- Hans Poelzig
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Hans Poelzig (* 30. April 1869 in Berlin; † 14. Juni 1936 ebenda) war ein deutscher Architekt, Maler, Bühnenbildner und Hochschullehrer. Vor allem seine Beiträge zur expressionistischen Architektur und zur Neuen Sachlichkeit machten ihn bekannt.
Seine Kinder waren der Architekt Peter Poelzig, die Schauspielerin Ruth Poelzig sowie aus seiner zweiten Ehe mit Marlene Moeschke-Poelzig der Schauspieler und Darmstädter Schauspieldirektor Jochen Poelzig.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Hans Poelzig wurde am 30. April 1869 in Berlin (andere Quellen nennen Pölzig) als sechstes Kind von Gräfin Clara Henriette von Poelzig geboren. Seine Mutter war die Tochter von Alexander von Hanstein Graf von Pölzig und Beiersdorf. Ihr Mann, der britische Reeder George Acland Ames, bestritt jedoch die Vaterschaft und ließ sich drei Monate nach seiner Geburt von Clara scheiden. Hans wurde daher mit Nachnamen nicht Ames, sondern Poelzig genannt und von Pflegeeltern, einem Chordirigenten und seiner Frau, in Stolpe, heute ein Ortsteil von Berlin-Wannsee, aufgezogen.
Von 1889 bis 1894 studierte Poelzig Hochbau an der Technischen Hochschule (Berlin-) Charlottenburg. 1899 wurde er als Regierungsbaumeister (Assessor) im preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten beschäftigt. Im gleichen Jahr heiratete er Maria Voss, mit der er vier Kinder bekam.
Poelzigs Karriere begann mit der Berufung als Lehrer für Stilkunde an die Königliche Kunst- und Kunstgewerbeschule in Breslau; 1903 wurde er deren Direktor. Noch stark dem Expressionismus verpflichtet, machte er die ab 1911 Königliche Akademie für Bau- und Kunstgewerbe genannte Einrichtung zu einer der fortschrittlichsten Architektur- und Kunstschulen in Deutschland. 1916 wurde Poelzig, als Nachfolger von Hans Erlwein, Stadtbaurat[1] in Dresden und 1919 Vorsitzender des Deutschen Werkbundes, den er wesentlich mitprägte und der heute auch stellvertretend für die Neue Sachlichkeit steht.
Seit 1918 verband ihn eine enge Freundschaft und Arbeitsgemeinschaft mit der Bildhauerin und Architektin Marlene Moeschke, die 1924 seine zweite Ehefrau wurde.
Ab 1920 arbeitete er wieder in Berlin und leitete ein Meisteratelier für Architektur an der Preußischen Akademie der Künste. 1921 beteiligte er sich an dem in die Architekturgeschichte eingegangenen Wettbewerb für die Neubebauung eines prominent platzierten Areals am Bahnhof Friedrichstraße in Berlin [2]. Zwei Jahre später wurde er als Professor an die Technische Hochschule Berlin-Charlottenburg berufen. Hier entwickelte sich zwischen Poelzig und dem einst von ihm geförderten Heinrich Tessenow ein heftiger Diskurs über Inhalte und Art der Ausbildung junger Architekten.
Im Wandel von der handwerklich geprägten Produktion zur industriellen Fertigung rezipierte Poelzig diese Entwicklung in seinen Berliner Jahren und schuf hier die Grundlagen für die Neue Sachlichkeit in der Architektur. Der von ihm so genannte Materialstil brachte durch seine Schlichtheit die Eigenschaften der verwendeten Materialien viel stärker zur Geltung als der ornamental geprägte Stil der Zeit. 1926 wurde Poelzig Vorstandsmitglied im Bund Deutscher Architekten (BDA) und 1929 verlieh ihm die Technische Hochschule Stuttgart die Ehrendoktorwürde.
Die Berliner Akademie der Künste gestaltete 1931 die Ausstellung „Poelzig und seine Schule“. Ab dem 1. Januar 1933 war er Direktor der Vereinigten Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst in Berlin, die er aber am 10. April auf Veranlassung der Nationalsozialisten wieder verlassen musste.
Nachdem die Repressionen des NS-Staates immer größer wurden, wollte Poelzig 1936 in die Türkei, nach Ankara emigrieren, wo man ihm einen Lehrstuhl angeboten hatte; kurz vor der Ausreise starb er.
Hans Poelzig wurde auf dem Alten Friedhof Wannsee bestattet. Das von der Stadt Berlin betreute Ehrengrab befindet sich in der Abteilung 9W.
Die Akademie der Künste ehrte Hans Poelzig im Jahre 2008 erneut in einer Ausstellung, in welchem Werke und der Nachlass des Künstlers gezeigt wurden. [3]
Werk
Bauwerke und Entwürfe
- 1903–1906: Rathausanbau in Löwenberg (Schlesien) (heute Lwówek Śląski, Polen)
- 1906: Pfarrkirche in Maltsch (Schlesien) (heute Malczyce, Polen)
- 1908–1914: Talsperre Klingenberg
- 1911: Wasserturm mit Markthalle, so genannter „Oberschlesienturm“, in Posen
- 1911: Geschäftshaus in Breslau, Junkernstraße (heute ul. Ofiar Oświęcimskich)
- 1911–1912: Fabrikanlage für die Chemische Fabrik Moritz Milch & Co. in Luban (poln. Luboń) bei Posen
- 1911–1913: Pergola, Ausstellungsgebäude (Vier-Kuppel-Pavillon) und Restaurant für die Jahrhundertausstellung 1913 in Breslau
- 1913–1915: Betriebsgebäude der „Annagrube“ in Pschow (heute Pszów, Polen)
- 1916: Wettbewerbsentwurf für das Haus der Freundschaft in Istanbul
- 1917: Entwürfe für ein Bürogebäude der Stadtverwaltung in Dresden
- 1918–1919: Umbau des Großen Schauspielhauses in Berlin
- Mit diesem viel publizierten Umbau schuf Poelzig sich einen europaweiten Ruf.
- 1920: Lingner-Mausoleum unterhalb des Lingnerschlosses in Dresden
- 1920: Entwurf für ein Festspielhaus in Salzburg
- 1921: Entwurf für den Wettbewerb um die Bebauung eines Areals an der Friedrichstraße, Berlin
- 1922: Majolikabrunnen zur Jahresschau Deutscher Arbeit 1922 „Steine und Erden“ in Dresden
- 1923: Verwaltungsgebäude Gebrüder Meyer in Hannover, Beneckeallee 32 (Teilrealisierung eines umfangreichen Entwurfs von 183 Plänen)[4]
- 1927: Wohnhaus in der Weißenhofsiedlung in Stuttgart
- 1927: Büro- und Fabrikgebäude der Trikotagenfabrik Siegmund Goeritz AG in Chemnitz, Ulmenstraße (nur ein Teil der ursprünglichen Planung ausgeführt)
- 1927–1928: Typen-Tankstellen der Reichskraftsprit und der Deutschen Gasolin[5]
- 1927–1929: Entwürfe zur Randbebauung der Berliner Volksbühne am Bülowplatz (heute Rosa-Luxemburg-Platz) in Berlin (acht Mehrfamilienhäuser mit Kino Babylon)
- 1928–1931: Verwaltungsgebäude der I.G. Farben in Frankfurt am Main, heute Poelzig-Bau der Goethe-Universität
- 1928: Wohnhäuser in der Siedlung am Fischtalgrund (Ausstellung „Bauen und Wohnen“) in Berlin-Zehlendorf
- 1929: Haus des Rundfunks in Berlin, Masurenallee
- 1931: Sparkasse in Wolgast, am historischen Marktplatz
Gemälde
Da Poelzig seine Gemälde immer wieder überarbeitete, sind die Daten der Entstehung sehr unbestimmt:
- begonnen 1918: Apokalyptische Reiter
- 1919/1920 bis 1930: Blocksberg
- Anfang der 1920er Jahre bis 1930: Don Quichote
- Mitte der 1920er Jahre bis 1930, unvollendet: Drei Frauen, Kind und Tod
- 1928–1931: Berglandschaft
- Mitte der 1920er Jahre bis 1931: Karneval
Bühnenbilder, Filme und Filmarchitektur
- Neben seinen vielen Industrie- und Gewerbebauten machte sich Poelzig seit Beginn der 1920er Jahre auch als Entwerfer von Bühnenbildern und Filmszenarien einen Ruf. Am bekanntesten ist die expressionistische Stadtarchitektur, die er für Paul Wegeners Der Golem, wie er in die Welt kam (1920) entworfen hat, sowie die Burg Grieshuus für Zur Chronik von Grieshuus (1923-25, Regie: Arthur von Gerlach), die mehrere Jahre auf dem Ufa-Gelände in Neubabelsberg stehen blieb und als Burg Norfolk auch in dem Film Maria Stuart (1927, Regie: Friedrich Feher, Leopold Jessner) Verwendung fand.
- In dem Horrorfilm Die schwarze Katze (1934) (Regie: Edgar G. Ulmer), dem ersten gemeinsamen Film von Bela Lugosi und Boris Karloff, spielt Karloff den fiktiven Architekten Hjalmar Poelzig, der mitten in der ungarischen Steppe sein Haus im Stil der Neuen Sachlichkeit auf den Ruinen einer im Ersten Weltkrieg zerstörten Festung errichtet hat, deren Kommandant er gewesen war, und in deren Kellergewölbe er schwarze Messen begeht.
- Im Jahr 2004 wurde das Foyer von Poelzigs Großem Schauspielhaus für den Theaterregisseur Max Reinhardt als Kulisse für den japanischen Film Godzilla: Final Wars nachgebaut. Das Foyer stellt dort das Innere eines außerirdischen Raumschiffes dar.[6]
Schriften (Auswahl)
- Architekturfragen in: Das Kunstblatt, Jahrgang 1922, Heft 4, S. 153 - 163 (Teil 1), und Das Kunstblatt, Jahrgang 1922, Heft 5, S. 191 - 199 (Teil 2). Hierbei handelt es sich um den Abdruck eines von ihm am 25. Februar 1922 gehaltenen Vortrags in Berlin.
Literatur
- Julius Posener (Hrsg.): Hans Poelzig. Gesammelte Schriften und Werke. 1966.
- Theodor Heuss: Hans Poelzig. Bauten und Entwürfe eines deutschen Baumeisters.
- Originalausgabe: 1939.
- Nachdruck: DVA, Stuttgart, 1985, ISBN 3-421-02835-4.
- Der dramatische Raum. Hans Poelzig. Malerei, Theater, Film. Kat. Museum Haus Lange / Museum Haus Esters. Krefeld, 1986.
- Matthias Schirren (Hrsg.): Hans Poelzig. Ernst & Sohn, Berlin, 1989, ISBN 3-433-02091-4.
- Sender Freies Berlin (Hrsg.): Hans Poelzig. Haus des Rundfunks. Berlin, 1994, ISBN 3-89479-059-8.
- Sven Grüne, Gregor Herberholz: Hans Poelzigs «Festbau» für die Arbeit: die Textilfabrik Sigmund Goeritz A.G. in Chemnitz (1922–1927). Mit einem Nachwort von Tilo Richter, Passage-Verlag, Leipzig 2005. ISBN 3-938543-07-8.
- Wolfgang Pehnt, Matthias Schirren (Hrsg.): Hans Poelzig. Architekt, Lehrer, Künstler. DVA, München 2007, ISBN 978-3-421-03623-0 (Begleitbuch zur Ausstellung 2008).
Weblinks
Commons: Hans Poelzig – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Literatur von und über Hans Poelzig im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Hans Poelzig. In: archINFORM.
- Biografie in der Festschrift 125 Jahre Technische Universität Berlin
- Hans Poelzig: Projekte (im Bestand des Architekturmuseums der TU Berlin)
- Sabrina Dohle: Fotokatalog Poelzig (2006/2007)
Einzelnachweise
- ↑ Personalien. In: Kunstchronik, Jg. N.F. 27 (1916) Nr. 26, Spalte 253
- ↑ Sein Entwurf wurde anderem in Das Kunstblatt, Heft 3, 1922, S. 132 - 133 abgebildet und besprochen.
- ↑ Nikolaus Bernau: Mehr als Rokoko-Expressionismus. Artikel in der Berliner Zeitung vom 3. Januar 2008.
- ↑ P. Paul Zalewski: Hans Poelzig in Hannover. In: Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen. Veröffentlichung des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege, 28. Jahrgang 2008, Heft 2, Seite 49-54.
- ↑ Joachim Kleinmanns: Super, voll! Kleine Kulturgeschichte der Tankstelle. Jonas Verlag, Marburg 2002, S. 86.
- ↑ Karl R. Kegler: "Godzilla trifft Poelzig" in: archimaera (Heft 2/2009)
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