Männerbund

Männerbund

Der Begriff Männerbund wurde 1902 von dem Volkskundler Heinrich Schurtz geprägt, um die Inititiationsrituale in Ostafrika zu beschreiben. Im wilhelminischen Deutschland wurde dieser Begriff von zahlreichen Vertretern der Jugendbewegung aufgegriffen und mit neuem Inhalt gefüllt (besonders von Hans Blüher).

Männerbündlerisches Verhalten gilt seit Georges Dumézil als typisches Merkmal der Kultur der indogermanischen Völker.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Ein Männerbund ist eine Schwurgemeinschaft von Männern, die ein bestimmtes gemeinsames Ziel haben. Das Miteinander in einem Männerbund wird durch bestimmte feste Rituale und Regeln bestimmt, oft gibt es eine hierarchische Ordnung. Die Zugehörigkeit zum Männerbund wird häufig durch äußerliche Erkennungsmerkmale angezeigt (z.B. Symbole, bestimmte Kleidung, Haartracht, Tätowierungen). Frauen sind aus Männerbünden generell ausgeschlossen. Zudem wurden Männerbünde als gesellschaftserhaltend gedacht. Sie sollten eine wichtige Funktion innerhalb der Elite einnehmen und selber zumindest Teil dieser sein. Im Allgemeinen traten Gruppen, die sich selber im Rückgriff auf Blüher und Schurtz als Männerbund bezeichneten, über längere Zeit nur in Deutschland und Österreich auf.

In der Geschichte gab es ungezählte Gruppen, die bei Schurtz und in seiner Nachfolge als Männerbünde bezeichnet wurden. Meist waren die Priesterschaften und Kriegergruppen (z.B. Drushina, Jomswikinger, Templer und andere Ritterorden), die meisten Studentenverbindungen wie Burschenschaften und Corps zählen auch dazu, oft waren auch Händlergemeinschaften (z.B. Hanse) männerbündlerisch organisiert. Es wird allerdings die Frage gestellt, ob diese Bünde wirklich Männerbünde im Sinne der ethnologischen Theorie Schurtz' sind, oder homosoziale Gruppen.

Männerbünde im Islam

Sir Richard Francis Burton stellte fest, dass die Derwischorden innerhalb des Sufismus (siehe auch: Derwisch) „der östliche Elternteil der Freimaurerei“ sei.[1] Die heute nicht mehr bestehenden Futuwwa-Bünde können als ein Verbindungsglied zu den Derwischorden gesehen werden. Das Wort 'fituw(w)a' (bekannt seit dem 9. Jahrhundert) ist von 'fityan' (Sing. 'fata'; im Islam z. B. auf den jugendlichen Abraham angewendet) abgeleitet, welches in der vorislamischen arabischen Welt der Begriff für Jünglinge, die, ungeachtet ihrer sozialen oder religiösen Zugehörigkeit, Mannestugenden, wie Frömmigkeit, Selbstzucht, Großmut, Freigiebigkeit, Gastfreundschaft, verkörperten. An Nasir trat, wie viele andere Fürsten auch, dieser mystischen Futuwwa-Bewegung ebenfalls bei, und verhalf ihnen zu größerem Ansehen, bis Bagdad von dem Mongolen-Khan Hülägü erobert und gebrandschatzt wurde. Geschichtlich bei den Futuwwa-Bünden ist die sogenannte Hiramlegende, die auch im Dritten Grad der Freimaurerei auftaucht, belegt, wobei anstelle Hirams Ali „der Kalif“ auftritt, welcher von einigen Charidschiten erschlagen wurde, und was eine Reflexion eines historischen Ereignisses ist und Schlüsselpunkt des Rituals der ismailitischen Bruderschaften.[2]

Der älteste nachweisbare Zweig der islamischen Männerbünde ist die 'al-Banna', der Orden der Baumeister.[F 1] Der Gründer des 'al-Banna'-Ordens, der im Umfeld der Sunniten entstand, war Maaruf Karkhi († 815), welcher von seinen Angehörigen als König Salomon verehrt wurde. Maulana Karkhi war Schüler von Maulana Daud (David) Ibn Tai († 781), der wiederum ein Schüler des Abu Hanifa an-Nu'man ibn Thabit (699-767), welcher der Gründer der hanifitischen Rechtsschule des sunnitischen Islam gewesen ist. Der 'al-Banna'-Orden leitet sich von dem Bund der 'Fünfundvierzig' aus der heiligen Stadt Mekka ab, der 632 einen Brüderlichkeits- und Treueid ablegte. Schon unter dem Kalifen Abu Bakr (632–634) und Alī ibn Abī Tālib (656–661) wurden Schulungsversammlungen abgehalten, und 657 bekam der Orden unter Uways die erste Ordensverfassung. In Syrien wurden im 8. Jahrhundert die ersten Gebäude der Bewegung errichtet. Die Ideologie des 'futuwwa' wurde von der 'Ikhwan as-safe wahullan al-Wafa', den 'Brüdern der Reinheit und Freunden der Treue' philosophisch untermauert. Dieser 961/62 n. Chr. in Basra gegründete Bund wird auch 'Lautere Brüder von Basra' genannt, der u. a. auf Abu l-'Ala al-Ma'arri oder Al-Ghazali starken Einfluss hatte. Später entwickelten sich die gehobenen Stände der Zünfte (arab. 'sinf') logenähnlich und die Handwerker-Korporationen entstanden in einem Klima, das von neuplatonischen Akademien geprägt war, nachdem das arabische „Halbblut“ Alfons VI. 1085 Toledo, das „Jerusalem des Westens“ erobert hatte oder Wilhelm der Eroberer die normannische Herrschaft in England festigte, dessen Heer zu einem beträchtlichen Anteil aus Sarazenen bestand.

Nationalsozialismus

Auch nationalsozialistische Gruppen wie die SS griffen wegen angeblich indogermanischer oder arischer Männerbünde[3] auf diese Idee zurück. Einer der bekanntesten Philosophen zur NS-Zeit, Alfred Baeumler verfasste 1934 die Schrift Männerbund und Wissenschaft.

Bedeutung in Feminismus und Staatstheorie

Zudem wird seit den 1970er Jahren der Begriff Männerbund, bzw. männerbündische Gesellschaft im Feminismus benutzt, um polemisch Strukturen zu beschreiben, in denen Männer durch indirekte Ausschlussverfahren Frauen den Zugang verwehren. Dieser Begriff ist eng mit der Beschreibung der Gesellschaft als Patriarchat verbunden. Eva Kreisky (vgl. 1994, 1995) hat aber vor allem in der politikwissenschaftlichen Staatstheorie den Begriff als brauchbare, wenn auch nicht unproblematische Analysekategorie geprägt. So arbeitet sie die im Staatsapparat historisch eingeschriebene „Männlichkeit als System“ heraus, die nicht als eine verschworene Gemeinschaft zu verstehen sei, sondern als die diskursiv festgeschriebene Hegemonie der (strukturellen) Männlichkeit.[4]

Literatur

  • Helmut Blazek: Männerbünde, Aufbau, Berlin 2001
  • Ulrike Brunotte: Zwischen Eros und Krieg. Männerbund und Ritual in der Moderne, Berlin: Wagenbach, 2004
  • Claudia Bruns: Politik des Eros : der Männerbund in Wissenschaft, Politik und Jugendkultur (1880 - 1934), Köln [u.a.] : Böhlau, 2008
  • Doris Doppler: Männerbund Management. Geschlechtsspezifische Ungleichheit im Spiegel soziobiologischer, psychologischer, soziologischer und ethnologischer Konzepte. München [u.a.] : Hampp, 2005
  • Georges Dumézil: Aspekte der Kriegerfunktion bei den Indogermanen, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1964
  • David Gilmore: Mythos Mann. Wie Männer gemacht werden. München 1993.
  • Dietrich Heither: Verbündete Männer. PapyRossa, Köln 2000
  • Kris Kershaw: Odin - Der einäugige Gott und die indogermanischen Männerbünde. ISBN 3935581386
  • Hans G. Kippenberg: Die Entdeckung der Religionsgeschichte. Religionswissenschaft und Moderne. München 1997
  • Eva Kreisky: Das ewig Männerbündische? Zur Standardform von Staat und Politik, in: Leggewie, Claus (Hg.): Wozu Politikwissenschaft? Über das Neue in der Politik, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
  • Jürgen Reulecke: "Ich möchte einer werden, so wie die ...". Männerbünde im 20. Jahrhundert, Frankfurt / New York 2001
  • Bernfried Schlerath: Georges Dumézil und die Rekonstruktion der Indogermanischen Kultur. Kratylos 40, 41, 1996, 1-48, 1-67
  • Heinrich Schurtz: Altersklassen und Männerbünde. 1902.
  • Klaus Theweleit: Männerphantasien, 2 Bd., Stroemfeld 1977 und 1978, Neuauflage, Piper Verlag, 2000
  • G. Vögler, Karin v. Welck (Hrsg.): Männerbande, Männerbünde: Zur Rolle des Mannes im Kulturvergleich. Köln: Rautenstrauch-Joset-Museum. Band 1 und 2
  • Karlheinz Weißmann: Männerbund. ISBN 3935063202

Einzelnachweise

  1. Idris Shah: Die Sufis. Botschaft der Derwische, Weisheit der Magier. 11. Auflage 2000, Kreuzlingen/München, Hugendubel (Diederichs Gelbe Reihe)
  2. Muhammad S. Abdullah: Freimaurerische Spuren im Islam, in: Quatuor Coronati, Jahrbuch 1980, Nr. 17; S. 117-135
  3. Stig Wikander: Der arische Männerbund. (1938)
  4. Birgit Sauer: Staat, Demokratie und Geschlecht - aktuelle Debatten. In: gender...politik..., 2003 [1]

Fußnoten

  1. Der arabische Begriff für Maurer lautet ebenfalls banna.

Siehe auch


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