- Strafdivision 500
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Strafdivision 500 Aufstellung 16. Juni 1942 Land Deutsches Reich Streitkräfte Wehrmacht Teilstreitkraft Heer Truppengattung Infanterie Typ Infanteriedivision Grobgliederung keine einheitliche Gliederung Stärke min. 29.700 Garnison Breslau später Skierniewice Zweiter Weltkrieg Ostfront
Die Strafdivision 500 (offiziell als Bewährungsbataillon bezeichnet) war eine Einheit der Wehrmacht, in der von der Wehrmachtsjustiz verurteilte deutsche Soldaten zwecks „Bewährung“ untergebracht wurden. Ab Juli 1941 begann die Wehrmacht damit, erste Soldaten in diese Einheit einzuberufen. Der Dienst in der „Bewährungseinheit“ zeichnete sich durch besondere Strenge der Disziplin und durch die Gefährlichkeit der Einsätze aus. Zu den „500ern“ zählten nachweislich mindestens 29.700 Soldaten, wovon 5400 dem Stammpersonal angehörten. Das „Bewährungsbataillon 500“ ist nicht zu verwechseln mit dem „Bewährungsbataillon 999“. Ebenso abzugrenzen, sind die „500er“ von anderen Einrichtungen der Militärjustiz, wie den „Feldstrafgefangenen-Abteilungen“ oder den „Sonderabteilungen“ (siehe Bewährungsbataillon)
Inhaltsverzeichnis
Aufstellung der Bewährungseinheiten – Hintergründe und Durchführung
Im „Dritten Reich“ gab es einen Personenkreis, der von Wehrdienst ausgeschlossen war. Nach Paragraph 13 des Wehrgesetzes verlor seine „Wehrwürdigkeit“ u.a. derjenige, der eine Zuchthausstrafe zu verbüßen oder seine bürgerlichen Ehrenrechte verloren hatte. Vom Verlust der Wehrwürdigkeit betroffen, waren auch Soldaten der Wehrmacht, die militärgerichtlich verurteilt wurden.[1]
In einem Führererlass vom 21. Dezember 1940 verordnete Adolf Hitler, dass militärstrafrechtlich verurteilte Wehrmachtsangehörige zum Dienst in einer Bewährungstruppe herangezogen werden sollten.[2] Bereits seit dem Sommer 1940 hatte es im Oberkommando der Wehrmacht entsprechende Überlegungen gegeben.[3] Für die Dauer des Dienstes war den Soldaten die „bedingte“ Wehrwürdigkeit wiederverliehen, mit der Aussicht auf einen möglichen Erlass der Reststrafe und das Wiedererlangen der vollen Wehrwürdigkeit.[4] Ihre Reststrafen verbüßten die Delinquenten in der Bewährungstruppe jedoch nicht, sie wurde lediglich bis zum Kriegsende ausgesetzt.[5] In der Folge dieses Befehls begann das OKW ab Februar und März 1941 mit den Vorbereitungen zur Aufstellung eines entsprechenden Verbands. Eine Durchführungsbestimmung wurde am 5. April 1942 erlassen, sodass am 16. Juni 1942 die ersten Einberufungen erfolgen konnten.[6] Den Verurteilten sollte Gelegenheit eingeräumt werden, sich im Kampfeinsatz zu bewähren.[7] Nicht möglich war das, wenn sich die eigene Truppe nicht im Fronteinsatz oder einem anderen gefährlichen Einsatz befand, oder aber weil eine veränderte Umgebung notwendig erschien, um „erzieherisch“ auf den Soldaten einzuwirken.[8] Gleichzeitig war der harte Dienst in der Bewährungstruppe auch als Abschreckungsmaßnahme gedacht. Die Versetzung in das Strafbataillon sei „nicht ausschließlich im Interesse des Verurteilten“, sondern sollte positive Auswirkungen auf die „Manneszucht“ haben und der Feigheit vorbeugen.[9] Das Regime konnte also zweierlei Vorteil aus der Existenz einer solchen Truppe ziehen: Erstens stellte es eine Erweiterung des „Abschreckungsinstrumentariums“ dar, mit dem man die Aufrechterhaltung von Disziplin und Schlagkraft der Truppe zu bewerkstelligen gedachte. Zweitens stellte dieses Vorgehen eine Möglichkeit dar, den militärischen Nutzen der betreffenden Soldaten in Anspruch nehmen zu können, die man trotz Verurteilung als „soldatisch brauchbar“ betrachtete.[10] Angesichts des bevorstehenden Angriffs auf die Sowjetunion, dürfte dieser zweite Aspekt die zentrale Rolle gespielt haben.[11]
Personelle Zusammensetzung der Bewährungseinheiten
Abgesehen vom Stammpersonal, bestand dieser Truppenverband ausschließlich aus Wehrmachtsangehörigen, die militärgerichtlich bestraft worden waren. Diejenigen, die zu Gefängnisstrafen verurteilt wurden, waren in Wehrmachtsgefängnissen und in Feldstrafgefangenabteilungen untergebracht. Von dort aus wurden sie dann zur Bewährungstruppe überstellt. Die zweite größere Gruppe war die derjenigen, die zu Zuchthaus verurteilt waren. Gelegentlich wurde auch unter denen, die zum Tode verurteilt waren, Soldaten ausgewählt, die dann zur „Sonderbewährung“ zu den 500ern geschickt wurden. Diese stellen jedoch nur eine kleine Anzahl. Auch von den anderen Teilen der Wehrmacht – Marine und Luftwaffe – wurden Soldaten zu dieser Einheit überstellt.[12] Wenn sich im Bataillon 999 Personen befanden, die als nicht tropenfähig eingestuft wurden, überstellte man sie zu den 500ern.[13]
Bei der Auswahl der „Bewährungsmänner“ arbeiteten die jeweiligen Gerichtsherren mit den Verwaltungen der Strafvollzugseinrichtungen zusammen und wählten potenzielle „Bewährungsmänner“ aus. Um zur Bewährungseinheit überstellt werden zu können, sollten die Soldaten bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehörten unter anderem die körperliche und geistige Eignung, vor allem aber auch der „ehrliche Wille“ zur Feindbewährung.[14] Zur entsprechenden Prüfung dieser Eigenschaften wurden bestimmte Delinquenten ins Wehrmachtsgefängnis Fort Zinna im sächsischen Torgau verlegt, damit dort die „Begutachtung“ durchgeführt werden konnte.[15] Da der Mangel an Soldaten sich immer weiter verschärfte, wurden diese Bestimmungen ab dem Winter 1942/43 gelockert.[16]
Anders als bei der Bewährungstruppe 999, waren hier kaum politische Gegner im eigentlichen Sinne zu finden.[17] Die häufigsten Vergehen, wegen derer es zu Verurteilungen gekommen war, waren die der Unerlaubten Entfernung und Diebstahl bzw. Unterschlagung.[18] Man kann davon ausgehen, dass sehr häufig situative Faktoren eine Rolle spielten, wenn ein Soldat sich bestimmte Vergehen zu Schulden kommen ließ.
Was die Mannschaftsstärke der Bewährungstruppe betrifft, lässt sich die Existenz von 29.700 Angehörigen sicher nachweisen, wovon 5.400 zum Stammpersonal gehörten. Gewisse Faktoren lassen jedoch zu, von insgesamt 33.000 Soldaten auszugehen, von denen 6.000 Männer das Stammpersonal stellten. Bezüglich der Angehörigen anderer Wehrmachtsteile, liegt eine Aufschlüsselung aus dem Juni 1943 vor, die jedoch keinen Anspruch auf Repräsentativität hat. Von 447 neu aufgestellten Mannschaften kamen 235 Mann (52,6 %) vom Heer, 147 Mann (32,9 %) von der Marine und 65 Mann (14,5 %) von der Luftwaffe.[19]
Einsatzorte und Charakter der Einsätze
Aufgestellt wurde die Bewährungstruppe 500 zunächst in Fulda, im Dezember 1943 wurde sie in die Städte Skierniewice und Tomaszów im Generalgouvernement verlegt.[20] Im September 1944 kamen das Infanterie-Ersatz- und Ausbildungsregiment 500 nach Brünn, das Ausbildungsbataillon nach Olmütz.[21] Die einzelnen Verbände waren während des gesamten Krieges an fast allen Teilen der Ostfront eingesetzt.[22] Zwei Verbände kamen auch an der Westfront zum Einsatz.[23]
Um dem Charakter der „Bewährungstruppe“ gerecht zu werden, sollte die Bataillone besonders an „Brennpunkten“ in den Kampf geschickt werden.[24] Nicht nur die Kampfschauplätze, sondern auch die Art der Einsätze waren von besonderer Gefährlichkeit. Die 500er wurden bevorzugt zum Minenräumen, zur Partisanenbekämpfung, als Stoßtrupps oder Vorauskommandos eingesetzt.[25] Dementsprechend hohe Verluste hatte die Bewährungstruppe 500 grundsätzlich zu verzeichnen. Während die regulären Wehrmachtseinheiten normalerweise regelmäßig aus Kämpfen zurückgezogen und ersetzt wurden, damit sie aufgefrischt werden konnten, befanden sich die Einheiten der 500er fast ununterbrochen in schwerem Gefecht.[26] Es muss dabei daraufhin gewiesen werden, dass die Kämpfe an der Ostfront sich generell durch besonders hohe Verlustraten auszeichneten.[27] Deshalb kam es gelegentlich vor, dass reguläre Einheiten gleichstarke oder stärkere Verluste hinnehmen mussten, als die Bewährungstruppe. Dass Bewährungssoldaten häufiger den Kämpfen zum Opfer fielen, zeigt sich daher nur bei der Betrachtung über einen längeren Zeitraum.[28] Als weiterer Faktor kommt außerdem hinzu, dass Bataillonsführung und Stammpersonal häufig sehr ehrgeizig waren und ihre Mannschaften zu risikoreichen Höchstleistungen antrieben.[29]
Aus Sicht der Wehrmacht war die Aufstellung der Bewährungstruppe 500 ein militärischer Erfolg. Was das aus der Sicht der Soldaten bedeutete, zeigt etwa die folgende Mitteilung: „Bewährungs-Btl. hat sich ausgezeichnet geschlagen, fast aufgerieben…“[30]
Behandlung der Soldaten und unangepasstes Verhalten in der Truppe
Im Erlass vom 21. Dezember 1940 lautet es: „Der Dienst in dieser Truppe ist ein Ehrendienst wie jeder anderer Wehrdienst. Sie hat in keiner Weise den Charakter einer Straftruppe.“[31] In formaler dienstrechtlicher Hinsicht waren die Soldaten dieser Bewährungseinheit tatsächlich den regulären Truppen gleichgestellt, wenn man von einer verschärften Urlaubsregelung absieht.[32] Auch in den Bereichen Verpflegung, Ausrüstung, Unterbringung und Besoldung waren die Soldaten der Bewährungsbataillone 500 nicht benachteiligt. Das Verhältnis zwischen Stammpersonal und „Bewährungsmännern“ wird von einigen Zeitzeugen als gut, teilweise gar als kameradschaftlich beschrieben, was jedoch nur auf den Teil der Soldaten zutreffen konnte, der bereit war sich unterzuordnen.[33]
Unter den Soldaten der 500er waren viele, die durchaus hoffnungsvoll und gewillt waren ihren „Bewährungswillen“ zu zeigen, was den Kampfwert der Truppe erhöhte.[34] Dabei muss jedoch auch davon ausgegangen werden, dass viele Soldaten angesichts der gefährlichen Situation an der Ostfront, vor allem aus Selbsterhaltungstrieb hohe Einsatzbereitschaft zeigten. Hieraus ergab sich auch, dass unangepasstes Verhalten oder gar politisch motivierter Widerstand in dieser Bewährungstruppe eher seltener vorkam.[35] In manchen Fällen wurde der versprochene „Gnadenerlass“ tatsächlich gewährt. Viele Soldaten kamen jedoch nicht in den Genuss ihrer Rehabilitation, da sie in den schweren Kämpfen fielen, bevor die betreffenden langwierigen bürokratischen Vorgänge durchgeführt waren.[36]
Da die Soldaten sich zwecks „Bewährung“ in dieser Einheit aufhielten, hatten bereits kleinere Fehltritte schnellere und härtere Konsequenzen, als das in regulären Einheiten der Fall war. In solchen Fällen des „Versagens“ wurden die Männer wieder in die Strafanstalten oder -abteilungen der Wehrmacht zurückgeschickt. Zur „Ausmerzung“ solcher „unverbesserlichen Elemente“ wurde hier explizit zur Denunziation aufgefordert.[37] Eine weitere Maßnahme, mit der die Disziplin der Truppe aufrechterhalten werden sollte, war das Verhängen der Todesstrafe. Es lassen sich 136 vollstreckte Todesurteile nachweisen, wobei die letzten drei vom 9. April 1945 datieren. Insgesamt dürfte es in dieser Truppe aber mindestens 300 Vollstreckungen gegeben haben, wobei die Anzahl der verhängten Todesurteile noch höher anzusetzen ist.[38] Die Soldaten wurden also nicht nur durch die gefahrvollen Einsätze belastet, sondern auch durch die verschärften Bedingungen, unter denen sie Dienst taten. Angesichts dessen kann die Behauptung, das Bewährungsbataillon 500 habe nicht den Charakter einer Strafeinheit, als unzutreffend betrachtet werden.
Siehe auch
Literaturhinweise
- Hans-Peter Klausch: Begnadigung zum Heldentod. Über Torgau-Fort Zinna zur Bewährungstruppe 500. In: Norbert Haase, Brigitte Oleschinski (Hrsg.): Das Torgau-Tabu. Wehrmachtstrafsystem, NKWD-Speziallager, DDR-Strafvollzug. 2. Auflage. Forum Verlag Leipzig, Leipzig 1998, ISBN 3-931801-46-2, S. 61–78.
- Hans-Peter Klausch: Die Bewährungstruppe 500. Stellung und Funktion der Bewährungstruppe 500 im System von NS-Wehrrecht, NS-Militärjustiz und Wehrmachtstrafvollzug. Temmen, Bremen 1995, ISBN 3-86108-260-8 (DIZ-Schriften 8).
- Klausch, Hans-Peter: „Erziehungsmänner“ und „Wehrunwürdige“. In: Norbert Haase, Gerhard Paul (Hrsg.): Die anderen Soldaten. Wehrkraftzersetzung, Gehorsamsverweigerung und Fahnenflucht im Zweiten Weltkrieg. 6.–7. Tsd. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-596-12769-6, S. 66–82 (Geschichte. Die Zeit des Nationalsozialismus 12769).
- Manfred Messerschmidt: Die Wehrmachtjustiz 1933–1945. Schöningh, Paderborn u. a. 2005, ISBN 3-506-71349-3.
- Martin Moll: „Führer-Erlasse“ 1939–1945. Edition sämtlicher überlieferter, nicht im Reichsgesetzblatt abgedruckter, von Hitler während des Zweiten Weltkrieges schriftlich erteilter Direktiven aus den Bereichen Staat, Partei, Wirtschaft, Besatzungspolitik und Militärverwaltung. Steiner, Stuttgart 1997, ISBN 3-515-06873-2.
- Fritz Wüllner: Die NS-Militärjustiz und das Elend der Geschichtsschreibung. Ein grundlegender Forschungsbericht. Nomos-Verlags-Gesellschaft, Baden-Baden 1991, ISBN 3-7890-1833-3.
Einzelnachweise
- ↑ Reichsgesetzblatt, S.610.; Klausch, „Wehrunwürdige“, S.157-158.
- ↑ Moll, S. 156.
- ↑ Messerschmidt, S.368, Anm. 181.
- ↑ Moll, S. 156. ; Messerschmidt, S.369.
- ↑ Wüllner, NS-Militärjustiz, S.716.
- ↑ Wüllner u.a., Aussonderung, S.83.
- ↑ Moll, S.234.
- ↑ Absolon, Wehrmacht, S.573.
- ↑ Klausch, Heldentod, S.62.
- ↑ Klausch, Erziehungsmänner, S.73.
- ↑ Wüllner u.a., Aussonderung, S.83.; Moll, S.156.
- ↑ Klausch, 500, S.68-69, S.91.
- ↑ Messerschmidt, S.382.
- ↑ Klausch, 500, S.82.
- ↑ Wüllner, Wehrmachtsgefängnisse, S.33-34; Klausch, Heldentod, S.64-66.
- ↑ Klausch, 500, S.83.
- ↑ Klausch, „Erziehungsmänner“, S.73; Klausch, „Wehrunwürdige“, S.171.
- ↑ Klausch, 500, S.131.
- ↑ Klausch, 500, S.121, S.81, S.91.
- ↑ Messerschmidt, S.371.
- ↑ Michael Eberlein et. al.: Torgau im Hinterland des Zweiten Weltkriegs. Leipzig 1999, ISBN 3-378-01039-8, S. 63.
- ↑ Wüllner, NS-Militärjustiz, S.714.
- ↑ Tessin, Bd. 9, S.32, S.36.
- ↑ Moll, S.156.
- ↑ Wüllner, NS-Militärjustiz, S.722.
- ↑ Klausch, 500, S.203-204.
- ↑ Overmans, S.318-319.
- ↑ Klausch, 500, S.203.
- ↑ Klausch, 500, S. 185.
- ↑ Zitiert nach: Klausch, „Erziehungsmänner“, S.73.
- ↑ Moll, S.156
- ↑ Klausch, „Erziehungsmänner“, S.72.
- ↑ Klausch, 500, S.166, S.170.
- ↑ Messerschmidt, S.379.
- ↑ Klausch, „Erziehungsmänner“, S.74, Klausch, 500, S.226.
- ↑ Klausch, 500, S.189.
- ↑ Klausch, 500, S.69, S.170-171.
- ↑ Klausch, 500, S.173-176; Messerschmidt, S.378.
Kategorien:- Militärischer Verband der Wehrmacht
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