Freizügigkeitsbescheinigung

Freizügigkeitsbescheinigung
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Eine Freizügigkeitsbescheinigung ist eine amtliche Bestätigung für Staatsangehörige der Europäischen Union über das Bestehen des Aufenthaltsrechts und über das Recht, eine entgeltliche Tätigkeit in Deutschland ausüben zu dürfen. Die Freizügigkeitsbescheinigung ist kein Aufenthaltstitel nach dem Aufenthaltsgesetz, sondern hat nur deklaratorischen Charakter und damit Ausweisfunktion.

Obwohl das amtliche Muster der Freizügigkeitsbescheinigung dies nicht vorsieht, gebietet die Gleichstellungsklausel des § 12 FreizügG/EU, sämtliche Staatsangehörige des Europäischen Wirtschaftsraums, also auch die Bürger von Island, Liechtenstein und Norwegen, in die Regelung über die Ausstellung der Freizügigkeitsbescheinigung einzubeziehen. Die nachfolgenden Ausführungen gelten für diesen Personenkreis entsprechend.

Inhaltsverzeichnis

Rechtsgrundlage

Das Aufenthaltsrecht und das Recht, arbeiten zu dürfen, haben Unionsbürger bereits aufgrund Europarechts (aufenthaltsrechtliche Freizügigkeit nach Art. 21 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)[1], Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 45 AEUV). Unionsbürger benötigen daher weder eine Aufenthalts-, noch (von Bulgarien und Rumänien abgesehen) eine Arbeitserlaubnis. Sie benötigen aber gelegentlich (z. B. bei einem Arbeitgeber oder bei Behörden) ein Dokument, mit dem sie ihren Freizügigkeitsstatus nachweisen können. Dies geschieht über die Freizügigkeitsbescheinigung.

Rechtsgrundlage für die Freizügigkeitsbescheinigung ist § 5 Abs. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU, der die EU-Freizügigkeitsrichtline 2004/38/EG in nationales Recht umsetzt. Das Aussehen der Freizügigkeitsbescheinigung wurde nicht gesetzlich geregelt. Jedoch gibt Nr. 5.1.3. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift[2] zum Freizügigkeitsgesetz/EU ein von den Behörden grundsätzlich zu beachtendes Muster vor. Der Klammertext im Muster bezieht sich auf Unionsbürger der jüngsten Beitrittsstaaten (seit 1. Mai 2011 nur noch Bulgarien und Rumänien), die noch nicht die volle Freizügigkeit genießen und zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gegenwärtig oft noch eine besondere Arbeitsgenehmigung-EU benötigen.

Auch Familienangehörige von Unionsbürgern erhalten eine Freizügigkeitsbescheinigung, wenn sie selbst Unionsbürger sind. Familienangehörige mit einer Drittstaatsangehörigkeit erhalten keine Freizügigkeitsbescheinigung, sondern eine Aufenthaltskarte.

Ausstellungsverfahren

Muster einer Freizügigkeitsbescheinigung.

Das Ausstellungsverfahren wird innerhalb Deutschlands sehr unterschiedlich gehandhabt:

Nach der Rechtsprechung des EuGH[3] ist es mit Blick auf das europarechtliche Diskriminierungsverbot nicht unproblematisch, von Unionsbürgern neben der Erfassung beim Einwohnermeldeamt eine zusätzliche Registrierung bei der Ausländerbehörde zu verlangen, während bei Inländern die Registrierung beim Einwohnermeldeamt genügt. Soweit ersichtlich, betrachten die landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen zum Aufenthaltsgesetz und Freizügigkeitsgesetz/EU die Erteilung der Freizügigkeitsbescheinigung weiterhin als ausschließlich ausländerbehördliche Angelegenheit. Auch die Verwaltungsvorschrift zum FreizügG/EU geht in ihrer Nr. 5 a 1[4] weiterhin von einer alleinigen Zuständigkeit der Ausländerbehörde aus.

Die Ausstellung einer Freizügigkeitsbescheinigung ist kein Verwaltungsakt, denn mit ihr werden keine Rechte verliehen, sondern lediglich bereits bestehende Rechte bescheinigt. Die Bescheinigung ist daher unverzüglich[5] auszustellen, wenn keine Zweifel an der Identität und an der Unionsbürgerschaft des Betroffenen bestehen. Wartezeiten sind unzulässig[6]. Liegen die Voraussetzungen für ihre Ausstellung nicht mehr vor, wird die Bescheinigung nicht wie bei einer Aufenthaltserlaubnis widerrufen, sondern lediglich unförmlich eingezogen (§ 5 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/EU). Auch die Einziehung ist kein Verwaltungsakt, wohl aber die Aufforderung, die Bescheinigung zum Zwecke der Einziehung der Behörde vorzulegen.

Bescheinigung des Daueraufenthalts

Bescheinigung des Daueraufenthaltes (Vorderseite)
Bescheinigung des Daueraufenthaltes (Rückseite)

Fünf Jahre nach Begründung des ständigen Aufenthalts erhalten Unionsbürger ein Daueraufenthaltsrecht. Das Daueraufenthaltsrecht wird durch eine Bescheinigung des Daueraufenthalts nachgewiesen, die unverzüglich auszustellen ist (§ 5 Abs. 6 FreizügG/EU). Es wird das gleiche Format wie für die Daueraufenthaltskarte für Angehörige aus Drittstaaten verwendet.

Eine Verlustfeststellung darf nach Erwerb des Daueraufenthaltsrechts nur aus schwerwiegenden Gründen getroffen werden (§ 6 Abs. 4 FreizügG/EU). Eine Verlustfeststellung darf bei Unionsbürgern, die ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren in Deutschland hatten, und bei Minderjährigen nur aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit getroffen werden. Für Minderjährige gilt dies nicht, wenn der Verlust des Aufenthaltsrechts zum Wohl des Kindes notwendig ist. Zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit können nur dann vorliegen, wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens fünf Jahren verurteilt oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet wurde, wenn die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland betroffen ist oder wenn vom Betroffenen eine terroristische Gefahr ausgeht (§ 6 Abs. 5 FreizügG/EU).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Amtsblatt der Europäischen Union: Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (PDF) veröffentlicht 9. Mai 2008. Eingesehen am 2. Dezember 2010
  2. Bundesministerium des Innern: Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Freizügigkeitsgesetz/EU Para 5.1.3 vom 26. Oktober 2009. Eingesehen am 2. Dezember 2010
  3. Vgl. z. B. EuGH, Urt. v. 16. Dezember 2008 – C-524/06 –, wonach die Speicherung von Daten von Unionsbürgern im Ausländerzentralregister nur eingeschränkt möglich ist.
  4. Verwaltungsvorschrift zu § 5 a FreizügigG/EU.
  5. Vgl. Wortlaut in § 5 Abs. 1 FreizügG/EU.
  6. Vgl. Harms in Kommentar zum Zuwanderungsrecht, 2008, § 5 FreizügG Rdnr. 3.
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