλι-ς /póli-s/ 'Stadt' und κλίνη /klíne/ 'Ruhebett', vgl. auch Klinik, also eigentlich Stadtkrankenhaus) bezeichnet man in Deutschland allgemein eine Krankenhausabteilung zur ambulanten Behandlung von Patienten.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ursprünglich war eine Klinik ein Krankenhaus, das hauptsächlich der Unterrichtung von Medizinstudenten diente. Aufgenommen wurden deshalb vor allem Patienten, deren Krankheit interessant für diese Ausbildung war. Die Poliklinik war der Teil der Klinik, in dem die Bürger der Universitätsstadt (polis) eingewiesen wurden, egal wie interessant ihr „Fall“ war.

Unter Poliklinik verstand man auch die Zusammenfassung verschiedener Fachärzte in einer „Großpraxis“ (solche Polikliniken werden in Österreich, Dänemark, der Schweiz, den Niederlanden und manchmal auch in Deutschland Ambulatorium genannt). Diese Form der Polikliniken war in der DDR die weit überwiegende Organisationsform ambulanter ärztlicher Behandlung. Sie hatten in baulicher Hinsicht häufig klinikähnliche Strukturen. Kleinere oder spezialisierte Einrichtungen (teilweise auch in Betrieben) wurden Ambulatorium genannt.

Nach der Wiedervereinigung wurde zunächst auf ihre Stilllegung zugunsten von Einzelpraxen niedergelassener Ärzte hingewirkt, teilweise blieben aber die Fachärzte auch in den alten Gebäuden, sodass es jetzt mancherorts mehrere Privatpraxen unter einem Dach gibt. Diese Einrichtungen werden meist „Ärztehaus“ genannt. Polikliniken im DDR-Sinn (ambulante Behandlungszentren mit angestellten Fachärzten verschiedener Fachrichtungen) gibt es nur noch sehr wenige (z.B. in Berlin-Buch, Guben, Potsdam, und Rüdersdorf bei Berlin). Die angestellten Ärzte benötigen hierbei keinen eigenen „Kassensitz“.

Polikliniken existieren gegenwärtig vor allem in Schweden sowie in Russland, in der Ukraine und in den meisten anderen ehemals sozialistischen Staaten.

Polikliniken in der aktuellen Gesundheitsdiskussion

Die aktuelle Gesundheitsdiskussion verwendet den Begriff Poliklinik in Erinnerung an die Einrichtungen der DDR für das Konzept von fachübergreifenden Praxen, in denen größtenteils angestellte Ärzte verschiedener Fachrichtung für die ambulante Versorgung der Patienten zuständig sind.

Argumente für Polikliniken

Teure Apparate (z. B. Röntgengeräte) und Räume (z. B. OP) und teilweise Personal werden gemeinsam genutzt, die Verwaltung ist zentral und die angestellten Ärzte erhalten ein festes Gehalt. Dadurch werden geringere Kosten für die Krankenkassen erwartet, die daher häufig für die Einrichtung von Polikliniken oder ähnlichen Modellen (Medizinische Versorgungszentren, s. u.) politisch eintreten. Patienten haben bei Weiterbehandlungen und Überweisungen innerhalb der Poliklinik keinen Zeitverlust und keine langen Geh- oder Fahrtstrecken.

Argumente gegen Polikliniken

Polikliniken können nur an zentralen Orten eingerichtet werden. Viele Patienten müssen also weite Wege zurücklegen, deren Anfahrtskosten in keiner Gesundheitsstatistik auftauchen und trotzdem erheblich sind. Wegen ihrer Größe erfordern die Polikliniken eine hauptamtliche Verwaltung. Oft wird behauptet, wenn die angestellten Ärzte nicht am Umsatz beteiligt würden, fehlte ihnen die Motivation zu Mehrarbeit und Innovation, was zu langen Wartezeiten für die Patienten und zu veralteter technischer Ausstattung beitrüge.

Medizinische Versorgungszentren

Das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) von 2004 sieht vor, dass sich zur kassenärztlichen Versorgung zugelassene Ärzte und andere Leistungserbringer im Gesundheitswesen zu sogenannten Medizinischen Versorgungszentren zusammenschließen können. Ein Medizinisches Versorgungszentrum ist eine fachübergreifende, ärztlich geleitete Einrichtung (wie eine Poliklinik der DDR), in der gesetzlich und privat versicherte Patienten behandelt werden können. Im Unterschied zu den Polikliniken der DDR sind Medizinischen Versorgungszentren oftmals Gesellschaften bürgerlichen Rechts mit persönlicher Haftung der leitenden Ärzte und werden auf Initiative der beteiligten Leistungserbringer freiwillig gegründet. Daneben sind aber auch andere Rechtsformen bis hin zur Aktiengesellschaft möglich, wenn dies das Standesrecht erlaubt. Sie ähneln fachübergreifenden Gemeinschaftspraxen alten Stils mit der Neuerung, dass auch nicht-ärztliche Leistungserbringer Gesellschafter sein können und die Erbringung von Leistungen durch Angestellte gegenüber Gemeinschaftspraxen erleichtert ist. Damit wird auch dem Umstand Rechnung getragen, dass es bereits seit längerem eine Entwicklung zu klinikähnlichen Gemeinschaftspraxen, sogenannten Praxiskliniken gab und zum anderen seit längerem eine Tendenz zur Einrichtung von Praxen in Krankenhäusern gab, insbesondere wenn die Inhaber ohnehin als Belegarzt im Krankenhaus tätig waren.

Mobile Poliklinik

Eine besondere Form der Poliklinik in Südafrika ist der Phelophepa-Gesundheitszug, der in medizinisch unterversorgten Gebieten kostengünstig – zum Teil kostenlose – Versorgung bietet. Darunter augenärztliche Diagnostik und Versorgung, Behandlung von Hautkrankheiten, Krebsuntersuchungen, Diabetesvorsorge und viele andere Dienstleistungen.

Diese mobile Poliklinik ist wegen der politischen Verhältnisse in Südafrika nur durch Spenden/Sponsoren finanzierbar.

Siehe auch

Medizinisches Versorgungszentrum

Weblinks


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