Brutus Molkenbuhr

Brutus Molkenbuhr

Hugo Brutus Hermann Molkenbuhr (* 10. März 1881 in Ottensen; † 11. September 1959) spielte als Soldatenrat im Vorfeld und Verlauf der Novemberrevolution als Verfechter einer Räterepublik eine wichtige Rolle. Zeitweise war er zweiter Vorsitzender des Vollzugsrates der Arbeiter- und Soldatenräte Großberlin.

Inhaltsverzeichnis

Biografische Daten

Vollzugsratsausweis Nr. 1 von Emil Barth, unterschrieben durch Richard Müller und Brutus Molkenbuhr als Vorsitzende des Berliner Vollzugsrates

Der Schriftsetzer Brutus Molkenbuhr war der dritte Sohn von Friederike Köster[1] und von Hermann Molkenbuhr, einem SPD-Politiker, Reichstagsabgeordneten und einer prägenden Persönlichkeit in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Auch Brutus Molkenbuhr trat in die SPD ein. Seit 1914 diente er im Ersten Weltkrieg, 1916 wurde er Feldwebel.

1918 wurde er Soldatenrat des Lazarett-Krankenhauses in Berlin-Friedrichshain. Auf dem Treffen im Zirkus Busch wurde er am 10. November 1918 als Soldatenrat in den Vollzugsrat der Arbeiter- und Soldatenräte Großberlin gewählt. Nach dem Ausscheiden Hans-Georg von Beerfeldes stieg er zwei Tage später neben Richard Müller zum Zweiten Vorsitzenden des Vollzugsrats auf. Am 8.  Januar 1919 gab Molkenbuhr den Vorsitz ab und war anschließend im militärischen Ausschuss des Vollzugsrats tätig.[2]

Arbeit im Militärischen Ausschuss des Vollzugsrats

In einer Vollversammlung der Groß-Berliner Soldatenräte wandte sich Molkenbuhr am 15.  Januar 1919 scharf gegen die Spartakisten, die die Gewaltakte der letzten Woche verursacht hätten. Es seien Kräfte am Werk, die die Errungenschaften der Revolution in Frage stellten. Die Verbrecher der weißen Garde müssten entwaffnet werden. Allerdings könne man die Kommunisten und Spartakisten nicht mit Maschinengewehren, sondern nur mit geistigen Waffen bekämpfen.[3]

Im Militärischen Ausschuss setzte sich Molkenbuhr im April 1919 dafür ein, dass vor allem der Militarismus durch eine Umwandlung des Heeres in eine Volkswehr beseitigt werden müsse. Da auch im neuen Heere fachliche Kompetenz nötig sei, solle man nicht ausnahmslos alle Offiziere entlassen. Militärische Bildungsanstalten, die allerdings nicht zu Drillanstalten werden sollten, seien nach wie vor nötig. Auch vom neuen Heer sei die Politik fernzuhalten. Werde ein Heer nach seinen Grundsätzen aufgestellt, könne auf die Soldatenräte verzichtet werden. Die Vorschläge stießen im Ausschuss auf erheblichen Widerspruch. Zudem wurde Molkenbuhr vorgeworfen, dass er sich dafür verbürgt habe, eine 16.000 Mann starke republikanische Soldatenwehr genüge, um für die Sicherheit zu sorgen. Es sei die Schuld Molkenbuhrs, dass zur Unterdrückung der Unruhen die Berliner Truppen nicht herangezogen worden seien.[4]

Am 5. März 1919 hatte er sich auf einer Sitzung des zur Streikleitung erweiterten Vollzugsrats für eine paritätische Besetzung des militärischen Ausschusses ausgesprochen.[5] In der Frage, ob der Bund Deutscher Bodenreformer auf der Wahlliste bei Siemens zugelassen werden solle, wandte sich Molkenbuhr auf einer Sitzung vom 14. Mai 1919 gegen Paul Lange und andere: „Der Bund Deutscher Bodenreformer ist eine politische Partei, die müssen wir zulassen. Wir müssen sehen, ob diese Firma in irgendeinen Zusammenhang mit dem Betrieb zu bringen ist.“[6] Am 16. April 1919 schloss er die ergebnislose Sitzung des Vollzugsrats mit der Streikleitung der Angestellten der Metallindustrie und Vertretern der Arbeitgeber (unter anderem Ernst von Borsig) mit den Worten: „Ich möchte feststellen, dass wir nichts dagegen einzuwenden haben, wenn die Regierung versucht, im Wege der Notverordnung diese Streitigkeiten aus dem Weg zu schaffen.“[7]

Molkenbuhr im Tucholsky-Gedicht

Unter seinem Pseudonym Theobald Tiger verewigte Kurt Tucholsky im Dezember 1918 Brutus Molkenbuhr in seinem Gedicht Bruch[8], in dem er die Zukunft der vom Soldatenrat Hans Paasche zur Sprengung vorgeschlagenen[9] Siegesallee thematisierte:

„Was aber wird nun aus der Siegsallee?
Wird man dieselbe, weil zu royalistisch,
zu autokratisch und zu monarchistisch,
abfahren in den Neuen See?

Läßt man bei jedem Denkmal die Statur?
und setzt nur neue Köpfe auf die Hälse?
Nun, sagen wir mal, den von Lüders Else
und Brutus Molkenbuhr?

Weckt man den schönen, weißen Marmor ein?
Vor langen Jahren, damals, im Examen,
wußt ich, wie alle nach der Reihe kamen ...
Soll das umsonst gewesen sein?

Und sie ist schön! – Laß uns vorübergehen
und lächeln – denn wir wissen ja Bescheid.
Ich glaub, wir lassen still die Puppen stehen
als Dokumente einer großen Zeit.“


Literatur

  • Gerhard Engel, Gaby Huch, Ingo Materna (Hrsg.): Groß-Berliner Arbeiter- und Soldatenräte in der Revolution 1918/19. Vom Generalstreikbeschluß am 3. März 1919 bis zur Spaltung der Räteorgane im Juli 1919. Akademie Verlag, Berlin 2002 ISBN 978-3-05-003665-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Deutsches Historisches Museum Tabellarische Biografie des Vaters Hermann Molkenbuhr
  2. Gerhard Engel, Gaby Huch, Ingo Materna (Hrsg.): Groß-Berliner Arbeiter- und Soldatenräte in der Revolution 1918/19. …. S. 28, Anm. 41
  3. Gerhard Engel u.a. (Hrsg.): Groß-Berliner Arbeiter- und Soldatenräte in der Revolution 1918/19. Vom 1. Reichsrätekongreß bis zum Generalstreikbeschluß am 3. März 1919. Akademie Verlag, Berlin 1997, S. 270 ISBN 978-3-05-003061-6.
  4. Gerhard Engel, Gaby Huch, Ingo Materna (Hrsg.): Groß-Berliner Arbeiter- und Soldatenräte in der Revolution 1918/19. …. S. 395
  5. Gerhard Engel, Gaby Huch, Ingo Materna (Hrsg.): Groß-Berliner Arbeiter- und Soldatenräte in der Revolution 1918/19. …. S. 51
  6. Gerhard Engel, Gaby Huch, Ingo Materna (Hrsg.): Groß-Berliner Arbeiter- und Soldatenräte in der Revolution 1918/19. …. S. 665
  7. Gerhard Engel, Gaby Huch, Ingo Materna (Hrsg.): Groß-Berliner Arbeiter- und Soldatenräte in der Revolution 1918/19. …. S. 519
  8. Theobald Tiger (= Kurt Tucholsky): Bruch (Gedicht). In: Ulk Nr. 50, 13. Dezember 1918 Ulk, Nr. 50, 1918, Universitätsbibliothek Heidelberg digital
  9. Uta Lehnert: Der Kaiser und die Siegesallee. Réclame Royale, Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1998, S. 319 ISBN 3-496-01189-0.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Molkenbuhr — ist der Familienname folgender Personen: Hermann Molkenbuhr (1851–1927), SPD Politiker, Reichstagsabgeordneter Brutus Molkenbuhr (1881–1959), Soldatenrat der Novemberrevolution Diese Seite ist eine Begriffsklärung zur Un …   Deutsch Wikipedia

  • Hermann Molkenbuhr — um 1890 Hermann Molkenbuhr (* 11. September 1851 in Wedel; † 22. Dezember 1927 in Berlin) war ein deutscher SPD Politiker und Reichstagsabgeordneter. Molkenbuhr gehört zu den prägenden Persönlichkeiten in der Geschichte der deutschen Arbeiterbe …   Deutsch Wikipedia

  • Emil Barth (Politiker) — Ausweiskarte Nr. 1: Emil Barth, Mitglied des Vollzugsrats des Arbeiter und Soldatenrats, unterschrieben durch Richard Müller und Brutus Molkenbuhr als Vorsitzende des Rates Emil Barth (* 23. April 1879 in Heidelberg; † 17. Juli 1941 in Berlin)… …   Deutsch Wikipedia

  • Hamburg-Ottensen — Ottensen Stadtteil von Hamburg …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Figurengruppen in der Berliner Siegesallee — Plan der Siegesallee mit den 32 Figurengruppen 1902 Die Liste der Figurengruppen in der Berliner Siegesallee führt 32 Figurengruppen der ehemaligen Siegesallee im Berliner Tiergarten auf. Die aus Marmor hergestellten Gruppen bestanden aus 32 …   Deutsch Wikipedia

  • Novemberrevolution — 1918: Revolutionäre Soldaten mit der Roten Fahne am 9. November vor dem Brandenburger Tor in Berlin …   Deutsch Wikipedia

  • Richard Müller (USPD) — Richard Müller (* 9. Dezember 1880 in Weira; † 11. Mai 1943 in Berlin) spielte als einer der Köpfe der Revolutionären Obleute vor allem im Vorfeld und Verlauf der Novemberrevolution als Verfechter einer Räterepublik eine wichtige Rolle. So war er …   Deutsch Wikipedia

  • Siegesallee — Die Siegesallee war ein von Kaiser Wilhelm II. 1895 in Auftrag gegebener und finanzierter Prachtboulevard im Tiergarten in Berlin, der 1901 vollendet wurde. 32 Denkmäler aus Marmor stellten sämtliche Markgrafen, Kurfürsten und Könige… …   Deutsch Wikipedia

  • German Revolution of 1918–1919 — November Revolution redirects here. For the 1974 discovery of charm in physics, see November Revolution (physics). For the revolutions in German Confederacy in 1848, see Revolutions of 1848 in the German states. For the Russian revolution on… …   Wikipedia

  • Vollzugsrat des Arbeiter- und Soldatenrates Groß-Berlin — Der Vollzugsrat des Arbeiter und Soldatenrates Groß Berlin beanspruchte in der Novemberrevolution von 1918 die Rolle einer vorläufigen Zentralinstanz der Arbeiter und Soldatenräte in Groß Berlin, Preußen und des Reiches. Er hatte die Aufgabe bis… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”