A4 (Gruppe)

A4 (Gruppe)

Die A4 (alternierende Gruppe 4. Grades) ist eine bestimmte 12-elementige Gruppe, die im mathematischen Teilgebiet der Gruppentheorie untersucht wird. Sie steht in enger Beziehung zur symmetrischen Gruppe S4, es handelt sich bei der A4 um die Untergruppe, die aus allen geraden Permutationen besteht. Geometrisch entsteht die A4 als Gruppe der Drehungen des regelmäßigen Tetraeders auf sich.

Inhaltsverzeichnis

Geometrische Einführung

Die Drehungen c und d4 des Tetraeders

Betrachtet man die Drehungen, die ein regelmäßiges Tetraeder in sich selbst überführen, so findet man 12 Möglichkeiten:[1]

  • die Identität e,
  • drei Drehungen um 180° um Achsen, die durch die Mittelpunkte zweier gegenüberliegender Kanten verlaufen,
  • vier Drehungen um 120° um Höhen des Tetraeders,
  • vier Drehungen um 240° um Höhen des Tetraeders.

Spiegelungen werden hier nicht betrachtet. Für die Drehungen wählen wir die folgenden Bezeichnungen:

  • a ist die Drehung um 180° um die Gerade, die durch die Mittelpunkte der Kanten 12 und 34 läuft (1,2,3 und 4 bezeichnen Tetraederecken wie in nebenstehender Zeichnung).
  • b ist die Drehung um 180° um die Gerade, die durch die Mittelpunkte der Kanten 13 und 24 läuft.
  • c ist die Drehung um 180° um die Gerade, die durch die Mittelpunkte der Kanten 14 und 23 läuft.
  • di sei die Drehung um 120° um die durch die Ecke i verlaufende Höhe, und zwar im positiven Drehsinn (das heißt im Gegenuhrzeigersinn) von der durchstoßenen Ecke aus gesehen.
  • d_i^2 sei die Drehung um 240° um die durch die Ecke i verlaufende Höhe, ebenfalls mit dem oben angegebenen Drehsinn.

Diese Drehungen lassen sich durch Hintereinanderausführung kombinieren, wodurch man wieder eine Drehung aus obiger Liste erhält. Man schreibt einfach zwei Drehungen (oft ohne Verknüpfungszeichen, oder mit \cdot oder \circ) nebeneinander und meint damit, dass zuerst die rechtsstehende und dann die linksstehende Drehung auszuführen ist. Die Schreibweise d_i^2 macht bereits deutlich, dass die Drehung um 240° gleich der zweifachen Hintereinanderausführung der Drehung um 120° ist.

Man erhält auf diese Weise die 12-elementige Gruppe A_4 = \left\{e, a, b, c, d_1, d_1^2, d_2, d_2^2, d_3, d_3^2, d_4, d_4^2\right\} aller Drehungen des regelmäßigen Tetraeders auf sich.

Trägt man alle so gebildeten Verknüpfungen in eine Verknüpfungstafel ein, so erhält man

\,\cdot \,e \,a \,b \,c \,d_1 \,d_1^2 \,d_2 \,d_2^2 \,d_3 \,d_3^2 \,d_4 \,d_4^2
\,e \,e \,a \,b \,c \,d_1 \,d_1^2 \,d_2 \,d_2^2 \,d_3 \,d_3^2 \,d_4 \,d_4^2
\,a \,a \,e \,c \,b \,d_4 \,d_3^2 \,d_3 \,d_4^2 \,d_2 \,d_1^2 \,d_1 \,d_2^2
\,b \,b \,c \,e \,a \,d_2 \,d_4^2 \,d_1 \,d_3^2 \,d_4 \,d_2^2 \,d_3 \,d_1^2
\,c \,c \,b \,a \,e \,d_3 \,d_2^2 \,d_4 \,d_1^2 \,d_1 \,d_4^2 \,d_2 \,d_3^2
\,d_1 \,d_1 \,d_3 \,d_4 \,d_2 \,d_1^2 \,e \,d_3^2 \,b \,d_4^2 \,c \,d_2^2 \,a
\,d_1^2 \,d_1^2 \,d_4^2 \,d_2^2 \,d_3^2 \,e \,d_1 \,c \,d_4 \,a \,d_2 \,b \,d_3
\,d_2 \,d_2 \,d_4 \,d_3 \,d_1 \,d_4^2 \,b \,d_2^2 \,e \,d_1^2 \,a \,d_3^2 \,c
\,d_2^2 \,d_2^2 \,d_3^2 \,d_1^2 \,d_4^2 \,c \,d_3 \,e \,d_2 \,b \,d_4 \,a \,d_1
\,d_3 \,d_3 \,d_1 \,d_2 \,d_4 \,d_2^2 \,c \,d_4^2 \,a \,d_3^2 \,e \,d_1^2 \,b
\,d_3^2 \,d_3^2 \,d_2^2 \,d_4^2 \,d_1^2 \,a \,d_4 \,b \,d_1 \,e \,d_3 \,c \,d_2
\,d_4 \,d_4 \,d_2 \,d_1 \,d_3 \,d_3^2 \,a \,d_1^2 \,c \,d_2^2 \,b \,d_4^2 \,e
\,d_4^2 \,d_4^2 \,d_1^2 \,d_3^2 \,d_2^2 \,b \,d_2 \,a \,d_3 \,c \,d_1 \,e \,d_4

Die A4 als Permutationsgruppe

Die oben beschriebenen Drehungen sind bereits dadurch festgelegt, wie die mit 1,2,3 und 4 bezeichneten Ecken aufeinander abgebildet werden. Jedes Element der A4 kann daher als Permutation der Menge {1,2,3,4} aufgefasst werden. Verwendet man die übliche Matrixschreibweise und die Zyklendarstellung, so erhält man:


  \begin{array}{rccclc}
    e &=& \begin{pmatrix} 1 & 2 & 3 & 4 \\ 1 & 2 & 3 & 4 \end{pmatrix} &=& (1)&\mathrm{ord}(e)=1\\ \\
    a &=& \begin{pmatrix} 1 & 2 & 3 & 4 \\ 2 & 1 & 4 & 3 \end{pmatrix} &=& (1~2)(3~4)&\mathrm{ord}(a)=2\\ \\
    b &=& \begin{pmatrix} 1 & 2 & 3 & 4 \\ 3 & 4 & 1 & 2 \end{pmatrix} &=& (1~3)(2~4)&\mathrm{ord}(b)=2\\ \\
    c &=& \begin{pmatrix} 1 & 2 & 3 & 4 \\ 4 & 3 & 2 & 1 \end{pmatrix} &=& (1~4)(2~3)&\mathrm{ord}(c)=2\\ \\
    d_1 &=& \begin{pmatrix} 1 & 2 & 3 & 4 \\ 1 & 4 & 2 & 3 \end{pmatrix} &=& (2~4~3)=(2~4)(4~3)&\mathrm{ord}(d_1)=3\\ \\
    d_1^2 &=& \begin{pmatrix} 1 & 2 & 3 & 4 \\ 1 & 3 & 4 & 2 \end{pmatrix} &=& (2~3~4)=(2~3)(3~4)&\mathrm{ord}(d_1^2)=3\\ \\
    d_2 &=& \begin{pmatrix} 1 & 2 & 3 & 4 \\ 3 & 2 & 4 & 1 \end{pmatrix} &=& (1~3~4)=(1~3)(3~4)&\mathrm{ord}(d_2)=3\\ \\
    d_2^2 &=& \begin{pmatrix} 1 & 2 & 3 & 4 \\ 4 & 2 & 1 & 3 \end{pmatrix} &=& (1~4~3)=(1~4)(4~3)&\mathrm{ord}(d_2^2)=3\\ \\
    d_3 &=& \begin{pmatrix} 1 & 2 & 3 & 4 \\ 4 & 1 & 3 & 2 \end{pmatrix} &=& (1~4~2)=(1~4)(4~2)&\mathrm{ord}(d_3)=3\\ \\
    d_3^2 &=& \begin{pmatrix} 1 & 2 & 3 & 4 \\ 2 & 4& 3& 1 \end{pmatrix} &=& (1~2~4)=(1~2)(2~4)&\mathrm{ord}(d_3^2)=3\\ \\
    d_4 &=& \begin{pmatrix} 1 & 2 & 3 & 4\\ 2 & 3 & 1 & 4 \end{pmatrix} &=& (1~2~3)=(1~2)(2~3)&\mathrm{ord}(d_4)=3\\ \\
    d_4^2 &=& \begin{pmatrix} 1 & 2 & 3 & 4 \\ 3 & 1 & 2 & 4 \end{pmatrix} &=& (1~3~2)=(1~3)(3~2)&\mathrm{ord}(d_4^2)=3
  \end{array}

Man sieht hier mit einem Blick, dass jedes Element der A4 als ein Produkt aus einer geraden Anzahl von Transpositionen (= Zweierpermutationen) geschrieben werden kann. Die zugehörigen Permutationen nennt man ebenfalls gerade, das heißt die A4 besteht genau aus den geraden Permutationen der Menge {1,2,3,4}. Damit tritt die A4 als Kern der Signum-Abbildung: S_4\rightarrow \{-1,1\} auf, wobei S4 die symmetrische Gruppe vierten Grades ist.

Eigenschaften

Untergruppen

Die Untergruppen der A4

Sämtliche Untergruppen der A4[2] sind in nebenstehender Zeichnung angegeben.

V: = {e,a,b,c} ist zur Kleinschen Vierergruppe isomorph. Gemäß dem Satz von Lagrange teilt die Ordnung einer jeden Untergruppe die Gruppenordnung, in diesem Falle 12. Umgekehrt muss es aber nicht zu jedem Teiler der Gruppenordnung eine Untergruppe dieser Ordnung geben. Die A4 ist ein Beispiel für dieses Phänomen, denn sie hat keine Untergruppe der Ordnung 6.

Normalteiler, Auflösbarkeit

Die A4 ist nicht abelsch, aber auflösbar, wie die Reihe

 \{e\} \vartriangleleft \{e,a\} \vartriangleleft V
 \vartriangleleft A_4

zeigt. Das Zeichen \vartriangleleft bedeutet “ist Normalteiler in”.

V ist die Kommutatorgruppe von A4,[3] insbesondere also ein Normalteiler und es gilt A_4/V \cong \Z/3\Z

Semidirektes Produkt

Da \left\{e,d_1,d_1^2\right\}\cong \Z/3\Z und V teilerfremde Gruppenordnungen haben, folgt aus dem Satz von Schur-Zassenhaus, dass die A4 zum semidirekten Produkt  V \times_\theta \Z/3\Z isomorph ist, wobei \theta: \Z/3\Z\rightarrow \mathrm{Aut}(V) die Restklasse \overline{1} \in \Z/3\Z auf den Automorphismus V\rightarrow V, \, x\mapsto d_1xd_1^{-1} abbildet.

Erzeuger und Relationen

Man kann Gruppen auch dadurch beschreiben, dass man ein Erzeugendensystem und Relationen, die die Erzeuger erfüllen müssen, angibt. Erzeuger und Relationen notiert man, durch das Zeichen | getrennt, in spitzen Klammern. Die Gruppe ist dann die von den Erzeugern erzeugte freie Gruppe modulo dem von den Relationen erzeugten Normalteiler. In diesem Sinne ist:[4]

A_4 = \left\langle\alpha,\beta\mid\alpha^3,\beta^3, \left(\alpha\beta\right)^2\right\rangle

Man sieht leicht, dass α = d1 und \beta = d_2^2 die Relationen erfüllen und dass d1 und d_2^2 die gesamte Gruppe erzeugen, was für den Beweis aber noch nicht ausreicht.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Arno Mitschka: Elemente der Gruppentheorie, Studienbücher Mathematik (1975), ISBN 3-451-16528-7, Abschnitt X, Lösung zu IV.7
  2. P. J. Pahl, R. Damrath : Mathematische Grundlagen der Ingenieurinformatik, Springer-Verlag (2000), ISBN 3-540-60501-0, Abschnitt 7.8.3. Beispiel 1
  3. K. Meyberg: Algebra, Teil I, Carl Hanser Verlag (1980), ISBN 3-446-13079-9, Beispiel 2.6.4
  4. K. Lamotke: Regular Solids and Isolated Singularities, Vieweg-Verlag (1986), ISBN 3-528-08958-X, Kapitel I §8: Generators and Relations for the Finite Subgroups of SO(3)

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