Burschi-Reader

Burschi-Reader

Burschi-Reader (auch Burschireader, Burschenschafts-Reader oder Verbindungsreader) sind antikorporative[1], Studentenverbindungen kritisch und ablehnend thematisierende Publikationen. Die Bezeichnung Burschi-Reader setzt sich aus den Bestandteilen „Burschi“, einem Dysphemismus für Verbindungsstudenten, der sich von der Verbindungsart der Burschenschaften ableitet, und dem englischen Wort „reader“ zusammen.

Inhaltsverzeichnis

Herausgeber und Ziel der Publikationen

Seit etwa 1968 geben Asten Flyer und ähnliches Informationsmaterial über Studentenverbindungen heraus.[2] Als Herausgeber von Burschi-Readern treten zumeist hochschulpolitische Gruppierungen auf, die den Sozialdemokraten, den Grünen, alternativen oder undogmatischen Gruppen nahe stehen, linke Organisationen und solche, die sich selbst als antifaschistisch charakterisieren.

Der „freie zusammenschluss von studentInnenschaften“ (fzs) plante nach eigenen Angaben die Herausgabe eines eigenen überregionalen Verbindungsreaders für Juli 2009.[3]

Inhalte

Hauptinhalte der Reader sind Vorwürfe gegen studentische Verbindungen wie politisches Versagen eines Großteils der Verbindungen in der Weimarer Republik und im nachfolgenden Dritten Reich, politisch rechte Positionen und rechtsextreme Vorfälle bei Burschenschaften sowie mangelnde Abgrenzung von verfassungsfeindlichen Verbindungen, Frauenfeindlichkeit durch weitgehenden Ausschluss von weiblichen Mitgliedern im Männerbund, die als gewalttätig gewertete Praxis der Mensur, unverhältnismäßiger Alkoholgenuss im Rahmen traditioneller Sitten und Gebräuche und inadäquates Verhältnis zu Homosexualität und Kriegsdienstverweigerung. Weiter wird im Burschi-Reader die Vermittlung eines vermeintlich überkommenen und reaktionären Gesellschaftsbildes und ein elitäres Selbstverständnis gepaart mit Netzwerkbildung kritisiert.

Rechtliche Situation

Allgemeinen Studierendenausschüssen sind bei der Erstellung korporationskritischer Druckerzeugnisse rechtliche Grenzen gesetzt. Der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen formulierte zu seiner Entscheidung am 8. Juli 1999 den Leitsatz: „Nimmt ein AStA in einem von ihm herausgegebenen oder zu verantwortenden Druckerzeugnis zu studentischen Verbindungen kritisch Stellung, muss er der angegriffenen Gruppierung die Möglichkeit zu gleichwertiger Gegenäußerung bieten.“[4]

In der Entscheidungsbegründung wird auf ein Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichtes vom 13. Dezember 1979 verwiesen, demzufolge es einem AStA verwehrt sei, „einen allgemeinpolitischen Meinungskampf zu führen oder sonstige politische Forderungen ohne konkreten studien- oder hochschultypischen Inhalt in die Hochschule hineinzutragen“. Meinungsäußerungen von seiten eines AStA gegen studentische Verbindungen seien prinzipiell zulässig, solange es dabei nicht zu Diffamierungen komme. Allerdings dürfe in „Druckerzeugnissen kein einseitiger Meinungskampf“ geführt werden. Wenn ein AStA gegen Studentenverbindungen Stellung beziehe, müsse „diesen die Möglichkeit eingeräumt werden, ihren Gegenstandpunkt darzulegen.“[4]

Kritik an den Burschi-Readern

Die Kritik an den Burschi-Readern stammt vor allem aus den in ihnen kritisierten Verbindungskreisen. Diese richtet sich vornehmlich gegen mangelnde eigene Recherche und Verallgemeinerung von Einzelerscheinungen seitens der Verfasser.[5] So sei es nach Meinung der Kritiker z. B. unzulässig, angesichts der großen Anzahl und Heterogenität von Studentenverbindungen die wenigen im Verdacht des Rechtsextremismus stehenden und vom Verfassungsschutz beobachteten Verbindungen dazu zu benutzen, alle Verbindungen als extremistisch zu behandeln. Die meisten in den Readern aufgestellten Behauptungen bezüglich der Sitten und Gebräuche der Verbindungen seien in der Sache grob falsch oder veraltet.

Einzelnachweise

  1. Hans Georg Balder: Geschichte der Deutschen Burschenschaft. WJK-Verlag, 2006. S. 518.
  2. Die Welt: „Ehre, Freiheit, Vaterland“ oder das Ende eines Prinzips (8. September 1999)
  3. Unterlagen zur 36. Mitgliederversammlung des freien zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) e.V. vom 27. Februar – 1. März 2009 in Bielefeld. S. 17.
  4. a b Beschluss des OVwG Bremen vom 8. Juli 1999. NVwZ 2000, S. 342–344
  5. Stefan Hug: Kritik der Korporationskritik – Eine ideologiekritische Annäherung. In: GDS-Archiv 7, SH-Verlag, Köln 2004. ISBN 3-89498-151-2. S. 71 f.

Weblinks

Burschi-Reader online:


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