Gefechte in Mogadischu 2010/2011

Gefechte in Mogadischu 2010/2011
Schlacht von Mogadischu (2010)
Teil von: AMISOM
Somalia
Somalia
Datum 23. August 2010–andauernd
Ort Mogadischu, Somalia
Ausgang
Konfliktparteien
Milizen der al-Shabaab Truppen der Mission der Afrikanischen Union in Somalia Truppen der Übergangsregierung Somalias

Die Gefechte in Mogadischu 2010/2011 beschreiben einen andauernden Konflikt in Mogadischu zwischen den al-Shabaab-Milizen einerseits und den Truppen der Übergangsregierung Somalias und der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) andererseits.

Inhaltsverzeichnis

Offensive der al-Shabaab

Die al-Shabaab startete eine Offensive am 23. August 2010, als Kämpfer der al-Shabaab begannen, Truppen der Übergangsregierung Somalias und der Mission der Afrikanischen Union in Somalia in Mogadischu anzugreifen. Diese werden von den Milizen der al-Shabaab als Invasoren betrachtet.[1] Laut dem AU-Kommando ist die Offensive gescheitert und die Anführer der al-Shabaab flohen nach dem Ramadan aus der Stadt.[2]

Kämpfe 2010

Angriff auf das Hotel Mona

Bei einem Angriff auf ein Hotel in Mogadischu wurden am 24. August 2010 mindestens 32 Menschen[3] getötet, darunter sechs Abgeordnete, vier Regierungsmitarbeiter und der stellvertretende Regierungschef, Abdirahman Hadschi Adab Ibbi.

Kämpfe

Am 7. September teilten die Vereinten Nationen mit, dass bei den Kämpfen bisher mindestens 230 Menschen umgekommen sind. 20.000 Menschen sind aus der Stadt geflüchtet.[4]

Angriff auf Flughafen

Am 9. September wurde der Flughafen Mogadiscio angegriffen. Erst sprengte sich ein Selbstmordattentäter mit einer Autobombe an einem Checkpoint vor dem Flughafen. Danach kam es zu einem Schusswechsel zwischen zusätzlichen Angreifern und UN-Soldaten und das Flughafengelände wurde mit einem Mörser beschossen. Die AMISOM spricht von fünf getöteten Angreifern und zwei toten Soldaten der Friedenstruppe und einem Zivilisten. Ein Journalist der AFP berichtete von zwei zusätzlich getöteten Frauen. Zum Zeitpunkt des Anschlags hielten sich die Somalia-Sondergesandten der Uno und der AU, Augustine Mahiga und Boubacar Diarra am Flughafen auf.[5]

Markt

Am 17. November wurden bei Kämpfen um den belebten Bakara-Markt im Süden der Stadt sechzehn Zivilisten getötet. Truppen der AU nahmen den Markt unter Granatfeuer, da einer ihrer Konvois von einem am Straßenrand deponierten Sprengsatz getroffen wurde. Nach Informationen eines lokalen Händlers schlugen mindestens neun Granaten ein. Am selben Tag starben fünf weitere Zivilisten auf anderen Orten in der Stadt im Kreuzfeuer.[2]

Kämpfe 2011

Festival

Im Februar kam es bei einem, von Bürgermeister Mohamoud Ahmed Nur organisierten, Musikfestival zu Schießereien, bei denen drei Zivilisten starben. Das Feuer eröffneten fünf von der somalischen Übergangsregierung ausgebildete Soldaten. Laut Ahmed Nur handelten sie auf Befehl des Kriegsfürsten und ehemaligen Bürgermeisters von Mogadischu Mohammed Omar Habeb Dhere der anschließend von Soldaten der Afrikanischen Union verhaftet wurde.[6]

Fazul Abdullah Muhammad

Fazul Abdullah Muhammad (FBI-Fahndungsfoto)
Hauptartikel: Fazul Abdullah Muhammad

Laut Angaben der somalischen Übergangsregierung wurde am 8. Juni Fazul Abdullah Muhammad, der mutmaßliche Anführer der al-Qaida in Ostafrika, bei einem Feuergefecht an einer Straßensperre im Süden der Stadt getötet. Vermutlich aus Rache darauf tötete eine Selbstmordattentäterin den somalischen Innenminister Abdi Shakur Sheikh Hassan.[7]

Hilfslieferungen

Am 28. Juli kam es zu schweren Gefechten zwischen der AMISOM und al-Shabaab. Es wurden, laut Amisom-Sprecher Paddy Akunda um die Hilfslieferungen im Zuge der Hungerkrise zu schützen, nach vorherigen Provokationen Truppen der al-Shabaab um den zentral gelegenen Bakaara-Markt mit schwerem Gerät beschossen. Dabei wurden fast 30 Zivilisten verletzt.[8] Die AMISOM eroberte dem Bericht nach drei Stellungen und kontrolliert die gesamte südliche Stadthälfte.[9] [10] Von den 16 Stadtteilen wurden drei von al Shabaab gehalten. In acht hatte die Amisom die Kontrolle. Die übrigen fünf waren Schauplatz von Gefechten.[10]

Am 5. August stürmten Truppen der Übergangsregierung eine Lebensmittelverteilungsstation des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP) im Flüchtlingslager Badbaado, plünderten zwei Transporter und erschossen mindestens zehn Menschen.[11]

Rückzug der al-Shabaab

Am 5. August um circa 23:00 Uhr startete die al-Shabaab eine Offensive um Stellungen am Stadion in Yaadshiid als auch am Baraka-Markt im Stadtteil Hawl Wadaag zurückzuerobern. Die beiden Gebiete waren eine Woche zuvor von der Amisom erobert worden. Die Amisom fügte der al-Shabaab schwere Verluste zu, schlug den Angriff zurück und startete am 6. August, 3:00 Uhr morgens, eine Gegenoffensive, die mit der Einnahme der zwei Positionen endete. Das Stadion ist strategisch wichtig, weil hier alle Ausfallstraßen zusammenlaufen. Der Baraka-Markt ist durch die Abgaben der Händler und des dort etablierten Systems des Bargeldtransfers eine wichtige Einnahmenquelle. In der Folge übernahm die Amisom kampflos den Rest von Mogadischu. Sämtliche Stellungen der Miliz waren komplett geräumt und es wurden weder Waffen noch Munition gefunden. Auf Seiten der Amisom wurde der Verdacht geäußert, die Angriffe in der Nacht seien ein Ablenkungsmanöver gewesen, um den Rückzug zu decken.[10]

Laut Aussagen der al-Shabaab ist der Rückzug die Folge einer geänderten Strategie. Regierungssprecher bezeichneten die Entwicklung allerdings als „goldenen Tag“ und reklamierten den Abzug als Sieg der Regierungstruppen.[12] Beobeachter vermuten auch Finanzierungs- und Rekrutierungsprobleme der Miliz als Folge der Hungerkrise.[10]

Laut Augenzeugen soll sich die al-Shabaab nach Baidoa, der Provinzhauptstadt von Afgoye, zurückgezogen haben.[13]

In der Nacht zum 8. August kam es immer wieder zu einzelnen Feuergefechten in Mogadischu.[14] Wenige Kilometer außerhalb Mogadischus explodierte, ebenfalls am 8. August, ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug.[15]

Am 17. August kam es zu Gefechten in der Stadt, wobei auch Granaten und Flugabwehrgeschütze eingesetzt wurden. Infolgedessen musste ein SOS-Kinderdorf und die dazugehörige Klinik wegen Beschuss evakuiert werden. [16]

Attentat auf Bildungsministerium

Am Morgen des 4. Oktober fand ein Anschlag auf das, in einem Regierungskomplex liegende, Bildungsministerium statt. Ein, mit Sprengstoff beladener, LKW explodierte an einem Kontrollposten in einer Menschenmenge. Dabei starben mindestens 82 Menschen, vor allem Studenten sich dort aufhielten, um ein Türkei-Stipendium zu beantragen. Unter den Toten finden sich außerdem Soldaten und Zivilisten. Über 150 Personen wurden verletzt. Zu dem Anschlag bekannte sich al-Shabaab, durch ihren Sprecher Ali Mohamud Rage. Das Hauptgebäude des Regierunskomplexes wurde zerstört.[17] [18]

Staatspräsident Sheikh Sharif Ahmed kündigte eine Reaktion der Übergangsregierung an und der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilte den Anschlag.[18]

Kämpfe und Massaker in Dayniile

Am 11. Oktober gab Fred Mugisha, ein General der Amisom, bekannt, dass das gesamte Zentrum von Mogadischu in der Hand der UN-Soldaten sei. Bei Kämpfen um die letzte Stellung seien ein AU-Soldat und acht Zivilisten getötet worden. Es gäbe aber noch Aktivitäten in den Außenbezirken im Osten und Norden der Stadt.[19]

Am 20. Oktober eroberten die Regierungstruppen nach eigenen Angaben Deynile, einen im Nordwesten liegenden Stadtteil. Dabei gab es mehrere Verletzte. Es wurde von massiven Fluchtbewegungen aus dem betroffenen Stadtteil berichtet.[20] Laut Aussage der AMISOM befand sich Deynile nach den Kämpfen größtenteils unter ihrer Kontrolle.[21] Tags darauf, am 21. Oktober, präsentierte die al-Shabaab in Alameda, 18 Kilometer von Mogadischu entfernt, Leichen mit Uniformen der AMISOM. Zeugenaussagen zufolge sollen es mindestens 63 sein. Ali Mohamud Rage, ein Sprecher der al-Shabaab, sprach von 70 bis 150 getöteten Soldaten die mehrheitlich aus Burundi stammen sollen.[21] Es sei eine Panzerfahrzeugkolonne in Dayniile in einen Hinterhalt gelockt und die beschossen worden. Die AU bestätigte lediglich zehn tote AMISOM-Soldaten und sprach von verkleideten somalischen Opfern.[22]

Angriffe

In der Nacht vom 17. auf den 18. November griffen Soldaten der al-Shabaab vier Stellungen in Mogadischu an. Bei den darauffolgenden Kämpfen wurden Maschinengewehre und Mörsergranaten eingesetzt. Laut Aussage der Übergangsregierung schlugen sie die Angreifer zurück.[23]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. BBC: Somali MPs killed in hotel suicide attack
  2. a b Granaten auf Markt in Mogadiscio. In: Neue Zürcher Zeitung. 17. November 2010, abgerufen am 23. November 2010 (deutsch).
  3. TAZ: Dutzende Tote bei Selbstmordanschlag
  4. ORF: Mindestens 230 Tote bei Kämpfen in Mogadischu
  5. NZZ: Zehn Tote bei Anschlag am Flughafen von Mogadiscio
  6. Christian Putsch: Wie Somalias Bürger den Gotteskriegern trotzen. In: Die Welt. 15. Juni 2011, abgerufen am 17. Juni 2011 (deutsch).
  7. Thomas Scheen: Anführer von Al-Qaida in Ostafrika getötet. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 13. Juni 2011, abgerufen am 14. Juni 2011 (deutsch).
  8. Kämpfe in Mogadischu überschatten Hilfseinsatz. In: ORF. 28. Juli 2011, abgerufen am 28. Juli 2011 (deutsch).
  9. Schwere Kämpfe in Mogadischu. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 28. Juli 2011, abgerufen am 28. Juli 2011 (deutsch).
  10. a b c d Thomas Scheen und Helmut Fricke (Fotos): Al Shabaab rückt aus Mogadischu ab. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 6. August 2011, abgerufen am 8. August 2011 (deutsch).
  11. Dominic Johnson: Islamisten aus Mogadischu vertrieben. In: die tageszeitung. 7. August 2011, abgerufen am 8. August 2011 (deutsch).
  12. Rebellen ziehen sich aus Mogadischu zurück. In: Frankfurter Rundschau. 6. August 2011, abgerufen am 8. August 2011 (deutsch).
  13. Johannes Dieterich: Mogadischu frei von Islamisten. In: Frankfurter Rundschau. 8. August 2011, abgerufen am 8. August 2011 (deutsch).
  14. «Neue Taktik» im Kampf gegen die Regierung? In: Neue Zürcher Zeitung. 8. August 2011, abgerufen am 8. August 2011 (deutsch).
  15. Johannes Dieterich: Hungernde in Mogadischu warten vergeblich. In: Frankfurter Rundschau. 11. August 2011, abgerufen am 11. August 2011 (deutsch).
  16. Erneut Kämpfe in Mogadischu: SOS-Kinderdorf geräumt. In: ORF. 17. August 2011, abgerufen am 17. August 2011 (deutsch).
  17. Somalia Mindestens 65 Tote bei Anschlag in Mogadischu. In: Die Zeit. 4. Oktober 2011, abgerufen am 4. Oktober 2011 (deutsch).
  18. a b Dominic Johnson: Blutige Rückkehr der Islamisten. In: die tageszeitung. 5. Oktober 2011, abgerufen am 5. Oktober 2011 (deutsch).
  19. Somalia Amisom: Al Shabaab aus Mogadischu vertrieben. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 11. Oktober 2011, abgerufen am 12. Oktober 2011 (deutsch).
  20. Mit vereinten Kräften gegen die Milizen. In: Frankfurter Rundschau. 20. Oktober 2011, abgerufen am 20. Oktober 2011 (deutsch).
  21. a b Schabab-Miliz will 70 AU-Soldaten getötet haben. In: ORF. 21. Oktober 2011, abgerufen am 21. Oktober 2011 (deutsch).
  22. Dominic Johnson: Massaker an Friedenstruppe. In: die tageszeitung. 21. Oktober 2011, abgerufen am 24. Oktober 2011 (deutsch).
  23. Heftige Gefechte in somalischer Hauptstadt Mogadischu. In: ORF. 18. November 2011, abgerufen am 18. November 2011 (deutsch).

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