Bewährungsbataillon

Bewährungsbataillon

Bewährungsbataillone waren während des Zweiten Weltkrieges Einheiten der Wehrmacht im Heer, in die ab 1941 verurteilte Soldaten aller drei Teilstreitkräfte zur Frontbewährung versetzt wurden. Vergleichbar war die 1942 eingerichtete Bewährungstruppe 999, bei der vordem alswehrunwürdigeingestufte Vorbestrafte dienten.

Inhaltsverzeichnis

Sonderabteilungen

Zunächst überwog beim Aufbau der Wehrmacht alsLehre aus der Novemberrevolutiondie Absicht, „zersetzende Elementeund potentielle Unruhestifter aus der Truppe fernzuhalten.[1] Das Wehrgesetz vom 21. Mai 1935 schloss darum Personen alswehrunwürdigaus, diewegen staatsfeindlicher Betätigunggerichtlich bestraft waren.[2]Disziplinar schwierige Elemente, die zwarwehrwürdigwaren, aber eine Gefahr für dieManneszucht der Truppebildeten, wurden vor dem Krieg inSonderabteilungenüberstellt.[3]

Vor dem Krieg gab es neun solcher Sonderabteilungen. Erklärtes Ziel war es, die Eingewiesenenin ihrer Einstellung zu Staat und Volk richtunggebend zu beeinflussen und sie zu ordentlichen, pflicht- und ehrliebenden, tüchtigen Soldaten heranzubilden.“[4] Straffster Dienst, Ausgangs- und Urlaubsbeschränkungen sowieunermüdliche Fürsorgewurden als Erziehungsmittel genutzt. Wer sich anpasste, wurde in eine reguläre Einheit versetzt; wer sichböswilligwidersetzte, konnte ins KZ Sachsenhausen überstellt werden. Nach Schätzungen durchliefen bis Kriegsbeginn zwischen 3.000 und 6.000 Wehrmachtsangehörige diese Sonderabteilungen, von denen vermutlich 320 alsunverbesserliche Wehrmachtsschädlingeim KZ landeten.[5]

Mit Kriegsbeginn wurden diese Sonderabteilungen aufgelöst, schon bald darauf jedoch alsFeld-Sonderbataillonmit verschärftem Dienst erneut eingerichtet.[6] Mit wachsender Kriegsdauer stieg der Bedarf anMenschenmaterial“, so dass außerdem vom Militärgericht abgeurteilte und inhaftierte Wehrmachtsangehörige wie auch zuvor alsWehrunwürdigeausgemusterte Personenzur Bewährungan die Front geschickt wurden.

500erBewährungsbataillone

Hauptartikel: Strafdivision 500

Durch Geheimerlass vom 21. Dezember 1940 verfügte Adolf Hitler, ein erstmalig verurteilter Soldat könne künftignach Vollstreckung eines Teils seiner Strafe […] einer besonderen Truppe zur Bewährung vor dem Feindzugewiesen werden.[7] Diese Bewährungstruppe habe jedochin keiner Weise den Charakter einer Straftruppe“. Seit April 1941 konnten verurteilte und inhaftierte Soldaten - darunter einige zum Tode Verurteilte - alsbedingt wehrwürdigwieder in die Truppe aufgenommen werden. Die Männer der Bewährungstruppe mussten sich an gefährlichen Fronteinsätzen durchaußergewöhnliche Tapferkeitbewähren. Andernfalls drohte die Vollstreckung der verhängten Strafe, eine Überstellung in die Emslandlager oder in Strafeinheiten.[8]

Bei den 500er Bataillonen dienten im Laufe des Krieges rund 27.000Bewährungsmänner“, die überwacht und befehligt wurden von ausgesuchten Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften, deren Anteil rund ein Viertel der Gesamtstärke betrug. Bewährungsdruck und auch vorhandenerBewährungswillemachten diese Truppe zu kampfstarken Einheiten, deren Verluste jedoch außerordentlich hoch waren.[9] Wichtige Einsatzorte waren Kamenka, Grusino und Sinjawino im Osten und die Front in Frankreich.

Feldstrafgefangenen-Abteilungen

Am 2. April 1942 kam es - wieder durchFührer-Erlass[10] - zurNeuordnung der Strafvollstreckung in der Wehrmacht“. Danach solltehaltlosen Elementender Anreiz genommen werden, sich durch Strafverbüßung dem Fronteinsatz zu entziehen.

Ab Mai 1942 wurden in Glatz, Germersheim und Anklam zunächst drei Feldstrafgefangenenabteilungen mit je 200 Personen eingerichtet[11], in die verurteilte Wehrmachtsangehörige überstellt wurden, wenn Wehrmachtsgerichte eine Haftstrafe über drei Monate verhängt hatten. Daraus wurden Feldstraf-Einheiten gebildet. Bis Kriegsende gab es 22 Feldstrafgefangenenabteilungen mit je vier bis sechs Kompanien. Durchschnittlich waren dort schätzungsweise 20.000 Personen eingesetzt.[12]

Der Dienst wurde an der Ostfront unbewaffnet mithärtesten Arbeiten unter gefahrvollen Umständenabverlangt: Bunker- und Stellungsbau, Minenräumung und Leichenbergung.

Bewährungstruppe999

Hauptartikel: Strafdivision 999

Die Bewährungstruppe 999 wurde aus Zivilisten gebildet, die als Gefängnis- oder Zuchthaushäftlinge alswehrunwürdignicht einberufen worden waren, ab Oktober 1942 jedoch dringend gebraucht wurden. Ihnen wurde in Aussicht gestellt, durchvorbildlich tapferen Einsatzvor dem Feinde den Schandfleck auf ihrer Ehre zu tilgen und dadurch wieder vollwertige Soldaten und Staatsbürger zu werden.“ Andernfalls drohte die Rückführung in den Strafvollzugohne Anrechnung der Kriegszeit auf die Strafdaueroder die Überstellung ins Konzentrationslager.[13]

Ein Drittel dieser 28.000 Soldaten bestand ausPolitischen“. Aufstellungsorte waren Baumholder und Heuberg. Die Einheiten der 999er wurden anfangs in Afrika, später in der Sowjetunion und hauptsächlich als Besatzungstruppe in Griechenland sowie im Kampf gegen Partisanen auf dem Balkan eingesetzt. Einige hundert Angehörige dieser Truppe liefen zum Gegner über und leisteten Widerstand gegen die deutschen Besatzer.[14]

Siehe auch

Literatur

  • Hans-Peter Klausch: Die Bewährungstruppe 500. Stellung und Funktion der Bewährungstruppe 500 im System von NS-Wehrrecht, NS-Militärjustiz und Wehrmachtstrafvollzug. Temmen, Bremen 1995, ISBN 3-86108-260-8 (DIZ-Schriften 8).
  • Hans-Peter Klausch: ErziehungsmännerundWehrunwürdige“. Die Sonder- und Bewährungseinheiten der Wehrmacht. In: Norbert Haase, Gerhard Paul (Hrsg.): Die anderen Soldaten. Wehrkraftzersetzung, Gehorsamsverweigerung und Fahnenflucht im Zweiten Weltkrieg. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-596-12769-6, S. 6682 (Fischer 12769 Geschichte. Die Zeit des Nationalsozialismus).
  • Fritz Wüllner: Die NS-Militärjustiz und das Elend der Geschichtsschreibung. Ein grundlegender Forschungsbericht. 2. durchgesehene und ergänzte Auflage. Nomos Verlags-Gesellschaft, Baden-Baden 1997, ISBN 3-7890-4578-0.

Einzelnachweise

  1. vergl. Hans-Peter Klausch: 'Erziehungsmänner' und 'Wehrunwürdige'. Die Sonder- und Bewährungseinheiten der Wehrmacht. In: Norbert Haase / Gerhard Paul (Hrsg.): Die anderen Soldaten. Frankfurt/M 1995, ISBN 3-596-12769-6, S. 66f
  2. RGBl I, S. 609 Wehrgesetz § 18 (1)e
  3. Hans-Peter Klausch: 'Erziehungsmänner' und 'Wehrunwürdige'. S. 68
  4. zitiert nach Hans-Peter Klausch: 'Erziehungsmänner' und 'Wehrunwürdige'. S. 69
  5. Hans-Peter Klausch: 'Erziehungsmänner' und 'Wehrunwürdige'. S. 70
  6. Hans-Peter Klausch: 'Erziehungsmänner' und 'Wehrunwürdige'. S. 71
  7. Martin Moll (Hrsg.): "Führer-Erlasse" 1939-1945.“ Stuttgart 1997, ISBN 3-515-06873-2, S. 156
  8. Ulrich Baumann et al. (Hrsg.): Was damals Recht warSoldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht. Berlin 2008, ISBN 3-89809-079-5, S. 188
  9. Ulrich Baumann et al. (Hrsg.): Was damals Recht war S. 189
  10. Martin Moll (Hrsg.): "Führer-Erlasse" 1939-1945.“ S. 244f
  11. Michael Eberlein et. al.: Torgau im Hinterland des Zweiten Weltkriegs. Leipzig 1999, ISBN 3-378-01039-8, S. 65.
  12. Michael Eberlein et. al.: Torgau im Hinterland des Zweiten Weltkriegs. Leipzig 1999, ISBN 3-378-01039-8, S. 66.
  13. Ulrich Baumann et al. (Hrsg.): Was damals Recht war S. 190
  14. Ulrich Baumann et al. (Hrsg.): Was damals Recht war S. 191

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