- Abdullah Ibrahim
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Abdullah Ibrahim (arabisch عبد الله إبراهيم) (* 9. Oktober 1934 in Kapstadt als Adolph Johannes Brand) ist ein südafrikanischer Pianist und Komponist. Daneben spielt er auch Flöte, Saxophon und Cello. Abdullah Ibrahim gilt als Protagonist des Modern-Creative-Stils in der Jazzmusik. Bevor er seinen aktuellen Namen mit seiner Konversion zum Islam Ende der 1960er Jahre annahm, nannte er sich Dollar Brand. Seine Komposition Mannenberg galt unter dem Apartheid-Regime zeitweise als Hymne der nicht-weißen Bevölkerung Südafrikas.[1]
Inhaltsverzeichnis
Leben und Wirken
Ibrahim wuchs bei seinen Großeltern in Kensington auf, einem der schlimmsten Schwarzen-Ghettos in Kapstadt. Sein Vater wurde ermordet, ebenso einige seiner Freunde. Ruhepunkt war für ihn die „American Methodist Episcopal Church“, wo seine Mutter und Großmutter Klavier spielten.[2] Als siebenjähriger Junge lernte er Klavier spielen. 1949 wurde er professioneller Musiker, zunächst als Begleiter einer Gesangsgruppe, der Streamline Brothers; später spielte er in Gruppen wie den Tuxedo Slickers und der Willie Max Big Band. Ab 1958 leitete er mit Kippie Moeketsi ein Quartett, zu dem Johnny Gertze (Bass) und Makaya Ntshoko (Schlagzeug) gehörten. 1960 und 1961 trat er mit der um Hugh Masekela und Jonas Gwangwa zum Sextett Jazz Epistles erweiterten Band auf.[3]
1962 nahm er die Gelegenheit wahr, Südafrika zu verlassen, nachdem er mit dem Musical King Kong bei einem England-Gastspiel war; gemeinsam mit der Sängerin Sathima Bea Benjamin, die 1965 seine Frau wurde, ließ er sich zunächst in Zürich nieder. Dort trat er als Dollar Brand Trio, mit dem Bassisten Johnny Gertze und dem Schlagzeuger Makaya Ntshoko, fast zwei Jahre lang vor allem im Cafe Africana auf, wo er von Duke Ellington entdeckt wurde.
Durch Ellingtons Vermittlung konnte sein Trio eine erste Platte einspielen, Duke Ellington Presents the Dollar Brand Trio, die 1963 bei Reprise erschien, und auf wichtigen Festivals wie in Antibes auftreten. 1963 gastierte er zusammen mit Sathima Bea Benjamin in Paris; 1964/1965 tourte er durch Europa und trat unter anderem im Jazzhus Montmartre in Kopenhagen auf, bevor er in die USA ging, wo er zunächst auf dem Newport Jazz Festival 1965 auftrat, dann mit einem eigenen Trio sowie mit John Coltrane und Ornette Coleman arbeitete. Daneben fungierte der Pianist 1966 als Ellingtons Ersatzmann bei einigen Konzerten des Duke Ellington Orchestra, löste dann sein Trio auf und trat in Elvin Jones Quartett ein, wo er ein halbes Jahr blieb. In den folgenden Jahren der Dekade arbeitete er in verschiedenen Projekten, unter anderem ging er 1968 als Solist auf Tournee, spielte in den Bands von Don Cherry und im Duo mit Gato Barbieri. 1968 konvertierte er zum Islam.
Die Tanzmusik und religiöse Hymnen aus den südafrikanischen Townships zählen neben Kompositionen von Duke Ellington zu den wichtigsten Einflüssen der Werke von Abdullah Ibrahim. Der pianistisch deutlich durch Thelonious Monk und Randy Weston beeinflusste Ibrahim trat solo, im Sextett, aber auch mit großformatigen Gruppen, zu denen unter anderem Carlos Ward, Don Cherry und Johnny Dyani gehörten, auf. 1974 organisierte er – kurzzeitig in Südafrika – Aufnahmen für mehrere einflussreiche, zunächst im Untergrund vertriebene Platten von Cape Jazz-Musikern wie Basil Coetzee und Robbie Jansen, darunter auch seine Komposition „Mannenberg“ mit einem beeindruckenden Solo von Coetzee, die sich in Größenordnungen wie sonst nur Hits verkaufte und bald zu einer inoffiziellen Hymne der Anti-Apartheid-Bewegung in Südafrika wurde.[4] Bei einem späteren Aufenthalt 1976 organisierte er auch ein Jazzfestival, das die Apartheid-Gesetze des damaligen Regimes ignorierte. 1977 siedelte er in die USA über. 1982 präsentierte er in Europa seine Kalahari Liberation Opera. 1990 kehrte er nach Kapstadt zurück, wo er die südafrikanische Jazzszene maßgeblich beeinflusste. Gleichzeitig behielt er seinen Wohnsitz in New York. 1994 spielte er bei der Amtseinführung Nelson Mandelas. In Kapstadt gründete er die Akademie „M7“ zur Unterstützung der musikalischen Ausbildung junger Südafrikaner; 2006 war er Initiator des Cape Town Jazz Orchestra, einer 18-köpfigen Big Band.
Wiederholt arbeitete Ibrahim mit Big Bands und Sinfonieorchestern zusammen. Aus der Kooperation mit Daniel Schnyder, der seine Kompositionen orchestrierte, entstand 1997 die African Suite für Jazztrio und Sinfonieorchester. Er arbeitete auch mit George Gray, Buddy Tate und Max Roach zusammen. Immer wieder trat er auch mit Soloprogrammen auf, zuletzt dokumentiert auf Senzo (2008). Als Interpret ist er „ein Zauberer der Wiederholung, und hinter jedem Ton steht eine ganze Landschaft“; die Musik „strahlt Weite und Ruhe aus“ (Konrad Heidkamp).[5]
2009 erhielt Ibrahim den Aachener Innovationspreis Kunst, der mit 10.000 Euro dotiert und von der Peter und Irene Ludwig Stiftung vergeben wird.
Gemeinsame Tochter von Ibrahim und Sathima Bea Benjamin ist die New Yorker Underground-Rapperin Jean Grae; ein weiteres Kind ist der Sohn Tsakwe.
Diskografie (Auswahl)
- 1965 Round Midnight at the Montmartre
- 1969 African Piano
- 1973 African Space Program
- 1973 Sangoma
- 1974 Mannenberg: Is Where It’s Happening
- 1974 Ancient Africa
- 1976 Black Lightning
- 1977 Streams of Consciousness
- 1978 Nisa: African Violets
- 1978 Anthem For The New Nations
- 1979 Echoes from Africa
- 1979 Africa - Tears and Laughter
- 1980 African Marketplace
- 1980 Dollar Brand at Montreux
- 1981 Duke’s Memories (Live in Berlin)
- 1982 African Dawn
- 1985 Water from an Ancient Well
- 1988 Mindif
- 1989 African River
- 1990 No Fear, No Die
- 1991 Desert Flowers
- 1991 Mantra Mode
- 1993 Knysna Blue
- 1995 Yarona
- 1997 Cape Town Revisited (Live in Kapstadt)
- 1997 CapeTown Flowers
- 1998 African Suite
- 1998 Made in Southafrica Township
- 1998 Voice of Africa
- 1999 African Sun
- 2001 Ekapa Lodumo
- 2001 African Symphony
- 2002 African Magic
- 2003 Blues for a Hip King
- 2003 The Journey
- 2005 A Celebration
- 2008 Senzo - Preis der deutschen Schallplattenkritik (Bestenliste 4/2008)
Filmmusik und Dokumentarfilme
- Abdullah Ibrahim schuf 1988 mit dem Album Mindif die Filmmusik zur Rassismus-Studie Chocolat – Verbotene Sehnsucht von Claire Denis
- 1990 schuf er zu einem weiteren Film der Regisseurin Claire Denis eine atmosphärisch dichte Musik, diesmal zum Drama No Fear, No Die (Originaltitel: S'en fout la mort)
- A Brother with Perfect Timing ist ein Dokumentarfilm über Ibrahim, der 1987 gedreht wurde und 2005 auf DVD erschien.[6]
- 2004 drehte der Regisseur Ciro Cappellari die dokumentarische Hommage Abdullah Ibrahim – A Struggle for Love, wofür er 2005 den Adolf-Grimme-Preis erhielt.[7]
Weblinks
- Werke von und über Abdullah Ibrahim im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Webpräsenz
- Meine Hände sind zu groß für Bach. Ein Porträt von Maxi Sickert mit Klang-Beispielen (Die Zeit)
- portrait, CapeTown Traveller: Abdullah Ibrahim 70. Jazzzeitung. Abgerufen am 4. Januar 2011.
Literatur
- Lars Rasmussen Abdullah Ibrahim: A Discography Booktrader: Kopenhagen 1998
- Toni Hildebrandt, Abdullah Ibrahim. Grin: Regensburg 2004
Lexigraphische Einträge
- Ian Carr, Digby Fairweather, Brian Priestley: The Rough Guide to Jazz Rough Guides Ltd., London, ISBN 1843532565
- Leonard Feather, Ira Gitler: The Biographical Encyclopedia of Jazz. Oxford University Press, Oxford, New York 1999, ISBN 978-0-19-532000-8
- Wolf Kampmann (Hrsg.): Reclams Jazzlexikon. Reclam, Stuttgart 2003, ISBN 3-15-010528-5
- Martin Kunzler: Jazz-Lexikon Bd. 1. Rowohlt, Reinbek 2002, ISBN 3-499-16512-0
Einzelnachweise
- ↑ Informationen zu Mannenberg (englisch), abgerufen am 3. Juli 2010
- ↑ Maya Jaggi: Porträt (2001), The Guardian
- ↑ Die Combo war 1959 für Aufnahmen mit dem US-amerikanischen Pianisten John Mehegan gegründet worden und hatte mit Jazz Epistle Verse One das erste Jazzalbum schwarzer südafrikanischer Musiker eingespielt.
- ↑ Vgl. John E. Mason: ›Mannenberg‹: notes on the making of an icon and anthem. African Studies Quarterly 9 (4) 2007 sowie Die Aufnahme von Mannenberg
- ↑ Allahs Melodien Die Zeit, 10/2004
- ↑ http://www.cduniverse.com/productinfo.asp?pid=6846391
- ↑ Adolf-Grimme-Institut über den Film
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