Ernst Richard Neumann

Ernst Richard Neumann
Ernst Richard Julius Neumann
Neumanns Grabstein, ehem. in Dornholzhausen, heute Privatbesitz

Ernst Richard Julius Neumann (* 9. November 1875 in Königsberg (Preußen); † 19. August 1955 in Dornholzhausen (Bad Homburg)) war ein deutscher Mathematiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ernst Richard Julius Neumann war der Sohn des Pathologen und Professors an der Universität Königsberg Ernst Neumann und dessen Frau Anna (geb. König), sowie Neffe des Mathematikers Carl Gottfried Neumann. Neumann besuchte das Kneiphöfische Gymnasium in Königsberg. 1893–1998 studierte er Mathematik in Königsberg, Heidelberg und Leipzig. In Leipzig war er Schüler seines Onkels Carl. 1898 wurde er Assistent bei Friedrich Ernst Dorn am Physikalischen Institut der Universität in Halle und promovierte im gleichen Jahr in Leipzig (Dr. phil). Bereits 1899 habilitierte er in Halle wo er Privatdozent für Mathematik und mathematische Physik wurde. 1901 erhielt er einen Ruf nach Breslau und wurde außerordentlicher Professor für theoretische Physik. 1902 heiratete er in Halle Johanna Kautzsch (1878–1964, Tochter des Theologen Emil Kautzsch), das Paar bekam sechs Kinder (zwei Söhne fielen später im Zweiten Weltkrieg). 1905 wurde Neumann außerordentlicher Professor für Mathematik in Marburg, 1908 erhielt er dort eine ordentliche Professur. 1910/11 war er an der Philosophischen Fakultät Dekan. 1912 lehnte er einen Ruf nach Kiel ab. Im Zuge des Ersten Weltkrieges war Neumann an verschiedenen Wetterstationen tätig und erhielt 1918 einen Lehrauftrag im estnischen Dorpat, kehrte aber 1919 wieder zurück nach Marburg. 1923 wurde er in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen (Matrikel-Nr. 3491). Im Sommersemester 1933 war Neumann aus Gesundheitsgründen[1] beurlaubt, war im November aber für das Amt des Universitätsrektors im Gespräch. [2] Zum Wintersemester 1946 schied er auf eigenen Antrag aufgrund seines „vorgerückten Alters“[3] aus der Universitätslaufbahn aus und wurde emeritiert. Seine Nachfolger am Lehrstuhl wurden 1947 Max Deuring und 1950 Arnold Schmidt.

Wissenschaftliches Wirken

Neumann führte die Tradition der „Königsberger Schule“ fort. [4] Er konnte die Ergebnisse seines Onkels Carl Gottfried Neumann zur Potentialtheorie verbessern. Obwohl seine Erkenntnisse wichtig waren, stand sein Wirken im Schatten des berühmten Mathematikers David Hilbert dessen Theorie der linearen Integralgleichungen Neumann jedoch als Erster außerhalb von Hilberts Göttinger Universität in Vorlesungen ausgedehnt behandelte. Leon Lichtenstein, Gründer der Mathematischen Zeitschrift, lobte Neumanns 1922 erschienenes Buch Vorlesungen zur Einführung in die Relativitätstheorie als lückenfüllendes und didaktisch höchst lobenswertes Werk. [5]

Neumann war Mitherausgeber von Franz Neumanns gesammelte Werke (Teubner, Leipzig, 1928).

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Zur Poissonschen Theorie der Elektrostatik, insbesondere über die elektrische Vertheilung auf einem von drei Kugelflächen begrenzten Conductor., Dissertation, Philosophische Fakultät der Universität Leipzig, 1898; auch in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Bd.120, 1898, S.60-98, 277-304, Digitalsat bei DigiZeitschriften
  • Über die Anwendung eines eigentümlichen Reduktionsverfahrens auf elektrostatische Probleme: mathematisch-physikalische Abhandlung, Habilitation, Halle, 1899
  • Studien über die Methoden von C. Neumann und G. Robin zur Lösung der beiden Randwertaufgaben der Potentialtheorie, Teubner, Leipzig 1905, Jablonowski-Preisschrift 1905
  • Beiträge zu einzelnen Fragen der höheren Potentialtheorie, Teubner, Leipzig 1912, Jablonowski-Preisschrift 1912
  • Vorlesungen zur Einführung in die Relativitätstheorie, G. Fischer, Jena 1922

Anmerkungen

  1. Catalogus professorum academiae Marburgensis, 1979, S.870
  2. Nagel, 2000, S.17; Protokoll der Senatssitzung vom 3. November 1933: Vorschlagsliste des Senats für die Neubesetzung des Rektorpostens, S.180-181
  3. Gundlach, 1985, S.10
  4. Lorey, 1953, S.135
  5. Leon Lichtenstein: Buchbesprechung, Fortschritte der Mathematik, 48, 1921/22, S.980/981

Literatur

  • Johann Christian Poggendorff: Biographisch-literarisches Handwörterbuch der exakten Naturwissenschaften, Band 4, 1904, S.1067; Band 5, 1926, S.900; Band 6 III, 1938, S.1845; Band 7a3, 1959, S.418
  • Joseph Kürschner: Gelehrten-Kalender, Band 1, 1925, S.715; Band 8, 1954, S. 1666; Band 9, 1961, Nekrolog, S.2384
  • Hermann A. L. Degener: Neumann, Ernst Richard Julius, Unsere Zeitgenossen. Wer ist's?, 12, 1955, S.847
  • R. Zaunick: Ernst Richard Julius Neumann (MA, P: Material im Mitglieder-Archiv vorhanden, Akademie besitzt ein Porträt), Leopoldina, Mitteilungen der Deutschen Akademie der Naturforscher, Reihe 3, Jg.1, 1955, Juli-Dez., Nr.4-6, S.51
  • Wilhelm Lorey: Aus der mathematischen Vergangenheit Marburgs, Zeitschrift des Vereins für hessische Landeskunde, Band 64, 1953, S.135
  • Maximilian Krafft: Ernst Richard Neumann zum Gedächtnis, Jahrbuch der Albertus-Universität Königsberg, 8, 1958, S.34–43
  • Fritz Gause: Neumann, Ernst Richard, Altpreußische Biographie, 3, Ergänzungen zu Band 1 und 2, Elwert, 1975, S.1030
  • Inge Auerbach (Bearb.): Ernst Richard Julis Neumann, Catalogus professorum academiae Marburgensis, Band 2, von 1911 bis 1971, Marburg 1979, ISBN 3-7708-0580-1, S.870
  • Die Königsberger Gelehrtenfamilie Neumann, Renner, Albstadt 1982, Antiquariats-Katalog 58 des Antiquariats G. Renner, u.a. 54 Werke von und zu Ernst Richard Neumann
  • Karl-Bernhard Gundlach: 100 Jahre Mathematisches Seminar - Ein Rückblick auf die Entwicklung der Mathematik in Marburg (PDF), Fachbereich Mathematik der Universität Marburg, Marburg 1985
  • Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Neumann, Ernst Richard, Deutsche biographische Enzyklopädie, Band 7, May-Pleßner, Saur, 1999, ISBN 3-598-23167-9, S.382
  • Anne Chr. Nagel (Hrsg.): Die Philipps-Universität Marburg im Nationalsozialismus: Dokumente zu ihrer Geschichte, Steiner, 2000, 3-515-07653-0
  • Rudolf Fritsch: Mathematiker unter Franz Neumanns Nachkommen (PDF), In: Rudolf Fritsch, Eberhard Neumann-Redlin-von Meding, Tatiana J. Schenck (Alle Hrsg.): Franz Ernst Neumann (1798–1895) – Zum 200. Geburtstag des Mathematikers, Physikers und Kristallographen, Seminar im Deutsch-Russischen Haus Königsberg – Kaliningrad, 25. und 26. September 1998. Dies academicus der Arbeitsgemeinschaft für Ost- und Westpreußische Landeskunde im Mathematischen Institut der Ludwigs-Maximilians-Universität (München), 4. Dezember 1998, Terra Baltica und Ludwig-Maximilians-Universität, Kaliningrad – München 2005, S.116–161

Weblinks



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