Apartheid

Apartheid
„Badebereich nur für Angehörige der weißen Rasse“ – dreisprachiges Schild (englisch, afrikaans, isiZulu) am Strand der Großstadt Durban, 1989

Als Apartheid („Getrenntheit“, gebildet aus dem Afrikaans oder Niederländischen Adjektiv apart für „getrennt, einzeln, besonders, anders“; ursprünglich aus dem Lateinischen: pars = der Teil, ad partem = (nur) zu einem Teil[1], im Französischen entspr. à part de = „abseits von, ausgenommen von“, im Englischen apart = „abseits, getrennt“, auch „merkwürdig“, im Deutschen ein Analogon nur mit Partei, mit „apart“, im Sinne von reizend, attraktiv, besteht hingegen keinerlei Sprachbedeutung) wird eine Periode der institutionalisierten so genannten Rassentrennung in Südafrika bezeichnet. Sie begann bereits Anfang des 20. Jahrhunderts, hatte ihre Hochphase von den 1940er bis zu den 1980er Jahren und endete 1994 nach einer Phase der Verständigung mit einem Regierungswechsel. Heute wird der Begriff manchmal auch als Synonym für rassistische Segregation im Allgemeinen verwendet,[2] zudem wurde das Phänomen als Straftatbestand ins internationale Recht aufgenommen.

Inhaltsverzeichnis

Vorbedingungen

Regierungskabinett von Daniel François Malan 1948:
sitzend:Johannes Gerhardus Strijdom, Nicolaas Havenga, Daniel François Malan , Ernest George Jansen, Charles Robberts Swart
stehend: Albert Jacobus Stals, Paul Olivier Sauer (1898-1976), Eric Louw, Stephanus Petrus le Roux, Theophilus E. Dönges, François Christiaan Erasmus und Ben Schoeman

Bei der Entwicklung von Theorie und Praxis der Apartheid waren viele historische, gesellschaftlich-soziologische, religiöse und psychologische Faktoren wirksam. Die Relevanz und Bedeutung der einzelnen Komponenten wird von der Forschung kontrovers diskutiert. Im engeren Sinne wird nur die seit 1948 praktizierte gesetzlich verankerte Politik der Rassentrennung als Apartheid bezeichnet. In Südafrika wird der Apartheidsbegriff von offiziellen Stellen bereits für die politisch-legislativen Maßnahmen zur Rassentrennung vor 1948 verwendet, da die Grundlagen der Apartheid bereits ab 1908 schrittweise entstanden. Mit dem Wahlsieg der National Party und der sich anschließenden Regierungsbildung unter Führung von Daniel François Malan erreichte die Ideologie der Apartheid eine Dynamik hin zu einer noch strengeren und autoritären Ausprägung als die Rassentrennungspolitik vorangegangener Regierungen.[3][4] Die Geschichte der Apartheid in Südafrika wurde vor allem durch die Konflikte zwischen zugewanderten Bevölkerungsgruppen der Bantu, niederländischen Buren, Briten und später auch den Farbigen und Indischstämmigen geprägt.

Von der Ostindien-Kompanie bis zum Eingreifen der Briten

Ursprünglich war die Region südlich des Sambesi von den San besiedelt. Im 16. und 17. Jahrhundert stießen bantusprachige Gruppen aus dem Norden in deren Siedlungsgebiet und verdrängten die indigene Bevölkerung teilweise. Mitte des 15. Jahrhunderts errichteten portugiesische Seefahrer als erste Europäer kleine Niederlassungen an der Küste. 1652 gründete Jan van Riebeeck am Kap der Guten Hoffnung im Namen der Niederländischen Ostindien-Kompanie eine Station zur Versorgung von Schiffen mit Lebensmitteln, aus der in der Folge Kapstadt entstand. Die Niederländer, nach ihrer Sprache ab dem 18. Jahrhundert als Buren bekannt, betrieben Landwirtschaft und begannen mit den Einheimischen Handel zu treiben. Bei ihrem Vordringen ins Landesinnere stießen sie auf die von Norden vordrängenden Xhosa und von 1779 bis 1879 kam es zu neun Kriegen (Xhosa- oder Kap-Grenzkriege), bei denen die Xhosa den weißen Truppen unterlagen. Schließlich kam es zur Gründung der Kapkolonie. Später griffen die Briten kriegerisch ein und überlagerten die Situation mit eigenen Ansprüchen.

Calvinismus und Apartheid

Die niederländischstämmigen Buren waren durch den Calvinismus geprägt, der Johannes Calvins Prädestinationslehre weiterentwickelte. In der neo-calvinistischen Nederduitse Gereformeerde Kerk (NGK), der auch heute noch die Mehrzahl aller weißen Afrikaaner angehören, war es bis 1857 selbstverständlich, dass Weiße und Nichtweiße gemeinsam beteten und kommunizierten. Erst 1857 beschloss diese, dass Nichtweiße "ihre christlichen Privilegien in einem separaten Gebäude oder Institute genießen" sollten. Zur religiösen Legitimation der Apartheid wurden Stellen aus dem Alten Testament wie dem 5. Buch Mose Kapitel 7 und 23 (In die Versammlung des Herrn darf kein Bastard aufgenommen werden; auch in der zehnten Generation dürfen seine Nachkommen nicht in die Versammlung des Herrn aufgenommen werden. [5]) oder Josua 23, 9-13 herangezogen.[6] Mit zentralen Aussagen Calvins, für den eine Unterscheidung zwischen arm und reich, Freien und Sklaven, Frauen und Männern sowie Rassen bzw. Nationalitäten in der Kirche undenkbar war (siehe Galater 3, 26), ist eine theologische Rechtfertigung der Apartheid wie bsp. durch die NGK nicht vereinbar.[7] Wiederholt wurde in der Forschung (beispielsweise F.A. van Jaarsfeld , Edward A. Tiryakian oder T. Dunbar Moodie) ab den 1950er Jahren die Meinung vertreten, dass einige Aspekte des Calvinismus eine wichtige Rolle bei der Ausbildung des Apartheidssytems gespielt hätten. Diesen Sichtweisen wurde ab den 1980er Jahren (beispielsweise von André du Toit oder Norman Etherington) vermehrt widersprochen.[8][9]

Britische Kolonialherrschaft

Unter der britischen Herrschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts bildeten sich die ersten umfassend geplanten Apartheidsstrukturen in Südafrika heraus.

Von 1903 bis 1905 sollte die South African Native Affairs Commission (SANAC) eine gemeinsame Ethnienpolitik für alle vier südafrikanischen Provinzen (Natal, Kapkolonie, Oranje-Freistaat und Transvaal) festlegen. Die Kommission schlug die Errichtung im Sinne der in Natal herrschenden Praxis der Native Administration vor. Diese separate Zuständigkeit einer mächtigen Verwaltungsbehörde wurde ab 1958 in Form der Bantu Administration das organisatorische Zentrum im Apartheidregime.

1910 wurde die Südafrikanische Union durch den Zusammenschluss der vier Provinzen gegründet. Die Union war von Anfang an unter Kontrolle der Weißen. Schwarze wie auch Farbige und Asiaten erhielten kein Wahlrecht, obwohl es Bemühungen dieser Art durch den Missionar James Stewart gegeben hatte. Nur an den Provinzregierungen durften sie partizipieren. Des Weiteren war jeglicher sexueller Kontakt zwischen den unterschiedlichen als „Rassen“ bezeichneten Bevölkerungsgruppen verboten. Die Segregationspolitik wurde durch die weißen Machthaber mit einer wachsenden Zahl von Gesetzen untermauert.

Der Mines and Works Act legte 1911 die ungleiche Behandlung der Weißen und Schwarzen in der Wirtschaft fest. Das wohl wesentlichste Gesetz der räumlichen Trennung, der Natives Land Act, wurde 1913 in Kraft gesetzt. In der Folge durfte die schwarze Bevölkerung nur noch in den ihnen zugewiesenen Reservaten Land erwerben. Diese Areale umfassten rund 7,3 Prozent des südafrikanischen Territoriums. Zehn Jahre später vollzog der Natives Urban Areas Act die räumliche Trennung auch in städtischen Gebieten. Gegen die wachsende Ungleichheit der Bevölkerungsgruppen erklärte sich im Jahre 1923 eine interkirchliche Missionskonferenz, die sich unter der Leitung von Johannes Du Plessis mit einem diesbezüglichen Forderungspapier an die damalige Regierung Südafrikas wandte.

Weitere Einschränkungen für die nichtweiße Bevölkerung gab es in den 1930er und 1940er Jahren gesetzliche Maßnahmen. Im Jahr 1948 gewann die Nationale Partei die Parlamentswahlen. Sie blieb danach bis 1994 an der Macht.

Errichtung des Apartheidsregime

Die Afrikaner Weerstandsbeweging, eine radikale Burenorganisation, kämpfte für das Fortbestehen der Apartheid und heute für ihre Wiederherstellung

Aus dieser Tradition heraus wurde die Rassentrennung gerechtfertigt, mit Empfehlungen aus einer mit Wissenschaftlern besetzten Kommission unterstützt und schließlich mit Gesetzen und einer speziellen Behörde institutionalisiert. In den Gesetzestexten wurde die Apartheid dabei mit dem Euphemismus „Abgesonderte Entwicklung“ (afrikaans: Afsonderlike Ontwikkeling) bezeichnet.

Der Sieg der burischen Nationalisten war eng verknüpft mit dem Zweiten Weltkrieg. Unter dem zuvor amtierenden Premierminister Jan Christiaan Smuts beteiligte sich Südafrika an der Seite der Briten an militärischen Auseinandersetzungen. Die Nationalisten hingegen waren gegen eine Einmischung in das kriegerische Geschehen und sympathisierten offen mit dem deutschen nationalsozialistischen Regime. Das wahlberechtigte Volk stimmte mehrheitlich mit den Nationalisten überein.

Der Regierungswechsel stellte für viele Buren, die zuvor unter britischer Herrschaft kaum Anschluss an die führende Spitze des Landes gefunden hatten, den Ausstieg aus der Armut dar. Viele zogen in urbane Gebiete und fanden dort in der aufstrebenden Wirtschaft Arbeit. Die Nationalisten, die sich im Übrigen von den Briten abzugrenzen versuchten, lenkten nun auch die Rassenpolitik in neue Bahnen. Dabei verfolgten sie drei Ziele: Erstens wollten sie die politische Macht konsolidieren, zweitens ihre Vision der Rassenbeziehungen umsetzen und drittens sollte der Bildungsstand und wirtschaftliche Status der Buren angehoben werden.

Vor 1948 waren die Schwarzen schrittweise von der selbstbestimmten politischen Teilhabe und hohen Positionen in der Wirtschaft ausgeschlossen. Die Rassentrennung war zum Teil durch das Gesetz und zum Teil durch den inoffiziellen Brauch gegeben. Die Ordnung war jedoch nicht sehr strikt. Es gab durchaus Farbige, die neben Weißen wohnten, indische Geschäftsleute, welche im Stadtzentrum ihren Aufgaben nachgingen oder Schwarze, die außerhalb ihrer Reservate ihre Farmen bewirtschafteten.

Diese „Löcher“ in der Rassentrennung schlossen die Nationalisten mit diversen Maßnahmen. Als erstes teilten sie die ganze südafrikanische Bevölkerung in vier ethnisch differenzierte Klassen ein: Weiße, Farbige, Asiaten und Schwarze bzw. White, Coloured, Asiatic bzw. Indian und Native bzw. später Bantu oder African. [10] (Siehe auch: Bevölkerung Südafrikas). Die Zuordnung zu einer dieser Gruppen geschah nach bestimmten Kriterien. Die Interpretation der Testergebnisse lag oft im Ermessen des Versuchsleiters. Dies betraf besonders die Einteilung in Schwarze und Farbige. Es kamen dabei verschiedene Tests zum Einsatz, wie zum Beispiel, ob ein in die Haare gesteckter Stift herunterfällt, wenn der Proband den Kopf schüttelt. Fiel der Stift heraus, so galt der Proband als Farbiger, blieb der Stift stecken, galt er als Schwarzer. Dies hatte zur Folge, dass Kurzhaarfrisuren populär wurden. Ein anderer dieser Tests bestand darin, dass der Testleiter mit Kraft eine Fingerkuppe der zu testenden Person zusammendrückte. Aus der Farbe des nach dem Loslassen verfärbten – weil blutleeren – Fingernagels wurde auf die Rassenzugehörigkeit geschlossen.

Die Rassenordnung bestimmte fortan das gesamte Leben. An öffentlichen Orten war eine strikte Trennung von Weißen und Nicht-Weißen vorgeschrieben. Mischehen waren verboten. Mit dem Group Areas Act vom 13. Juni 1950 wurde die Trennung der Wohngebiete festgeschrieben. In städtischen Gebieten wurden getrennte Wohnbereiche für die verschiedenen Rassen geschaffen; die Ausbildung richtete sich ebenfalls nach der entsprechenden Rasse. Schwarze mussten außerhalb ihrer Reservate einen Pass tragen. Damit sollten in städtischen Gebieten nur jene Schwarzen geduldet werden, die dafür eine Arbeitserlaubnis vorweisen konnten. Alle übrigen Schwarzen wurden als Ausländer angesehen. Die in den Städten arbeitenden Schwarzen wurden als Gastarbeiter akzeptiert. Sie lebten überwiegend in so genannten Townships am Stadtrand. Nichtstädtische Schwarze durften sich gemäß dem Native Laws Amendment Act von 1952 ohne Genehmigung nur 72 Stunden in Städten aufhalten. Damit war die Apartheid legalistisch vollständig. Dennoch war der Lebensstandard, die Bildungsmöglichkeiten in Schulen und den wenigen für sie zugelassenen Universitäten sowie die medizinische Versorgung und somit die Lebenserwartung der Schwarzen höher als in allen anderen afrikanischen Ländern, weswegen Südafrika auch während der Apartheid mit illegaler Einwanderung aus den nördlichen Anrainerstaaten konfrontiert war.

1953 wurde der Bantu Education Act verabschiedet, der am 1. April 1955 die Kontrolle über die Bildung der Schwarzen vom Bildungsministerium auf das Native Affairs Departement übertrug. Hintergrund war es, die Afrikaner zu körperlicher Arbeit auszubilden; anstelle von Mathematik und Englisch sollte Landwirtschaft gelehrt werden. Gleichzeitig sollten alle afrikanischen Grund- und Oberschulen, die von Kirchen und Missionen betrieben wurden, von der Regierung übernommen werden, ansonsten würden diese Schulen keine staatlichen Mittel mehr als Unterstützung erhalten. Aus Protest rief der ANC zu einem einwöchigen Schulboykott aus, der am 1. April 1955 beginnen sollte. Daraufhin wurde das Gesetz dahingehend geändert, dass die Erziehung für alle gleich sein solle.

Apartheids-Gesetzgebung

Die Apartheid-Politik Südafrikas beinhaltete eine Reihe von verschiedenen Gesetzen, Verordnungen und administrativen Strukturen, welche die Regierungen weitgehende Vollmachten ermöglichten, die Benachteiligung großer Bevölkerungsgruppen durchzusetzen und die Macht der Weißen über die anderen Gruppen zu untermauern.

Erste Hälfte des 20. Jahrhunderts

Historische Flagge? Flagge Südafrikas von
1928–1994

Nach dem Ende des Zweiten Burenkriegs (Anglo-Boer-War) beauftragte der Gouverneur der Kapkolonie Lord Milner 1903 eine Kommission (South African Native Affairs Commission) mit der Untersuchung aller Lebensverhältnisse in der Eingeborenenbevölkerung von den vier "Südafrikanischen Kolonien", also in der Kapkolonie einschließlich Natal, in Transvaal sowie im Orange Free State.

Diese von 1903 bis 1905 tätige Kommission war auf Grund ihrer personellen Zusammensetzung von europäischen Interessen geprägt und stand unter der Leitung von Sir Godfrey Lagden. In der Öffentlichkeit trug die Kommission und deren Report seinen Namen.[11] Der sogenannte Lagden-Report und die aus seinen Empfehlungen folgende Gesetzgebung wird heute als Reaktion auf die Minderheitssituation der weißen Bevölkerung mit ihren fortschreitenden wirtschaftlichen Problemen interpretiert.
Der zunehmende Landbesitz (treuhänderisch oder Gewohnheitsrecht) unter der einheimischen Bevölkerung, eine damalige zentrale Frage, sollte nach den Empfehlungen des Reports so gestaltet werden, dass er von den Gebieten der weißen Bevölkerung sowohl räumlich als auch strikt rechtlich abgetrennt war. Die weiße Bevölkerung begann sich mit Landbesitz zu bevorraten. Die dadurch eintretende Landverknappung minderte den sozialen Aufstieg der schwarzen Bevölkerung durch eigene landwirtschaftliche Betätigung und hemmte auf diese Weise nicht nur deren Gesamtentwicklung sondern erzeugte eine Bevölkerungswanderung in Südafrika mit Konzentration an neuen Orten. Diese institutionelle Benachteiligung der einheimischen Bevölkerung zu Ungunsten ihrer Erwerbsgrundlagen in den Heimatgebieten schuf eine wachsende Zahl von Wanderarbeitern, die sich zunehmend in den Bergbauzentren konzentrierten oder sie in einem Abhängigkeitssystem zu Lohnarbeit auf "weißen" Farmen zwang.[11]

Mit dem Natives Land Act (Act No. 27) von 1913 wurde versucht, den Landerwerb durch die schwarze Bevölkerung außerhalb jener Gebiete zu stoppen, die von der Regierung für ihre Ansiedlung vorgesehen waren. Somit betrieb man eine Konzentration der einheimischen afrikanischen Bevölkerung in den African Reserves genannten neuen Siedlungsarealen, indem man sie dort durch Grundstückskäufe und Pachtverträge gezielt zu binden versuchte. Auf diese Weise waren die Bewohner jener Areale als niedrigentlohnter Arbeitskräftepool zu Gunsten der Farmen und den Industrien der Weißen in den Städten gesteuert verfügbar gehalten. An dieser damaligen Strukturentwicklungspolitik wird der ökonomische Charakter des Apartheidkonzeptes erkennbar. Der Natives Land Act wird demzufolge als erster legislativer Meilenstein für die gesamte Apartheidspolitik angesehen. Auf seiner Grundlage schuf man 1916 die Beaumont-Kommission (Beaumont-Commission), deren Aufgabe war, eine nähere räumliche Definition für die neuen "schwarzen" Siedlungsgebiete festzulegen. Sie erhielt ihren Namen nach William Beaumont.[12]

Der Vertreibungsprozess der schwarzen Bevölkerung aus den Städten in die African Reserves begann in Transvaal, wo die Transvaal Local Government Commission (Stallard Commission) nach der neuen Ansiedlungspolitik zielstrebig vorging. Sie argumentierte dabei mit ihrer grundsätzlichen Auffassung, wonach die Städte von der weißen Bevölkerung angelegt wurden und deshalb der schwarzen Bevölkerung darin nur ein zeitweiliger Aufenthalt erlaubt wäre.[13]

Der Native (Urban Area) Act (Act No 21) von 1923 stellt den zweiten Meilenstein in der frühen Apartheidsphase dar. Diesem Gesetz folgte 1945 in der Sache der Native (Urban Areas) Consolidation Act (Act No 25), der 1986 wiederum durch den Abolition of Influx Control Act (Act No 68) aufgehoben wurde.[14]

Im Jahr 1927 beschloss das Südafrikanische Parlament den Native Administration Act (Act No 38). Dieses Gesetz gestaltete alle Fragen der einheimischen Bevölkerung in der Weise neu, dass die Zuständigkeit von der parlamentarischen Ebene der Südafrikanischen Union in die Verantwortung der Regierung und ihre regionalen Verwaltungen verschoben wurde. Damit festigte man mittels der Gesetzgebung ein Zweiklassen-Staatsbürgerrecht, was die Grundlage für das 1951 in Kraft getretene Gesetz Bantu Authorities Act bildete, mit dem später eine Selbstverwaltung unter weißer Oberaufsicht geschaffen wurde.[15][16]

Während der weltwirtschaftlichen Depression in den 1930er Jahren verstärkte sich auf dem Gebiet der Südafrikanischen Union die Überweidung landwirtschaftlicher Flächen und es entstand eine Überbevölkerung in den betroffenen Regionen des Landes, was eine fortschreitende Bodenerosion und sinkende Nahrungsmittelproduktion verursachte. Die naturräumlichen Veränderungen nutzte man zu weiteren reglementierenden Eingriffen in den Grundstücksverkehr. Dazu beschloss das Parlament 1936 auf Empfehlung der Beaumont-Kommission den Native Trust and Land Act (Act No 18). Das Gesetz stellte eine Reaktion auf die zunehmenden Konflikte zwischen "illegalem" Landbesitz durch schwarze Farmer und den gesetzlich begünstigten weißen Farmern dar. Mittels dieser Rechtsverordnung schuf die Südafrikanische Union ein System zur Registrierung der Farmwirtschaft sowie eine Kontrolle der Viehhaltung und Zuteilung der Landverpachtung an Schwarze. Zudem verbot man für die schwarze Bevölkerung den Grundbesitz und dessen Erwerb außerhalb der angewiesenen Siedlungsgebiete. Im Jahr 1936 schränkte man mit dem Representation of Natives Act das Wahlrecht der schwarzen Bevölkerung für eine Parlamentsvertretung stark ein.

Für die administrative Umsetzung der erdachten Kontrollsysteme errichtete man eine staatliche Verwaltungsstruktur, den South African Native Trust (SANT). Mit diesem Instrument wurde in den ländlichen Arealen eine restriktive Umverteilungspolitik von Landvermögen unter Nutzung verfügbarer staatlicher Planungs- und Siedlungspolitik begonnen. In deren Folge setzte eine Vertreibung nicht registrierter Landwirte ein, sofern sie nicht offiziell auf den weißen Farmen als Arbeiter angemeldet waren. Die Enteignung eines erheblichen Teiles der dort lebenden einheimischen Bevölkerung war die beabsichtigte ökonomische Wirkung dieser parlamentarischen Reformbestrebungen. Man bezeichnete das als "Besserungsplanung" (Betterment planning) und setzte diese Vorgaben in den späten 1930er und 1940er Jahren strikt um. Das führte zu einer Ausweitung der Befugnisse von den damit befassten Regierungsbeamten, den Native Commissioners und Agricultural Officers.[17][18]

Gesetzgebung ab 1948

Bescheinigung von 1988 über die Zugehörigkeit einer Person zur Bevölkerungsgruppe White

Noch im selben Jahr ihres Sieges bei den Parlamentswahlen 1948, begann die Nationale Partei (Nasionale Party) Gesetze zu verabschieden, die die Segregation verschiedener Bevölkerungsgruppen schärfer definieren und weiter durchsetzen sollten. Mit der Verabschiedung dieser Gesetze, wurde die Rassendiskriminierung in Südafrika, die Apartheid, auf systematische Art und Weise institutionalisiert und gesetzlich festgeschrieben.

Ideologische Voraussetzung dieser Gesetzgebung, war die klare Einteilung und daraus folgende Trennung der Bevölkerung nach Zugehörigkeit zu einer „Rasse“ und zwecks Errichtung von unabhängigen Bantustaaten zu einer melderechtlichen Nationalitäteneinheit (National Unit).

Die „Apartheid-Gesetze“ wurden nach der Wahl 1948 und der anschließenden Erklärung der „Grand Apartheid“ in Kraft gesetzt. Die wichtigsten Rechtsvorschriften zur Durchsetzung der Apartheid waren folgende:[19]

1940er Jahre

Frühe 1950er Jahre

Mitte 1950er Jahre

  • Native Labour (Settlement of Disputes) Act (1953)
  • Bantu Education Act, Act No 47 (1953)
  • Reservation of Separate Amenities Act, Act No 49 (1953)
  • Natives Resettlement Act, Act No 19 (1954)
  • Group Areas Development Act, Act No 69 (1955)
  • Natives (Prohibition of Interdicts) Act, Act No 64 (1956)

Späte 1950er Jahre

  • Prisons Act, Act No 8 (1959)
  • Bantu Investment Corporation Act, Act No 34 (1959)
  • Extension of University Education Act, Act 45 (1959)
  • Promotion of Bantu Self-Government Act, Act No 46 (1959)

1960er Jahre

  • Coloured Persons Communal Reserves Act, Act No 3 (1961)
  • Preservation of Coloured Areas Act, Act No 31 (1961)
  • Urban Bantu Councils Act, Act No 79 (1961)
  • General Laws Amendment Act, Act No 37 (1963)
  • Terrorism Act, Act No 83 (1967)

1970er Jahre

  • Bantu Homelands Citizens Act (1970)
  • Internal Security Amendment Act, Act No 79 (1976)
  • Police Amendment Act, Act No 64 (1979)

Die kleine und große Apartheid

WC-Schild in Südafrika, nach Rassen getrennte Benutzung öffentlicher Toiletten
Zutritt für Hunde und Nicht-Weiße verboten: Nur für Weiße! – Der Strand sowie die Einrichtungen sind für Weiße reserviert – Die Provinzverwaltung, Schild in englisch und afrikaans am Strand von Muizenberg nahe Kapstadt 1985

Die Apartheid unterteilte sich in zwei Aspekte: die kleine Apartheid, auch Petty Apartheid genannt, und die große Apartheid oder Grand Apartheid.

Der Alltag der Nicht-Weißen wurde von der kleinen Apartheid geprägt. Sie beinhaltete die rassische Trennung im Dienstleistungsbereich wie auch etwa das Verbot des Betretens von öffentlichen Parks für Schwarze, separate Abteile in öffentlichen Verkehrsmitteln oder getrennten Schulen. Unmissverständliche Regelungen und Verbote zur Trennung wurden durch Schilder erreicht. So hatten Krankenhäuser, Postgebäude, Rathäuser, Banken und Toiletten meist zwei, durch Schilder gekennzeichnete Eingänge. Andere Lebensbereiche waren weniger klar definiert. Durch Mundpropaganda wurden Restaurants und Bars unter Nicht-Weißen genannt, in denen man nicht bedient wurde bzw. nicht erwünscht war. Manche Nicht-Weiße testeten die Grenzen der Akzeptanz durch die Weißen. Andere scheuten sich, ihren sicheren Bereich zu verlassen. Dadurch lebten sie ruhiger und wurden nicht verjagt oder von der Polizei überprüft.

Die große Apartheid bedeutet die räumliche Trennung im großen Maßstab, die eigentliche Segregations- oder Homeland-Politik. Millionen Schwarze waren gezwungen, je nach ihrer Ethnie in einem der zehn Homelands zu leben.

Über die Homeland-Politik hinaus bedeutete die gesetzlich verordnete Zugehörigkeit zu einer Rassenkategorie, entsprechend der Hautfarbe (Weiße, Schwarze, Farbige/Asiaten):

  • getrennte Wohngebiete in jeder Stadt, in jedem Dorf,
  • getrennte Schulsysteme mit unterschiedlich qualifizierten Lehrern und
  • ausschließliches Wahlrecht für Weiße.

Die Rassenkategorie wurde in die Ausweisdokumente durch Buchstabencodes, zum Beispiel -C- für Farbige (Coloureds), eingetragen.

Die Wohngebiete der weißen Bevölkerung, auch Europeans genannt, lagen durchweg in den geographisch und strukturell angenehmsten Bezirken jeder Ortschaft. Wurden die festgelegten Bereiche für die Weißen zu eng, mussten die Farbigen und Asiaten Teile ihrer Wohngebiete räumen und in neu zugewiesenen Bereichen neu bauen. Ein bekanntes Beispiel war die Räumung des District Six im Zentrum von Kapstadt und die Zwangsumsiedlung von etwa 60.000 Menschen in das etwa 30 Kilometer entfernte, sandige Khayelitsha. Die schwarze Bevölkerung war in ihrem abgelegenen Wohngebiet so weit außerhalb der Gemeinden, oft hinter natürlichen oder künstlichen Hügeln sowie Müllkippen verbannt, dass sie nicht als Teil der Gemeinde angesehen werden konnte.

Die auch inhaltlich unterschiedlichen Schulsysteme, mit jeweils abgestufter Ausstattung und Qualifikation des Lehrkörpers, waren mitverantwortlich für ungleiche Berufschancen.

Der Ausschluss aller Nicht-Weißen vom aktiven und passiven Wahlrecht wirkte bis in den kommunalen Bereich.

Um die Pfeiler der Apartheid umsetzen zu können, war ein riesiger Verwaltungsapparat notwendig. Rund vier Millionen Schwarze sollen aufgrund fehlender Aufenthaltsgenehmigungen verhaftet worden sein; allein dies forderte einen enormen administrativen Aufwand. Des Weiteren mussten Millionen Schwarze umgesiedelt werden. Rund 3,5 Millionen Schwarze mussten ihre bisherigen Wohnstätten aufgeben. Dies erfolgte nicht ohne Proteste, die zu unzähligen Verhaftungen führten. Die Regierungen zerstörten ganze Siedlungen, um so die Schwarzen zur Umsiedlung, welche auf dem Native Resettlement Act von 1952 basierte, zu zwingen.

Das 1929 gegründete South African Institute of Race Relations untersucht und dokumentiert die Entwicklung des südafrikanischen Rassismus und der institutionellen Apartheid mit vielen Einzelpublikationen und Periodika. An der Arbeit des Instituts beteiligten sich zahlreiche Apartheidskritiker.[20]

Zu den repressiven Sicherungsmaßnahmen der Apartheidsdoktrin in der südafrikanischen Innen- und Außenpolitik existierte unter dem State Security Council (Staatssicherheitsrat) ein weit verzweigtes System von Sicherheitsbehörden, die im National Security Management System (NSMS) eingebettet waren. Die einzelnen Dienststellen (Security Branches) wurden bedarfsweise bis in die Gemeindestrukturen zergliedert. Neben der Beobachtung von Antiapartheidsaktivitäten in zivilen und paramilitärischen Zusammenhängen sowie der Sammlung von diesbezüglichen Daten ergriffen diese Dienststellen auch viele operative Maßnahmen, teilweise mit Zielen einer Strategie der Spannung. Spektakuläre Fälle waren dabei beispielsweise Mordanschläge im Ausland auf prominente Aktivisten der Antiapartheidsbewegung, wie Albie Sachs oder Ruth First. Die dafür häufig in Verbindung gebrachte Struktur war die Sondereinheit C1 (Vlakplaas) unter der Führung des Offiziers Eugene de Kock.[21].

Das Justizsystem von Südafrika wurde in der Apartheidsperiode mit Handlungsmöglichkeiten versehen, die rechtsstaatlich fragwürdig sind. Beispielsweise ermöglichte eine so genannte Sobukwe-Klausel aus dem Jahre 1963 die Haftfortsetzung auf alleinige ministerielle Anordnung hin, ohne eine erneute richterliche Entscheidung einholen zu müssen. Im Jahr 1976 reaktivierte man dieses Instrument mit verschärften Möglichkeiten, wodurch auf der Grundlage des Internal Security Amendment Act, Act No 79 / 1976 die zeitlich unbegrenzte Ingewahrsamnahme (preventive detention) ohne Richterentscheidung nun nicht nur bei Häftlingen sondern auch bei jeder anderen Person möglich wurde, falls sie nach subjektiver Sicht des Justizministers eine „Gefahr“ für die Sicherheit und öffentliche Ordnung darstellten. Die Unterrichtung der Betroffenen über die Gründe ihrer Vorbeugehaft war hierbei nicht zwingend vorgeschrieben. Ein mit dem Gesetz geschaffenes Review-Committee konnte Empfehlungen auf Entlassung aus dieser Internierung aussprechen, die es aber nur in wenigen Fällen formulierte. Zur Anwendung der präventiven Ingewahrsamnahme kam es im Juli 1976 in Transvaal und im August im gesamten Staat, so dass im Oktober des selben Jahres bereits 123 Apartheidkritiker präventiv in Gefängnissen interniert waren. Einige setzte man später unter die Bannungsverfügung und andere verurteilte man auf der Basis des Terrorism Act (General Laws Amendment Act, Act No 83 / 1967) und weiterer Sicherheitsgesetze zu Haftstrafen.[22]

Zur Ausdehnung des rechtsfreien Raumes innerhalb der Apartheidspraxis nahm man mehrere einschränkende Eingriffe in die Pressefreiheit vor. Das 1959 erlassene Gefängnis-Gesetz (Prison Act, Act No 8 / 1959) und das Änderungs-Polizeigesetz (Police Amendment Act, Act No 64 / 1979) von 1979 untersagten eine unabhängige Berichterstattung, sofern sie nicht von den betroffenen Behörden selbst bestätigt wurden. Damit war eine unzensierte öffentliche Wahrnehmung des polizeilichen Handelns unmöglich geworden. Mit dem Zweiten Änderungsgesetz zum Polizeigesetz (Second Police Amendment Act) im Jahr 1980 wurde sogar jegliche Berichterstattung über die als „terroristisch“ eingestuften Handlungen verboten. Darunter fielen auch die Namen der Inhaftierten. Vorgänge von Mißhandlungen, Folter oder Mord konnten nun kaum noch von der Presse aufgegriffen werden und der ungeklärte Verbleib zahlreicher Personen nahm zu. Zugleich konnte niemand mehr den Umfang widerrechtlicher Ingewahrsamnahmen durch die Behörden abschätzen. John Dugard kritisierte bereits 1980 als Professor an der Witwatersrand-Universität diese Rechtspraxis, in dem er auf die dadurch geschaffenen Verhältnisse verwies, die beispielsweise eine Aufklärung der Todesumstände von Steve Biko unmöglich machen könnten. Der damalige Anwalt am Supreme Court of South Africa, Albie Sachs, war selbst über 5 Monate das Opfer eines dieser repressiven Gesetze, wonach ein Inhaftierter bis zu einer Dauer von 90 Tagen (definiert in Sektion 17 des General Laws Amendment Act, Act No 37 / 1963) ohne richterliche Entscheidung im Gewahrsam der Sicherheitspolizei und dabei deren unkontrollierten Folterungen ausgesetzt sein konnte.[23][24] Über die Mißhandlungen und Folterungen von Gefangenen in Südafrika informierte ein UN-Bericht aus dem Jahre 1973.[25]

Innerer Widerstand

Afrikanischer Nationalkongress

Bereits 1912, zwei Jahre nach der Errichtung der Südafrikanischen Union, gründeten der Anwalt P. Seme, die Geistlichen J. L. Dube, W. Rubusana sowie der Autor Sol Plaatje den Afrikanischen Nationalkongress (ANC). Obwohl von Männern aus der elitären Gesellschaft gegründet, verstand sich der ANC durchaus nicht als elitäre Organisation. Er stand grundsätzlich allen offen, egal welcher Hautfarbe, und akzeptierte sowohl das Christentum wie auch die englische Sprache. Der ANC verstand sich als schwarze Widerstandspartei, die volle Bürgerrechte forderte. Lange Zeit opponierte er friedfertig durch Boykotte und Streiks. So organisierte er in den 1920er-Jahren Streiks der Minenarbeiter, um die schlechten Arbeitsbedingungen der Schwarzen zu verbessern.

Der ANC wurde immer mehr zur Massenorganisation. Hunderttausende befolgten die Aufrufe zu Demonstrationen oder Streiks. Beispielsweise im Jahre 1946, zwei Jahre vor dem Beginn der Apartheid, streikten rund 70.000 schwarze Minenarbeiter. Insbesondere gegen das Passgesetz, wonach die städtischen Schwarzen jederzeit einen Pass mit sich tragen mussten, um sich als Arbeitnehmer ausweisen zu können, protestierte der ANC durch Demonstrationen und durch das Verbrennen der umstrittenen Pässe. Trotzdem standen keineswegs alle Nicht-Weißen, nicht einmal alle Schwarzen, hinter dem ANC. Etliche Schwarze sahen die Homeland-Politik der Regierung als Chance, den Rassismus endlich zu beenden und ihre Traditionen wieder zu leben.

In späteren Jahren sollten diese Meinungsverschiedenheiten insbesondere zwischen städtischen und ländlichen Schwarzen zu bewaffneten Auseinandersetzungen führen. So forderten Unruhen bei Pietermaritzburg zwischen 1987 und 1990 rund 4.000 Todesopfer. Bei diesem Konflikt handelte es sich um Streitigkeiten innerhalb der Zulu. Städtische Zulu vertraten andere Ansichten als die in der Inkatha Freedom Party vereinten ländlichen Zulu. In den frühen 1990er-Jahren, also bereits nach dem offiziellen Ende der Apartheid, wendeten sich die Inkatha-Anhänger dann im Besonderen gegen die Xhosa. Menschen beider Seiten verloren dabei ihr Leben.

Die Regierung versuchte, die Menschenrechtsaktivisten des ANC und anderer Gruppen immer wieder an ihrer Arbeit zu hindern, indem sie diese bannten. Gebannte waren eingeschränkt in ihrer Bewegungsfreiheit, sie durften ein genau definiertes Territorium nicht verlassen. Des Weiteren löste die Regierung häufig Treffen des ANC auf. Das geschah auf der Grundlage mehrerer Gesetze, im Zentrum dieser Jurisdiktion der Suppression of Communism Act von 1950.

Militante Widerstandsorganisationen

Einigen Mitgliedern gingen die meist friedlichen Aktionen des ANC nicht weit genug. Sie gründeten 1959 eine weitere Widerstandsorganisation, den Pan Africanist Congress (PAC). Im Gegensatz zum ANC verwarf der PAC die offene Haltung gegenüber allen Rassen. Er positionierte sich als reine Schwarzen-Organisation und lehnte jegliche Zusammenarbeit mit den Weißen ab. Später gründete auch der ANC einen bewaffneten Flügel. Nelson Mandela selbst leitete diesen Flügel mit dem Namen Umkonto we Sizwe, was übersetzt soviel wie Speer der Nation bedeutet. Umkonto we Sizwe tat sich in den folgenden Jahren insbesondere durch Sabotageakte hervor.

Ein Jahr vor der Gründung des bewaffneten Flügels des ANC endete eine vom PAC organisierte Demonstration im Township Sharpeville in einem Blutbad, das die in Panik geratenen Polizisten anrichteten. 69 Afrikaner fanden dabei den Tod. Dieses Ereignis löste nationale Unruhen aus, welche die südafrikanische Regierung mit eiserner Faust bekämpfte. Rund 20.000 Demonstranten wurden verhaftet. In der Folge wurden sowohl der PAC als auch der ANC verboten. Beide Organisationen operierten fortan aus dem Untergrund. Führende opponierende Köpfe wie Nelson Mandela oder Walter Sisulu wurden 1964 im sogenannten Rivonia-Prozess zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht warf ihnen vor allem Beteiligung an Sabotageakten vor.

Neues Selbstbewusstsein

In den späten 1960er-Jahren entstand in Kirchen und Schulen, beeinflusst durch die Black-Power-Bewegung in den USA, die so genannte Black-Consciousness-Bewegung. Steve Biko gilt als Begründer dieser Bewegung. Hervorgerufen durch das neue Selbstbewusstsein der Schwarzen sahen sie die Kultur der Weißen nicht mehr als übermächtig. Vielmehr lehnten sie die weiße Kultur nun ab; ihre eigenen Werte hingegen hoben sie heraus. Künstler wie Miriam Makeba engagierten sich für einen weltweiten Boykott des Apartheidregimes.

Die Folgen des neuen Bewusstseins waren zum Teil heftige Studentenunruhen. Am 16. Juni 1976 boykottierten Schüler in Soweto den Unterricht. Dies stand im Zusammenhang mit der versuchten, zwangsweise durchgeführten Einführung der bei Schwarzen verhassten Sprache Afrikaans. Mit dem Boykott begann der Aufstand in Soweto. Durch brutale Polizeieinsätze verloren in wenigen Tagen 500 bis 1000 Schwarze ihr Leben und viele Kinder und Jugendliche wurden inhaftiert. Weltbekannt ist das Foto des sterbenden 12-jährigen Hector Pieterson in den Armen eines Mitschülers. Danach nahm der bewaffnete Widerstand sprunghaft zu. Die in den nächsten zwei Jahren folgenden Unruhen verunsicherten das Land. Hunderte von Schwarzen wurden von der Polizei getötet. Die Schüler und Studenten fanden Unterstützung bei Hunderttausenden von schwarzen Arbeitern. Für die südafrikanische Wirtschaft nahm dies verheerende Ausmaße an. Einige unbedeutendere Gesetze der Apartheid wurden gelockert, um dem Unmut der Schwarzen zu begegnen.

Internationale Beziehungen

Unterstützung aus dem Ausland für die Apartheid

Einige Länder unterstützten das Apartheidregime in bestimmten Teilbereichen. Beispielsweise setzten die USA 21 Mal im Sicherheitsrat ihr Veto ein, um Resolutionen gegen Südafrika zu verhindern, die zumeist eine totale Wirtschaftsblockade gegen das Land zum Inhalt hatten, das waren 13 Prozent der Gesamtanzahl ihrer Vetos.[26] Allerdings waren die USA aber auch die treibende Kraft hinter der Verabschiedung des ersten Waffenembargos gegen Südafrika durch die UN im Jahr 1963.[27] Auch Firmen wie IBM haben mit logistischen und technologischen Mitteln das Regime unterstützt.[28] Die Bedeutung Südafrikas für die USA lag unter anderem in den Uranvorkommen des Landes.

Auch die Bundesrepublik unterhielt während der Apartheid Wirtschaftskontakte zu Südafrika. Der damalige Außenminister Willy Brandt, in dessen Partei die Beziehungen zu Südafrika höchst umstritten waren, begründete dies damit, "daß man Handel und Politik nicht ohne Not koppeln soll".[29] Deutschen Konzernen wird vorgeworfen, sich an der Apartheid in Südafrika beteiligt zu haben. Im Oktober 2007 sind Verfahren unter anderem gegen die Deutsche Bank, die Dresdner Bank, die Commerzbank, Daimler AG (siehe ADE) und Rheinmetall sowie zahlreiche weitere westliche Firmen wie Citigroup, UBS, BP, Exxon Mobil, IBM, Ford und General Motors am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten eröffnet worden. Das Gericht erreichte jedoch zunächst keine beschlussfähige Mehrheit, nachdem vier der obersten Richter befangen waren, weil sie im Besitz von Aktien der beklagten Konzerne waren.[30][31] Am 8. April 2009 entschied Richterin Shira Scheindlin, den Prozess fortzuführen.[32]

Eine Studie von 1999 kam zu dem Ergebnis, dass Deutschland mit 27,3 Prozent aller Auslandsschulden des öffentlichen Sektors der wichtigste Direktfinanzier des Apartheidregimes war und „[…] in herausragender Weise den Apartheidstaat direkt, ebenso wie die strategisch wichtigen Staatskonzerne der Apartheid mit Finanzkapital bedient hat“.[33][34]

Die tatsächlichen Apartheidsverhältnisse in Südafrika waren in Deutschland bekannt und in Teilen der Bevölkerung ein Diskussionsthema, wie nach Unterstützungsnoten aus dem Kreis der Evangelischen Frauenarbeit und dem damit verbundenen Früchteboykott zu schließen ist.[35]

Positivere Haltungen zu den Apartheidsverhältnissen und der damit verbundenen Segregationsprozesse drangen bis in wissenschaftliche Arbeiten Deutschlands ein und wurden als „räumliche Auswirkungen einer politischen Idee“ gekennzeichnet.[36] Das geschah in der Weise, dass beispielsweise die Etablierung der Homelands als „Hinführung zur innenpolitischen Autonomie“ bezeichnet wurde oder die dort geplanten Ortsgründungen als „… eingerichtet als Ansatzpunkte städtischer Entwicklung (s. Smit and Boysen 1977)“, um „im Laufe der Zeit eine solche Attraktivität zu entwickeln, dass aus den weißen Gebieten eine Rückwanderung in diese neuen Städte einsetzt, sowie als Ansatzpunkte einer industriellen Entwicklung innerhalb der Homelands zu dienen“.[37] Die Folgen dieser Siedlungspolitik, beispielsweise das Fehlen von Anschlüssen vieler privater Haushalte an die nach 1994 erheblich verbesserte Trinkwasserversorgung, der ungenügenden Ausstattung mit medizinischen und schulischen Einrichtungen in vielen Townships (wie z. B. Mdantsane) und im ländlichen Bereich sowie die bis heute (2009) anhaltende Situation massiver Wanderarbeiteranteile unter der schwarzen Bevölkerung führen noch nach über einem Jahrzehnt des Endes der Apartheid zu innenpolitischen Spannungen und einem bedrohlich anwachsenden Gewaltpotenzial.[38][39]

Auch in Großbritannien fand das Apartheidregime Unterstützung für seine Politik. Margaret Thatcher bezeichnete den ANC als „Terroristische Organisation“[40] und noch im Jahr 1987 verkündete ihr Sprecher, dass „jeder der meinte, der ANC würde jemals in Südafrika die Regierung stellen, im Wolkenkuckucksheim leben“ müsse[41]. Im selben Jahr erschienen Mitglieder der Young Conservatives, der Jugendorganisation der Conservative Party, auf einem Parteitag mit Hang Nelson Mandela!-Abzeichen.[42]

Außerdem haben Schweizer Banken und Industrieunternehmen wiederholt und massiv die UN-Sanktionen ignoriert und dadurch die Existenz des Apartheidregime verlängert. Die Schweizer Regierung äußerte, wenn überhaupt, nur halbherzig Kritik.[43]

Die Beziehungen Israels zu Südafrika verstärkten sich insbesondere, als Israel nach dem Sechstagekrieg international zunehmend in Isolation geriet.[44] Vor allem auf militärischem Gebiet entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit, dazu gehörten neben konventionellen Waffenlieferungen auch lange geheim gehaltene Kooperationsprojekte zu Atomwaffen.[45][46]

Unterstützung aus dem Ausland im Kampf gegen die Apartheid

Bus einer englischen Anti-Apartheid-Kampagne im Jahr 1989.

In vielen Ländern gab es Unterstützung für die Bevölkerungsmehrheit Südafrikas im Kampf gegen die Apartheid. Sowohl der ANC, die Black Consciousness Movement als auch kirchliche Organisationen hatten viele Kontakte, zum Beispiel zum Weltkirchenrat, den Vereinten Nationen und kleineren Organisation wie der Anti-Apartheid-Bewegung in Deutschland und der Evangelischen Frauenarbeit in Deutschland. Dazu kamen viele lokale Gruppierungen, die oft mit Dritte-Welt-Läden zusammenarbeiteten. Unterstützt wurden diese Gruppen auch aus der SPD. So forderten die Bundestagsabgeordneten Lenelotte von Bothmer und Hans-Jürgen Wischnewski zum Beispiel 1973 eine Einschränkung der wirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands zu Südafrika.[47]

Um auf die Situation in Südafrika aufmerksam zu machen, wurde insbesondere zum Boykott südafrikanischer Früchte aufgerufen, aber auch viele Aktionen unter anderem auf den Deutschen Evangelischen Kirchentagen durchgeführt. Der Früchteboykott wurde von Südafrikanern angeregt und dann von den lokalen Gruppen in ihren jeweiligen Ländern propagiert. Neben dem Boykott der Früchte aus Südafrika wurde auch gegen die die Apartheid unterstützenden Geschäfte deutscher Großbanken protestiert.

Die Bemühungen des ANC im Ausland zur Verdeutlichung der Apartheidsverhältnisse im damaligen Südafrika bewirkten an vielen Orten der Welt von der Gewährung seiner Aktivitäten auf fremden Territorien bis zur aktiven Unterstützung konkreter Projekte. Beispielsweise unterhielt der ANC in London seine wichtigste Auslandsvertretung und sammelte auf diese Weise politische, wissenschaftliche, logistische und finanzielle Unterstützung für zahlreiche Vorhaben. Eines dieser Projekte bestand in einer umfangreich gegliederten Bildungseinrichtung auf dem Staatsgebiet von Tansania. Zwischen 1978 und 1992 wurde dort im Solomon Mahlangu Freedom College eine Schul- und Hochschulbildung durch einen international zusammengesetzten Lehrkörper für ausgewählte Südafrikaner gewährleistet.

Die von der indischstämmigen und farbigen Bevölkerungsgruppe Südafrikas initiierten Antiapartheidsbestrebungen ermöglichten ihrerseits weitere Unterstützeraktivitäten, wie beispielsweise Studiermöglichkeiten in Indien durch direkte Protektion der Staatspräsidentin Indira Gandhi oder neue Schulprojekte in Slumsiedlungen der damaligen Provinz Natal. Eine zentrale Rolle spielte innerhalb der Organisation dieses politischen Prozesses die südafrikanische Soziologieprofessorin Fatima Meer.

Der Iran versah die Reisepässe seiner Bürger mit einem Stempel, welcher die Einreise iranischer Bürger in Südafrika untersagte. Länder wie Tansania untersagten die Einreise, wenn im Pass ersichtlich war, dass der Inhaber sich in Südafrika aufgehalten hatte.

Vereinte Nationen

Die Vereinten Nationen haben seit ihrer Gründung die Apartheid als gravierendes Beispiel einer systematischen Rassentrennung verurteilt. Die Mehrheiten in den Organen der Vereinten Nationen haben sich vor allem durch das Wachstum der Vereinten Nationen durch den Beitritt vieler Staaten der Dritten Welt auf der XIV. Tagung der Generalversammlung der UN zuungunsten der Politik der Apartheid verschoben.[48] Die Veränderung der Mehrheitsverhältnisse beeinflusste auch die Haltung der westlichen Staaten, inklusive der Bundesrepublik, die ab den 70er Jahren vermehrt Resolutionen der Generalversammlung gegen die Apartheid unterstützten, sofern diese nicht zu Gewalt aufriefen oder Anti-Apartheidsorganisationen erwähnten, die als marxistisch eingeschätzt wurden.[49]

Zu den wichtigsten Reaktionen zählt die Resolution 1761 aus der XVII. Sitzung der UN-Generalversammlung vom 6. November 1962 unter Leitung von Muhammad Zafrullah Khan bezüglich der Apartheidpolitik der Südafrikanischen Regierung, die mit dieser Erklärung unter Aufruf zu Sanktionen verurteilt wurde.[50]

Initiiert durch die Vereinten Nationen, gab es einen weitgehenden Boykott kulturellen Austauschs mit Südafrika. Paul Simon machte mit seinem 1986 erschienenen Album Graceland, an dem zahlreiche südafrikanische Musiker mitwirkten, auf die Apartheid aufmerksam. Er wurde aber gleichzeitig kritisiert, weil er dem Boykott nicht gefolgt war.

Europäische Gemeinschaft

Die Europäische Gemeinschaft hatte sich 1985 im Rahmen der Europäischen politischen Zusammenarbeit auf eine abgestimmte Haltung zu Südafrika festgelegt und ein Sonderprogramm zugunsten von Opfern der Apartheidspolitik entwickelt, das man ab 1986 praktizierte.[51]

Das Ende der Apartheid

Die Proteste der Schwarzen sowie andere Faktoren ließen die Apartheid ab 1974 immer mehr bröckeln. Die Vollversammlung der UN nahm im Dezember 1973 die „Konvention zur Bekämpfung und Ahndung des Verbrechens der Apartheid“ an, die 1976 in Kraft trat. Die Präambel dieser Konvention betonte, dass Apartheid als Verbrechen gegen die Menschlichkeit einzustufen ist. Straftatbestände wurden benannt, so dass mit dieser Konvention eine Strafbarkeit nach internationalem Völkerrecht begründet wurde. Die burische Regierung näherte sich in langsamen Schritten den schwarzen Vorstellungen an. Die schwarze Opposition wurde immer stärker, obwohl ihre bekanntesten Führer im Gefängnis saßen. Höhepunkte des Widerstandes in den 1970er Jahren waren Streiks in Natal (1973) sowie der Aufstand in Soweto 1976. Dem schwarzen Widerstand begegnete die Regierung mit Notmaßnahmen, die allerdings die staatlichen Kapazitäten sprengten. Die Kosten der Apartheid waren nicht mehr länger tragbar.

Der ANC wurde vom Westen während des Kalten Krieges als revolutionär und prokommunistisch angesehen. Trotz gewisser Sanktionen stützten die USA und Westeuropa das weiße Apartheidregime als Bollwerk gegen den Kommunismus, auch weil Südafrika bedeutende Uranvorkommen hat. Nachdem die portugiesischen Kolonien Moçambique und Angola unabhängig und zum Schauplatz blutiger Kriege wurden, erschien die Unterstützung Südafrikas noch wichtiger. Nach dem Kalten Krieg verlor dieses Element freilich seine Bedeutung, und das alte Regime Südafrikas wurde vom Westen fallen gelassen.

Weiteres Ungemach erfasste Südafrika 1983 mit Beginn des Verfalls des Goldpreises auf dem Weltmarkt. Die schon durch die europäischen und amerikanischen Sanktionen geschwächte ökonomische Situation verschärfte sich damit weiter.

Die zunehmend verbesserte Organisation der nicht-weißen Opposition, die in den 1980er Jahren faktisch die Verwaltung der Townships übernahm, führte zum permanenten Ausnahmezustand von 1985–90. Ab etwa 1988 begannen zunächst geheim gehaltene Verhandlungen mit den Führern des ANC im Exil.

1989 trat Frederik Willem de Klerk die Nachfolge von Pieter Willem Botha als südafrikanischer Staatspräsident an. De Klerk nahm sogleich Verhandlungen mit dem noch immer inhaftierten ANC-Führer Mandela auf. Er stellte Mandela die sofortige Freilassung in Aussicht, wenn dieser gewisse Konditionen, wie beispielsweise die Abkehr vom bewaffneten Widerstand, annähme, worauf Mandela jedoch nicht einging. De Klerk ließ Mandela aufgrund des steigenden Druckes zusammen mit den übrigen politischen Gefangenen im Jahre 1990 frei. Die beiden Widerstandsparteien ANC und PAC wurden wieder legalisiert.

Aufgrund dieser in ihrer Summe bedeutsamen Faktoren, also des Widerstandes der Schwarzen, des internationalen Druckes, der ökonomischen Krise, des Wechsels der Regierungsführung von Botha zu de Klerk sowie der Standhaftigkeit Mandelas bei den Verhandlungen mit de Klerk, brach die weiße Autorität in den frühen 1990er Jahren Schritt für Schritt zusammen. Bei einem Referendum im März 1992 sprachen sich 68,7 Prozent der Weißen für die Abschaffung der Rassentrennung aus.

Der Reformierte Weltbund schloss die niederländisch-reformierte Kirche Südafrikas aus und erhöhte so den moralischen Druck auf einen Wandel.

De Klerk hob wesentliche Gesetze auf, die als Pfeiler der Apartheid galten. Darunter waren der Population Registration Act, der Group Areas Act und der Land Act. Die Homelands existierten allerdings weiter; diesbezüglich änderte sich nur wenig.

Die Übergangsphase von der Apartheid zur rechtlichen Gleichstellung dauerte von 1990 bis 1994. Während dieser Zeit wurden die verbliebenen Gesetze der Rassentrennung beseitigt. Alle in Südafrika wohnhaften Menschen konnten sich frei und ohne Restriktionen bewegen. Viele Schwarze nutzten diese Chance und zogen in Städte. Des Weiteren war die Übergangsphase geprägt durch blutige Unruhen zwischen der Inkatha-Partei Mangosuthu Buthelezis und dem ANC. Buthelezi, Führer des Homelands KwaZulu, sah durch das neue Staatssystem seine Macht bedroht. Die Unruhen dauerten von 1989 bis 1994 und forderten insgesamt etwa 7.000 Tote. Nebst Buthelezi standen auch Lucas Mangope und Oupa Gqozo, die Führer der Homelands Bophuthatswana und Ciskei, dem neuen System negativ gegenüber. Andere Homeland-Verantwortliche kooperierten mit den Plänen des ANC und versuchten, opportunistisch eine gute Position in den neuen Machtverhältnissen zu ergattern.

Die neue Verfassung sollte 1994 in Kraft treten. Danach würden alle fünf Jahre Regierungswahlen stattfinden. Dazu sollte das Land in neun statt in vier Provinzen unterteilt werden.

Im letzten Moment schwenkte Buthelezi ein, nachdem ihm eine wichtige Position in der neuen Regierung zugesagt worden war. So kam es 1994 zu den ersten allgemeinen Wahlen Südafrikas. Der ANC gewann mit 62,6 Prozent überragend, es folgte die Nationale Partei (NP) mit 20,4 Prozent und die Inkatha Freedom Party mit 10,5 Prozent. Mandela wurde zum ersten Präsidenten im neuen System ernannt. Ihm zur Seite standen zwei populäre Vizepräsidenten, de Klerk von der NP und Thabo Mbeki vom ANC. Buthelezi wurde Premier der Provinz Kwazulu-Natal, er konnte seine Macht also über die bisherige Homeland-Grenze ausdehnen.

Die vorausgegangenen Unruhen hatten Südafrika in eine ökonomische Krise gestürzt. Diese brachte eine hohe Staatsverschuldung mit sich. Im Weiteren sollten die Ungleichheiten zwischen den Rassen beseitigt werden. Dies würde unter anderem bessere Schulen und eine bessere Gesundheitsversorgung für Schwarze bedeuten. Beides war jedoch mit hohen Kosten verbunden. Unterschiedlichste Interessen führten zu verschiedenen Landstreitigkeiten. Schwarze, die während der Apartheid ihr Land aufgeben mussten und gezwungen worden waren, in die Homelands zu ziehen, forderten ihr Land zurück. Die nun dort ansässigen Weißen oder Industriebetriebe machten ihre jüngeren Rechte geltend.

1999 stieg Mbeki vom Vizepräsidenten zum Präsidenten auf. Er intensivierte in der Folge die Privatisierung von Staatsbetrieben. Dies führte zu Stellenabbau und zu teureren Strom- und Wassertarifen. Immer mehr schwarze Arbeiter, die vor allem unter diesen Maßnahmen zu leiden haben, werden zunehmend unzufrieden mit der Politik des ANC. Sie werfen ihm vor, dass der ANC zwar von der linken Arbeiterklasse gewählt worden sei, jedoch im Interesse der rechten Bourgeoisie regiere.

Mandela und de Klerk erhielten 1993 den Friedensnobelpreis.

In Anlehnung an das südafrikanische Regime wird heute eine systematische Rassendiskriminierung, insbesondere durch einen Regierungsapparat, als Apartheid bezeichnet. In Orania gibt es bis heute eine kleine Gemeinde von Buren, die sich als neue Keimzelle eines südafrikanischen Burenstaates sehen und offen für die Wiedereinführung der Apartheid einstehen.

Wahrheits- und Versöhnungskommission

Die Wahrheits- und Versöhnungskommission (Truth and Reconciliation Commission (TRC)) wurde eingerichtet, um politisch motivierte Verbrechen zu verhandeln, die während der Zeit der Apartheid begangen worden waren. Sie hatte die Rettig-Kommission von 1991 in Chile zum Vorbild. Sie geht in ihrer Entstehung zurück auf eine Initiative des ANC und des damaligen Justizministers Dullah Omar im Jahr 1994 und wurde im Januar 1996 durch Präsident Nelson Mandela eingesetzt. Vorsitzender war Desmond Tutu. Die Wahrheits- und Versöhnungskommission bestand aus drei Ausschüssen die jeweils unterschiedliche Aufgaben übernahmen:

  • das Komitee für die Aufklärung der Verbrechen während der Apartheid,
  • das Komitee für die Entschädigung der Opfer,
  • das Komitee für die Gewährung der Amnestie.

Die Kommission wurde für 18 Monate einberufen und ihre Arbeit konnte um ein halbes Jahr verlängert werden. Der relativ kurze Zeitraum ihres Wirkens war bereits zur Einberufung umstritten, da die Fülle der zu behandelnden Fälle in dieser Zeit kaum zu bearbeiten schien. Allerdings galt es auch, die Folgen des Apartheidsystems schnell öffentlich zu machen. Sowohl um gegebenenfalls Entschädigungen nicht erst nach vielen Jahren zu zahlen, aber auch, um den schmerzhaften Prozess der Aufklärung nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Ihr Ziel war es, Opfer und Täter in einen „Dialog“ zu bringen und somit eine Grundlage für die Versöhnung der zerstrittenen Bevölkerungsgruppen zu schaffen. Vorrangig hierbei war die Anhörung beziehungsweise die Wahrnehmung des Erlebens des jeweils anderen. Den Angeklagten wurde Amnestie zugesagt, wenn sie ihre Taten zugaben, den Opfern wurde finanzielle Hilfe versprochen. Ziel war die Versöhnung mit den Tätern sowie ein möglichst vollständiges Bild von den Verbrechen, die während der Apartheid verübt worden waren, zu bekommen. Sämtliche Anhörungen waren deshalb öffentlich. Am 29. Oktober 1998 präsentierte die Wahrheits- und Versöhnungskommission ihren Abschlussbericht[52]. Vor allem von Seiten der Schwarzen wurde kritisiert, dass die Gedanken der Versöhnung und Amnestie Vorrang vor der Gerechtigkeitsfindung hatten.

Definition als Verbrechen im Völkerrecht

Hauptartikel: Apartheid (Recht)

Die mit der Apartheid verbundenen Diskriminierungen und Menschenrechtsverstöße sind mittlerweile auch im internationalen Recht – losgelöst von der mittlerweile überwundenen Apartheid in Südafrika – als Verbrechen gegen die Menschlichkeit definiert. Durch das Römische Statut über die Schaffung eines Internationalen Strafgerichtshofs wurde die Apartheid der Zuständigkeit dieses Gerichtshofs unterworfen. Das Statut wurde auf einer Staatenkonferenz in Rom im Jahre 1998 angenommen und seither von 139 Staaten unterzeichnet und von 114 Staaten ratifiziert. Es ist seit dem Jahre 2002 in Kraft. Somit können derartige Vorgänge mittlerweile international strafrechtlich verfolgt werden. Diese Entwicklung wurde maßgeblich dadurch motiviert, dass es früher keine derartige Rechtsgrundlage gab, so dass die Apartheid in Südafrika bzw. die Verantwortlichen juristisch praktisch nicht belangt werden konnten.

Siehe auch

Literatur

Allgemeine Abhandlungen

  • T. W. Bennet: African Land - A History of Dispossession. In: Reinhard Zimmermann, Daniel Visser: Southern Cross. Civil Law and Common Law in South Africa. Oxford University Press. New York 1996, ISBN 0-19-826087-3
  • William Beinart, Saul Dubow (Hrsg.): Segregation and Apartheid in Twentieth-Century South-Africa. Routledge, London 1995, ISBN 978-0415103572
  • Vincent Crapanzano: White Walls Waiting: The Whites of South Africa. Random House, New York 1985, ISBN 978-0394509860
  • Freimut Duve: Kap ohne Hoffnung oder die Politik der Apartheid. Rowohlt, Reinbek 1965
  • Stephan Kraußen: Von der Apartheid zur Demokratie. Die politische Transformation Südafrikas. Westdeutscher Verlag, Opladen 2003. ISBN 3-531-14112-0
  • Ernst Klimm, Karl-Günther Schneider, Bernd Weise: Das südliche Afrika. Wissenschaftliche Länderkunden; Bd. 17. Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt 1980, ISBN 3-534-04132-1
  • Birgit Morgenrath, Gottfried Wellmer: Deutsches Kapital am Kap. Edition Nautilus, Hamburg 2003, ISBN 9783894014193

Biographien

Filme

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Apartheid – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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 Wikiquote: Apartheid – Zitate

Einzelnachweise

  1. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Berlin, New York (Walter de Gruyter) 2002, ISBN 3-11-017473-1, S. 52 (Einträge: apart, Apartheid)
  2. „Als Apartheid wird jede institutionalisierte Form einer Politik der Rassentrennung zur Unterdrückung einer Rasse durch eine andere bezeichnet“. Otto Trifterer, Bestandsaufnahme zum Völkerrecht in Strafgerichte gegen Menschheitsverbrechen, Hamburg 1995, ISBN 3-930908-10-7
  3. Auf 1948 setzt den Beginn der Apartheid im engeren Sinn P. Eric Louw in The rise, fall, and legacy of apartheid, Praeger Publishers, 2004, S. 56 ff
  4. Webpräsenz der Südafrikanischen Regierung www.info.gov.za: ...the foundations of apartheid were laid by successive governments representing the compromises hammered out by the National Convention of 1908 to 1909 to effect the union of English- and Afrikaans-speaking whites. (englisch)
  5. Bibleserver
  6. Dorothea Gräfin Razumowsky: "Von Gott zum Volk des Eigentums erwählt" - Ein Versuch die Afrikaner zu verstehen, in: Joachim Moras, Hans Paeschke (Hrsg.), Merkur - deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, Band 36, Ausgaben 7–12, Verlag E. Klett Verlag, 1982, S. 756
  7. André Bieler: La pensée économique et sociale de Calvin, Genf, 1961
  8. Ulrich Berner: Erwählungsglaube und Rassismus - Das Alte Testament und die Entstehung der Apartheid-Ideologie, in: Joachim Kügler (Hrsg.): Prekäre Zeitgenossenschaft - Mit dem Alten Testament in Konflikten der Zeit, Internationales Bibelsymposium Graz 2004, Lit Verlag, Berlin, 2006, S. 137 ff
  9. Irving Hexmann: Calvinism and the stigma of apartheid; in der Zeitschrift Third Way, Juli 1979, S. 8-9
  10. Heike Niedrig: Sprache - Macht - Kultur / Multilinguale Erziehung im Post-Apartheid-Südafrika, Waxmann, 2000, S. 55
  11. a b T.W. Bennet: History of Dispossession. S. 81
  12. "Our Land … Our Life … Our Futer". A Land Dispossession History. auf www.sahistory.org.za abgerufen am 1. Juni 2010
  13. T.W. Bennet: African Land - A History of Dispossession. S. 82
  14. 1923. Native Urban Areas Act No 21 abgerufen am 1. Juni 2010
  15. 1927. Native Administration Act No 38 abgerufen am 1. Juni 2010
  16. Zimmermann, Visser: Southern cross, S. 82
  17. 1936. Native Trust & Land Act No 18 abgerufen am 1. Juni 2010
  18. Zimmermann, Visser: Southern cross, S. 83-85
  19. Muriel Horrell: Laws affecting race relations in South Africa 1948-1979. Johannesburg 1978
  20. Onlinedokumente des South African Institute of Race Relations auf www.nelsonmandela.org (englisch)
  21. Report of the Truth and Reconciliation Commission 2003: The Former South African Government and its Security Forces. (englisch)
  22. Manfred Kurz: Indirekte Herrschaft und Gewalt in Südafrika. (Arbeiten aus dem Institut für Afrika-Kunde, 30), Hamburg 1981, S. 141-143
  23. Kurz: Indirekte Herrschaft 1981, S. 145-147
  24. 1963. General Laws Amendment Act No 37. auf www.nelsonmandela.org (englisch)
  25. Barakat Ahmad, United Nations Office of Public Information: Maltreatment and Torture of Prisoners in South Africa. Report of the Special Committee on Apartheid. New York, 1973, ab S. 23
  26. Voting : Security Council (SC) : United Nations (UN)
  27. Alex Thomson: Contending with Apartheid: United States Foreign Policy towards South Africa, 1948-1994, S. 56 f. in Studia Diplomatica, No. 4, 2005, S. 51-74
  28. The Use of Computers to Support Oppression
  29. Philipp Rock: Macht, Märkte und Moral - Zur Rolle der Menschenrechte in der Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland in den sechziger und siebziger Jahren, Frankfurt a. M. (Peter Lang) 2010, ISBN 978-3-631-59705-7, S. 145
  30. US-Gericht lässt Apartheid-Klagen von 400 Milliarden Dollar zu, in: Spiegel Online, 12. Mai 2008
  31. Klage gegen Apartheid-Profiteure zugelassen, in: indymedia.org, 17. Oktober 2007
  32. Dokument des United States District Court, Southern District of New York, 8. April 2009 (PDF)
  33. Apartheid unter gutem Stern - Deutsche Konzerne wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt
  34. Birgit Morgenrath: Apartheid unter dem guten Stern. In: Der Freitag, 6. Dezember 2002 abgerufen am 30. Oktober 2011
  35. Frauen für Südafrika! EKD-Mitteilungen 2002
  36. Ernst Klimm, Karl-Günther Schneider, Sigrid von Hatten: Das südliche Afrika, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1994, S. 230
  37. Ernst Klimm, Karl-Günther Schneider, Sigrid von Hatten: Das südliche Afrika, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1994, S. 252, 254.
  38. Centre for the Study of Violence and Reconciliation (CSVR): The Violent Nature of Crime in South Africa. 2007 Link auf der Webpräsenz der ETH Zürich
  39. Robert von Lucius: Nelson Mandela und sein Erbe. In: Bundeszentrale für politische Bildung. APuZ. Südafrika. Frankfurt a. M. 2009, ISSN 0479-611-X
  40. [The Times, London, June 14, 1988]
  41. [News24.com Mandela's triumphant walk]
  42. Johann Hari: I have seen the future, and it's lousy. In: New Statesman, 5. Februar 2001
  43. Comment la Suisse a soutenu l'apartheid, in: tsr, 2005
  44. Sasha Polakow-Suransky: The Unspoken Alliance: Israel's Secret Relationship with Apartheid South Africa, London: Pantheon 2010, ISBN 978-0375425462
  45. Revealed: how Israel offered to sell South Africa nuclear weapons in: The Guardian vom 24. Mai 2010, abgerufen am 8. November 2011 (englisch)
  46. Benjamin Beit-Hallahmi: Das Bündnis der einsamen Wölfe in: Der Spiegel vom 21. März 1988, abgerufen am 8. November
  47. Philipp Rock: Macht, Märkte und Moral - Zur Rolle der Menschenrechte in der Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland in den sechziger und siebziger Jahren, Frankfurt a. M. (Peter Lang) 2010, ISBN 978-3-631-59705-7, S. 153
  48. Felix Ermacora: Die Apartheidspolitik aus der Sicht der Vereinten Nationen; in Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit: Südafrika - Krise und Entscheidung, Band I, 1. Aufl., München, 1987, S. 259
  49. Philipp Rock: Macht, Märkte und Moral - Zur Rolle der Menschenrechte in der Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland in den sechziger und siebziger Jahren, Frankfurt a. M. (Peter Lang) 2010, ISBN 978-3-631-59705-7, S. 166-169
  50. Resolution 1761: The policies of apartheid of the Government of the Republic of South Africa. auf www.un.org/ga
  51. DIE KOMMISSION LEGT EINE MITTEILUNG UEBER DAS SONDERPROGRAMM ZUGUNSTEN DER APARTHEIDOPFER VOR
  52. Abschlussbericht von 2003: Truth and Reconciliation Commission of South Africa Report (englisch)

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  • apartheid — index exclusion, segregation (isolation by races) Burton s Legal Thesaurus. William C. Burton. 2006 …   Law dictionary

  • apartheid — /a partheit/, it., erroneam., /apar taid/ s.f., afrikaans [comp. dell ingl. apart separato, appartato e del suff. oland. heid indicante stato, condizione]. (polit.) [segregazione razziale, in partic. quella praticata in Sudafrica fino al 1994 da… …   Enciclopedia Italiana

  • apartheid — /aperˈtɛid, ol. ɑˈpɑʀtˌhɛit/ [vc. ol., da apart «separato» e il suff. heid, che denota stato, condizione] s. f. inv. segregazione razziale, segregazionismo, discriminazione razziale □ razzismo …   Sinonimi e Contrari. Terza edizione

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