- Abdullah Çatlı
-
Abdullah Çatlı (* 1. Juni 1956 in Nevşehir; † 3. November 1996 in Balıkesir) war eine umstrittene Figur, die mit politischen Morden der paramilitärischen Organisation der Grauen Wölfe sowie Drogenhandel in Verbindung gebracht wird.
Biografie
Çatlı wuchs in Nevşehir im zentralanatolischen Kappadokien auf.
Zusammen mit Haluk Kırcı wird er für das Bahçelievler-Massaker verantwortlich gemacht, bei dem am 9. Oktober 1978 sieben Parteiangehörige der Arbeiterpartei der Türkei ermordet wurden. Nach der Tat soll er mit dem italienischen Neofaschisten Stefano Delle Chiaie, mit dem er engen Kontakt pflegte, in den Vereinigten Staaten und Südamerika herumgereist sein.[1][2] Er soll den Papst-Attentäter Mehmet Ali Ağca bei der Ermordung von Milliyet-Chefredakteur Abdi İpekçi am 2. Februar 1979 unterstützt haben. Später soll er dabei geholfen haben, Ağca aus einem Istanbuler Gefängnis zu befreien.[3]
Laut einem Bericht des Magazins Le Monde diplomatique soll er 1985 in Rom ausgesagt haben, dass ihm vom deutschen Geheimdienst BND Geld angeboten wurde, wenn er den bulgarischen und den russischen Geheimdienst mit dem Papstattentat in Verbindung brächte.[4] Des Weiteren sagte er aus, dass er Ağca die Waffe für das Papstattentat besorgte.[5] Çatlı wird auch für die Organisation des Attentats insgesamt verantwortlich gemacht, für das der Mafiaboss Bekir Çelenk den Grauen Wölfen 3 Millionen Mark gezahlt haben soll.[2] Laut einem weiteren Bericht von Le Monde diplomatique organisierte Çatlı später im Auftrag des türkischen Staates Anschläge wie etwa den auf ein armenisches Mahnmal in der Gemeinde Alfortville bei Paris 1984.[2]
Zum Zeitpunkt seines Todes wurde Çatlı von Interpol gesucht, nachdem er 1990 aus einem Schweizer Gefängnis ausgebrochen war, wo er eine Haftstrafe wegen Drogenhandels absaß.[2]
Çatlı starb 1996 bei einem Autounfall in der Nähe von Susurluk.[6] Dies löste den sogenannten Susurluk-Skandal aus, da mit ihm im Auto Hüseyin Kocadağ, der Chef von Ankaras Polizeidepartment, und Sedat Bucak, ein Parlamentsabgeordneter der DYP aus Urfa saßen.[7] Außerdem wurden bei ihm ein vom damaligen Innenminister Mehmet Ağar persönlich unterschriebener Pass gefunden.[8]
Über Abdullah Çatlı wurden mehrere Bücher geschrieben, darunter eine Biographie von seiner Tochter Gökçen Çatlı.[9][10][11]
Im Zuge der Ermittelungen zur Ergenekon-Organisation tauchten Dokumente auf, die belegen sollen, dass Çatlı vom türkischen Inlandsgeheimdienst MİT finanziell unterstützt wurde.[12]
Literatur
- Soner Yalçın und Doğan Yurdakul: Reis - Gladyo'nun Tetikçisi; Verlag Doğan Kitap, ISBN 975-293-093-X
- Hakan Türk: Abdullah Çatlı Kimdir?; Verlag Akademi Yayıncılık, ISBN 979-975-8208-00-4
Einzelnachweise
- ↑ Daniele Ganser, Nato-Geheimarmeen (Abschnitt Türkei)
- ↑ a b c d Kendal Nezan: Türkei - Drehscheibe des Drogenhandels. Verbrecher mit Diplomatenpaß, Le Monde diplomatique, Juli 1998
- ↑ Lucy Komisar: Turkey's Terrorists: A CIA Legacy Lives On, The Progressive, April 1997
- ↑ Martin A. Lee: Der lange Atem der Grauen Wölfe, Le Monde diplomatique, März 1997
- ↑ Martin A. Lee: When John Paul II Was Shot in St. Peter's Square, San Francisco Bay Guardian, 14. Mai 2001
- ↑ The Susurluk incident, Turkish Daily News, 7. Januar 1997
- ↑ Udo Steinbach: Geschichte der Türkei. Beck, München 2007, S. 60 f.
- ↑ James H. Meyer: Turkey's Leaders - Çiller's Scandals, Middle East Quarterly, September 1997
- ↑ Gökçen Çatlı: Babam Çatlı; Verlag Timaş, ISBN 975-362-573-1
- ↑ Neslihan Özturk: Abdullah Catli's daughter to write book on her father, Turkish Daily News, 3. Juli 1997
- ↑ Mehmet Akif Beki: Two portraits of "The Chief": Which Catli?, Turkish Daily News, 10. November 1997
- ↑ Ergenekon document reveals MİT’s assassination secrets, Today's Zaman, 19. August 2008.
Kategorien:- Mitglied einer rechtsextremen Organisation
- Kriminalfall
- Türke
- Geboren 1956
- Gestorben 1996
- Mann
Wikimedia Foundation.