Carludovica

Carludovica
Carludovica
Carludovica drudei, Blätter und Fruchtkolben

Carludovica drudei, Blätter und Fruchtkolben

Systematik
Klasse: Bedecktsamer (Magnoliopsida)
Monokotyledonen
Ordnung: Schraubenbaumartige (Pandanales)
Familie: Scheibenblumengewächse (Cyclanthaceae)
Unterfamilie: Carludovicoideae
Gattung: Carludovica
Wissenschaftlicher Name
Carludovica
Ruiz & Pav.

Carludovica ist eine Pflanzengattung aus der Familie der Scheibenblumengewächse (Cyclanthaceae). Sie umfasst vier Arten, die in den Tropen der Neuen Welt beheimatet sind. Aus getrockneten Blattfasern von Carludovica palmata, der am weitesten verbreiteten Art, werden in Ecuador die Panamahüte hergestellt.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Vegetative Merkmale

Die Arten von Carludovica sind kräftige, im Erdboden wurzelnde, ausdauernde Pflanzen mit kurzer Sprossachse. Die grundständigen, schraubig gestellten, palmenähnlichen Laubblätter besitzen einen 1,5–3(–4) m langen, ± zylindrischen Stiel, der viel länger ist als die Spreite. Die fächerförmige Blattspreite ist etwa so breit wie lang oder etwas breiter. Sie ist handförmig in meist vier keilförmige, längsfaltige Abschnitte geteilt, die vorne gezähnt oder tief in schmale, spitze Abschnitte zerteilt sind. Die Spreite besitzt am Grund drei kurze Rippen, von denen die seitlichen nicht am Spreitenrand verlaufen. Insbesondere bei Carludovica palmata, weniger deutlich bei anderen Arten, ist am Spreitenansatz ist ein Paar von schwielenartigen Verdickungen vorhanden.

Generative Merkmale

Die Geschlechtsverteilung der Blüten ist einhäusig getrenntgeschlechtig (monözisch). Die kleinen eingeschlechtigen Blüten sind auf dem kolbenförmigen, am Grund von drei oder vier Hochblättern umgebenen Blütenstand in regelmäßigen Gruppen angeordnet, wobei immer eine sitzende weibliche Blüte von vier kurz gestielten männlichen Blüten umgeben ist.

Die männlichen Blüten besitzen zahlreiche Staubblätter. Die weiblichen Blüten haben eine unauffällige, grüne, vierteilige Blütenhülle und vier Fruchtblätter, deren seitlich zusammengedrückte Narben miteinander kreuzförmig verwachsen sind. Während des Blühens sind in den weiblichen Blüte außerdem vier weiße, mehrere Zentimeter lange, fadenförmige Staminodien (umgewandelte Staubblätter) vorhanden, die in den Winkeln zwischen den Fruchtblättern stehen und später abfallen.

Nach außen gerollte Spitze eines Fruchtkolbens von Carludovica palmata

Aus dem Blütenstand bildet sich ein bis zu 26 cm langer und bis zu 4 cm breiter kolbenförmiger Fruchtverband, an dem auf der äußeren Hülle die Blütenhüllblätter der weiblichen Blüten sitzen. Im Inneren befindet sich rotes Fruchtfleisch, in das die Samen eingebettet sind. Bei der Reife reißt die Hülle des Fruchtkolbens an der Spitze auf, rollt sich nach außen ein und fällt stückweise ab. Dadurch wird das Fruchtfleisch mit den Samen weithin sichtbar. Man nimmt an, dass damit fruchtfressende Vögel angelockt werden sollen, um die Ausbreitung der Samen zu übernehmen.

Blütenbiologie

In der Nacht vor dem Aufblühen entfalten sich die weißen, fadenförmigen Staminodien, die dabei den blühenden Kolben umhüllen und Duftstoffe abgeben, um kleine Käfer anzulocken, insbesondere Rüsselkäfer der Tribus Derelomini, aber auch Kurzflügler. Diese Käfer dringen am Morgen zwischen den männlichen Blüten zu den darunter versteckten weiblichen Blüten vor. Die Käfer lecken einen süßen Saft, der von der Basis der Staminodien und von der Narbe abgegeben wird, und bestäuben dabei die Blüte. Sie verbleiben einen Tag und die darauffolgende Nacht im Inneren der Blütenstände, paaren sich dabei und legen auch ihre Eier ab. Am nächsten Morgen krabbeln sie ins Freie und bekommen dabei von den umgebenden männlichen Blüten eine Ladung Pollen ab, mit dem sie die nächste besuchte Pflanze bestäuben. Die männlichen Blüten und die Staminodien fallen nach dem Blühen ab.

Taxonomie und Systematik

Die Gattung Carludovica wurde 1794 von den spanischen Botanikern Hipólito Ruiz López und José Antonio Pavón y Jiménez beschrieben und zu Ehren des damaligen spanischen Königspaars Karl IV. und Maria Luise (lat. Ludovica) benannt.[1] Als Lektotypus wurde 1958 Carludovica palmata Ruiz & Pav. ausgewählt.[2]

In der Vergangenheit ist Carludovica viel weiter gefasst worden als heute und enthielt entweder alle oder den Großteil der Arten der heutigen Unterfamilie Carludovicoideae. In der Bearbeitung für Die natürlichen Pflanzenfamilien durch Oscar Drude wurden 1889 immerhin die kleinen bzw. monotypischen Gattungen Evodianthus, Stelestylis, Sarcinanthus (heute zu Asplundia) und Ludovia neben einer weit gefassten Carludovica als eigene Gattungen akzeptiert.[3] Aber beispielsweise noch in der Bearbeitung der Cyclanthaceae in der Flora of Panama[4] von 1943 wurden diese Gattungen als Synonyme zu Carludovica gestellt. Erst der schwedische Botaniker Gunnar Harling hat in den 1950er Jahren Carludovica auf den heutigen Umfang eingeschränkt und die artenreichen Gattungen Asplundia, Dicranopygium und Sphaeradenia abgetrennt und beschrieben.[5][6][2]

Eine kladistische Untersuchung auf der Basis von morphologischen und anatomischen Merkmalen zeigte Carludovica als wahrscheinliches Schwestertaxon der beiden eng miteinander verwandten Gattungen Evodianthus und Dianthoveus.[7]

Arten

Die Gattung besteht in der gegenwärtigen Umgrenzung aus vier Arten:[8]

Wissenschaftlicher Name Verbreitung[8][9]
Carludovica drudei Mast. südöstliches Mexiko, Guatemala, Costa Rica bis Ecuador und NW-Venezuela
Carludovica palmata Ruiz & Pav. südöstliches Mexiko bis Bolivien, NW-Venezuela
Carludovica rotundifolia H.Wendl. ex Hook.f. Guatemala, Honduras, Costa Rica, Panama, Ecuador
Carludovica sulcata Hammel südöstliches Nicaragua, Costa Rica

Quellen

  • Eriksson R. 1994: The remarkable weevil pollination of the neotropical Carludovicoideae (Cyclanthaceae). Pl. Syst. Evol. 189: 75–81. – doi:10.1007/BF00937579
  • Franz N. M. 2004: Analysing the history of the derelomine flower weevil-Carludovica association (Coleoptera: Curculionidae; Cyclanthaceae). Biol. J. Linn. Soc. 81: 483–517. – doi:10.1111/j.1095-8312.2003.00293.x
  • Hammel B. E. 2001: Cyclanthaceae. In: Stevens W. D., Ulloa Ulloa C., Pool A., Montiel O. M. (Hrsg.): Flora de Nicaragua. Monogr. Syst. Bot. Missouri Bot. Gard. 85. ISBN 0-915279-95-9. – Online
  • Hammel B. E. 2003: Cyclanthaceae. In: Hammel B. E., Grayum M. H., Herrera C., Zamora N. (Hrsg.): Manual de plantas de Costa Rica. Vol. II. Gimnospermas y Monocotiledóneas (Agavaceae–Musaceae). Missouri Botanical Garden Press, St. Louis. ISBN 1-930723-22-9. S. 424–455. – Online
  • Weber A., Hammel B. 2001: Cyclanthaceae. In: Weber A., Huber W., Weissenhofer A., Zamora N., Zimmermann G. (Hrsg.): An introductory field guide to the flowering plants of the Golfo Dulce rain forsts, Costa Rica. Stapfia. 78: 130–133. ISBN 3-85474-072-7.

Einzelnachweise

  1. Ruiz López H., Pavón J. A. 1794: Florae Peruvianae, et Chilensis Prodromus. Madrid. S. 146. – Online
  2. a b Harling G. 1958: Monograph of the Cyclanthaceae. Acta Horti Berg. 18: 1–428.
  3. Drude O. 1889: Cyclanthaceae. In: Engler A., Prantl K. (Hrsg.): Die natürlichen Pflanzenfamilien nebst ihren Gattungen und wichtigeren Arten insbesondere den Nutzpflanzen. II. Teil. 3. Abt. Engelmann, Leipzig. S. 93–101. – Online
  4. Woodson R. E., Schery R. W. 1943: Cyclanthaceae. In: Flora of Panama. Part II. Fasc. 2. Ann. Missouri Bot. Gard. 30: 396–403. – Online
  5. Harling G. 1954a: Sphaeradenia, a new genus of the Cyclanthaceae. Acta Horti Berg. 17: 1–6.
  6. Harling G. 1954b: Taxonomical studies in the genus Carludovica R. & P. Acta Horti Berg. 17: 39–45.
  7. Eriksson R. 1994: Phylogeny of the Cyclanthaceae. Pl. Syst. Evol. 190: 31–47. – doi:10.1007/BF00937857
  8. a b Govaerts R., Eriksson R. 2011: World Checklist of Cyclanthaceae. The Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew. Veröffentlicht im Internet (Online), abgerufen am 5. September 2011.
  9. Carludovica. In: TROPICOS. Missouri Botanical Garden, abgerufen am 5. September 2011.

Weblinks

 Commons: Carludovica – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
  • Carludovica. In: Germplasm Resources Information Network (GRIN): Taxonomy for Plants. United States Department of Agriculture (USDA), ARS, National Genetic Resources Program, National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland, abgerufen am 28. September 2011.

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