Eberhard Friedrich Walcker

Eberhard Friedrich Walcker
Eberhard Friedrich Walcker

Eberhard Friedrich Walcker (* 3. Juli 1794 in Cannstatt; † 2. Oktober 1872 in Ludwigsburg) war ein deutscher Orgelbauer und wie sein Sohn Oskar „Walcker Hof-Orgelbaumeister unter König Wilhelm II. von Württemberg und Lieferanten des Vatikans“.[1] Die auf ihn zurückgehende Orgelbaufirma in Ludwigsburg gehörte zeitweilig zu den größten und renommiertesten weltweit.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Eberhard Friedrich wurde als Sohn des Orgelbauers Johann Eberhard Walcker, der 1780 in Cannstatt seine Werkstatt begründet hatte, geboren. 1820 überführte er die Firma nach Ludwigsburg, dem langjährigen Firmensitz. Eberhard Friedrich Walcker gilt als der bedeutendste deutsche Orgelbauer des 19. Jahrhunderts. Er erlangte Bedeutung durch verschiedene technische und klangliche Verbesserungen, insbesondere durch die Vervollkommnung der Kegellade. Er wurde in der Orgelbauwerkstatt seines Vaters Johann Eberhard Walcker ausgebildet und gründete 1821 in Ludwigsburg seine eigene Werkstatt (ab 1854 unter dem Namen E. F. Walcker & Cie.). Sein erstes bedeutendes Werk war die 1833 vollendete Orgel in der Frankfurter Paulskirche (Opus 9), die international Beachtung fand.

Zu Walckers epochemachenden Innovationen im Orgelbau gehören die Perfektionierung und Verbreitung der Kegellade, eine für die deutsche Orgelromantik stilbildende Dispositionsweise, sowie die von Abbé Vogler inspirierte konsequente Ausnutzung der Teiltöne. Walcker gelang der Bau des ersten offenen 32'-Registers, das, konstruktionsbedingt, klanglich einschließlich der tiefen Töne befriedigend ausfiel. Auch ist ihm Einführung des Jalousieschwellers in Deutschland zu verdanken; eine Einrichtung, die er – vermittelt durch Vogler – aus England und Frankreich übernahm.

Im Jahre 1864 gründete der zuvor bei Walcker angestellte Orgelbauer Johannes Nepomuk Kuhn mit einem weiteren Mitarbeiter in Männedorf am Zürichsee die Fa. Orgelbau Kuhn.

Entwicklung

Die Firma blieb bis 1974 in Ludwigsburg. 1957 wurde eine Zweigniederlassung in Wien gegründet, die dann 1961 nach Guntramsdorf übersiedelte. Nach einer Zwischenstation in Murrhardt wechselte die Hauptfirma nach Bliesransbach (Ortsteil von Kleinblittersdorf) im Saarland. Nach einer Insolvenz 1999 werden beide Firmen ab 2000 durch die Söhne Werner Walcker-Mayers gesellschaftsrechtlich selbständig geführt als Orgelbau Michael Walcker-Mayer in Guntramsdorf und als Gerhard Walcker-Mayer in Bliesransbach. [2] Beide Firmen fertigen weiter Walcker-Orgeln und sehen sich in der Orgelbautradition der Firma Walcker.

Werkliste (Auswahl)

Werke Eberhard Friedrich Walckers

Jahr Opus Ort Kirche Bild Manuale Register Bemerkungen
1821 1 Kochersteinsfeld Evangelische Kirche I 9
1823 2 Weinsberg Johanneskirche II 16
1823 3 Kleingartach ?
1833 9 Frankfurt Paulskirche Paulskirche (Frankfurt), Organ.jpg III/P+P 74
Hauptartikel: Orgel der Paulskirche (Frankfurt)
1839 35 Stuttgart Stiftskirche Stuttgart IV 74
1823 36 Frauenzimmern I 10
1839 37 Sankt Petersburg St. Petri III 63
1843 46 Schramberg St. Maria III 35
1847 68 Heilbronn Kilianskirche III 50 zerstört beim Luftangriff auf Heilbronn 1944
1848 78 Markgröningen Bartholomäuskirche Orgel Bartholomäuskirche Markgröningen.jpg II 33
1849 82 Kloster Maulbronn Klosterkirche II 21
1849 86 Wurmberg Petruskirche Wurmberg I 13
1854 126 Neuhausen auf den Fildern St. Petrus & Paulus Kirche II 32
1855 127 Mannheim Hauptsynagoge 22 erste Orgel in einer badischen Synagoge[3]
1855 130 Zagreb Kathedrale zu Zagreb III 52
1857 144 Ulm Ulmer Münster Ulm Minster - Organ - Walcker 1856.jpg IV/P+P 100 1885 erweitert und umgesetzt
1857 150 Frankfurt Frankfurter Dom III 51
1859 165 Frankfurt Frankfurter Synagoge II 37 verbrannt in der Reichspogromnacht 1938
1863 191 Wiesbaden Marktkirche III 53
1863 193 Boston Methuen Memorial Music Hall (ehemals Boston Music Hall) Boston Music Hall Orgel.jpg IV 89
1866 216 Kempten St. Lorenz II 36
1865 213 Mülhausen Temple Saint-Étienne III 62
1869 252 Dirmstein Dirmsteiner Laurentiuskirche, protestantischer Teil I/P 11
1872 272 Bad Dürkheim Schlosskirche II 23

Werke der Firma E. F. Walcker & Cie.

Jahr Opus Ort Kirche Bild Manuale Register Bemerkungen
1879 363 Blieskastel Präparandenschule Blieskastel, heute kath. Teil Stiftskirche (Neustadt an der Weinstraße) I/P 6 Im Originalzustand erhalten, verblendet mit Barockprospekt von Franz Ignaz Seuffert[4]
1884 Riga Dom zu Riga Dome Cathedral Pipe Organ Riga.jpg IV/P 124
1886 471 Oberstenfeld Stiftskirche Oberstenfeld II/P 21
1887 509 Horgenzell-Wilhelmskirch Pfarrkirche St. Johannes Baptist Wilhelmskirch Pfarrkirche Orgel 2.jpg II/P 11 erhalten, 1964 von Orgelbau Reiser umgebaut
1893 638 Lübeck Lübecker Dom III/P 64 1942 zerstört
1895 732 Rom Petersdom II/P 20
Hauptartikel: Orgel des Petersdomes
2 Stentorstimmen, 1953–1962 von Tamburini umgebaut.
1897 Straßburg Paulskirche, Hauptorgel Strasbourg StPaul16.JPG
1898 Straßburg Saint-Pierre-le-Vieux protestant, Hauptorgel StPierreVieuxP03.JPG
1901 Heidelberg-Weststadt Christuskirche III/P 41 klingende Register Restaurierung 2009/2010
1902 Herne Evangelische Hauptkirche (heute: Kreuzkirche) II/P 34
1903 1112 Krefeld Lutherkirche Walcker1112.jpg II/P 30 2009/10 restauriert; Rückführung in den Urzustand von 1904.[5]
1904 1146 Ulm St. Georg Ulm St Georg Orgel.jpg 47 2004 Restauriert durch Kuhn, Maennedorf CH.[6]
1905 1190 Antwerpen ev. Kirche „De Brabantse Olijfberg“ [7] 1984 restauriert durch Kaat en Tijhuis (Kampen, Niederlande)
1906 Berlin-Moabit Heilige-Geist-Kirche Orgel der Heilig-Geist-Kirche Berlin-Moabit.jpg 41 2006 Restauriert durch Michael Mauch, Stuttgart
1906 Bad Nauheim Dankeskirche (Bad Nauheim) Umgebaut 1965. Debei wurde das Fernwerk stillgelegt. Am 15. Oktober 2011 wurde dieses wieder in Betrieb genommen.
1907 1371 Eupen Belgien ev. Friedenskirche 2005 restauriert [8]
1908 Barcelona Palau de la Música Catalana Palau de la Musica Catalana - interior 1.jpg 2003 restauriert
1909 Dortmund St. Reinoldi Im Zweiten Weltkrieg zerstört, 1958 mit 72 Registern auf 4 Manualen und Pedal bei elektropneumatischer Traktur neu errichtet.
1910 1537 u. 5744 Lübeck St. Gertrud II/P 1980 Renovierung (ebenfalls durch Walcker, opus 5744), um ein Auxiliaire mit sechs Registern ergänzt; zusätzlich eingebaut ein neuer, beweglicher Spieltisch
1911 Ilmenau Stadtkirche St. Jakobus 65
1912 1688 Kairo-Boulaq, Gaalastr. Kirche der Deutschsprachigen Evangelischen Gemeinde in Kairo und ganz Ägypten 2011–2012 Renovierung durch Gerhard Walcker-Mayer
1912 1700 Hamburg St.-Michaelis-Kirche (Hamburg) V/P 163 1944/45 zerstört, zeitweise die größte Kirchenorgel der Welt
1913 1747 Wildervank Grote Kerk (PKN kerk) II/P 25 2001 Renovierung durch S. de Wit Orgelbau (Niederlände).
1922 2000 Cork Cathedral of St. Mary and St. Anne, Hauptorgel 62
1925 2094 Recklinghausen Städtischer Saalbau III/P 71 Ende März 1945 beschädigt, 1967 im Zuge von Umbauarbeiten im Saalbau abgebrochen.
1927 2150 Gelsenkirchen Hans-Sachs-Haus
(Profanbau)
IV/P 91 Restaurierungen 1982, 1989, 2003–2007; seit 2007 eingelagert bei Romanus Seifert.[9][10]
1928 Ulm Martin-Luther-Kirche (Ulm), Hauptorgel III/P 38 Restaurierungen 1961 und 2007–2010 durch Lenter
1932 Medellín Catedral Metropolitana de Medellín Catedral de Medellin -Organo.JPG III/P 51 Restaurierung 2009/2010
1936 2550 Nürnberg Luitpoldhalle V/P 220
1936 Hemsbach Christuskirche II/P 29
1959 Mannheim-Neckarau Matthäuskirche Matthäuskirche Orgel.jpg II/P 31
1960 Düsseldorf Apostolische Gemeinschaft Innenraum-apgem-duesseldorf-mitte.jpg II/P 15
1961 Mannheim-Friedrichsfeld Johannes-Calvin-Kirche Mannheim-Friedrichsfeld-Johannes-Calvin-Kirche.jpg II/P 24
1962 Memmingen St. Martin Orgel St-Martin 1962.JPG III/P 1998 ersetzt
1964/72 4480 & 5300 Fürth Kirche St. Paul Haupt- und Chororgel: jeweils III/P 54 & 13 1964 Hauptorgel, 1972 Chororgel. Gebaut nach Entwürfen von Walter Supper
1967–1969 5000 Ulm Ulmer Münster, Westorgel Ulm-Muenster-BlickZurEmpore-061104.jpg V/P 100
1977 Murrhardt Stadtkirche Murrhardt-stadtkirche-orgel.jpg 37 Gebaut nach einem Entwurf von Helmut Bornefeld
1995 Saarwellingen Blasiuskirche III/P 43 Verwendung eines Großteiles des Pfeifenmateriales der Vorgängerorgel von Haerpfer-Erman

Literatur

  • Pfarrei und Kirche St. Petrus und Paulus, Neuhausen a.d.F.. (Arbeitsgemeinschaft Heimatforschung, Neuhausen a.d.F.) Mit Beitr. von Markus Dewald, Markus Grohmann, Maria E. Gründig, Wolfgang Zoll. Neuhausen a.d.F.: 1997.
  • Orgeln in Württemberg, hrsg. v. Helmut Völkl, Neuhausen-Stuttgart 1986, ISBN 3-7751-1090-9
  • Orgelwissenschaft und Orgelpraxis: Festschrift zum 200jährigen Bestehen des Hauses Walcker. Hrsg. von Hans Heinrich Eggebrecht. (Walcker-Stiftung für Orgelwissenschaftliche Forschung). Murrhardt-Hausen: Musikwiss. Verl.-Ges., 1980.
  • Johannes Fischer: Das Orgelbauergeschlecht Walcker in Ludwigsburg. Kassel u.a.: Bärenreiter 1966.
  • Ferdinand Moosmann und Rudi Schäfer: Eberhard Friedrich Walcker, 1794–1872. Musikwissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Kleinbittersdorf 1994, ISBN 3-920670-34-5.

Weblinks

 Commons: Eberhard Friedrich Walcker – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Commons: E. F. Walcker & Cie. – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Adreßbuch von Ludwigsburg 1914
  2. nach Abschnitt Geschichte bei walcker.at
  3. Volker Keller: Die ehemalige Hauptsynagoge in Mannheim, in: Stadtverwaltung Mannheim, Gesellschaft der Freunde Mannheims u. d. ehemaligen Kurpfalz (Hrsg.): Mannheimer Hefte, 1982, Heft 1. Mannheim 1982.
  4. Webseite im Walcker-Portal zur Neustadter Orgel
  5. Disposition: http://www.walcker-orgel-krefeld.de/
  6. Disposition
  7. Beschreibung und Disposition, Protestantse Kerk Antwerpen
  8. Beschreibung der Orgel Friedenskirche in Eupen
  9. Die Konzertorgel im Musiksaal des Hans-Sachs-Hauses, aus: Festschrift zur Eröffnung des Hans-Sachs-Hauses, 1927
  10. Opus 2150, Disposition u.a. Details

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