Erich von Bock und Polach

Erich von Bock und Polach

Erich von Bock und Polach (* 13. Oktober 1911 in Hamburg; † 2. März 1979 in Bremen) war ein deutscher Offizier und Polizeipräsident bei der Polizei in Bremen.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Von Bock und Polach stammte wie der preußischer Generalfeldmarschall Max von Bock und Polach und der General der Infanterie Friedrich von Bock und Polach aus dem meißnischen Uradelsgeschlecht Bock und Polach. 1931 erfolgte seine Ausbildung bei der Hamburger Polizei. 1935 wurde er Polizeileutnant bei der Hamburger Landespolizei und zugleich als Leutnant von der Wehrmacht übernommen. 1936 wurde er Oberleutnant. Er war vor und im Zweiten Weltkrieg zunächst Kompanieführer, dann 1940 Hauptmann und nach einer Generalstabsausbildung 1942 Major i.G. sowie Generalstabsoffizier (Ia) in verschiedenen Divisionen. 1943 war er Oberstleutnant i.G. im Truppengeneralstab.[1] Am 1. September 1943 wurde er zum Oberst i.G. befördert. Von Oktober 1944 bis Februar 1945 diente er mit Uniform der Waffen-SS in der Division "Nordland" und stand bei Kriegsende im April 1945 im Rang eines SS-Standartenführers.[2]

1946, nach seiner Entlassung aus dem Kriegsgefangenenlager, schlug er sich beruflich in der Landwirtschaft, dann als Versicherungsvertreter und danach mit Tätigkeiten für einem Verlag in Hannover durch. Von 1945 bis 1951 leitete die Polizei in Bremen ein Chef der Polizei. 1951 erfolgte die Zusammenlegung von Ordnungs-, Kriminal- und Verwaltungspolizei (Stadtamt). Von Bock und Polach - seit den 1950er Jahren Mitglied in der SPD - wurde im Mai 1951[3] Nachfolger von Polizeidirektor Franz Noch (SPD) mit der neuen Amtsbezeichnung Polizeipräsident. Trotz seiner Mitgliedschaft in der SPD wurde seine Amtsführung von verschiedenen Seiten mehrfach angefochten. Um 1954/55 war er Mitglied des Sicherheitsausschuss beim Bundesvorstand der SPD unter Vorsitz von Fritz Erler.[4]

1960 hatte er Schwierigkeiten wegen einer vermeintlichen Annahme von Leihwagen der Firma Mercedes-Benz. Er musste vom März 1960 bis zum Oktober 1961 seine Amtsgeschäfte ruhen lassen. 1960 wurde er in einem Bestechlichkeitsprozess freigesprochen, jedoch in einem Disziplinarverfahren zu einer dreijährigen Gehaltskürzung verurteilt.[5]

1968 stand sein Verhalten bei den Bremer Straßenbahnunruhen vom 15. bis zum 22. Januar unter Kritik und scharfem Protest. Was als friedliche Schülerdemonstration gegen eine Preiserhöhung der Straßenbahn von 50 auf 70 Pfennig begann, eskalierte nach roher Polizeigewalt zu einem Massenaufstand. Am 17. Januar nahmen in den Nachmittagsstunden 3000 bis 5000 Demonstranten teil. Die Polizei sollte den Platz Domsheide räumen und die Besetzung der Straßenbahngleise beenden. Bock und Polach gab die Devise aus: „Draufhauen, draufhauen, nachsetzen!“[6] Die Gewalt und die Unruhen eskalierten. Erst nachdem Bürgermeisterin Annemarie Mevissen (SPD) Kompromissbereitschaft in einer Rede auf der Domsheide ankündigte, konnte Tage darauf der Schülerprotest friedlich und ohne Erhöhung der Fahrpreise beigelegt werden. Der Unabhängige Schülerbund (USB) forderte am 22. Januar 1968 durch Hermann Rademann erfolglos die Absetzung des Polizeipräsidenten.

1971 folgte ein Konflikt mit Senatsdirektor Dr. Waldemar Klischies (SPD), damals Stellvertreter des Innensenators Franz Löbert (SPD). Klischies wurde wegen dieser und anderer Angelegenheiten in den Ruhestand versetzt.[5]

1975 wurde gegen Bock und Polach ein Verfahren wegen Geheimnisverrat eröffnet. In einem Rundbrief hatte der konservative Journalist Joachim Siegerist (CDU) Informationen aus einem Mitschnitt eines vertraulichen Telefonats mit dem damaligen Bremer Polizeipräsidenten Erich von Bock und Polach veröffentlicht und an die örtliche CDU weitergegeben.[7][8] Siegerist wurde daraufhin aus dem Journalistenverband ausgeschlossen.[9] Von Bock und Polach wurde vom Dienst suspendiert. Durch seinen Austritt aus der SPD kam er einem Parteiausschlussverfahren zuvor. Ein Untersuchungsausschuss der Bremischen Bürgerschaft konnte kein eindeutiges Ergebnis mit sich bringen. Ende 1975 wurde er jedoch in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Die zivilrechtlichen Verfahren in diesem Zusammenhang fanden erst 1977 durch Verfahrenseinstellungen ein Ende.

1976 folgte ihm als Polizeipräsident Ernst Dieckmann in das Amt.

Bock und Polachs Sohn Hans-Georg von Bock und Polach (* 1942) war Oberstaatsanwalt, Referent der Justizpressestelle und seit 1995 Bremer Staatsrat beim Bremer Innensenator Ralf Borttscheller (CDU).

Literatur

Einzelnachweise

  1. Zahn um Zahn, Der Spiegel 38 / 1956
  2. Todesanzeige SS-Standartenführer Erich von Bock und Polach in Der Freiwillige, Ausgabe Mai 1979
  3. Geliehene Sterne Der Spiegel 13 / 1960
  4. Jahrbuch der SPD 1954/55, S. 188
  5. a b Schwarzwälder: Das Große Bremen-Lexikon S. 86
  6. Großer Graben Der Spiegel 4 / 1968
  7. Doller Brummer Der Spiegel 35 / 1975
  8. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. August 1977
  9. Lügen, Lügen, Lügen Der Spiegel 28 / 1986

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