- Wilkens & Söhne
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Die Silberwarenfabrik M. H. Wilkens & Söhne ist ein auch historisch bedeutender Hersteller und Vertreiber von silbernen und versilberten Bestecken und Korpusartikeln (Tischgerät).
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der Goldschmied Martin Heinrich Wilkens (1782–1869) hatte sich 1810 mit einer Werkstatt in der Bremer Altstadt niedergelassen. In den wirtschaftlich schwierigen Anfangsjahren produzierte und reparierte er zunächst noch ganz handwerklich Gold- und Silberwaren, bis nach dem Eintritt seiner ältesten Söhne, dem geschickten Mechaniker Dietrich und dem fähigen Graveur Carl sich der Betrieb ab etwa 1830 zur Prägeanstalt entwickelte, die bald gepresste Halbfertigwaren und ganze Tafelsilberteile über Bremen hinaus absetzen konnte. Zur gleichen Zeit beginnt die Herstellung von Medaillen und zwischen 1840 und 1861 prägte er insgesamt 1,7 Millionen Münzen im Auftrag des bremischen Staates.
Seit 1851 beschickte Wilkens die Weltausstellungen. Spätestens seit 1857 diente eine Dampfmaschine zum Antrieb der Pressen und Drückbänke. 1859 verlegten die drei Brüder Wilkens die Besteckfabrikation in das damals zum Königreich Hannover gehörende Hemelingen, 10 Jahre später die gesamte Herstellung. Nur das Ladengeschäft verblieb noch in Bremen. So konnte man günstig innerhalb der Grenzen des Zollvereins produzieren,[1] da in Bremen selbst nur ein Viertel der fertigen Waren abgesetzt wurde. Die enorme Steigerung der Produktion brachte es mit sich, dass der Absatz längst nicht mehr direkt an den Endverbraucher erfolgte. Die ab 1866 vorliegenden Auftragsbücher verzeichnen daher als Kunden die Namen der großen Juweliere und Silberhändler aus nahezu allen deutschen Großstädten. Den Endverkäufern war daran gelegen, den Silberwaren den Makel der Serienherstellung zu nehmen. Sie verlangten daher oft den Verzicht auf die Stempelung des Herstellers. So ist die bremische Herkunft mancher Objekte heute nur an der unscheinbaren Fabrikmarke neben dem Namenszug des Verkäufers, an der Auftragsnummer oder durch einen Vergleich mit Abbildungen in den Musterbüchern zu erkennen. Die "Silberpräge" war damals der bedeutendste Betrieb in Hemelingen, der Inhaber Diedrich Wilkens der größte Steuerzahler im Altkreis Achim. Vor dem Ersten Weltkrieg gehörte das Unternehmen neben Koch & Bergfeld in Bremen und Bruckmann in Heilbronn zu den drei großen deutschen Silberwarenfabriken. In Hemelingen entstanden Kirche und soziale Einrichtungen auf Betreiben und mit finanzieller Unterstützung der Familie Wilkens.
Tischgerät und Bestecke aus Wilkenscher Produktion sind heute häufig Gegenstand des Antiquitätenhandels; die umfangreichste Sammlung besitzt das Focke-Museum in Bremen.[2]
Marken
Um 1810 bis um 1830 führte man den kursiven Schriftzug Wilkens, später den Namen in Versalien als Meisterzeichen neben dem Beschauzeichen "Bremer Schlüssel". Zwischen 1874 und 1886 ist die Halbmondmarke als Zeichen für 750er Silber in Gebrauch. Seit 1886 ist die Spindelpresse eingetragenes Warenzeichen des Unternehmens und wird bis heute als Fabrikmarke gestempelt.
Auftragsnummern
Neben Fabrikmarke und Reichsstempel wurden bei Wilkens oft zusätzlich Auftragsnummern gepunzt. Sie wurden in chronologischer Folge vergeben und so erlaubt es die folgende Tabelle, ältere Korpusstücke der Firma aufs Jahr genau zu datieren. Ab etwa 1927 wurden nur noch bei besonderen Einzelanfertigungen Auftragsnummern gestempelt (bei Serienware trat an ihre Stelle eine vierstellige Modellnummer). Bestecke hatten eine eigene, nicht gestempelte Modellnummernfolge. In der Tabelle ist jeweils die in den Auftragsbüchern des jeweiligen Jahres zuletzt vergebene Nummer vermerkt.
Im Jahr lautete
die letzte
Auftrags-
nummer1866 8214 1867 10416 1868 12569 1869 14654 1870 16622 1871 18832 1872 21688 1873 24477 1874 27184 1875 29983 1876 32169 1877 34599 1878 36846 1879 39000 1880 42131 1881 45223 1882 48124 Im Jahr lautete
die letzte
Auftrags-
nummer1883 51303 1884 54478 1885 51722 1886 61542 1887 66142 1888 11036 1889 76180 1890 80712 1891 85322 1892 89797 1893 94541 1894 99839 1895 105448 1896 110971 1897 116777 1898 122892 1899 129108 Im Jahr lautete
die letzte
Auftrags-
nummer1900 134965 1901 140201 1902 145494 1903 150922 1904 157518 1905 163904 1906 170297 1907 176566 1908 183247 1909 190546 1910 198880 1911 208270 1912 218675 1913 229116 1914 237448 1915 240599 1916 247516 Im Jahr lautete
die letzte
Auftrags-
nummer1917 251821 1918 255975 1919 265605 1920 214623 1921 285986 1922 294230 1923 301828 1924 312120 1925 323579 1926 335844 1927 356211 1928 358924 1929 361773 1930 362850 1945 364921 1960 366375 1970 366746 Die jüngere Unternehmensentwicklung
Im Jahre 1969 fusionierte die M. H. Wilkens & Söhne AG mit der Bremer Silberwarenfabrik AG (BSF) zur Wilkens Bremer Silberwaren AG.
Die Wilkens Bremer Silberwaren AG im Bremer Stadtteil Hemelingen existierte bis 1995 selbständig und gehört seitdem mit ihren Marken Wilkens und BSF zur Zwilling J. A. Henckels. 2005 wurden die Unternehmensbereiche Logistik und Vertrieb in Solingen zusammengelegt, die Herstellung von Silberwaren verblieb jedoch in Bremen. Aktuell wird die Abkürzung BSF für eine Produktlinie aus Edelstahl der Zwilling AG benutzt.
2006 wurde die Manufaktur in Bremen von den beiden Geschäftsführern übernommen, die sich mit dem Unternehmen Zwilling auf eine Lizenz zur Produktion von Silberwaren der Marke Wilkens einigten. Wilkens & Söhne GmbH ist wieder ein eigenständiges Bremer Unternehmen und im Besitz der Gebäude in Hemelingen. Seit 2008 wird Edelstahlbesteck der Marke Wilkens ebenfalls wieder von Hemelingen aus vermarktet und vertrieben.[3]
Der Park und die Villa Wilkens in der Hemelinger Bahnhofsstraße/Diedrich-Wilkens-Straße gingen in das Eigentum des Landes Bremen über. In der Alten Villa ist derzeit das Bürgerhaus Hemelingen und in der Neuen Villa ein italienisches Restaurant untergebracht. Teile des Grundstücks wurden für den Bau des Hemelinger Tunnels in Anspruch genommen – hier stand auch die Remise (abgerissen), der das Daimler Werk Bremen mit der Autobahn verbindet.
Das Familiengrab Wilkens liegt auf dem Hemelinger Friedhof. Auch auf dem Riensberger Friedhof am See gegenüber dem ehemaligen Krematorium (heute Columbarium) und dem Rutenberg Mausoleum befindet sich ein Wilkens-Grabmal. Es beherbergt die Pumpe für die Wasserversorgung des Friedhofs.
Neben dem Fabrikverkaufsladen in Hemelingen hat im Herbst 2008 Wilkens & Söhne den ersten eigenen Laden in der Waterfront Bremen eröffnet. 2010 wurden dieser wieder geschlossen.
Literatur
- M. H. Wilkens & Söhne (Hrsg.): 1810–1910. Kurze Geschichte der Gründung des Geschäfts und seiner Entwicklung in den 100 Jahren seines Bestehens. Bremen, Druckerei Freese 1910. Festschrift.
- Wilkens, Helmut: Mündlicher Bericht anlässlich der Hauptversammlung am 6. September 1985 der Wilkens Bremer Silberwaren AG, Bremen. Hektographie.
- Hermann Entholt: Wilkens, Martin Heinrich. In: Bremische Biographie des neunzehnten Jahrhunderts. Herausgegeben von der Historischen Gesellschaft des Künstlervereins, Verlag von Gustav Winter, Bremen 1912.
- Rauer, Friedrich: Hemelingens Straßen und ihre Geschichte. 1999.
- Löhr, Alfred: Bremer Silber. Von den Anfängen bis zum Jugendstil. Handbuch und Katalog zur Sonderausstellung vom 6. Dezember 1981 bis 18. April 1982 im Bremer Landesmuseum (Focke-Museum).
- Fellmann, Lena : 200 Jahre Wilkens Bremer Silberwaren. Zur Geschichte eines bremischen Familienunternehmens, In: Bremisches Jahrbuch, Band 89, S. 167-229, Bremen 2010.
Einzelnachweise
- ↑ Noch nach der Reichsgründung 1871 blieben Bremen und Hamburg mit ihren Häfen außerhalb des reichsdeutschen Zollgebietes
- ↑ vgl. Katalog Bremer Silber - Von den Anfängen bis zum Jugendstil, Focke-Museum Bremen 1981
- ↑ Marke Wilkens wieder unter einem Dach (PDF). Wirtschaft in Bremen 12/2007, S. 7. Handelskammer Bremen. Abgerufen am 11. Dezember 2008.
Weblinks
53.0591611111118.8859666666667Koordinaten: 53° 3′ 33″ N, 8° 53′ 9,5″ OKategorien:- Unternehmen (Bremen)
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