F. W. Borchardt

F. W. Borchardt
Unternehmenssitz von F. W. Borchardt an der Französischen Straße in Berlin

Das Unternehmen F. W. Borchardt ist ein traditionsreicher Gastronomiebetrieb an der Französischen Straße 47 in Berlin-Mitte.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Historische Fotografie

Gegründet wurde das Unternehmen 1853 als Wein- und Delikatessen-Handlung von August F. W. Borchardt. Durch seinen Fleiß und Geschäftssinn wurde er rasch in Berlin und im Deutschen Reich sowie im Ausland erfolgreich. Borchardt betrieb darüber hinaus eine Versandküche, was zu der Zeit etwas Ungewöhnliches war. Zu den Kunden gehörte nicht nur das gehobene Bürgertum, sondern auch der Adel und der preußische Hof. In der wilhelminischen Ära wurde Borchardt schließlich zum Hoflieferanten ernannt.

Monogramm des Unternehmens am Balkon

Nachfolger von August F. W. Borchardt waren Hanns und Fritz Borchardt. Um die Jahrhundertwende wurden sie zu k.u.k. Hoflieferanten ernannt.[1] Nach dem Ausscheiden von Hanns Borchardt wurde Fritz alleiniger Inhaber.[2]

Wegen der Arisierung in der Zeit des Nationalsozialismus kam das Haus Kempinski, das frühere Haus Vaterland am Potsdamer Platz, am 1. Dezember 1941 als Filiale in den Besitz der Familie Borchardt. Es erhielt die Bezeichnung F. W. Borchardt.[3] Alle größeren Gebäude um den Potsdamer Platz fielen den Bomben und Kämpfen am Ende des Zweiten Weltkriegs zum Opfer. Das Haupthaus in der Französischen Straße war aber kaum beschädigt. Das Restaurant war jedoch bis 1948 geschlossen. Am 16. November 1948 eröffneten in Berlin zwei freie Gaststätten (hier konnten die Gäste teilweise ohne Abgabe von Lebensmittelkarten allerdings zu hohen Preisen essen), darunter das frühere Borchardt.[4] Als 1949 die HO gebildet wurde, ging das Borchardt in deren Besitz über. Es erhielt den Namen Lukullus und spezialisierte sich schrittweise als Fischrestaurant. Es diente später zunächst als Jugend-Tanzlokal und in den 1980er-Jahren als Gaststätte für Bauarbeiter der mit dem Aufbau der Friedrichstraße beauftragten Firmen. 1990 kam mit der politischen Wende das Aus für das Restaurant. Das Gebäude wurde reprivatisiert, saniert und am 5. März 1992 unter seinem traditionsreichen Namen borchardt wieder eröffnet.[5]

Innenansicht des Restaurants borchardt

Am Standort Französische Straße zählen prominente Persönlichkeiten, Bundesministerien und das Bundespräsidialamt, Botschaften und DAX-Unternehmen zu den Kunden des Borchardt.[6] Das Restaurant Borchardt ist heute außerdem erfolgreich im Catering-Bereich tätig.

Das Gedicht Silvester bei den Kannibalen von Joachim Ringelnatz nennt als Vergleich die Borchardt-Küche, Berlin.[7]

Stammsitz

Das Gebäude von F. W. Borchardt an der Französischen Straße 47 wurde 1899–1900 von Carl Gause als Erweiterung eines heute nicht mehr erhaltenen Nachbarhauses erbaut. Das Gebäude erstreckt sich einschließlich Dachgeschoss auf fünf Etagen. Die repräsentative Fassade aus rotem Sandstein weist Neorenaissance- und Neobarock-Einflüsse auf. Zwei Straßeneingänge, vier Fensterreihen und der langgezogene Balkon auf drei kräftigen Doppelkonsolen am zweiten Stockwerk dominieren die Gebäudeansicht. Über den Eingängen ist das Monogramm des Unternehmens in Gusseisen auf dem Balkon befestigt. Ganz oben sind der Schriftzug F. W. Borchardt und die Jahreszahl der Gründung in römischen Ziffern MDCCCLIII (1853) angebracht. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.[8]

Literatur

  • Andreas Krause, Sven Grüß, Ursula Fabian: Im Borchardt. Menschen, Geschichten, Rezepte. Nicolai, Berlin 2001, ISBN 3-87584-834-9.

Weblinks

 Commons: F. W. Borchardt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Handbuch des Allerhöchsten Hofes und des Hofstaates Seiner K. und K. Apostolischen Majestät für 1910. Druck und Verlag der k. k. Hof- und Staatsdruckerei, Wien. S. 444.
  2. Handbuch des Allerhöchsten Hofes und des Hofstaates Seiner K. und K. Apostolischen Majestät für 1917. Druck und Verlag der k. k. Hof- und Staatsdruckerei, Wien. S. 519.
  3. 1. Dezember (Jahr 1941) in: Tagesfakten des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim DHM)
  4. Gerhard Keiderling: Freie Läden und freie Restaurants. In: Berlinische Monatsschrift 12/1998 beim Luisenstädtischen Bildungsverein, S. 46 ff
  5. Karl-Heinz Arnold Borchardt hatte mehr als 50 Jahre Pause. Zur Geschichte der HO-Gaststätten von Ende 1948 bis 1990. In: Berlinische Monatsschrift 7/2000 beim Luisenstädtischen Bildungsverein, S. 37–45
  6. Ein Auszug aus unserer Kundenliste. Borchardt, abgerufen am 14. September 2009.
  7. Joachim Ringelnatz: Silvester bei den Kannibalen auf Wikisource
  8. Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
52.51505613.390262

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