Deutsches Historisches Museum

Deutsches Historisches Museum
Zeughaus Berlin, Unter den Linden, 2004
Zeughaus Berlin, Fassadendetail, 2005
Luftbild, 2005
Erweiterungsbau des DHM von I. M. Pei, 2009

Das Deutsche Historische Museum, kurz DHM, ist ein Museum für deutsche Geschichte in Berlin und versteht sich als Ort der „Aufklärung und Verständigung über die gemeinsame Geschichte von Deutschen und Europäern“.

Das Museum befindet sich im Zeughaus Unter den Linden und in den angrenzenden Ausstellungsbau von Ieoh Ming Pei.

Das Deutsche Historische Museum hat die Rechtsform einer von der Bundesrepublik Deutschland getragenen Stiftung. Oberstes Gremium ist das Kuratorium mit Vertretern der Bundesregierung, des Deutschen Bundestags und der Landesregierungen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte des Museums

Gegründet wurde das Museum am 28. Oktober 1987, anlässlich der 750-Jahr-Feier der Stadt Berlin, im Reichstagsgebäude im damaligen West-Berlin. Nach dem großen Erfolg der Preußen-Ausstellung, die 1981 im Martin-Gropius-Bau gezeigt worden war, beauftragte der damalige Regierende Bürgermeister von (West-)Berlin, Richard von Weizsäcker, vier prominente Historiker – Hartmut Boockmann, Eberhard Jäckel, Hagen Schulze und Michael Stürmer – mit der Erarbeitung einer Denkschrift, die im Januar 1982 unter dem Titel Deutsches Historisches Museum in Berlin vorlag. Das Vorhaben wurde intensiv von Bundeskanzler Helmut Kohl unterstützt, der die Gründung eines Deutschen Historischen Museums (DHM) in Berlin in seiner Rede zur Lage der Nation, die er vor dem Deutschen Bundestag am 27. Februar 1985 hielt, als eine nationale Aufgabe von europäischem Rang bezeichnete.[1] Eine aus 16 führenden Historikern, Kunsthistorikern und Museumsdirektoren bestehende Sachverständigenkommission erarbeitete 1985/86 die Konzeption für das Museum und stellte sie in öffentlichen Anhörungen 1986 zur Diskussion. Die Schlussfassung wurde inhaltliche Grundlage der Museumsgründung. Deutsche Geschichte im internationalen Zusammenhang darzustellen, wurde zum Kern der Museumsaufgabe. Multiperspektivische Sichtweisen sollen Verständnis für die Sicht der Anderen ermöglichen, um so in der Zeit der Internationalisierung des Alltagslebens und der Globalisierung von Wirtschaft und Arbeit, Geschichte und Kultur auf höherem Niveau zu reflektieren. Am 28. Juli 1987 wurde der Gesellschaftervertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Berlin zur Errichtung der Deutschen Historischen Museum-Gesellschaft als vorläufige Trägerschaft mit beschränkter Haftung unterzeichnet.

Ursprünglich sollte der Spreebogen in der Nähe des Reichstages der Standort des Museums werden. Den hierfür ausgeschriebenen Architekturwettbewerb gewann 1988 der italienische Architekt Aldo Rossi. 1989 veränderte der Fall der Mauer aber die Planungen: Mit dem Tag der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 übertrug die Bundesregierung dem DHM Sammlung und Grundstück des damaligen Museums für Deutsche Geschichte, das bereits im September 1990 von der letzten DDR-Regierung dem Direktor des DHM unterstellt worden war. So wurde das Zeughaus von 1695 – das älteste Gebäude Unter den Linden – der Sitz des Deutschen Historischen Museums. Im September 1991 wurden die ersten Ausstellungen im Zeughaus gezeigt.

Kurz nach seiner Gründung begann das DHM mit dem Sammlungsaufbau. Einen ersten Querschnitt präsentierte seit Dezember 1994 die Dauerausstellung Bilder und Zeugnisse der deutschen Geschichte mit mehr als 2000 Exponaten.

Zwischen 1994 und 1998 wurde die Fassade des Zeughauses nach historischen Grundlagen saniert. Das Zeughaus wurde 1998 geschlossen und bis 2003 seitens des Architekturbüros Winfried Brenne saniert. Der Schlüterhof, der Innenhof mit den Masken von Andreas Schlüter, erhielt im Zuge des zwischen 1998 und 2003 errichteten Neubaus der Ausstellungshalle des Architekten Ieoh Ming Pei wieder eine gläserne Überdachung. Seit 2003 ist der Neubau als Ausstellungshalle für Sonderausstellungen mit einer Fläche von 2.700 Quadratmetern auf vier Etagen geöffnet. Die Ständige Ausstellung Deutsche Geschichte in Bildern und Zeugnissen im Zeughaus wurde am 2. Juni 2006 von Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnet.

Seit dem 30. Dezember 2008 hat das DHM die Rechtsform einer Stiftung öffentlichen Rechts des Bundes. Sie ist auch Trägerin der 2009 gegründeten Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung zur Einrichtung eines Erinnerungs- und Dokumentationszentrums zu Flucht und Vertreibung.

Leitung

Generaldirektor des Museums bzw. Präsident der Stiftung:

Ausstellungen

Im Zeughaus ist die Ständige Ausstellung „Deutsche Geschichte in Bildern und Zeugnissen“ auf 8000 Quadratmetern zu sehen. Mehr als 8000 historische Exponate vermitteln wechselvolle und spannungsreiche 2000-jährige deutsche Geschichte im europäischen Kontext. In der Ausstellungshalle von I. M. Pei können vier Etagen für die Sonderausstellungen des Museums genutzt werden.

  • Vom 15. Oktober 2010 bis 27. Februar 2011 war die Sonderausstellung „Hitler und die Deutschen. Volksgemeinschaft und Verbrechen“ zu sehen. Mit mehr als 265.000 Besuchern war sie die erfolgreichste Sonderausstellung des Museums in der Ausstellungshalle von I. M. Pei.
  • Gemeinsam mit der Deutschen Hochschule der Polizei zeigte das Museum vom 1. April bis 28. August 2011 die Ausstellung „Ordnung und Vernichtung – Die Polizei im NS-Staat“, in dessen Zentrum die Rolle der Polizei im Nationalsozialismus stand.
  • Vom 2. Dezember 2011 bis 4. März 2012 wird im Pei-Anbau die Ausstellung „Der deutsche Wald. Eine Kulturgeschichte“ zu sehen sein.

Die Sammlungen des Deutschen Historischen Museums

Sammlungsbereiche

Alltagskultur I
Technische und medizinische Erzeugnisse und Geräte, Haushaltsgegenstände, Produktwerbung: ca. 70.000 Objekte
Alltagskultur II
Mode, Kostüme, Ziviltextilien, Abzeichen, Religiosa: ca. 45.000 Objekte
Alltagskultur III
Spielzeug, Postkarten, politische Objekte, Sonderinventar, Tonträger: ca. 40.000 Objekte
Alte und wertvolle Drucke
Drucke des 15. bis 20. Jahrhunderts ca. 25.000 Objekte
Dokumente I
Handschriften, Urkunden, Einblattdrucke, Flugblatt- und Landkartensammlung, Autographen, Siegel und Stammbücher bis 1914: ca. 50.000 Objekte
Dokumente II
Fotoalben, Zeitungen, Flugblätter, Propagandaschriften, Landkarten und Autographen seit 1914: ca. 120.000 Objekte
Bildarchiv
Nachlässe von Fotografen und Bildagenturen, ca. 500.000 Abzüge sowie die Dokumentation der Sammlungsbestände
Filmarchiv
850 Filme
Kunstgewerbe und Skulpturen bis 1900
Möbel, Keramik, Glas- und Metallkunst, Design, Skulpturen des 13. bis 19. Jh.: ca. 6000 Objekte
Graphische Sammlung
zur Ereignisgeschichte des 16. bis 20. Jahrhundert, Porträts des 15. bis 20. Jahrhundert: ca. 100.000 Blatt
Kunst I
Gemälde bis 1900: 857 Objekte
Kunst II/ Fotosammlung
Malerei und Skulpturen des 20. und 21. Jahrhundert: ca. 3.000 Objekte sowie ca. 20.000 Fotografien
Militaria I
Alte Waffen und Rüstungen, militärische Geräte: ca. 20.000 Objekte
Militaria II
Uniformen, Fahnen, Orden und Ehrenzeichen, Militaria-Grafik: ca. 30.000 Objekte
Numismatik
ca. 80.000 Objekte, ca. 15.000 Wertpapiere
Plakate
künstlerische Plakate von ca. 1880 bis ca. 1914; politische Plakate vom Ersten Weltkrieg bis zum Ende des Nationalsozialismus, Plakate der BRD und DDR: ca 80.000 Objekte

Kino

Das Zeughauskino mit seinen 165 Plätzen ist integraler Bestandteil des Deutschen Historischen Museums und befindet sich im Zeughaus. Seine vorrangigen Ziele verknüpfen historische und filmgeschichtliche Fragestellungen zu einem Programm, das neben ausstellungsbegleitenden Reihen vor allem durch thematische Retrospektiven gekennzeichnet ist.

Bibliothek

Die wissenschaftliche Spezialbibliothek zur deutschen und allgemeinen Geschichte sowie zum Museumswesen besitzt mehr als 225.000 Bände, davon 13.000 Bände Rara, 40.000 Bände Zeitschriften und Zeitungen, 5.000 Bände Militaria und 15.000 Museumskataloge. Die öffentliche Präsenzbibliothek befindet sich im Verwaltungsgebäude des Museums hinter dem Zeughaus, das in den Jahren von 1899 bis 1945 der Preußischen Central-Genossenschaftskasse gehörte und später dem DDR-Staatsbetrieb Minol.

Internetpräsenz

Online-Datenbank (GOS) und Bildarchiv

Das Deutsche Historische Museum besitzt die umfassendste Objektdatenbank aller Museen in Deutschland, die im Internet konsultiert werden kann. In ihr werden Sammlungsbestände des Museums erfasst und verwaltet. Die Datenbank umfasst zurzeit rund 500.000 Objekte und stellt für etwa 70 Prozent dieser Objekte ein digitales Foto bereit.

Reproduktionsrechte für kommerzielle Nutzungen werden vom Bildarchiv des DHM verwaltet, das branchenübliche Nutzungshonorare berechnet.

LeMO

Das Deutsche Historische Museum betreibt zusammen mit dem Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn ein umfangreiches Internetangebot, genannt LeMO (Lebendiges virtuelles Museum Online), mit Informationen zur deutschen Geschichte von 1871 bis zur Gegenwart. Über 30.000 HTML-Seiten, 165.000 Abbildungen, Audio- und Videoaufnahmen stehen im Web bereit.

Literatur

  • Christoph Stölzl: Deutsches Historisches Museum. Ideen – Kontroversen – Perspektiven. ISBN 3-549-06682-1
  • Deutsches Historisches Museum Berlin. Aldo Rossis Entwurf im Gefüge der Kulturformen, ISBN 3-421-03004-9
  • Mathias Wallner und Heike Werner: Architektur und Geschichte in Deutschland. S. 162–163, München 2006, ISBN 3-9809471-1-4
  • Jürgen Kocka: Ein chronologischer Bandwurm. Die Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums. In: Geschichte und Gesellschaft Jg.32/2006. S.398-411.
  • Ulrike Kretzschmar (Hrsg.): Das Berliner Zeughaus. Vom Waffenarsenal zum Deutschen Historischen Museum. The Berlin Armoury. From the Arsenal to the German Historical Museum. München/Berlin/London/ New York, Prestel Verlag 2006. 112 S., zahlr. farb. Abb.. ISBN 3-7913-3356-9.
  • Heinrich Müller, Hartmut Kölling: Europäische Hieb- und Stichwaffen. aus der Sammlung des Museums für Deutsche Geschichte Berlin, Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik 1981, 2. Auflage 1982, 448 S., zahlr. farb. und s/w Abb., fotografiert von Gerd Platow, Bestellnummer:746 245 6, nur antiquarisch erhältlich (behandelt den Bestand des Vorgängermuseums)

Weblinks

 Commons: Deutsches Historisches Museum – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Deutsches Historisches Museum. Ideen - Kontroversen - Perspektiven. Hrsg. Christoph Stölzl. Frankfurt/Berlin 1988, S.641.
52.51777777777813.396944444444

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