Arbeiter- und Soldatenrat

Arbeiter- und Soldatenrat
Reichsversammlung der Arbeiter-und Soldatenräte am 16. Dezember 1918

Arbeiter- und Soldatenräte waren in der deutschen Novemberrevolution 1918 Organe der Selbstverwaltung in den Städten, in denen sich Arbeiter und Soldaten erhoben, um die eben entstandene parlamentarische Regierung zu stützen und den Ersten Weltkrieg zu beenden. Sie nahmen die Sowjets (deutsch: Räte) der russischen Oktoberrevolution zum Vorbild, bestanden aber in ihrer Mehrheit aus Anhängern der SPD und USPD. Die Institution der Räte bildet das wichtigste Element der Rätedemokratie sowie damit zusammenhängend der politischen Strömung des Rätekommunismus.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Ansprache eines Mitglieds des Arbeiter-und Soldatenrats am Berliner Reichstag, November 1918

Der erste Arbeiter- und Soldatenrat bildete sich am 4. November 1918 als Folge des Kieler Matrosenaufstands. In den nächsten Tagen folgten zahlreiche weitere Städte diesem Beispiel, bis die Revolution am 9. November Berlin erreichte. Während es sich am Anfang um soziale und Antikriegs-Proteste mit der Parole „Frieden und Brot“ handelte, forderten die Räte die Abdankung des Kaisers Wilhelm II. und die sozialistische Republik. Auf dem am 16. Dezember in Berlin zusammengetretenen Reichsrätekongress wurde darüber hinaus die Abschaffung der bisherigen Heeresverfassung und die Einführung eines Volksheeres mit gewählten Offizieren gefordert. Der Antrag der USPD, am Rätesystem als Grundlage der Verfassung der Republik festzuhalten und den Räten die legislative und exekutive Gewalt zuzugestehen, wurde abgelehnt.

Der SPD-Politiker Gustav Noske stellte sich in Kiel an die Spitze des Arbeiter- und Soldatenrates, mit dem Ziel, die revolutionäre Bewegung zu mäßigen und letztlich zu neutralisieren. Im Ergebnis kam es zur Gründung der Weimarer Republik als Kompromiss zwischen den revolutionären Forderungen und den Interessen der bürgerlichen Kräfte in Deutschland.

Aus den Erfahrungen der Arbeiter- und Soldatenräte[1] und ihrer (Teil-)Niederlage bildete sich die KPD unter Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg.

Langfristige Bedeutung

Obwohl es bereits Vorläufer im 19. Jahrhundert gab (Arbeiterausschüsse), können die 1918 gebildeten Arbeiterräte als Ursprung von Betriebsräten und später auch Personalräten, also der Arbeitnehmervertretung im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung, verstanden werden.

Siehe auch

Literatur

  • Wilhelm Keil: Erlebnisse eines Sozialdemokraten. Band 2. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1948.
  • Reinhard Rürup: Probleme der Revolution in Deutschland 1918/19. Steiner, Wiesbaden 1968 (Institut für Europäische Geschichte Mainz. Vorträge 50, ISSN 0537-7927).
  • Ulrich Kluge: Soldatenräte und Revolution. Studien zur Militärpolitik in Deutschland 1918/19. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1975, ISBN 3-325-35965-9 (formal falsche ISBN), (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 14), (Zugleich: Berlin, FU, Diss., 1972), online.
  • Allgemeiner Kongreß der Arbeiter- und Soldatenräte Deutschlands. Vom 16. bis 21. Dezember 1918 im Abgeornetenhause zu Berlin. Reprint der Ausgabe Berlin 1919. Olle & Wolter, Berlin 1976, (Kritische Bibliothek der Arbeiterbewegung 1, ZDB-ID 518701-1).
  • Sebastian Haffner: Die deutsche Revolution 1918/1919. Wie war es wirklich? Kindler, München 1979, ISBN 3-463-00738-X (5. korrigierte und aktualisierte Auflage unter dem Titel: Der Verrat. Verlag 1900, Berlin 2002, ISBN 3-930278-00-6).
  • Hagen Schulze: Weimar. Deutschland 1917–1933. Severin u. Siedler, Berlin 1982, ISBN 3-88680-050-4 (Siedler deutsche Geschichte = Die Deutschen und ihre Nation 4).
  • Karl Heinrich Pohl: Obrigkeitsstaat und Demokratie. Aspekte der „Revolution“ von 1918/19. In: Manfred Hettling (Hrsg.): Revolution in Deutschland? 1789–1989. Sieben Beiträge. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1991, ISBN 3-525-33572-5, S. 46–70, online.
  • Heinrich August Winkler: Weimar 1918–1933. Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie. Beck, München 1993, ISBN 3-406-37646-0.
  • Horst Möller: Die Weimarer Republik. Eine unvollendete Demokratie. 9. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2008, ISBN 978-3-423-34059-5, S. 1–93 (dtv 34059).

Regionale Darstellungen

  • W. Sollmann: Die Revolution in Köln. Ein Bericht über Tatsachen. Verlag der Rheinischen Zeitung, Köln 1918 (Nachdruck: Archiv Verlag, Braunschweig 1993).
  • Paul Hahn: Erinnerungen aus der Revolution in Württemberg. „Der rote Hahn. Eine Revolutionserscheinung.“ Bergers Literarisches Büro und Verlagsanstalt, Stuttgart 1922 (Zeitgenössische Memoirenwerke).
  • Erhard Lucas: Frankfurt unter der Herrschaft des Arbeiter- und Soldatenrats. 1918/19. Verlag Neue Kritik, Frankfurt am Main 1969.
  • Klaus Schönhoven: Die württembergischen Soldatenräte in der Revolution von 1918/19. In: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte. 33, 1974, ISSN 0044-3786, S. 236–257.
  • Eberhard Kolb, Klaus Schönhoven: Regionale und Lokale Räteorganisationen in Württemberg. 1918/19. Droste, Düsseldorf 1976, ISBN 3-7700-5084-3 (Quellen zur Geschichte der Rätebewegung in Deutschland 1918/1919. Bd. 2).
  • Günter Cordes: Das Revolutionsjahr 1918/19 in Württemberg und die Ereignisse in Ludwigsburg. In: Ludwigsburger Geschichtsblätter. 32, 1980, ISSN 0179-1842, S. 117–138.
  • Dirk Dähnhardt: Revolution in Kiel. Der Übergang vom Kaiserreich zur Weimarer Republik 1918/19. 2. unveränderte Auflage. Karl Wachholtz, Neumünster 1984, ISBN 3-529-02636-0 (Mitteilungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte 64), (Zugleich: Kiel, Univ., Diss., 1977).

Dokumente

Anmerkungen

  1. Manche Zeitgenossen sprachen von „Arsol-Räten“.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Arbeiter- und Soldatenrat Eppingen — Der Arbeiter und Soldatenrat Eppingen wurde am Abend, 8 Uhr, des 27. Novembers 1918 in Eppingen (Baden) gegründet. Vorstand Folgende Personen wurden in den Vorstand gewählt: Johannes Andreas, Maurer Karl Doll, Bahnarbeiter Josef Gern, Steinhauer… …   Deutsch Wikipedia

  • Arbeiter- und Soldatenräte — Reichsversammlung der Arbeiter und Soldatenräte am 16. Dezember 1918 Die Arbeiter und Soldatenräte waren in der Novemberrevolution 1918 Organe der Selbstverwaltung in den Städten, in denen sich Arbeiter und Soldaten erhoben, um die eben… …   Deutsch Wikipedia

  • Vollzugsrat der Arbeiter- und Soldatenräte Großberlin — Der Vollzugsrat der Arbeiter und Soldatenräte Großberlin beanspruchte in der Novemberrevolution von 1918 die Rolle einer vorläufigen Zentralinstanz der Arbeiter und Soldatenräte in Berlin, Preußen und des Reiches. Er hatte die Aufgabe bis zum… …   Deutsch Wikipedia

  • Reichskongress der Arbeiter- und Soldatenräte — Der Reichsrätekongress, auch Reichskongress der Arbeiter und Soldatenräte genannt, war die erste ordentliche Zentralversammlung der Arbeiter und Soldatenräte nach der Novemberrevolution von 1918 und tagte vom 16. bis 21. Dezember 1918 im Gebäude… …   Deutsch Wikipedia

  • Reichskongreß der Arbeiter- und Soldatenräte — Der Reichsrätekongress, auch Reichskongress der Arbeiter und Soldatenräte genannt, war die erste ordentliche Zentralversammlung der Arbeiter und Soldatenräte nach der Novemberrevolution von 1918 und tagte vom 16. bis 21. Dezember 1918 im Gebäude… …   Deutsch Wikipedia

  • Soldatenrat — Reichsversammlung der Arbeiter und Soldatenräte am 16. Dezember 1918 Die Arbeiter und Soldatenräte waren in der Novemberrevolution 1918 Organe der Selbstverwaltung in den Städten, in denen sich Arbeiter und Soldaten erhoben, um die eben… …   Deutsch Wikipedia

  • Soldatenrat — Sol|da|ten|rat, der: vgl. ↑Arbeiter und Soldaten Rat …   Universal-Lexikon

  • Carl-Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha — Carl Eduard Herzog von Sachsen Coburg und Gotha, um 1900 …   Deutsch Wikipedia

  • Carl Eduard Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha — Carl Eduard Herzog von Sachsen Coburg und Gotha, um 1900 …   Deutsch Wikipedia

  • Karl-Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha — Carl Eduard Herzog von Sachsen Coburg und Gotha, um 1900 …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”