Georg Deffner

Georg Deffner

Georg Deffner (* 1910; † unbekannt) war SS-Hauptscharführer und im KZ Dachau sowie dessen Außenlagern tätig. Ein US-Militärgericht verurteilte ihn nach Ende des Zweiten Weltkrieges im Rahmen der Dachauer Prozesse wegen Gefangenenmisshandlung zu drei Jahren Haft.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Deffner, Mitglied der NSDAP, gehörte zu den Veteranen des KZ-Systems. Er trat bereits im September 1933 der SS-Wachtruppe „Oberbayern“ (siehe SS-Totenkopfverbände) bei und verrichtete Dienste als Schreiber und Rechnungsführer.

Im KZ Dachau begann er seine Tätigkeit im Januar 1942 und erreichte im Stammlager den Posten des Leiter der Poststelle, was vor allem auch die Zensur der ein- und ausgehenden Post der Gefangenen bedeutete.

Von August 1943 an war er erst Arbeitstruppführer, dann Lagerführer im neu gegründeten KZ-Außenkommando Kempten, dessen Insassen aus dem KZ Dachau kamen und für den Aufbau von Rüstungsbetrieben arbeiten mussten. Ab Mitte April 1944 leitete er das KZ-Außenlagers Kottern-Weidach bei Kempten bis ihn im Februar 1945 Edmund Zdrojewski dort ablöste. Danach übernahm er als Lagerführer bis zum Kriegsende das KZ-Kommando Kaufering I.[1] [2] [3]

Der Prozess

Vom 6. bis 11. Februar 1947 verhandelte ein US-amerikanisches Militärgericht im Internierungslager Dachau im Rahmen eines Nebenprozesses zum Dachau-Hauptprozess gegen Georg Deffner. Man warf ihm vor, in der Zeit zwischen 1. Januar 1942 und 29. April 1945 während seinen Bewachungs- und Aufsichtstätigkeiten im KZ-Stammlager Dachau und den Außenlagern Kempten, Kottern und Kaufering sowie auf dem Todesmarsch von Kaufering nach Dachau am 24. April 1945 zivile Gefangene aus den Ländern Litauen, Frankreich, Italien und Russland und Kriegsgefangene Misshandlungen und Grausamkeiten unterworfen zu haben.[4]

Im Prozess gab Deffner an, höchstens Gefangene geohrfeigt zu haben, die beim Diebstahl ertappt wurden. Einige der elf ehemaligen Mitarbeiter auf der Poststelle in Dachau bekundeten, er habe seine Untergebenen korrekt behandelt. Von Mißhandlungen, sagte Deffner, habe er in Dachau nur gehört. In einem seiner ihm unterstellten Lager sei die Kapo-Mannschaft ausdrücklich aufgefordert worden, Gefangene nicht zu schlagen. Hieran glaubte sich ein als Entlastungszeuge benannter ehemaliger Kapo zu erinnern. Deffner gab immerhin zu, dass während seiner Tätigkeit die Arbeits- und Lebensbedingungen im Lager Kottach-Weiden schlecht und in Kaufering noch schlechter gewesen seien.

Die Belastungszeugen berichteten dagegen für die Zeit von Deffners Zuständigkeit von Strafaktionen wie Stehbunker, Pfahlhängen und Prügelstrafen auf dem Prügelbock. Auch wurden Häftlinge zur Bestrafung nach Dachau zurückgeschickt.[5] Was dort auf sie wartete, musste Deffner nicht wissen. Wegen der Transporte von kranken und nicht mehr arbeitsfähigen Häftlingen zurück nach Dachau und schließlich den Todesmarsch von Kaufering nach Dachau, bei dem keine Gefangenen in die Hände der Alliierten fallen sollten, berief sich Deffner auf den Befehlsnotstand.

Auffällig ist eine Anmerkung von Efraim Zuroff in seinem Buch Beruf, Nazijäger. Er weist darauf hin, dass jüdische Organisationen, die Naziverbrechern auf der Spur waren, nach Zeugen für Deffners Tätigkeit suchten und zwar mit deutlich höherer Priorität als für den eigentlich bekannteren KZ-Arzt Josef Mengele.[6]

Das Gericht nahm Deffner in Anbetracht der belastenden Aussagen überlebender Häftlinge seine Unschuldsbekundung nicht ab und verurteilte ihn zu drei Jahren Freiheitsentzug wegen Gefangenenmisshandlung.

Literatur

  • Wolfgang Benz, Barbara Distel, Angelika Königseder: Der Ort des Terrors: Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. C.H.Beck, 2005, ISBN 9783406529627, Edit Raim: Kapitel Kottern, S. 374 (Deffner in Kottern), 377–378 (Verurteilung Deffner), 377 (Deffner in Kempten) (607 Seiten, Google Books, abgerufen am 20. Dezember 2009).
  • Efraim Zuroff: Beruf, Nazijäger: die Suche mit dem langem Atem: die Jagd nach den Tätern des Völkermordes. Ahriman, Freiburg 1996, ISBN 3894845554, S. 128 und 129 (338 Seiten, Google Books, abgerufen am 22. Dezember 2009).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. siehe Artikel KZ-Außenlager Kottern-Weidach
  2. siehe Literatur Ort des Terrors
  3. siehe Georg Deffner in der polnischsprachigen Wikipedia
  4. siehe Weblink Universität Amsterdam: US vs Georg Deffner
  5. siehe Weblink Yewish Virtual Library: The Dachau Cases
  6. siehe Literatur Efraim Zuroff: Beruf, Nazijäger

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Deffner — ist der Familienname folgender Personen: Aurelie Deffner (1881–1959), bayerische Politikerin (SPD) Carl Deffner (1789–1846), deutscher Unternehmer und Politiker Dietmar Deffner (* 1966), deutscher Fernsehmoderator, Journalist und Redakteur Georg… …   Deutsch Wikipedia

  • Georg Christian Kessler — Georg Christian von Kessler, Gemälde von Jean Baptiste Louis Germain (1782–1842), Reims, aus dem Jahr 1825. Georg Christian von Kessler (* 30. März 1787 in Heilbronn; † 16. Dezember 1842 in Stuttgart) war der Gründer der ersten deutschen Se …   Deutsch Wikipedia

  • C. Deffner — Firmengebäude am Neckar C. Deffner war eine Metallwarenfabrik in Esslingen am Neckar, die von 1815 bis 1969 existierte und vor allem Gerätschaften für Tisch und Bar herstellte. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte …   Deutsch Wikipedia

  • Michael Deffner — Joseph Michael Deffner (griechisch Μιχαήλ Δέφνερ, * 18. September 1848 in Donauwörth; † 15. Oktober 1934 in Athen) war ein deutscher klassischer Philologe, Sprachwissenschaftler, der sich besonders der Erforschung der Tsakonischen Sprache… …   Deutsch Wikipedia

  • Außenlager Kottern — Denkmal der Pfarrei Weidach Das Außenlager Kottern Weidach war von 1. Oktober 1943 bis 27. April 1945 ein Außenlager des Konzentrationslagers Dachau, zunächst im Stadtteil Kottern der Stadt Kempten (Allgäu), später wurde ein eigenes Lager im… …   Deutsch Wikipedia

  • Außenlager Kottern-Weidach — Denkmal der Pfarrei Weidach Das Außenlager Kottern Weidach war von 1. Oktober 1943 bis 27. April 1945 ein Außenlager des Konzentrationslagers Dachau, zunächst im Stadtteil Kottern der Stadt Kempten (Allgäu), später wurde ein eigenes Lager im… …   Deutsch Wikipedia

  • Außenlager Weidach — Denkmal der Pfarrei Weidach Das Außenlager Kottern Weidach war von 1. Oktober 1943 bis 27. April 1945 ein Außenlager des Konzentrationslagers Dachau, zunächst im Stadtteil Kottern der Stadt Kempten (Allgäu), später wurde ein eigenes Lager im… …   Deutsch Wikipedia

  • KZ-Außenlager Kottern-Weidach — Denkmal der Pfarrei Weidach Das KZ Außenlager Kottern Weidach war von 1. Oktober 1943 bis 27. April 1945 ein Außenlager des Konzentrationslagers Dachau, zunächst im Stadtteil Kottern der Stadt Kempten (Allgäu), später wurde ein eigenes Lager im… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Def–Dek — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • BTTV — Das Logo des BTTV Der Bayerische Tischtennis Verband e.V. (BTTV) ist der Zusammenschluss der Tischtennis Vereine in Bayern und hat seinen Sitz in der bayerischen Landeshauptstadt München. Er wurde im Jahr 1945 gegründet und ist mit 108.004… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”