Breslauer Jahrhunderthalle

Breslauer Jahrhunderthalle
Jahrhunderthalle (um 1915)
Jahrhunderthalle (2001)
Jahrhunderthalle (2008)
Im Innern der Halle

Die Breslauer Jahrhunderthalle (poln. heute vermehrt Hala Stulecia; früher ausschließlich Hala Ludowa, zu dt. Volkshalle) ist eine von 1911 bis 1913 in Breslau vom Architekten Stadtbaurat Max Berg gebaute Veranstaltungshalle aus Stahlbeton und seit 2006 Weltkulturerbe. Den Kuppelbau führte die Firma Dyckerhoff & Widmann AG aus. Die Kuppel war mit einer freien Spannweite von 65 m Durchmesser zum Zeitpunkt der Fertigstellung weltweit die größte dieser Art. Vorbild für die Kuppel war die Festhalle in Frankfurt am Main, die allerdings eine Eisenkonstruktion darstellt.

Die Jahrhunderthalle bildet das Zentrum des Breslauer Messegeländes, das zwischen 1911 und 1913 entstand. Zum Ensemble gehören u. a. der Vier-Kuppel-Pavillon und die Pergola, die der Architekt Hans Poelzig entwarf. Von Poelzig stammt auch der Generalplan des Ausstellungsgeländes, das in den Scheitniger Park (heute Park Szczytnicki) hineinkomponiert wurde. Der „Jahrhundertpark“ wurde von Hugo Richter (1853–1937) gestaltet, der dafür den Titel eines (königlichen) „Gartenbaudirektors“ verliehen bekam.

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte

Vom 20. Mai bis 26. Oktober 1913 fand in den Pavillons und auf dem Freigelände die Jahrhundertausstellung zur Erinnerung an die preußischen Befreiungskriege gegen Napoleon I. statt. Die Stadt gedachte damit des hundertjährigen Jubiläums des Aufrufs An Mein Volk, den der preußische König Friedrich Wilhelm III. in Breslau herausgegeben und damit – in der Sichtweise der preußischen Geschichtsschreibung – die Kriegswende eingeleitet hatte. Die Breslauer Stadtoberen wählten diesen Anlass nicht zuletzt aus wirtschaftspolitischem Kalkül: Man erhoffte sich eine finanzielle Unterstützung durch das Kaiserhaus für die Bauten der Jahrhundertausstellung, die danach als Ausstellungsbauten des seit langem geplanten Messegeländes fungieren sollten. Die staatliche Förderung blieb aus, die Stadt trug die enorme Investition allein. Zur feierlichen Eröffnung der Jahrhundertausstellung in der Jahrhunderthalle reiste lediglich der Kronprinz an.

Im Rahmen der Eröffnungsfeierlichkeiten wurde am 31. Mai 1913 in der Jahrhunderthalle das Festspiel in deutschen Reimen in der Inszenierung von Max Reinhardt aufgeführt, das der mit der Breslauer Kulturszene eng verbundene Gerhart Hauptmann eigens für diesen Anlass verfasst hatte. Die im Stück enthaltene Kriegskritik löste einen Skandal aus: Nach Protesten von Kriegerverbänden und letztlich wohl auf Druck aus Berlin wurde das Festspiel vorzeitig abgesetzt.

Nach der Angliederung Schlesiens und Breslaus an Polen 1945 wurde die im Zweiten Weltkrieg nahezu unbeschädigt gebliebene Jahrhunderthalle in Hala Ludowa (Volkshalle) umbenannt und damit, wie generell die deutsche Vergangenheit der Stadt, auch die eigentliche Entstehungsgeschichte der Halle verwischt. Die Halle wird gegenwärtig für Messen, Sportveranstaltungen und kulturelle Veranstaltungen genutzt. Sie besitzt rund 6.000 Sitzplätze, bei Verwendung von Stehplätzen fasst sie fast 20.000 Personen. In den 1970er und 1980er Jahren existierte in der Halle ein Kino (poln. „Gigant“). Nach 1997 wurde die Halle generalsaniert, dabei wurden die Ränge teilweise umgestaltet und neu bestuhlt. Gegenwärtig wird der Park der Anlage nach historischem Vorbild wiederhergestellt.

Im Jahre 2004 wurde die Volkshalle auf die polnische Liste der wichtigsten Baudenkmäler der Geschichte des Landes gesetzt, die derzeit ca. 25 Objekte zählt. Nach Bemühungen der Stadtverwaltung wurde sie als Centennial Hall, also unter ihrem ursprünglichen Namen Jahrhunderthalle, am 13. Juli 2006 als Pionierleistung des Stahlbetonbaus und der modernen Architektur in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen. In Polen wird heute angesichts dieser internationalen Würdigung mittlerweile vermehrt die Bezeichnung Hala Stulecia, also Jahrhunderthalle verwendet.

Gemeinsam mit dem im Jahre 1948 vor dem Haupteingang der Halle aufgestellten Iglica, einer ca. 100 m hohen Nadel, zählt die Jahrhunderthalle zu den Wahrzeichen der Stadt Breslau.

Ausstattung

Orgel

Die Einweihung der Halle wurde mit der zur damaligen Zeit größten Orgel der Welt begangen, einer Schöpfung des Frankfurter Orgelbauers Wilhelm Sauer, ausgeführt durch die Orgelbaufirma E. F. Walcker & Cie. Die Orgel hatte 15.133 Pfeifen und 200 Register. Für die Einweihung dieser Orgel hatte Max Reger im Auftrag der Stadt Breslau das monumentale Werk Introduktion, Passacaglia und Fuge e-moll op. 127 komponiert. Die Uraufführung spielte am 24. September 1913 Karl Straube, dem das Werk auch gewidmet ist. Die Disposition der Orgel ist auf der Walckerorgel-internetseite zu finden. [1][2]

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Orgelwerk auf drei neue Orgeln aufgeteilt. So entstand unter anderem die Breslauer Domorgel, die heute mit 150 Registern und 13.207 Pfeifen die größte Orgel Polens darstellt.[3]

Literatur

  • Günther Trauer, Willy Gehler: Die Jahrhunderthalle in Breslau. Berechnung, Konstruktion und Bauausführung. Sonderdruck aus Armierter Beton, Jg. 1913 und 1914. Springer, Berlin 1914
  • Erich A. Franz, Die Jahrhunderthalle; in: Bei uns in Breslau, S. 32, Dülmen 1983, ISBN 3-87466-055-9
  • Ernest Niemczyk: Hala Ludowa we Wrocławiu. Wydawn. Politechniki Wrocławskiej, Wrocław 1997 ISBN 83-7085-265-3 (mit dt. Zusammenfassung)
  • Helmut Sauer: Die Jahrhunderthalle zu Breslau. Historische Reminiszenzen. Hrsg. von der Vereinigung ehemaliger Angehöriger der Gerhart-Hauptmann-Oberrealschule zu Breslau. (= Die Grüne Reihe; Heft 16). Selbstverlag A. Zappel, Leverkusen 2000
  • Jerzy Ilkosz, Beate Störtkuhl (Hg.): Hans Poelzig in Breslau. Architektur und Kunst 1900 - 1916. Delmenhorst 2000.
  • Jerzy Ilkosz: Die Jahrhunderthalle und das Ausstellungsgelände in Breslau - das Werk Max Bergs. München, 2006. ISBN 978-3-486-57986-4

Einzelnachweise

  1. http://www.walckerorgel.de/gewalcker.de/SauerOW/target18.html
  2. http://www.walckerorgel.de/gewalcker.de/SauerOW/target19.html
  3. http://www.organy.art.pl/instrumenty.php?instr_id=12

Weblinks


51.10722222222217.0769444444447Koordinaten: 51° 6′ 26″ N, 17° 4′ 37″ O


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