- Carl Hilty
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Carl Hilty (* 28. Februar 1833 im Städtchen Werdenberg, Gemeinde Grabs im Kanton St. Gallen; † 12. Oktober 1909 in Clarens) war ein Schweizer Staatsrechtler und Laientheologe.
Erst Staatsrechtslehrer, wurde Hilty Nationalrat für die Demokraten und Leiter der Militärjustiz, bevor er an den Ständigen Schiedshof in Den Haag berufen wurde. Bekannt wurde er ab Ende des 19. Jahrhunderts vor allem durch seine philosophisch-theologischen Schriften. Seine Darlegungen zur Frage "Was ist Bildung?" gründen in der Erkenntnis, dass allein durch die Überwindung des menschlichen Zwiespalts wahre Bildung und Glück zu erreichen sind. Mit seinen drei Bänden "Glück" - erschienen 1890, 1895 und 1899 - hatte Hilty auch publizistisch großen Erfolg.
Die Glücksbände erreichten enorm hohe Auflagen, gingen noch während seiner Lebenszeit in die Zehntausende. Es kam zu Übersetzungen und Ausgaben ins Russische, Skandinavische und sogar in Amerika erschien eine Sammlung mit Aufsätzen. Diese Bücher gehörten auch zur Lekture von Konrad Adenauer, dem sie vor allem in der finsteren Nazizeit geistige Orientierung gegeben haben.).[1]
Sein Schaffen spiegelt seine Begabungen in Politik, Recht, Lebenshilfe (Psychologie/Medizin) und Religion (er war kein Theologie, ist von diesen bis heute nicht anerkannt) wider und bildeten die Basis für sein zahlreiches publizistisches Schaffen (vorab seine, heute noch vereinzelt überlieferten Zitate!), die in der Glücksforschung der Moderne ihren Niederschlag findet. Hilty definierte als Elemente des Glücks die "Gottesnähe" und "Arbeit", worunter er das aktive, auch politische Mitwirken am Reich Gottes verstanden hatte.
Hilty wurde als Sohn eines Arztes geboren und besuchte die Volks- und Kantonsschule in Chur. Er studierte an der Universität Göttingen und promovierte 1854 an der Universität Heidelberg zum Doctor iuris utriusque. Nach einer kurzen Zeit als Rechtsanwalt in Chur ging er 1856 zum Schweizer Militär. Ab 1874 unterrichtete er an der Universität Bern zunächst Schweizer Staatsrecht, später zusätzlich allgemeines Staats- und Völkerrecht sowie schweizerische Geschichte. Als Schweizer Delegierter ging er an das internationale Schiedsgericht in Den Haag.
Neben Vorlesungen zur eidgenössischen Geschichte bilden vor allem Hiltys von 1886-1909 selbst herausgegebenen Politischen Jahrbücher der Schweizerischen Eidgenossenschaft ein Werk "von einem großen Umfang und unausgeschöpfter Tiefe" (F. Seebaß). Hilty war mit Johanna Gärtner, der Tochter eines deutschen, als politischer Flüchtling in die Schweiz gekommenen Professors, verheiratet. Er starb in einem Hotel in Clarens am Ufer des Genfer Sees, wo er noch seinen letzten Text "Pax Perpetua" zum politischen Frieden zwischen den Staaten fertig geschrieben hatte. Auf seinem Grabstein in Bern (Bremgartenfriedhof, Familiengrab) stehen die Worte "Amor omnia vincit" („Liebe besiegt alles“).
Eine interessante Wirkungsgeschichte hat Carl Hilty in den letzten hundert Jahren in Japan erlebt, angestossen durch den russisch-deutschen Philosophen und Musiker Raphael von Koeber. In der Schweiz sind die Hauptschriften seines viele tausend Seiten umfassenden Werkes in zwei Bänden zur Ethik/Religion und Politik gerade neu aufgelegt worden. - Sein Vorbild stellt eine bis heute einmalige, authentische Verknüpfung von christlichem Glauben und liberalem Denken dar.
Inhaltsverzeichnis
Werke
- Bausteine, Aphorismen und Zitate aus alter und neuer Zeit; Verlag Edward Erwin Meyer, Leipzig-Aarau-Wien 1910.
- Das Evangelium Christi, mit einigen erläuternden Anmerkungen; J. C. Hinrisch'sche Buchhandlung, Leipzig-Frauenfeld 1910.
- Bausteine zum Glück, Ethisch-religiöse Schriften (inkl. Epiktets Handbüchlein der Moral), Verlag Bär, Niederuzwil 2010. - ISBN 978-3-9523212-4-9
- Politische Verantwortung, Politisch-ethische Schriften (Aufsätze Politisches Jahrbuch der Schweizerischen Eidgenossenschaft 1886-1910), Verlag Bär, Niederuzwil 2010. - ISBN 978-3-9523212-5-6
- Von der Heiligkeit der Ehe / Meine Grundsätze in der familiären Erziehung / Der mangelhafte Beitrag der staatlich organisierten Schulen für Selbsterziehung und Leben, in: Ehe, Familie, Gesellschaft, Verlag Bär, Niederuzwil 2011, S. 717-730, 731-740, 741-750, ISBN 978-3-9523212-6-3
- Moderne Heiligkeit / Die neue Reformation, in: Sankt Gallus, Verlag Bär, Niederuzwil 2011, S. 97-104, 136 f. - ISBN 978-3-9523212-7-0
Literatur
- Hanspeter Mattmüller: Hilty, Carl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972, S. 166.
- Friedrich Wilhelm Bautz: Carl Hilty. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 2, Hamm 1990, ISBN 3-88309-032-8, Sp. 873–874.
Einzelnachweise
- ↑ Gemäss der Aussage von Otto Kopp, einem Biographen Adenauers, der noch mit dessen Sohn gesprochen hatte, im Gespräch mit Verlag Bär, und der schriftlichen Andeutung im Buch von Anneliese Poppinga, "Das wichtigste ist der Mut. Konrad Adenauer - die letzten fünf Kanzlerjahre", S. 255.
Weblinks
- Literatur von und über Carl Hilty im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Carl Hilty im Historischen Lexikon der Schweiz
- "Seelsorge an sich selber" - Beitrag zum 100. Todestag im Kirchenboten seines Geburtskantons
- Carl Hiltys Übersetzung von Epiktets "Handbüchlein der Moral" (Glück 1. Band) im Projekt Gutenberg
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