- Erschlagen des Feindes (Ägypten)
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Als Erschlagen des Feindes oder Erschlagen der Feinde (im Plural) bezeichnet die Ägyptologie ein bestimmtes Bildprogramm, das in der altägyptischen Kultur zum festen Standard königlicher Relief- und Malereikunst gehörte und den ägyptischen König (Pharao) als unbesiegbaren Eroberer und Abwehrer fremdländischer Staaten nebst Bewohner in idealisierter Form darstellen und repräsentieren sollte. Daher ist das Motiv des "Erschlagen der Feinde" weitestgehend mehr als politische Propaganda zu verstehen.
Inhaltsverzeichnis
Politischer und kultureller Hintergrund
Gemäß dem ägyptischen Glauben galt der Pharao als göttlicher Vermittler zwischen Himmel und Erde, aber auch als Beschützer und Führer seines Reiches. Da ihm generell übernatürliche Eigenschaften zugedacht wurden (zum Beispiel, dass er mit seinem Tode zu den Göttern zurückkehren würde), wollte man die Rolle des Königs als Beschützer unter anderem im Bildprogramm des „Erschlagen der Feinde“ zum Ausdruck bringen. Der König wurde piktografisch als unbesiegbarer Eroberer und Feindabwehrer idolisiert, der es mit jedem fremdländischen Gegner aufnimmt und diesen vertreibt. In frühdynastischer Zeit hatte das Motiv „Erschlagen der Feinde“ noch einige kultische Hintergründe, die aber mit der darstellerischen Kanonisierung spätestens ab der 3. Dynastie der rein politischen Propaganda wichen. Damit wird offenkundig, dass hier kein historisches Ereignis festgehalten werden sollte, wie früher oft angenommen. Der König wird auch nie wirklich bei der Tötung seines Opfers direkt gezeigt, er posiert lediglich in überlegener, einschüchternder Haltung.
Diese Symbolik vornehmlich in bildlicher Form auszudrücken hatte den Vorteil, dass selbst Menschen, die nicht lesen und schreiben konnten, dennoch eingeschüchtert oder wenigstens beeindruckt wurden, besonders Menschen aus feindlichen Gebieten. Aus diesem Grund finden sich Stelen, Fresken und Pylonen des Alten Ägyptens, die das Motiv „Erschlagen des Feindes“ zeigen, gehäuft an damaligen Grenzgebieten, zum Beispiel zu Nubien und Libyen. Damit bestätigt sich der Sinn und Zweck des Motivs als politisches Mittel zur Feindabwehr. Das Motiv erscheint aber auch an Pylonen und in Reliefs von besonders bedeutsamen Tempel- und Palastanlagen, wie zum Beispiel in Karnak und Luxor. Damit sollte dem eigenen Volk eine Sicherheit vermittelt werden, die nur der Pharao zu gewährleisten vermochte.
Belege und Darstellungsformen
Prunkpalette des Narmer aus Abydos (Rückseite; Detail) Felsrelief des Sanacht aus dem Wadi Maghara (3. Dynastie) Sandsteinrelief des Snofru [1] Thutmosis III. erschlägt seine Feinde (Tempel von Karnak, 18. Dynastie) Bereits unter König Narmer (1. Dynastie) findet sich eine der ältesten Darstellungen des „Erschlagen des Feindes“, eingraviert auf der Rückseite der Prunkpalette des Narmer aus Abydos. Bereits hier sind erste kanonisierende Elemente enthalten, die dann bildtechnisch in der 3. Dynastie ihre Vollendung finden. Bekannteste Beispiele hierfür sind die Felsenreliefs aus dem Wadi Maghara der Könige Sanacht, Djoser, Sechemchet (allesamt 3. Dynastie) und Snofru (4. Dynastie). Ein bekanntes Beispiel aus späterer Zeit ist das Siegesrelief des Pharao Thutmosis III. (18. Dynastie) im Tempel von Karnak, auf welchem der Herrscher gleich eine ganze Gruppe von Feinden erschlägt.
Die Darstellungsweise des „Erschlagen der Feinde“ ist im Grunde genommen stets dieselbe: Der König hält in der linken Hand ein schweres Prunkzepter, mit der rechten Hand hat er einen stolpernden oder knienden Feind bei den Haaren gepackt. Mit der Keule holt der König bereits zum todbringenden Schlag aus. Der Feind kann aufgrund seiner Haar- und Barttracht stets als Asiate identifiziert werden, bis ins Alte Reich bleibt der Feind selbst allerdings namenlos. Der König trägt außerdem einen Dolch im Gurt, dazu einen kurzen Schurz, an dem rückwärtig ein Tierschwanz befestigt ist.
Ebenfalls seit der Prädynastik nachweisbar ist der Umstand, dass das „Erschlagen des Feindes“ stets im Beisein einer Gottheit vollzogen wird, was an das in späterer Zeit (besonders seit Pharao Ramses II., 19. Dynastie) hervortretende Motiv des „Präsentieren der Feinde“ anknüpft. Hier wird der König gezeigt, wie er unterworfene Feinde einem Gott regelrecht darbietet und sie vorführt.
Literatur
- Renate Müller-Wollermann: Symbolische Gewaltdarstellung im Alten Ägypten. In: Martin Zimmermann: Extreme Formen von Gewalt in Bild und Text des Altertums. Herbert Utz Verlag 2009, ISBN 3831608539, Seite 47-64
- Toby A. H. Wilkinson: Early Dynastic Egypt. Routledge, London 1999, ISBN 0-415-18633-1, Seite 191
- Christian E. Schulz: Außenbeziehungen Ägyptens während der 3. Dynastie. GRIN-Verlag 2007, ISBN 3638758680, Seite 6-9
- Anthony J. Spalinger: Some Notes on the Battle of Megiddo and Reflections on Egyptian Military Writing, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo, 30. Ausgabe. von Zabern, Mainz 1974, S. 221-229
- Susanne Bickel: In ägyptischer Gesellschaft: Aegyptiaca der Sammlungen Bibel+Orient an der Universität Freiburg Schweiz. Verlag Saint-Paul 2004, ISBN 3727814292, Seite 34
Einzelnachweise
- ↑ vergl. Abeer El-Shahawy, Farid S. Atiya: The Egyptian Museum in Cairo: a walk through the alleys of ancient Egypt. American University in Cairo, Kairo 2005, ISBN 9789771721833, S.45, Abb.21
Kategorie:- Königtum (Ägypten)
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