Archtop

Archtop
Der Korpus einer Archtop-Gitarre der Firma Epiphone aus dem Jahr 1945

Archtop (auch Arched Top; englisch für „gewölbte Decke“) ist ein Fachbegriff aus dem Musikinstrumentenbau für eine Konstruktionsform von Zupfinstrumenten aus der Familie der Lauteninstrumente. Er bezeichnet dort nach verschiedenen Methoden hergestellte konvex gewölbte Decken bei Instrumenten mit ganz oder größtenteils hohlem Korpus. Diese Konstruktionsform wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus dem Geigenbau übernommen. Seitdem wird der Begriff Archtop hauptsächlich für Gitarren mit Stahlsaiten und für Mandolinen verwendet. Bei diesen bezeichnet er nicht nur den Bauteil Instrumentendecke selbst sondern hat sich zu einem Gattungsbegriff entwickelt. Archtop-Gitarren werden umgangssprachlich häufig auch als „Jazzgitarren“ bezeichnet; im deutschsprachigen Raum ist dafür auch die Bezeichnung „Schlaggitarre“ geläufig.

Der Korpus einer Violine mit geschnitzter und gewölbter Decke

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Archtop-Bauprinzip für Saiteninstrumente geht auf eine Entwicklung von Geigenbaumeistern des 16. und 17. Jahrhunderts zurück. Diese schnitzten die Korpusbauteile Decke, Boden und Zargen aus massiven Hölzern; für die Decken wurde zumeist Fichtenholz, für Zargen und Böden Ahornholz verwendet.[1]

Gibson Archtop-Mandoline
US-Patentzeichnung für Gibson Archtop-Mandoline

Die Entwicklung von Archtop-Gitarren und -Mandolinen wird dem US-amerikanischen Instrumentenbauer Orville Gibson (1856–1918) zugeschrieben, Namensgeber für den Musikinstrumenten-Hersteller Gibson Guitar Corporation. In den 1890er-Jahren übertrug Gibson in seiner Werkstatt in Kalamazoo, Michigan, erstmals die Konstruktionsformen aus dem traditionellen Geigenbau auf Mandolinen und akustische Gitarren.[2] Gibson beabsichtigte damit, den Klang der Instrumente zu verbessern und deren Lautstärke zu steigern. Die ersten Archtop-Musikinstrumente von Gibson hatten in der Regel ein rundes oder elliptisch geformtes Schallloch, das kurz vor dem Ende des Griffbretts mittig in der gewölbten Decke platziert war. Am 1. Februar 1898 wurde Orville Gibson ein US-Patent für diese Konstruktionsform erteilt.
Um die Schwingungseigenschaften der Decke und damit den Klang der Instrumente nicht zu behindern, erhielten diese ab dem Jahr 1908 ein an die Zarge geklemmtes, frei über der Decke schwebendes Schlagbrett (Pickguard) und einen ebenfalls nur an der Zarge befestigten Saitenhalter.[3]

Die Konstruktion von Archtop-Instrumenten in der Firma Gibson wurde bedeutend weiterentwickelt, als im Jahr 1919 der Mandolinen-Virtuose, Komponist und Geigenbauer Lloyd Loar als leitender Ingenieur dem Unternehmen beitrat. Bis 1923 hatte er eine Reihe von Archtop-Mandolinen- und -Gitarrenmodellen entwickelt, die mehr als zuvor an den Geigenbau angelehnt waren. Auffälligstes Merkmal von Loars Entwicklungsarbeit sind die in die Decke eingearbeiteten Schalllöcher in f-Form; ein Design-Element das typisch für Archtop-Instrumente werden sollte. Das Flaggschiff von Lloyd Loars Modellreihe war die Gitarre Gibson L-5; ein Instrument, das in späteren Jahren oft als typischstes Archtop-Gitarrenmodell angesehen wurde. Andere Hersteller wie Epiphone und C.F. Martin übernahmen seit den 1930er-Jahren mit unterschiedlichem wirtschaftlichen Erfolg die von Gibson eingeführten Konstruktionsmerkmale.[4]

Die erste industriell in Serie hergestellte E-Gitarre war das Archtop-Modell Gibson ES-150. Bei diesem 1936 erstmals vorgestellten Modell, das äußerlich den bis dahin bekannten akustischen Archtop-Gitarren gleicht, war erstmals ein elektromagnetischer Tonabnehmer zusammen mit Reglerknöpfen direkt an die gewölbte Decke montiert.[5] In den folgenden Jahren entwickelte Gibson etliche weitere Archtop-Gitarren in seiner ES-(Electro-Spanish)-Reihe, wie zum Beispiel die Modelle ES-175 und Byrdland.

Moderne Archtop-Gitarre des Gitarrenbauers Marchione

Weitere Entwicklung erfuhr die Archtop-Gitarre im späten 20. Jahrhundert, als Gitarrenbauer wie D’Aquisto begannen, die traditionellen Bauformen des Instruments abzuwandeln. Die gewölbte Decke wurde mit anderen grundlegenden Konstruktionsmerkmalen beibehalten, jedoch experimentierten diese Hersteller mit anderen Korpus- und Cutaway-formen, mit der Form und Position der Schalllöcher sowie mit alternativen Formen der elektrischen Verstärkung.[6]

Archtop-Instrumentenhersteller

Bedeutende Hersteller von Archtop-Instrumenten sind die US-Firma Gibson (Mandolinen, Akustikgitarren und E-Gitarren) sowie (nur Gitarren) die US-Firmen Epiphone, Stromberg, D’Angelico, Gretsch und Guild.[7] Im deutschsprachigen Raum zählen die Unternehmen Höfner, Hoyer (Gitarren), Ibanez und Framus zu den bekanntesten. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Herstellern, die Archtop-Instrumente in kleinen Firmen oder als selbstständige Gitarrenbauer produzieren; solche Instrumente kommen meist nur in Kleinstauflage in den Handel oder werden als Einzelstücke angefertigt.

Literatur

  • Tony Bacon, Dave Hunter: Totally Guitar – the definitive Guide (engl.),
    Gitarrenenzyklopädie. Backbeat Books, London 2004. ISBN 1-871547-81-4
  • Carlo May: Vintage-Gitarren und ihre Geschichten. MM-Musik-Media-Verlag, Ulm 1994. ISBN 3-927954-10-1
  • Alexander Schmitz: Die Gitarre. Ellert & Richter Verlag, 1988

Einzelnachweise

  1. Alexander Schmitz: Die Gitarre, S. 101
  2. Made By Hand: The Story of Gibson Acoustic auf gibson.com (englisch)
  3. Carlo May: Vintage-Gitarren und ihre Geschichten, S. 33 f.
  4. Carlo May: Vintage-Gitarren und ihre Geschichten, S. 35
  5. Alexander Schmitz: Die Gitarre, S. 105
  6. Bacon/Hunter: Totally Guitar, S. 22 f.
  7. Bacon/Hunter: Totally Guitar, S. 20 ff.

Weblinks

 Commons: Archtop guitars – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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