St.-Ludgerus-Kirche (Werden)

St.-Ludgerus-Kirche (Werden)

Die St.-Ludgerus-Kirche in Essen-Werden gilt als einer der bedeutendsten spätromanischen Kirchenbauten im Rheinland. Sie entstand zu Beginn des 9. Jahrhunderts als Klosterkirche der Abtei Werden und wurde im 13. Jahrhundert im romanischen Stil umgestaltet. Außerhalb des eigentlichen Kirchengebäudes befindet sich die Krypta mit dem Schrein des heiligen Ludgerus. Seit Aufhebung der Abtei ist St. Ludgerus katholische Pfarrkirche. Sie trägt seit 1983 den Titel einer Basilica minor.

St. Ludgerus von Nordwesten. Im Vordergrund die ehemalige St.-Petrus-Kirche, dahinter das Langhaus der Ludgeruskirche und der Vierungsturm

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte

Karolingisch-ottonische Zeit

Liudger, der 805 erster Bischof von Münster wurde, hatte zuvor die Abtei Werden gegründet. Zwischen 800 und 808 wurde der erste Kirchenbau errichtet. Diese zur Salvatorkirche geweihte Kirche war dreischiffig und etwa 30 m lang. Liudger bestimmte einen Platz vor dem Chor, außerhalb der Kirche, in der Nähe eines Baums („locus arboris“) als seine künftige Grabstätte. Dort wurde er auch 809 bestattet. Teile der Grabkammer sind noch vorhanden.

Die Baugeschichte der folgenden Zeit konnten auch Ausgrabungen in den 1970er Jahren nicht genau rekonstruieren. Wahrscheinlich hat Abt Altfried um 840 mit dem 875 geweihten Neubau begonnen. Dabei wurde das Grab Liudgers mit einbezogen und ausgestaltet. Die Ringkrypta, um 830/840 erbaut, besteht noch heute. Sie ist die älteste erhaltene ihrer Art im nördlichen Deutschland. An diese schloss sich eine Außenkrypta an. Weitere Veränderungen des karolingischen Baus fanden in ottonischer Zeit statt.

Vor 843 wurde neben der Abteikirche eine kleine Kirche erbaut, die um 1760 abgebrochen wurde. Über ihre Geschichte ist kaum etwas bekannt.

Die Abteikirche diente zunächst auch als Pfarrkirche. Zu Beginn des 10. Jahrhunderts wurde unmittelbar westlich an die bestehende Abteikirche eine Eigenkirche als Pfarrkirche angebaut. Diese ursprünglich als Zentralbau ausgeführte Kirche wurde 943 als Marienkirche („turrim sanctae Mariae“) geweiht. Neben den Pfarrgottesdiensten fanden dort auch die Sitzungen des Sendgerichts statt. Diesem Gebäudeteil in Form eines Westwerkes vorgelagert war eine Vorhalle („Paradies“), die ihm 11./12. Jahrhundert hinzugefügt wurde. Teile davon sind noch vorhanden. Dort fand das Sendgericht seinen Platz und diente auch für andere eher weltliche Angelegenheiten. Die Pfarrkirche wechselte im 14. Jahrhundert das Patrozinium und ist seither dem Apostel Petrus geweiht. Das Westwerk entsprach im Grundsatz dem von Corvey. Der Bau in Werden wurde seinerseits Vorbild für St. Pantaleon in Köln.

Krypta

Die Außenkrypta der Abteikirche wurde unter Abt Gero abgebrochen und neu errichtet. In der Krypta sind die Liudgeriden Hildegrim, Gerfried, Thiatgrim und Altfried bestattet. Der Neubau wurde von Erzbischof Anno II. 1159 geweiht. Bei der Krypta handelt es sich um eine freistehende dreischiffige neunjochige Gewölbehalle mit romanischem Kreuzgewölbe. Bemerkenswert sind die reich ornamentierten Kapitelle. Die Krypta stürzte kurz nach dem Bauabschlusss ein und wurde danach erneuert. Weitere Restaurierungen folgten im 18. und 19. Jahrhundert. Die Krypta wurde 1984 umgestaltet.

Romanischer Bau

Blick in das Kirchenschiff auf den Hochaltar

Im Jahr 1256 brannte die Abteikirche zwischen Peterskirche und Krypta ab, danach wurde die Kirche grundlegend als dreischiffige Emporenbasilika mit einem östlichen Querschiff im romanischen Stil umgestaltet. Eines der maßgebenden Vorbilder war St. Quirin in Neuss. Der Bau in Werden gilt als letzter bedeutender romanischer Bau im Rheinland. Der Bau des Kölner Doms wurde zur selben Zeit bereits im gotischen Stil begonnen. Geweiht wurde der Neubau 1275 von Albertus Magnus.

Prägend ist der große Vierungsturm, der sich auch bei anderen rheinischen Kirchenbauten der Romanik findet. Dieser als achtseitige Laterne ausgeführte Turm stand am Übergang zur Gotik und prägt nach außen zusammen mit der turmartigen Marienkirche den äußeren Gesamteindruck.

Die Breite des Langhauses entsprach dem Vorgängerbau. Die Seitenschiffe wurden etwas verbreitert. Der Innenraum mit Kreuzrippengewölbe wurde von zwei auf vier Joche vergrößert. In das Mittelschiff einbezogen, wurde das Mittelschiff der Peterskirche. Zur Beleuchtung wurde im Westen der Peterskirche ein großen gotisches Fenster in die bislang fensterlose Westfassade gebrochen.

Insgesamt wies das Mittelschiff der beiden vereinigten Kirchen nunmehr sieben Joche auf. Die Seitenschiffe des Mittelschiffs und des Chores im Bereich der früheren Abteikirche sind zweigeschossig. Im Emporengeschoss existieren Blendarkaden mit Spitzbögen. Im Mittelschiff existieren als Obergadenbeleuchtung Rosettenfenster. Im 13. Jahrhundert wurde ein polygonaler Chor mit einem sechsteiligen Kreuzrippengewölbe hinzu gefügt.

Spätere Veränderungen

Grundriss der Kirche

In den folgenden Jahrhunderten änderte sich nichts Wesentliches am Bau und den Klosterbauten insgesamt. Ein Winkelraum im südlichen Querflügel aus dem 15. Jahrhundert sollte eine direkte Verbindung zwischen dem Altarraum der Kirche und der Abtei ermöglichen.

Erst als die Abtei im 18. Jahrhundert wieder wohlhabend wurde, kam es zu nennenswerten baulichen Veränderungen. Aus dieser Zeit stammt das repräsentative Abteigebäude. Die Abteikirche wurde im Inneren durch einen neuen Hochaltar, Chorgestühl und Seitenaltäre barock ausgestattet. Die Türme der Kirche erhielten barocke Hauben. Die bislang kleinen Emporenfenster wurden vergrößert. Im Westwerk wurde der Fußboden erhöht. An der Ostseite wurde eine halbrunde Apsis angebaut. Das Paradies wurde bis auf ein Joch abgebrochen.

In den 1840er/50er Jahren kam es aus statischen Gründen zu Sicherungsmaßnahmen. Eingreifende Restaurierungen beziehungsweise Umgestaltungen erfolgten in der Zeit zwischen 1884 und 1898. Die Fenster des Westwerkes wurden nach Vorbild des Langhauses umgestaltet und die unteren Fenster des Westwerkes zugemauert. Der Turm der ehemaligen Peterskirche wurde um ein Geschoss erhöht, um dort Glocken unterbringen zu können. An die Stelle der barocken Haube trat ein Faltdach. Die Seitenschiffe der Peterskirche wurden mit denen der Abteikirche auf eine Höhe gebracht. Die westlichen Portale wurden erneuert. Die nördlichen Portale wurden neoromanisch erneuert. Auch der Vierungsturm verlor sein barockes Dach.

Ausstattung

barocker Orgelprospekt

Zur Ausstattung gehören Reste von Wandmalereien in Seitenräumen des Westwerkes aus dem 10. Jahrhundert. Ein Löwenfries stammt aus der Zeit um 1060. Ein Portallöwe des Nordportals wurde um 1200 geschaffen. Aus dem 14. Jahrhundert stammt eine Muttergottesfigur aus Holz im nördlichen Querhausarm. Ein Vesperbild im Westwerk wird auf Anfang des 16. Jahrhunderts datiert. Hochaltar, Seitenaltäre, Kanzel und Chorgestühl stammen aus dem Barock. In der Kirche befinden sich aus unterschiedlichen Jahrhunderten die Grabmäler der Äbte.

Der eigentliche Kirchenschatz ist in einem eigenen Museum untergebracht. In der Sammlung befinden sich etwa 90 Kunstwerke. Darunter ist auch das Werdener Kruzifix. Eine Elfenbeinpyxis stammt aus dem 5./6. Jahrhundert.

Die Kirche erhielt 1982 eine moderne Konzertorgel. Dabei wurde der barocke Orgelprospekt beibehalten und teilweise im alten Stil erweitert.

Das Geläut stammt im Wesentlichen aus dem Jahr 1909. Integriert wurden dabei zwei Glocken aus den Jahren 1500 und 1643. Diese beiden alten Glocken wurden während des Zweiten Weltkriegs beschädigt und waren danach nicht mehr benutzbar. Sie befinden sich im Diözesanmuseum in Köln.

Nach der Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die Kirche gänzlich Pfarrkirche. Die Kirche ist ein Patronatsbau des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Baulastverpflichtungen des Landes liegen bei hundert Prozent. Im Jahr 1960 wurde St. Ludgerus Propsteikirche. Papst Johannes Paul II. erhob sie 1983 zur Basilica minor.

Literatur

  • Ernst Zinn: Die ehemalige Abteikirche in Essen-Werden. Baugeschichte und Bauverpflichtungen. In: Patronatsbauten. Dokumentation der Baudenkmäler in Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf, 1991 S.9-20
  • Ehemalige Abteikirche Essen-Werden. In: Patronatsbauten. Dokumentation der Baudenkmäler in Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf, 1991 S.129-133

Weblinks

 Commons: St. Ludgerus Werden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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