Friedrich Schomerus

Friedrich Schomerus

Friedrich Riclef Schomerus (* 2. Januar 1876 in Marienhafe/Ostfriesland; † 20. April 1963 in Jena), war Personalabteilungsleiter der Firma Carl Zeiss in Jena, 1945–1949 Mitglied der Geschäftsleitung und Bevollmächtigter der Zeiss-Stiftung. Ehrenbürger der Stadt Jena.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Schomerus entstammt einer alten Familie aus Nordwestdeutschland[1]. Nach der Jugend in Ostfriesland studierte er in Göttingen, Berlin, Leipzig und Tübingen Jura und Nationalökonomie. Schon sehr früh zeichnete ihn ein besonderes sozialpolitisches Interesse aus. 1901–1903 übernahm er die Stelle eines Geschäftsführers beim neu geschaffenen Hamburger Volksheim. Anschließend unternahm er im Auftrag des Delmenhorster Unternehmers Carl Lahusen eine mehrmonatige Studienreise, um in England und in den USA Informationen zur Situation der Industriearbeiterschaft zu gewinnen. Schomerus Bemühungen, Lahusen zu konkretem sozialreformerischem Engagement zu bewegen, blieben jedoch erfolglos.

1906 wurde Schomerus Personalabteilungsleiter der Carl-Zeiss-Stiftung in Jena. Dort arbeitete er an der Erhaltung und Weiterentwicklung des sozialpolitischen Erbes von Ernst Abbe. In Jena entfaltete er auch ein lebhaftes kommunal- und reichspolitisches Engagement. Von 1914 bis 1933 war er Mitglied der Stadtverordnetenversammlung und Vorsitzender der Fraktion der Deutschen Demokratischen Partei sowie Mitglied in Finanz- und im Bauausschuss der Stadt. Bis 1933 schrieb er im „Jenaer Volksblatt“ Kommentare zur Lokal- wie auch zur Reichspolitik. Daneben wirkte er in zahlreichen lokalen und regionalen Gremien, gehörte z.B. 1919 zu den Gründern der Thüringer Volkshochschule. Schomerus bezog konsequent Stellung zugunsten der Weimarer Republik und war Mitglied im Reichsbanner.

1933 wurde er im Zuge der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten seiner Stellung als Leiter der Personalabteilung enthoben, ebenso fast aller seiner öffentlichen Ämter. Innerhalb von Carl-Zeiss wurde er nun mit weniger exponierten Aufgaben betraut. Als Vorstand der Carl-Zeiss-Siedlungsgemeinschaft war er verantwortlich für den Bau von 920 Eigenheimen und 240 Wohnungen.

Nach der Besetzung Jenas durch die amerikanischen Truppen wurde Schomerus wieder in seine Funktion als Personalchef eingesetzt. Nachdem die Amerikaner Thüringen geräumt und wesentliche Teile sowohl der Führung wie auch der Unterlagen der Firma mitgenommen hatten, gehörte er der neuen Geschäftsleitung an und war gleichzeitig Bevollmächtigter der Carl-Zeiss-Stiftung. Im Jahr der sowjetischen Demontage der Zeiss-Werke (1946) wurde Schomerus Mitglied der LDP-Fraktionen sowohl in der Jenaer Stadtverordnetenversammlung als auch im Thüringer Landtag in Weimar. Politischer Druck zwang ihn schließlich 1949 zur Niederlegung aller seiner Ämter. Die mittlerweile zum VEB umgewandelte Firma Carl-Zeiss versetzte ihn im selben Jahr in den Ruhestand.

Friedrich Schomerus starb 1963 im Alter von 87 Jahren.

Bibliographie (Auswahl)

Eigene Schriften

Das Verzeichnis der Schriften von Friedrich Schomerus umfasst 73 Titel sowie zahlreiche Artikel in Tageszeitungen.

  • Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen in Holland, in: Der Arbeiterfreund 3 (1900).
  • Die freien Interessenverbände für Handel und Industrie und ihr Einfluss auf die Gesetzgebung und Verwaltung, in: Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich (1901), S. 57-138.
  • Das Kleingewerbe, in Sonderheit das Bäcker-, Konditor- und Fleischergewerbe, monographisch und statistisch bearbeitet. Diss., Kohlhammer-Verlag, Stuttgart 1902.
  • Der Student und die soziale Frage, in: Grundfragen aus dem Schwarzburgbund 3 (1902).
  • Das Arbeitsverhältnis im Jenaer Zeisswerk. Ein Bericht. Jena 1906; 8. Aufl. 1936.
  • Geschichte des Jenaer Zeisswerkes 1846-1946. Piscator Verlag, Stuttgart 1952.
  • Werden und Wesen der Carl-Zeiss-Stiftung, an der Hand von Briefen und Dokumenten aus der Gründungszeit (1886-1896). G. Fischer Verlag, Jena 1940; 2. Aufl. Stuttgart 1955.

Literatur über Schomerus

  • Johann Gerhard Schomerus, Geschichte der Familie Schomerus, Teil 3, Münster 1968, S. 66; Teil 4, Münster 1969, S. 178-184.
  • Deutsches Biographisches Archiv II
  • Ralf Springer: Biographische Studien zum Sozialreformer und Politiker Friedrich Schomerus (1876–1963). Oldenburg 2003.
  • Ralf Springer: Im Auftrag von Carl Lahusen. „…alles selbst zu betrachten…“. Erkundungen des Sozialsekretärs Friedrich Schomerus in England 1903/04, in: Delmenhorster Springer, Heimatjahrbuch 2008. Reisebilder. Isensee, Oldenburg 2007. S. 23-44.
  • Lambert Grolle: Friedrich Riclef Schomerus. Sein Werden und Wirken, in: Jenaer Jahrbuch zur Technik- und Industriegeschichte (11) 2008, S. 133-153.

Einzelnachweise

  1. www.ostfriesischelandschaft.de

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Schomerus — ist der Familienname folgender Personen: Christoph Schomerus (1871–1944), Missionsdirektor Friedrich Schomerus (1879–1963), Sozialreformer und Politiker Hajo Schomerus (* 1970), Regisseur Hilko Schomerus (* 1939), Metallbildhauer Hilko Wiardo… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Mitglieder des Thüringer Landtags (1946–1952) 1. Wahlperiode — Diese Liste gibt einen Überblick über die Mitglieder des Thüringer Landtags in der Sowjetischen Besatzungszone in der 1. Wahlperiode vom 21. November 1946 bis zum 10. Oktober 1950. Die Landtagswahl fand am 20. Oktober 1946 statt.… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Ehrenbürger von Jena — Die folgende Übersicht enthält alle Personen (z. Zt. sind es 77; Stand: 2. Februar 2011), die von der Stadt Jena die Ehrenbürgerwürde verliehen bekamen. Die Auflistung erfolgt in der Reihenfolge der Verleihung. Inhaltsverzeichnis 1… …   Deutsch Wikipedia

  • Carl-Zeiss-Stiftung — Die Carl Zeiss Stiftung mit Sitz in Heidenheim an der Brenz und Jena ist die alleinige Eigentümerin der Carl Zeiss AG und der Schott AG. Das Produktportfolio der Stiftungsunternehmen umfasst neben den klassischen Bereichen Optik und Feinmechanik… …   Deutsch Wikipedia

  • Carl Zeiss-Stiftung — Die Carl Zeiss Stiftung mit Sitz in Heidenheim an der Brenz und Jena ist eine juristische Person und als solche die alleinige Eigentümerin der Unternehmen Carl Zeiss AG und Schott AG. Das Produktportfolio der Stiftungsunternehmen umfasst neben… …   Deutsch Wikipedia

  • Clausberg (Gerstungen) — Clausberg Gemeinde Gerstungen Koordinaten …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Mitglieder der Beratenden Landesversammlung (Thüringen) — Diese (unvollständige) Liste beinhaltet die Mitglieder der Beratenden Landesversammlung in Thüringen 1946. Inhaltsverzeichnis 1 Zusammensetzung 2 Mitglieder 3 Quellen 4 Einzelnachweise …   Deutsch Wikipedia

  • Beratende Landesversammlung (Thüringen) — Die Beratende Landesversammlung Thüringen war ein ernanntes Vorparlament im wieder geschaffenen Land Thüringen, entsprechend den Ernannten Landtagen der anderen Länder. Um den Wiederaufbau der staatlichen Ordnung nach dem Zweiten Weltkrieg in den …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Scho — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Rendsborg — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”